Justizminister wollen Strafbefehlsverfahren ausweiten

Mainz/Berlin (dpa) – Die Justizminister der Länder haben sich auf Antrag von Rheinland-Pfalz für eine «maßvolle Erweiterung des Strafbefehlsverfahrens» ausgesprochen, um Staatsanwaltschaften und Gerichte zu entlasten. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) werde mit diesem Beschluss vom Montag gebeten, einen entsprechenden Regelungsvorschlag mit dem Ziel der Stärkung der Justiz vorzulegen, teilte das Ministerium in Mainz mit. Der Deutsche Anwaltverein kritisiert diese Überlegungen «wegen der schweren Nachteile für Beschuldigte». Der Entlastungseffekt für die Justiz sei zudem mindestens fraglich, heißt es in einer Stellungnahme.

«Die hohe Regelungsdichte des Strafverfahrensrechts sowie die zunehmende Komplexität gerade umfangreicher Strafverfahren» stellten die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden immer häufiger vor große Herausforderungen, sagte Justizminister Herbert Mertin (FDP). Strafverfahren dauerten im Durchschnitt immer länger. Dazu komme die Belastungen des – wegen der Pandemie – eingeschränkten Geschäftsbetriebs der Gerichte.

Wenn schon beim Abschluss der Ermittlungen besondere Umstände klar seien, die eine Bewährungsaussetzung rechtfertigten, «ist es nur schwer erklärbar, warum nicht auch eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten per Strafbefehl verhängt werden kann», sagte Mertin. «Durch die vorgesehenen rechtsstaatlichen Verfahrenssicherungen, wie die Einspruchsmöglichkeit des Beschuldigten, die Beiordnung eines Verteidigers bei der Verhängungen von Freiheitsstrafen zur Bewährung und die richterliche Kontrolle des Strafbefehlsantrags dürften die Rechte des Beschuldigten auch ausreichend gewahrt werden.»

Der Deutsche Anwaltverein hält eine mögliche Ausweitung des Strafbefehlsverfahrens auf Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren für zu weitgehend. «Darin läge eine Gefahr: Sollte es zeitnah zu weiteren Verurteilungen kommen, die die Bildung einer Gesamtstrafe zuließen, wäre die Bewährung plötzlich vom Tisch», heißt es in einer Mitteilung. Auch ein Bewährungsverstoß könne zum Widerruf der Bewährung führen. «Beschuldigten droht damit unter Umständen eine beachtliche Haftstrafe, ohne je einen Gerichtssaal von innen gesehen zu haben.»

Ein Strafbefehl ist eine Verurteilung ohne Verhandlung. Zweck ist die einfache und schnelle Ahndung einfacherer Kriminalität. Mit diesem Instrument können etwa Geldstrafen oder die Entziehung der Fahrerlaubnis festgesetzt werden. In bestimmten Fällen kann so auch eine Bewährungsstrafe bis zu einem Jahr festgesetzt werden.

 

 

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