Koalition der Gereizten: Kabinett trifft sich in Meseberg

Bundesregierung
Von Theresa Münch, Martina Herzog und Ulrich Steinkohl

Berlin/Meseberg (dpa) – Das Bundeskabinett geht in Klausur – doch das Thema, das Bürger wie Politik gerade am meisten beschäftigt, steht auf der Tagesordnung maximal verklausuliert. «Auswirkungen des Ukraine-Konflikts auf die Energieversorgungssicherheit in Deutschland», heißt es da. Aber klar ist: Die zunehmend erhitzte Debatte über neue Entlastungen wegen der hohen Preise werden Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Minister beim «Klassentreffen» auf Schloss Meseberg nicht ausblenden können.

Die Ampel steht unter Druck, und SPD, Grüne und FDP beginnen zunehmend auch gegeneinander auszuteilen. Die Nerven scheinen arg strapaziert – aus unterschiedlichen Gründen: Weiterlesen

Land unterstützt Dialog von Bauern- und Naturschutzverbänden

Mainz (dpa/lrs) – Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat eine gemeinsame Initiative von Naturschutz- und Bauernverbänden aufgegriffen, die Artenschutz und Landwirtschaft miteinander versöhnen wollen. «Wir müssen Wege finden, wie man auch produktionsintegriert den Verlust an Artenvielfalt stoppt», sagte Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) im Redaktionsgespräch der Deutschen Presse-Agentur. «Deswegen stellen wir jetzt auch einen organisatorischen Rahmen auf für den Dialog zwischen Agrar- und Naturschutzverbänden, wie ihn beide Seiten vor der Landtagswahl von 2021 initiiert haben.»

Insgesamt 15 Bauernverbände und Naturschutzorganisationen hatten sich am 1. April 2021 in Heidesheim (Kreis Mainz-Bingen) zu einem gemeinsamen Appell an die Landesregierung zusammengeschlossen. Sie forderten mehr Geld und weniger Bürokratie, um sowohl die Artenvielfalt zu erhalten als auch die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe zu sichern. Weiterlesen

Schwesig bleibt SPD-Chefin im Nordosten – Leichter Dämpfer

Rostock (dpa) – Manuela Schwesig ist mit einem leichtem Dämpfer für zwei weitere Jahre als SPD-Chefin in Mecklenburg-Vorpommern bestätigt worden. Die Ministerpräsidentin erhielt am Samstag bei einem Parteitag in Rostock 88,5 Prozent der Delegiertenstimmen. 2019 hatte sie starke 94,8 Prozent erhalten. 115 der 130 Delegierten stimmten mit Ja, elf mit Nein, vier enthielten sich. Schwesig führt den Landesverband seit 2017. Gegenkandidaten gab es keine.

Schwesig hatte in den letzten Monaten auch wegen der Diskussionen über Nord Stream 2 sowie wegen ihres früher russlandfreundlichen Kurses in der Kritik gestanden. Für viele Delegierte wog aber der hohe Wahlsieg am 26. September vorigen Jahres mehr, als die SPD bei der Landtagswahl 39,6 Prozent der Stimmen holte. Der klare Wahlsieg gehe maßgeblich auf Schwesigs Konto, hieß es in der Parteiführung. «Danke für das Vertrauen in schwierigen Zeiten», sagte Schwesig nach ihrer Wiederwahl. Weiterlesen

Finnland diskutiert weiter über Party-Videos von Marin

Regierungschefin
Von Christoph Meyer, Hannu Aaltonen und Anne-Béatrice Clasmann

Helsinki/Berlin (dpa) – Hüftschwung und Flirt mit der Kamera: Finnlands Regierungschefin Sanna Marin muss sich seit Tagen mit der Debatte über ein Video beschäftigen, auf dem die 36-Jährige ausgelassen und ein bisschen verführerisch im Kreis ihrer Freundinnen und Freunde tanzt.

Die Aufnahme von einer privaten Feier kursierte seit Donnerstag in sozialen Medien und löste eine Kontroverse aus. Auf der einen Seite gab es Kritik am Amtsverständnis der Sozialdemokratin und den Hinweis auf mögliche Pflichtverletzungen. Andererseits wurde Marin in Schutz genommen: Auch eine Regierungschefin dürfe mal kräftig feiern. Ein zweites Video, das sie im engen Tanz mit einem Sänger zeigt, sorgte am Wochenende für weiteren Gesprächsstoff. Weiterlesen

Freie Wähler sehen sich für Kommunalwahl gut gerüstet

Mainz (dpa/lrs) – Die Freien Wähler in Rheinland-Pfalz haben seit ihrem Einzug ins Landesparlament die Zahl der Mitglieder von rund 300 auf etwa 720 mehr als verdoppelt. «Die Freien Wähler sind ein schlafender Riese, der erwacht ist», sagte der Landesvorsitzende Stephan Wefelscheid im Redaktionsgespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Die Zahl der Kreisverbände der Partei, die besonders die Kommunen im Blick hat, sei innerhalb eines Jahres um 6 auf 17 gestiegen. Sein Wahlziel bei der Kommunalwahl im Frühjahr 2024? «Stärker werden.»

Landtags-Fraktionschef, Joachim Streit, will dann auch wieder zusätzlich für ein Mandat im Bitburger Stadtrat kandidieren. «Das ist eine große Chance, die Partei auch vor Ort mit ihren Themen zu zeigen», sagte der 57-Jährige. Streit war bereits Bürgermeister in Bitburg und Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm. Wefelscheid will sich für eine vierte Amtsperiode im Koblenzer Stadtparlament bewerben. Zugleich halte er als Fraktionschef in der Großstadt nach jüngeren Interessenten Ausschau und wolle sie dann eine Wahlperiode lang begleiten. «Kommunalpolitik muss man lernen», betonte der 43 Jahre alte Anwalt. Weiterlesen

Merz wirft SPD mangelnde Bereitschaft zur Kooperation vor

Berlin (dpa) – CDU-Chef Friedrich Merz hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts der Belastungen der Bürger durch Inflation und drohender Energiekrise mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit vorgeworfen. «Wir sehen auf allen Ebenen ein auffallend schlechtes, zum Teil aggressiv ablehnendes Verhalten der SPD uns gegenüber», sagte Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

«Wir bedauern das und hätten es uns auch anders vorstellen können.» Weiterlesen

FDP weist Rehlingers Kritik an Corona-Politik zurück

Saarbrücken (dpa/lrs) – Die FDP Saar hat Kritik von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) an der Corona-Politik der Liberalen zurückgewiesen. Rehlinger hatte dem Koalitionspartner auf Bundesebene in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur eine «Null-Schutz-Strategie» vorgeworfen.

«Das muss ich ganz scharf zurückweisen», sagte der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Helmut Isringhaus am Dienstag einer Mitteilung zufolge. Der staatlich verordnete Schutz müsse «qualitativ und zeitlich durchdacht und zielgenau» sein. Jedoch neige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dazu, «mit seinen Aussagen Verwirrung und Panik zu erzeugen», kritisierte Isringhaus. Weiterlesen

Rehlinger schließt neue Maskenpflicht nicht aus

Saarbrücken (dpa/lrs) – Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) für Herbst oder Winter die Wiedereinführung einer Maskenpflicht in Gebäuden oder Schulen nicht ausgeschlossen. «Das wird man sich angucken müssen, an welchen Stellen es Sinn macht», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. «Ich würde nicht ausschließen, dass das noch einmal ein Instrument sein könnte.» Masken seien «von der Eingriffsintensität niederschwellig». Daher werde das Thema «noch einmal eine erhebliche Rolle spielen».

Das «Sommergefühl» mit einer Leichtigkeit, die von allen genossen werde, könne sich im Herbst «eintrüben» und trüge auch schon jetzt, warnte sie. Die Infektionszahlen seien bereits sehr hoch. Allerdings habe man es mit einer Covid-19-Variante zu tun, die zwar sehr ansteckend sei, aber im Regelfall milde verlaufe. Weiterlesen

Erste 100 Tage: Rehlinger sieht neue Regierung auf gutem Weg

Saarbrücken (dpa/lrs) – Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) ist mit den ersten 100 Tagen ihrer SPD-Alleinregierung zufrieden. Die Regierung habe «mit Rekordtempo die Arbeit aufgenommen» und gezeigt, «dass es schnell und abgestimmt vorangeht», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. Dies werde von den Bürgern schließlich erwartet, wenn die Regierung von einer einzigen Partei gestellt werde.

Vor allem im Bildungsbereich hat die Regierung zügig Fakten geschaffen. So wird an saarländischen Gymnasien nach den Sommerferien wieder das Abitur nach neun Jahren (G9) eingeführt – für Kinder, die dann in der 5. und 6. Klasse sind. An der Saar hatte es seit 2001 das Abitur nach acht Jahren (G8) gegeben – in den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Forderungen zurück zu G9 gegeben. Weiterlesen

Günther will volle zweite Amtszeit als Ministerpräsident

Kiel (dpa) – Schleswig-Holsteins wiedergewählter Ministerpräsident Daniel Günther will die vollen fünf Jahre Regierungschef im Norden bleiben. «Ja. Genau das habe ich vor», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur vor dem Hintergrund wiederholter Spekulationen, er habe Chancen auf die Kanzlerkandidatur der Union für die Bundestagswahl 2025.

Die Wahlperiode in Schleswig-Holstein geht bis 2027. Der 48-Jährige hatte mit der CDU bei der Landtagswahl am 8. Mai mit 43,4 Prozent nur um ein Mandat die absolute Mehrheit im Landtag in Kiel verpasst und regiert seitdem mit einer schwarz-grünen Koalition.

Günther zum Ministerpräsidenten in Kiel wiedergewählt

Kiel (dpa) – Der CDU-Politiker Daniel Günther ist als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein wiedergewählt worden. Der 48-Jährige erhielt am Mittwoch im Landtag 47 von 66 abgegebenen Stimmen.

Unterdessen hat sich das neue schwarz-grüne Landeskabinett konstituiert. Günther zeigte sich erfreut über die geschlossene Zustimmung der Koalitionsfraktionen für ihn. «Wir haben große Aufgaben für Schleswig-Holstein vor uns in den nächsten fünf Jahren», sagte Günther. Die Koalition habe sich ehrgeizige Ziele gesetzt und im Kabinett spüre man Aufbruchstimmung. Weiterlesen

Landtag bestätigt Hendrik Wüst als NRW-Ministerpräsident

Düsseldorf (dpa) – Der CDU-Politiker Hendrik Wüst ist als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen wiedergewählt worden.

Der 46-Jährige ist im Landtag in geheimer Wahl mit 106 von 181 gültigen Stimmen im ersten Wahlgang als Regierungschef bestätigt worden. 74 stimmten mit Nein bei einer Enthaltung. Ungültige Stimmen und Gegenkandidaturen gab es nicht.

Wüst benötigte mindestens 98 Stimmen zur Wiederwahl. Kurz zuvor hatten CDU und Grüne aus ihren Fraktionsreihen insgesamt fünf Krankheitsfälle vermeldet. Nach Angaben von Landtagspräsident André Kuper waren insgesamt 14 von 195 Abgeordneten entschuldigt. Weiterlesen

CDU und Grüne im Norden stimmen Koalitionsvertrag zu

Neumünster (dpa) – Die erste schwarz-grüne Koalition in Schleswig-Holstein ist besiegelt. Landesparteitage von CDU und Grünen billigten am Montagabend in Neumünster den von ihren Spitzen ausgehandelten Koalitionsvertrag für das nördlichste Bundesland.

Damit ist der Weg frei für die Wiederwahl von Daniel Günther (CDU) zum Ministerpräsidenten. Seine Stellvertreterin bleibt Finanzministerin Monika Heinold von den Grünen. Die CDU nahm den Koalitionsvertrag bei drei Enthaltungen einstimmig an. Bei den Grünen stimmten 112 Delegierte für den Koalitionsvertrag. Vier Delegierte stimmten mit Nein, fünf enthielten sich.

Günthers Wiederwahl im Landtag ist für Mittwoch geplant. Dann soll auch das neue Kabinett insgesamt vorgestellt und im Landtag vereidigt werden. Günther warb in Neumünster nicht nur um Zustimmung zum Koalitionsvertrag, sondern verkündete auch letzte Personalentscheidungen. Weiterlesen

Schwarz-grüner Koalitionsvertrag für NRW ist unterschrieben

Düsseldorf (dpa/lnw) – Der erste schwarz-grüne Koalitionsvertrag Nordrhein-Westfalens ist besiegelt: Am Montag haben die Spitzen von CDU und Grünen den am Wochenende von beiden Parteien gebilligten Koalitionsvertrag unterschrieben. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende Hendrik Wüst und die Landesparteichefin der Grünen, Mona Neubaur, haben damit den Schlusspunkt unter gut dreiwöchige Verhandlungen gesetzt

Wüst lobte das Miteinander und äußerte Zuversicht für die nächsten fünf Jahre. «Ich habe das Gefühl, das funktioniert», sagte er im Düsseldorfer Künstlerverein Malkasten, wo auch verhandelt worden war.Auch Neubaur sagte, es sei ein Fundament geschaffen worden, um in den nächsten Jahren mit fairen Mitteln und auf Augenhöhe miteinander zu streiten und zu arbeiten, Schwarz-Grün habe eine gemeinsame Grundlage geschaffen, um auch bei unvorhersehbaren Ereignissen nicht aus der Bahn geworfen zu werden. Weiterlesen

Schwarz-Grün: Vertragsunterzeichnung in NRW

Düsseldorf/Neumünster (dpa) – CDU und Grüne unternehmen am Montag in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein weitere Schritte auf dem Weg zu gemeinsamen Koalitionen.

In Düsseldorf (14.00 Uhr) wollen die Spitzen beider Parteien gut sechs Wochen nach der Landtagswahl den ersten schwarz-grünen Koalitionsvertrag für das Bundesland unterzeichnen. In Neumünster steht auf Landesparteitage von CDU und Grünen (ab 18.00 Uhr) gut sieben Wochen nach der Landtagswahl ein schwarz-grüner Koalitionsvertrag zur Abstimmung. Weiterlesen

Grüne und schwarze Parteibasis sagt Ja zu Koalition in NRW

Gemeinsame Regierung Von Bettina Grönewald und Carsten Linnhoff, dpa

Bonn/Bielefeld (dpa) – Sechs Wochen nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben CDU und Grüne mit einem starken Basisvotum den Weg frei gemacht für die erste schwarz-grüne Regierung des Landes.

Nachdem Landesparteitage am Samstag in Bonn und Bielefeld klar Ja zum schwarz-grünen Koalitionsvertrag gesagt haben, steht der Wiederwahl von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag im Düsseldorfer Landtag praktisch nichts mehr im Weg. Da CDU und Grüne über eine komfortable Mehrheit von 115 der 195 Mandate verfügen, sind bei der geheimen Abstimmung keine Überraschungen im Fünf-Parteien-Parlament des bevölkerungsreichsten Bundesland zu erwarten. Weiterlesen

NRW-CDU stimmt schwarz-grünem Koalitionsvertrag zu

Bonn/Bielefeld (dpa) – Sechs Wochen nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat die CDU den Weg frei gemacht für eine schwarz-grüne Landesregierung.

Bei einem Landesparteitag in Bonn stimmte eine große Mehrheit offen per Handzeichen bei vier Gegenstimmen für die Annahme des Koalitionsvertrags. Bei einem parallel beratenden Parteitag der NRW-Grünen in Bielefeld stand die Abstimmung noch aus. Weiterlesen

Koalitionsvertrag für Schwarz-Grün in NRW steht

Düsseldorf (dpa) – CDU und Grüne haben ihre Koalitionsverhandlungen für Nordrhein-Westfalen erfolgreich abgeschlossen.

Fünfeinhalb Wochen nach der Landtagswahl wollen Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und die Parteichefin der NRW-Grünen, Mona Neubaur, das Vertragswerk in Düsseldorf vorstellen. Das kündigten beide Parteien am frühen Donnerstagmorgen an.

Am Samstag sollen dann Parteitage von CDU und Grünen in Bonn und Bielefeld über den ersten schwarz-grünen Koalitionsvertrag für das bevölkerungsreichste Bundesland abstimmen. Es wird erwartet, dass die Basis beider Parteien zustimmt. Anfang der Woche könnte der Vertrag dann von den Delegationsspitzen unterzeichnet werden.  Weiterlesen

SPD-Landeschef attackiert Ramelow wegen Windkraftgesprächen mit CDU

Ilmenau (dpa/th) – Thüringens SPD-Landesvorsitzender Georg Maier hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) für dessen Kompromissbestrebungen mit der CDU beim strittigen Thema Windräder scharf attackiert. «Diese Windkraftnummer von Ramelow fand ich persönlich völlig daneben», sagte Maier am Samstag bei der Landeskonferenz der Thüringer Jungsozialisten in Ilmenau. Die CDU «flirte» im Landtag mit der AfD. Dass Ramelow der Union dann bei dem Thema eine Brücke baue, finde er persönlich nicht so gut. Weiterlesen

Karlsruhe urteilt über Merkel-Äußerungen zur Thüringen-Wahl

Karlsruhe (dpa) – Im Februar 2020 nannte die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Wahl eines Ministerpräsidenten mit AfD-Stimmen in Thüringen «unverzeihlich» – nun entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob sie damit eine rote Linie überschritten hat.

Die Karlsruher Richterinnen und Richter verkünden heute ihr Urteil nach zwei Klagen der AfD gegen die frühere Bundeskanzlerin und die Bundesregierung. Die Partei sieht sich in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb verletzt.

Eigentlich hatte sich am 5. Februar 2020 im Landtag in Erfurt Bodo Ramelow (Linke) erneut zum Regierungschef wählen lassen wollen. In den ersten beiden Wahlgängen bekam er nicht genug Stimmen. Im dritten Wahlgang hatte ihn dann völlig überraschend der FDP-Politiker Thomas Kemmerich um eine Stimme geschlagen – mitgewählt von CDU und AfD.

Es war das erste Mal, dass die AfD einem Ministerpräsidenten ins Amt verhalf. Merkel, die gerade auf Reisen war, hatte sich einen Tag nach der Wahl zu Wort gemeldet und ihrer Pressekonferenz mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa eine «Vorbemerkung» «aus innenpolitischen Gründen» vorausgeschickt. Das Ergebnis müsse «rückgängig gemacht werden», sagte sie, zumindest die CDU dürfe sich nicht an dieser Regierung beteiligen. Und: «Es war ein schlechter Tag für die Demokratie.» Eine Mitschrift der Pressekonferenz stand zwischenzeitlich auf bundeskanzlerin.de und bundesregierung.de.

Politiker müssen neutral bleiben

Angela Merkel äußerte sich 2020 kritisch zur Wahl eines Ministerpräsidenten in Thüringen. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Kemmerich war nach drei Tagen unter dem hohen Druck zurückgetreten, die Amtsgeschäfte hatte er ohne Regierung noch bis März geführt. Ministerpräsident wurde dann doch wieder Ramelow.

Die AfD hat in Karlsruhe schon erfolgreich gegen Ex-Innenminister Horst Seehofer (CSU) geklagt, weil ein Interview mit AfD-kritischen Passagen auf seiner Ministeriumsseite stand. Und Johanna Wanka (CDU) wurde in ihrer Zeit als Bildungsministerin dafür gerügt, dass sie in einer Ministeriumsmitteilung die «Rote Karte» für die AfD gefordert hatte. Nach diesen Urteilen dürfen Politiker zwar öffentlich Kritik an der AfD üben. Sie müssen aber das Gebot staatlicher Neutralität wahren, wenn sie sich in ihrer Rolle als Regierungsmitglied äußern.

In der Karlsruher Verhandlung zur Thüringen-Wahl im Juli 2021 hatte Merkels Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) die Äußerungen damit verteidigt, dass die mitreisenden Journalisten und vor allem der Koalitionspartner eine Positionierung gewollt hätten. Es sei auch um das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland gegangen. Zu den Mitschriften auf den Internetseiten sagte er, Pressekonferenzen würden grundsätzlich wortlautgetreu und vollständig dokumentiert. Darauf würden sich Journalisten verlassen.

Die AfD hatte die Äußerungen als direkten Angriff bewertet. «Wir meinen, dass so ein Angriff, zumal bei einem offiziellen Staatsbesuch unter dem Logo Bundeskanzler/Bundeskanzlerin, nicht verfassungsgemäß ist und Frau Merkel damit gegen ihre Neutralitätspflicht verstoßen hat», sagte der Vize-Vorsitzende Stephan Brandner. Der inzwischen aus der AfD ausgetretene damalige Co-Parteichef Jörg Meuthen sagte: «Sie hat versucht, eine Landtagswahl zu delegitimieren, und zwar in Ausübung ihres Amtes als Bundeskanzlerin.»

 

 

 

Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen