Ländermehrheit gegen anlasslose Vorratsdatenspeicherung

Berlin (dpa) – Mit knapper Mehrheit haben sich die Justizminister der Länder gegen die von der Unionsseite geforderte anlasslose Vorratsdatenspeicherung zur Strafverfolgung im Netz ausgesprochen. Mit neun zu sieben stimmten die Fachminister am Donnerstag ihrer Herbstkonferenz in Berlin stattdessen für einen Antrag aus Hamburg und Sachsen, welcher das von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) präferierte «Quick Freeze»-Verfahren präferiert.

«Fehlende Verkehrsdatenspeicherung kann verhindern, dass wir Straftaten aufklären und zum Teil noch laufenden Kindesmissbrauch stoppen können. Wer die Verkehrsdatenspeicherung ablehnt, der bremst unsere Ermittlerinnen und Ermittler aus», sagte der Vorsitzende der Justizministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Georg Eisenreich (CSU).

Dagegen betonte Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne), das «Quick Freeze»-Verfahren sei für die Behörden zunächst mal als ein zusätzliches Instrument bei der Verbrechensbekämpfung zu verstehen, welches nach Jahren der Unsicherheiten Rechtsfrieden bringen könne. Von daher sei es in der Sache ein echter Fortschritt, auch wenn die Vorstellungen unter den Ländern weit auseinander gingen. Weiterlesen

Karlsruhe kassiert generelles Windrad-Verbot im Wald

Bundesverfassungsgericht
Von Simone Rothe, dpa

Karlsruhe (dpa) – Bloß keine Windräder im Wald – diese Haltung ist für Bundesländer nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts passé. Die Karlsruher Richter kassierten mit einer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung ein ausnahmsloses Verbot für Windkraftanlagen in Waldgebieten in Thüringen als verfassungswidrig (1 BvR 2661/21). Der Beschluss der Karlsruher Richter hat Signalwirkung für andere Bundesländer mit einem solchen Pauschalverbot und könnte nach Meinung von Fachleuten für mehr Tempo beim zuletzt eher schleppenden Windkraftausbau in Deutschland sorgen. Der Bundesverband Windenergie sprach von einem Paukenschlag aus Karlsruhe.

Die Kläger

Gegen den generellen Verbotspassus im Ende 2020 geänderten Thüringer Waldgesetz hatten private Waldbesitzer Verfassungsbeschwerde eingelegt – mit Erfolg. Sie wollen mit Projektentwicklern Windräder auf Kahlflächen bauen. Weiterlesen

Rockerboss Hanebuth wegen Schlägerei verurteilt: Geldstrafe

Hannover (dpa) – Der Berufungsprozess hat für Rockerboss Frank Hanebuth keine wesentliche Verbesserung bewirkt: In dem Verfahren um einen verprügelten Werkstattbesitzer sind der 58-Jährige und vier weitere Männer zu Geldstrafen in vierstelliger Höhe verurteilt worden – wie in erster Instanz.

Das Urteil des Landgerichts Hannover erging wegen gefährlicher Körperverletzung in einem minder schweren Fall beziehungsweise Beihilfe dazu, wie Richterin Karin Goldmann am Donnerstag sagte. Den Männern sei es darauf angekommen, ihr Opfer «massiv einzuschüchtern», es sei eine «Machtdemonstration» gewesen. Hintergrund der Entscheidung seien Videos vom Tatgeschehen. Laut Anklage zählen die Verurteilten zur Rockergruppe Hells Angels. Weiterlesen

«Wie in Videospiel»: 21-Jähriger gesteht Armbrust-Schüsse

Bremen (dpa) – Im Prozess um die Schüsse aus einer Armbrust an einem Bremerhavener Gymnasium im Mai hat der angeklagte ehemalige Schüler die Gewalttat weitgehend eingeräumt. «Es war für mich wie in einem Film, wie in einem Videospiel», hieß es in einer von einem Verteidiger am Donnerstag vor dem Landgericht Bremen vorgetragenen Erklärung des 21-jährigen. Er sei bei der Tat wie «in einem Tunnel» gewesen. Über seinen Anwalt entschuldigte er sich für die Tat.

