Bischof: Missbrauchsfall von ungekanntem Ausmaß aufarbeiten

Trier (dpa/lrs) – Nach neuen massiven Missbrauchsvorwürfen gegen einen 2022 verstorbenen Trierer Bistumspriester hat Bischof Stephan Ackermann eine umfassende Aufarbeitung angekündigt. Dieser Fall habe «Ausmaße, die den heute Verantwortlichen im Bistum bislang nicht bekannt waren», teilte das Bistum am Montag mit. Ackermann habe deshalb Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg beauftragt, alle vorhandenen und neuen Informationen zusammenzutragen, «um die Dimension des Falles wirklich zu erfassen» und aufarbeiten zu können.

In der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass der katholische Priester jahrzehntelang Minderjährige missbraucht und die Opfer fotografiert sowie gefilmt haben soll. Mehrere Hundert Aufnahmen habe sein Neffe nach dem Tod des Geistlichen in dessen Wohnung entdeckt, hatte die Koblenzer «Rhein-Zeitung» berichtet.

Das Bistum Trier teilte am Montag mit, es hätten sich am Wochenende «unter anderem Hinweise auf ein Doppelleben (des Priesters) in Afrika» unter falschen Namen ergeben. Der Geistliche hatte 1972 ein Hilfswerk für soziale Projekte in Afrika gegründet.

Zudem seien Hinweise gegen den Mann aufgetaucht, die über jene Vorwürfe aus den 1960er und 1970er Jahren hinausgingen, die bereits in eine kirchenrechtliche Voruntersuchung in 2012 eingeflossen waren, wie von Plettenberg mitteilte.

Der Priester im Ruhestand war nach Angaben des Bistums 2012 wegen «Hinweisen auf sexuell übergriffiges Verhalten» sanktioniert worden. Er habe keine Gottesdienste mehr halten dürfen. Der Umgang mit Kindern und Jugendlichen sei ihm untersagt worden.

Das Bistum teilte mit, in diesem Fall sei eine Befassung der Unabhängigen Aufarbeitungskommission «nicht ausreichend». Ackermann sagte, «schon das wenige Material» von Kinderpornografie, das der Neffe des Verstorbenen ihm bei einem Treffen gezeigt habe, sei «erschütternd» gewesen.

Der Bischof und der Generalvikar baten mögliche Betroffene, sich an die Ansprechpersonen des Bistums zu wenden. Derzeit werde auch geprüft, wie eventuelle Betroffene aus Afrika, wo der Priester auch engagiert war, erreicht werden könnten, sagte von Plettenberg.

Zudem solle geklärt werden, ob es im Saarland eine gemeinsame, unabhängige Kontaktstelle für mögliche Betroffene geben könne. Der im Saarland geborene Mann war dort Ende November 2022 gestorben.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen