Kommission will gesamtes Material zu Missbrauchsfall sichern

Trier (dpa/lrs) – Die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier will das gesamte kinderpornografische Material aus dem Nachlass eines katholischen Priesters sichern und auswerten. Dies erklärte der Vorsitzende der Unabhängigen Kommission, Gerhard Robbers, am Dienstag in Trier. Die derzeitige Rechtslage sei aber unzureichend: Es müsse noch geprüft werden, wie das Material rechtmäßig gesichert werden könne, da der Besitz von Kinderpornografie grundsätzlich strafbar sei. Weiterlesen

Missbrauchsbericht belastet Alt-Erzbischof Zollitsch

Freiburg (dpa) – Der Bericht über sexuellen Missbrauch durch Geistliche im Erzbistum Freiburg belastet den früheren Erzbischof Robert Zollitsch (84). So habe Zollitsch während seiner Amtszeit das kanonische Recht – also das Kirchenrecht – im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen komplett ignoriert, sagte Eugen Endress, einer der Autoren des Reports, in Freiburg.

Endress nannte als Beispiel, dass ein Zölibatsverstoß eines Geistlichen bestraft wurde, während Missbrauch von Kindern und Jugendlichen kirchenrechtlich nicht geahndet worden sei. «Wir waren sprachlos.»

Zollitsch, früherer Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, hatte bereits in einem Video schwerwiegende Fehler und persönliche Schuld eingeräumt. «Er lag mit dieser Selbsteinschätzung richtig», sagte der pensionierte Richter Endress mit Blick auf die Äußerungen. Vor der Pressekonferenz kündigte Zollitsch über einen Sprecher an, sich nicht zu dem Abschlussbericht äußern zu wollen. Weiterlesen

Bischof: Missbrauchsfall von ungekanntem Ausmaß aufarbeiten

Trier (dpa/lrs) – Nach neuen massiven Missbrauchsvorwürfen gegen einen 2022 verstorbenen Trierer Bistumspriester hat Bischof Stephan Ackermann eine umfassende Aufarbeitung angekündigt. Dieser Fall habe «Ausmaße, die den heute Verantwortlichen im Bistum bislang nicht bekannt waren», teilte das Bistum am Montag mit. Ackermann habe deshalb Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg beauftragt, alle vorhandenen und neuen Informationen zusammenzutragen, «um die Dimension des Falles wirklich zu erfassen» und aufarbeiten zu können.

In der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass der katholische Priester jahrzehntelang Minderjährige missbraucht und die Opfer fotografiert sowie gefilmt haben soll. Mehrere Hundert Aufnahmen habe sein Neffe nach dem Tod des Geistlichen in dessen Wohnung entdeckt, hatte die Koblenzer «Rhein-Zeitung» berichtet. Weiterlesen

Kirche: «Kreativitätsexplosion» bei digitalen Gottesdiensten

Von Jens Albes, dpa

Limburg/Mainz (dpa) – Nach drei Jahren Corona-Pandemie mit Lockdowns bewerten die Kirchen die erzwungene Verlagerung ihres Wirkens ins kontaktlose Internet überwiegend positiv. «Insgesamt haben die digitalen Gottesdienste geradezu zu einer Kreativitätsexplosion geführt. Die Feiern wurden durch den digitalen Einsatz interaktiver, lebendiger und jünger», erklärt etwa Pfarrer Volker Rahn von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Abflauen der Pandemie setzen die Kirchen wieder auf traditionelle Gottesdienste, wollen aber vereinzelt auch an Übertragungen festhalten – dann meist als hybrides Format mit gestreamten Zusammenkünften in Präsenz.

Das katholische Bistum Limburg, das wie die EKHN sowohl in Hessen als auch in Rheinland-Pfalz liegt, hat seine wöchentlichen Livestreams vom Domberg der gleichnamigen Stadt beendet. Seit März 2020 übertrug es nach eigenen Angaben mehr als 260 Gottesdienste aus der Kapelle des Bischofshauses und dem Dom auf Youtube und Facebook und erreichte so insgesamt gut zwei Millionen Menschen – durchschnittlich 3000 pro Gottesdienst, an Ostern und Weihnachten jeweils mindestens 10 000. Der Rekord war laut dem Bistum die Übertragung der Osternacht 2020 mit fast 35 000 Zuschauern zu Hause. Künftige besondere Gottesdienste in Präsenz im Limburger Dom sollen weiterhin gestreamt werden.

Die Diözese erklärt: «Im Laufe der Zeit ist eine lebendige, virtuelle Gottesdienstgemeinschaft entstanden. Im Chat formulierten Userinnen und User Anliegen, stellten ihre Fragen und interagierten untereinander und mit den Verantwortlichen für die Streams im Bistum.»

Auch das katholische Bistum Mainz, das zu zwei Dritteln in Hessen liegt, sieht nach eigenen Worten in Übertragungen von Gottesdiensten ins Netz «ein zusätzliches Angebot, dass gerne von vielen Menschen wahrgenommen wird». Auch noch die Osternacht und der Gottesdienst an Ostersonntag in diesem Jahr im Mainzer Dom mit Besuchern vor Ort seien zusätzlich auf mehreren Kanälen gestreamt worden – mit 3250 (Osternacht) und rund 2500 Aufrufen (Ostersonntagsgottesdienst) alleine bei Youtube.

Pfarrer Rahn von der EKHN verweist unter anderem auf Videoplattformen für die Übertragung von Gottesdiensten. «Inzwischen gibt es auch Multi-Streams, bei denen parallel auf mehreren Kanälen gestreamt wird, um die Reichweite zu erhöhen», ergänzt er. In der Corona-Zeit seien Tausende EKHN-Gottesdienste im Netz übertragen worden. Es seien aber auch «aufwendige Video-Produktionen beispielsweise mit prominenten Gästen oder externen Musikgruppen vorab produziert und dann gezeigt» worden.

Faszinierend fand Rahn nach eigener Aussage Gottesdienste, «bei denen sich mehrere Gemeinden zusammenschalteten und der Stream von Kirche zu Kirche wechselte – auch weltweit. In der Pandemie gab es immer wieder auch “Global Prayer” (weltweites Gebet) mit Hessen-Nassaus Partnerkirchen von USA bis Korea.» Dies solle beibehalten werden.

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Früherer Priester soll Missbrauchsopfer fotografiert haben

Trier/Koblenz (dpa/lrs) – Ein in 2022 verstorbener Trierer Bistumspriester soll jahrzehntelang Minderjährige missbraucht und die Opfer fotografiert sowie gefilmt haben. Mehrere hundert Aufnahmen habe sein Neffe nach dem Tod des Geistlichen in dessen Wohnung entdeckt, berichtete die Koblenzer «Rhein-Zeitung». Das Bistum Trier teilte am Freitag mit, der Priester im Ruhestand sei 2012 nach «Hinweisen auf sexuell übergriffiges Verhalten» sanktioniert worden. Er habe keine Gottesdienste mehr halten dürfen. Der Umgang mit Kindern und Jugendlichen sei ihm untersagt worden. Weiterlesen

«Versöhnungsgespräch» oder Last? Wenn Kinder beichten sollen

Von Kathrin Zeilmann, dpa

München (dpa) – Wer sein Kind katholisch taufen lässt, schickt es später meist auch zur Erstkommunion. Das betont die Deutsche Bischofskonferenz (DBK): «Katholisch getaufte Kinder gehen laut Statistik fast ausnahmslos zur Erstkommunion», heißt es im jährlich veröffentlichten Zahlenwerk zur Situation der Kirche in Deutschland.

Vor der Erstkommunion, die meist in den Wochen nach Ostern gefeiert wird, müssen die Kinder jedoch etwas tun, was den meisten erwachsenen Mitgliedern der katholischen Kirche längst fremd geworden ist – nämlich zur Beichte gehen. «Nach vorheriger sakramentaler Beichte», so heißt es im Kirchenrecht, folgt die Erstkommunion. Grundschüler der dritten Klasse, meist neun oder zehn Jahre alt, sollen also einem fremden Mann, dem Priester, beichten, was sie so falsch gemacht haben in ihrem bisherigen Leben. Und das natürlich alleine, so dass niemand zuhört.

Können Kinder sündigen?

Auch Seelsorgende sehen dieses Thema zunehmend kritisch, wie Helmut Heiss, Leiter des Fachbereichs Sakramentenpastoral im Erzbischöflichen Ordinariat München-Freising, sagt. Das Kirchenrecht sei gar nicht so eindeutig, wie es der erste Blick vermuten lässt. An anderer Stelle heiße es, die Beichte sei nur bei schweren Sünden vorgeschrieben. «Es ist sehr strittig, inwieweit acht- oder neunjährige Kinder zu schweren Sünden fähig sind.» In zwei Erstkommunion-Konzepten, die er mitverfasst habe, werde der Akzent aber beim Thema Versöhnung gesetzt, betont Heiss. Es werde beispielsweise Wert auf die Versöhnungskultur in der Familie gelegt. «Versöhnung muss geübt und gelernt werden», heißt es darin.

Die Beichte ist besonders für Kinder in den vergangenen Jahren zunehmend kritisch hinterfragt worden. Eine Rolle hierbei spielt der Missbrauchsskandal, der die katholische Kirche seit nun schon mindestens 13 Jahren erschüttert

Harald Dreßing, Leiter des Bereichs Forensische Psychiatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, hat die sogenannte MHG-Studie geleitet, die sexualisierte Gewalt von Priestern und Diakonen in den deutschen Diözesen untersucht hat. Die Studie habe gezeigt, dass auch der Beichtstuhl Tatort für Missbrauch gewesen ist, sagt er. Die Beichte wurde demnach auch genutzt, um die Straftaten zu planen und vorzubereiten. «Kinder wurden ausgefragt und als potenzielle Opfer ausgespäht.»

Beichte und Missbrauch als «toxische Mischung»

Viele Menschen hätten später beispielsweise von unpassenden Fragen durch die Priester bei der Beichte berichtet. «Die Situation wurde perfide ausgenutzt. Das war eine toxische Mischung.» Beim sexuellen Missbrauch gehe es um Macht – und das potenziere sich im Beichtstuhl, wo der Beichtvater die Macht habe, von Sünden loszusprechen. «Das ist eine hochgradig ängstigende Situation.»

Daraus leite sich auch die grundsätzliche Frage ab, ob Kinder unter 14 überhaupt beichten sollten, sagte Dreßing. Aus entwicklungspsychologischer Sicht sei die Kinderbeichte kein geeignetes Format. Kinder könnten im Alter der Erstkommunion die Themen Schuld und Sünde noch gar nicht erfassen. Das setze erst mit etwa 14 Jahren ein. So werde die Beichte entweder zum inhaltslosen Ritual – oder schüre Ängste. Die Kirche jedoch argumentiere: Die Beichte sei ein Sakrament und deshalb unantastbar. Allerdings gebe es Auslegungsspielraum. Es gebe eine Reihe von Priestern, die die Kinderbeichte als problematisch ansehe.

Beichte nicht mehr ganz so zentral

Die Missbrauchsstudie des Bistums Münster listet zahlreiche Fallbeispiele auf, bei denen es im Kontext der Beichte zu Missbrauch kam oder dieser vorbereitet wurde. «Während heute die Beichte für zahlreiche Katholik:innen eine randständige Bedeutung einnimmt, war sie bis in die 1980er Jahre ein zentraler und regelmäßiger Bestandteil der Glaubenspraxis», heißt es in der Mitte 2022 veröffentlichten Studie eines Teams um den Historiker Thomas Großbölting.

Mit dem Bedeutungsverlust der Beichte dürfte das Setting aber auch beim Thema Missbrauch heute eine unwichtigere Rolle spielen: «Da die Beichte in den letzten vier Jahrzehnten massiv an Bedeutung für die Glaubenspraxis verloren hat, ist zu vermuten, dass auch die absolute Zahl von Missbrauchstaten, die durch dieses Setting angebahnt und in diesem Kontext begangen wird, zurückgegangen ist.»

Viele Gemeinden bemühen sich darum, das Thema Beichte möglichst kindgerecht anzupacken. Es wird mit Symbolen und Bildern gearbeitet, unförmige Steine werden durch die Beichte in Edelsteine verwandelt. Vom «Versöhnungsgespräch» ist etwa in einer Broschüre der Gemeindekatechese des Bistums Eichstätt in Bayern zu lesen.

Ruf nach allgemeinem Schutzkonzept

Und was das Thema Prävention betrifft: Alle Pfarreien müssten sich zu einem Schutzkonzept bekennen, das von der Stabsstelle Prävention auch genehmigt werden musste, betont Helmut Heiss aus dem Münchner Ordinariat. Es sei zum Beispiel sinnvoll, dass auch die Möglichkeit zur Beichte in einem nicht-sakralen Raum besteht bei geöffneter Tür.

Vertrauenspersonen könnten so in Sicht-, aber nicht in Hörweite bleiben. Das Kind habe auch die Möglichkeit, den Raum zu verlassen, wenn es sich unwohl fühlt. «Der Sensibilität der Seelsorgenden gegenüber den Eltern in Bezug auf die Erstbeichte ist sehr groß.» Ein Sichtkontakt werde in der Regel immer ermöglicht, wenn dies gewünscht werde.

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Katholikenrat: Versagen bei Missbrauchsfällen in Mainz

Mainz (dpa) – Der Katholikenrat im Bistum Mainz hat die Anfang März vorgestellte Studie zu sexuellem Missbrauch als wichtigen Bestandteil des diözesanen Aufarbeitungsprozesses begrüßt. In einer am Samstag bei der Frühjahrsvollversammlung des Laiengremiums verabschiedeten Stellungnahme heißt es nach Angaben des Bistums, man sei über die hohe Zahl an Tätern und Betroffenen im Bistum sowie dem menschenverachtenden Umgang mit den Betroffenen bestürzt. Die «umfassende und nachhaltige Aufarbeitung» habe «oberste Priorität».

Der Anfang März vorgestellten Untersuchung mit dem Titel «Erfahren – Verstehen – Vorsorgen» (EVV) zufolge sind im Bistum Mainz jahrzehntelang Fälle von sexueller Gewalt nicht konsequent verfolgt, teils verschwiegen und verharmlost worden. Für die Studie waren etwa 25 000 Seiten Akten- und Archivmaterial untersucht worden sowie 246 persönliche, schriftliche oder telefonische Gespräche geführt worden. Nach einer statistischen Analyse waren für den Zeitraum von 1945 bis 2019 zunächst 657 Betroffene und 392 Beschuldigte ausgemacht worden. Dann wurde genauer geprüft, wie sich der jeweilige Tatbestand genau darstellt und wie plausibel der Fall erscheint. Letztlich blieben für die weitere Untersuchung 401 Betroffene und 181 Beschuldigte übrig.

Nicht nur Kleriker und kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien schuldig geworden, sondern «ein ganzes System, zu dem auch die kirchlichen Verbände, Pfarreimitglieder, Räte und sogar Familien der Betroffenen gehören» habe versagt, schreibt der Katholikenrat. «Dieser Schuld wollen auch wir uns stellen und alles dafür tun, dass in Zukunft ein solches Systemversagen nicht mehr möglich wird, sowie Übergriffe und Missbrauchstaten verhindert werden.»

Der Katholikenrat ist das höchste Laiengremium in der Diözese Mainz. Das Bistum Mainz liegt zu etwa zwei Dritteln auf hessischem und zu einem Drittel auf rheinland-pfälzischem Gebiet und zählte zuletzt gut 700 000 Kirchenmitglieder.

Westminster Abbey bietet strumpfsockige Führungen an

London (dpa) – Besucher der Londoner Westminster Abbey dürfen kurz nach der Krönung von König Charles III. erstmals den Bereich der altehrwürdigen Kirche betreten, in dem der Monarch bei der Zeremonie sitzen wird – aber nur auf Strümpfen, wie die Abtei mitteilte. Um den empfindlichen Mosaikboden zu schützen, müssen bei der Sonderführung «Crown and Church», die vom 15. Mai bis zum 29. Juli angeboten wird, die Schuhe ausgezogen werden. Weiterlesen

Keine Einigung in Schmerzensgeldklage gegen Trierer Bischof

Trier (dpa/lrs) – Der Streit um Schmerzensgeld zwischen einer wegen Missbrauchs traumatisierten Mitarbeiterin des Bistums Trier und dem Trierer Bischof Stephan Ackermann geht weiter. Bei einem Termin vor dem Arbeitsgericht Trier am Donnerstag wurde keine gütliche Einigung zur Beilegung des Streits erreicht, sagte die Richterin am Ende der Güteverhandlung. Daher werde ein Kammertermin für Mitte Juni anberaumt. Die Streitparteien könnten sich vorher aber noch auf schriftlichem Weg einigen, sagte die Richterin.

Die unter dem Pseudonym bekannte Karin Weißenfels hat das Bistum Trier und den Bischof auf 20.000 Euro Schmerzensgeld verklagt. Der Grund: Der Bischof hatte im März 2022 bei einer Informationsveranstaltung mit Bistumsmitarbeitenden das Pseudonym der Frau gebrochen und deren Klarnamen genannt hat. Ackermann hatte sich danach bei der Frau entschuldigt und eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Weiterlesen

Ermittlungen gegen zwei Kardinäle eingestellt

Von Britta Schultejans, dpa

München (dpa) – Mehr als 40 Verdachtsfälle, hochrangige Beschuldigte – doch keine Anklage: Die Staatsanwaltschaft München I hat nach der Vorstellung des Gutachtens zu sexueller Gewalt im Erzbistum München und Freising ihre Ermittlungen gegen die früheren Erzbischöfe Kardinal Joseph Ratzinger und Kardinal Friedrich Wetter wegen des Verdachts der Beihilfe eingestellt.

«Drei (damals) noch lebende kirchliche Personalverantwortliche» seien während der Ermittlungen «als Beschuldigte eingetragen» worden. Neben dem emeritierten Papst Benedikt XVI., der als Kardinal Ratzinger von 1977 bis 1982 Erzbischof war, und seinem Nachfolger Wetter betraf das den Angaben zufolge auch den ehemaligen Generalvikar Gerhard Gruber. Die Ermittlungen «ergaben jeweils keinen hinreichenden Verdacht strafbaren Handelns der Personalverantwortlichen».

Die Behörde hatte die Ermittlungen ausgehend von dem 2022 vorgestellten Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) aufgenommen und 45 Fälle geprüft, in denen hochrangige Kirchenvertreter verdächtigt wurden, durch ihr Fehlverhalten im Umgang mit Tätern Beihilfe zu Missbrauchstaten geleistet zu haben. «Es standen mögliche Beihilfehandlungen der Personalverantwortlichen im Raum», sagt Staatsanwältin Angela Miechielsen. Unterstützt wurde die Behörde von einer Ermittlungsgruppe der Polizei, der «EG Kelch».

Verjährung eingetreten

Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, wurde mit 39 dieser Fälle ein Großteil sofort eingestellt, sechs Fälle wurden intensiver geprüft – darunter auch der Fall des Wiederholungstäters Priester H., der wegen Missbrauchs aus dem Bistum Essen zu der Zeit in das Münchner Bistum versetzt wurde und dort immer wieder Kinder missbrauchte, als Ratzinger dort Erzbischof war.

In diesem Fall (Fall 41 aus dem WSW-Gutachten) sei Ratzinger als Beschuldigter geführt worden, sagt Staatsanwältin Miechielsen – ebenso im Fall eines weiteren Missbrauchstäters (Fall 40). Weil aber die Taten dieser Priester inzwischen verjährt waren, gilt das auch für den möglichen Vorwurf der Beihilfe zu diesen Taten. Das ist der Grund für die Einstellung des Verfahrens. Ob und inwiefern der spätere Papst damals eine Straftat begangen hat, wurde also nicht mehr untersucht: «Sobald Verjährung eingetreten ist, ermitteln wir nicht mehr weiter.»

Ratzinger-Biograf Peter Seewald wertet das Ergebnis der Ermittlungen unterdessen als Bestätigung der Aussagen des emeritierten Papstes. Schon das WSW-Gutachten habe «keinen einzigen Beweis für ein Fehlverhalten oder für eine Mithilfe des früheren Erzbischofs von München bei einer Vertuschung» enthalten. In dem Gutachten war Ratzinger in mehreren Fällen persönliches Fehlverhalten vorgeworfen worden.

Kardinal Wetter galt in fünf Verfahren als Beschuldigter – ebenso der frühere Generalvikar Gruber. In einem dieser Verfahren ging es um einen inzwischen gestorbenen Krankenhausseelsorger in Rosenheim, der im Verdacht stand, Ministranten missbraucht zu haben – und um möglicherweise noch nicht verjährte Fälle Anfang der 2000er Jahre.

Auf der Suche nach dem Giftschrank

Im Zusammenhang mit diesem Fall – der Nummer 26 aus dem Missbrauchsgutachten – hatte die Staatsanwaltschaft auch Mitte Februar Räume des Erzbistums München und des Erzbischöflichen Palais durchsucht. Ziel war es dabei, den sogenannten Giftschrank zu finden, in dem Informationen zu Missbrauchstätern weggeschlossen wurden. Der sei aber 2011 aufgelöst, die Unterlagen den entsprechenden Personalakten zugeordnet worden – das habe auch der amtierende Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, bestätigt.

Ihm und seinem Erzbistum stellt die Staatsanwaltschaft ein gutes Zeugnis aus. Die Kooperationsbereitschaft sei groß gewesen. Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst spricht sogar von «unbedingtem Aufklärungswillen». Es habe nie den Verdacht gegeben, «dass da irgendwas nicht vollständig sein könnte».

Kornprobst wehrt sich gegen Vorwürfe, seine Behörde sei jahrelang viel zu sanft umgegangen mit der Kirche. «Wieso sollten wir ausgerechnet bei der Kirche besondere Milde walten lassen?», fragt er.

Kritiker werfen der Staatsanwaltschaft vor, sie hätte schon 2010 – nachdem das erste Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese zwar erstellt, aber nicht veröffentlicht worden war – die Herausgabe der Kirchenakten verlangen sollen.

Die Ansicht teilt Kornprobst zwar rückblickend – er sagt aber auch, in dem Gutachten sei vieles nur so schwammig formuliert gewesen, dass es für einen Anfangsverdacht, der nötig ist, um Ermittlungen aufzunehmen, nicht gereicht hätte. Er sagt, die Ermittlungen hätten auch damals schon «strafrechtlich keine wesentlich anderen Ergebnisse» gebracht.

Im Fall Priester H. verjährte ein Fall allerdings erst im Jahr 2012 – zwei Jahre, nachdem das erste Gutachten erstellt worden war. Ob und wie dieser Fall im ersten Gutachten erwähnt wurde, konnte die Staatsanwaltschaft zunächst nicht mitteilen.

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Bischof äußert sich zu Verfehlungen der Kirche

Speyer (dpa/lrs) – Der Bischof von Speyer hat sich anlässlich seines 15-jährigen Amtsjubiläums auch zu Verfehlungen der katholischen Kirche geäußert. In seiner Predigt bei einem Pontifikalamt am Sonntag im Speyerer Dom sagte Karl-Heinz Wiesemann laut Mitteilung, in jüngerer Vergangenheit habe er sich gefragt, warum er in seinen 40 Jahren als Priester und 15 Jahren als Bischof vieles so lange nicht gesehen habe: Verborgenes und Schlimmes wie die stummen Schreie der Opfer sexualisierter Gewalt oder auch das Leiden von Menschen, die aus dem kirchlichen Raster gefallen seien – wie Homosexuelle, wiederverheiratete Geschiedene oder unterdrückte Frauen. Weiterlesen

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