Schwerbewaffnet und mit «Kampfklamotten» habe er in der Schule ein Bedrohungsszenario aufbauen wollen – auch um eine ehemalige Lehrerin zu erschrecken, die er für sein schulisches Versagen verantwortlich gemacht habe. Nach ihr hatte er explizit gefragt, als er das Gebäude betrat. Ziel sei ein «Suicide by cop» gewesen, also ein Todesschuss aus der Waffe eines Polizisten, hieß es in der Erklärung. Zum Zeitpunkt der Tat habe er unter sozialer Phobie und Depressionen gelitten. Weiterlesen

Mann springt wohl unter Zwang in Main: Angeklagter schweigt

Prozessauftakt
Von Angelika Resenhoeft, dpa

Aschaffenburg (dpa) – Aus Rache soll ein Mann einen Bekannten misshandelt und gezwungen haben, in den eiskalten Main zu springen. Das verzweifelte, körperlich durch Schläge und winterliche Kälte erschöpfte Opfer hat keine Chance und stirbt: Seit Donnerstag muss sich der mutmaßliche Täter vor dem Landgericht Aschaffenburg verantworten, unter anderem wegen Mordes. Gesehen hat die Tat im Februar in Unterfranken wohl niemand, aber der Angeklagte soll alles mit seinem Handy gefilmt haben.

In einem Clip ist am ersten Prozesstag das Opfer in offensichtlicher Todesangst zu sehen, das sich von außen an ein Brückengeländer klammert. Eine Männerstimme zählt laut bis drei, der 30-Jährige lässt los und stürzt rund zwölf Meter in den Tod. Weiterlesen

Brief-Affäre: Verfahren gegen Strobl eingestellt

Stuttgart (dpa) – In der Brief-Affäre um den suspendierten Inspekteur der Polizei in Baden-Württemberg hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl vorläufig eingestellt. Der CDU-Politiker wird nun eine Aufforderung zur Zahlung einer Geldauflage erhalten.

«Nach dieser Zahlung erfolgt dann die endgültige Einstellung», teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart am Donnerstag mit. Strobl hatte im Zuge der Affäre mitgeteilt, eine Geldauflage von 15.000 Euro zur Beendigung des Verfahrens akzeptieren zu wollen. Bereits am Montag hatte das Landgericht Stuttgart seine Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens erteilt. Weiterlesen

Datenschutz-Klagerecht von Verbraucherschützern weiter offen

Karlsruhe (dpa) – Der jahrelange Rechtsstreit um Klagerechte von Verbraucherschutzverbänden wegen möglicher Datenschutzverstöße von Unternehmen geht in die nächste Runde. Der Bundesgerichtshof (BGH) zieht ein zweites Mal in dem Fall den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zurate, wie er in Karlsruhe überraschend verkündete. Die deutschen Richter wollen eine Detailfrage geklärt wissen, wie Passagen der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auszulegen sind.

In dem Verfahren zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband und der Internetplattform Facebook geht es um die grundsätzliche Frage, ob Verbraucherschützer auch ohne einen Auftrag konkret Betroffener vor Gericht ziehen dürfen (Az. I ZR 186/17). Auf eine erste BGH-Anfrage hin hatten die Luxemburger Richter entschieden, eine Klagebefugnis des Verbandes verstoße nicht gegen die DSGVO. In der Ende September fortgesetzten Verhandlung am BGH sah es so aus, als würden die obersten Zivilrichter und -richterinnen Deutschlands dem folgen. Weiterlesen

BGH regelt Umfang von Infos zu Herstellergarantien

Karlsruhe (dpa) – Über Herstellergarantien müssen Internethändler nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nur dann informieren, wenn diese für die Kaufentscheidung der Kunden relevant sind. Das sei dann der Fall, wenn die Garantie ein wesentliches Merkmal des Angebots darstelle, entschied der erste Zivilsenat in Karlsruhe (Az. I ZR 241/19). Die Richter und Richterinnen folgten damit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).

Im konkreten Fall hatte ein Verkäufer von Schweizer Offiziersmessern einen Konkurrenten verklagt, weil er dessen Informationen zur Garantie für unzureichend hielt. Der Händler hatte auf eine Produktinformation des Herstellers verlinkt, ohne genauere Angaben zu der darin enthaltenen Garantie zu machen. 2018 hatte der Kläger mit der Forderung nach Unterlassung vor dem Landgericht Bochum verloren und in der Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm später gewonnen. Weiterlesen

Justizminister wollen Strafbefehlsverfahren ausweiten

Mainz/Berlin (dpa) – Die Justizminister der Länder haben sich auf Antrag von Rheinland-Pfalz für eine «maßvolle Erweiterung des Strafbefehlsverfahrens» ausgesprochen, um Staatsanwaltschaften und Gerichte zu entlasten. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) werde mit diesem Beschluss vom Montag gebeten, einen entsprechenden Regelungsvorschlag mit dem Ziel der Stärkung der Justiz vorzulegen, teilte das Ministerium in Mainz mit. Der Deutsche Anwaltverein kritisiert diese Überlegungen «wegen der schweren Nachteile für Beschuldigte». Der Entlastungseffekt für die Justiz sei zudem mindestens fraglich, heißt es in einer Stellungnahme.

«Die hohe Regelungsdichte des Strafverfahrensrechts sowie die zunehmende Komplexität gerade umfangreicher Strafverfahren» stellten die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden immer häufiger vor große Herausforderungen, sagte Justizminister Herbert Mertin (FDP). Strafverfahren dauerten im Durchschnitt immer länger. Dazu komme die Belastungen des – wegen der Pandemie – eingeschränkten Geschäftsbetriebs der Gerichte. Weiterlesen

Prozess gegen Ex-Wirecard-Chef beginnt am 8. Dezember

München (dpa) – Der Strafprozess gegen den früheren Wirecard-Vorstandschef Markus Braun beginnt am 8. Dezember. Die Große Strafkammer am Landgericht München habe zunächst 100 Verhandlungstage bis ins Jahr 2024 hinein anberaumt, teilte die Justizpressestelle am Mittwoch mit. Verhandlungsort ist der Sitzungssaal in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim.

Größter Betrugsfall der Nachkriegsgeschichte

Im größten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte hat die Staatsanwaltschaft Braun und zwei weitere frühere Wirecard-Manager wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt. Braun sitzt schon seit Juli 2020 in Untersuchungshaft.

Laut Anklage sollen Braun und Komplizen seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben. Im Juni 2020 brach der einstige Dax-Konzern zusammen, nachdem bei der Prüfung des Jahresabschlusses Scheinbuchungen in Höhe von fast zwei Milliarden Euro ans Licht gekommen waren. Weiterlesen

Ermittlungen gegen Kardinal Woelki – Ruf nach Konsequenzen

Katholische Kirche
Von Christoph Driessen, dpa

Köln (dpa) – Gegen den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki laufen seit Mittwoch strafrechtliche Ermittlungen. Untersucht werde der Vorwurf der falschen Versicherung an Eides Statt, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn. Darauf stehen im Falle einer Verurteilung bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafe. Woelki selbst weist alle Vorwürfe als unberechtigt zurück.

Auslöser für die Ermittlungen ist ein am Mittwoch im «Kölner Stadt-Anzeiger» veröffentlichtes Interview mit der ehemaligen Assistentin des Personalchefs im Erzbistum Köln, Hildegard Dahm. In dem Interview sagt sie, dass sie Woelki frühzeitig über Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Sternsinger-Chef Winfried Pilz informiert habe. Sie habe es «nicht mehr ausgehalten (…), Dinge aus erster Hand zu wissen, die den öffentlichen Aussagen von Kardinal Woelki widersprechen», sagt die Katholikin. Deshalb habe sie sich dazu entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen. Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen