Alessandro Schuster über Liebe zu einer reiferen Frau

Berlin (dpa) – Der 20 Jahre alte Schauspieler Alessandro Schuster wundert sich über den Wirbel, den eine Beziehung von einem jungen Mann zu einer älteren Frau in der Gesellschaft oft verursacht.

«Ich finde es eher erstaunlich, dass diese Variante immer viel größere Aufmerksamkeit und Irritation auf sich zieht, als andersrum. Letztendlich geht es doch um den Menschen, in den man sich verliebt, und wenn es von beiden Seiten eine Anziehung gibt, kann man meiner Meinung nach alle anderen Parameter erstmal hinten anstellen», sagte Schuster der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Auch in meinem privaten Umfeld ist mir das nicht fremd, und ich betrachte das genauso neutral wie andere Beziehungsmuster auch.» Weiterlesen

«Berlin ist in einer Art Dauerpubertät»

Von Julia Kilian, dpa

Berlin (dpa) – Manchmal hat man das Gefühl, in Deutschland läuft eine Soap, bei der Millionen Menschen mitreden. Manchmal geht es um ausrangierte Matratzen am Straßenrand, manchmal um verkorkste Bauprojekte wie den BER. Immer ließe sich die Serie in einem Satz zusammenfassen: «In Berlin hat mal wieder jemand was verbockt.» Neuerdings geht es um die Frage, wie es passieren konnte, dass eine ganze Stadt wegen Pannen eine Wahl wiederholen muss.

Meist dauert es nicht lange, bis aus anderen Ecken der Republik dann Kommentare kommen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gehört zu denen, die gerne einen markigen Satz parat haben. Nun weiß man, dass sich das Leben doch etwas komplexer gestaltet. Und wenn in Berlin so vieles schief läuft, warum ziehen dann trotzdem so viele Menschen dorthin?

«Man kann», sagt Mazda Adli, «die Frage eigentlich auch fast zur Antwort machen». Gerade das Unvollkommene mache Berlin durchaus auch attraktiv. Adli ist Chefarzt der Berliner Fliedner Klinik, Stressforscher an der Charité und leitet unter anderem die Forschungsgruppe Neurourbanistik, die sich mit dem Einfluss von Stadtleben auf die Psyche befasst.

Stablilisator «Regional-Bashing»

Dass aus anderen Regionen Deutschlands hämische Kommentare kommen, scheint ihn wenig zu überraschen. «Regional-Bashing ist ja in Deutschland ganz besonders beliebt», sagt Adli. Das diene auch dazu, den eigenen Selbstwert zu stabilisieren. Die meisten machten das auch mit einem Augenzwinkern. Und natürlich sei etwa eine Stadt wie Würzburg viel leichter zu verwalten als eine Multimillionenstadt.

Berlin sei schon immer eine Stadt gewesen, die etwas dysfunktional getickt habe. «Ich habe selber mal in einem Buch geschrieben: “Berlin ist in einer Art Dauerpubertät”», sagt Stressforscher Adli. «Ständig ändert sich was. Ständig muss sich auch neu erfunden werden. Und so anstrengend das ist, so attraktiv ist es für Menschen, die genau danach suchen.» Das Unvollkommene könne auch entlastend sein. «Man muss eben nicht perfekt sein, um hier was zu zählen.»

Wenn man in Berlin lebt, kann man – sagen wir mal – allerhand Interessantes beobachten. Im U-Bahnhof stellt sich nicht selten die Frage, wer da wieder hingekotzt hat. Erwachsene Männer tragen manchmal lilafarbene Schneeanzüge. Moderatorin Bettina Rust postete bei Instagram neulich ein Bild von einem öffentlichen Mülleimer, in dem Pflanzen steckten: «In Berlin nennen wir es Vase.»

Berlin ist die Stadt der Oberschenkeltattoos, des glasierten Endiviensalats und der beleuchteten Imbissbuden. Von seinen Nachbarn kann man lernen, was «Blech rauchen» bedeutet – nämlich dann, wenn im Treppenhaus jemand Drogen auf einer Alufolie geraucht hat. Im Café bekommt man Lavendel-Earl-Grey «with oatmilk» (Hafermilch). Und am Tresen unter der Kaufhausrolltreppe ein kleines Bier für 2,30 Euro.

Wenn an der S-Bahn Lady Gaga tönt

Berlin ist eine Stadt, in der Menschen ihre Kleingärten pflegen und den See lieben. An den Stadträndern leben Leute in Einfamilienhäusern und in der rbb-«Abendschau» erzählen manche engagiert, warum dringend etwas gegen eine nervige Umleitung getan werden müsse. In einem Nachbarschaftsportal fragt jemand nach einem Knäuel Wolle, um etwas fertig zu stricken. Und mittags sieht man auch mal Leute am S-Bahnsteig, die laut Lady Gaga hören: «Just dance!»

Vor allem ist Berlin aber eine Stadt, in der fast vier Millionen Menschen irgendeine Form von Alltag verbringen. Arbeiten, essen, schlafen. Sich um Familie und Freunde kümmern. Mit dem Hund rausgehen. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zeigt bei Facebook oft ein bürgerliches Bild von sich. Giffey im Fußballstadion. Giffey beim Bürgergespräch. Giffey beim Marmeladekochen.

Mit dem pauschalen Draufhauen von außen wird man der Stadt nicht gerecht. Und gleichzeitig haben auch Menschen in Berlin das Gefühl, dass Dinge im Argen liegen. In Gesprächen geht es dann etwa um marode Infrastruktur und ausgefallene Bahnen, um die Ausstattung von Schulen und steigende Mieten, um umstrittene Verkehrsprojekte und die Frage, wer sich die Stadt auf Dauer wird leisten können.

Nicht jeder darf kritisieren

Dass das pauschale Image «Pannenstadt» die Dinge selten trifft, heißt nicht, dass sich die Menschen in Berlin selbst keine Gedanken machen. Schauspieler Ulrich Matthes findet dafür ein schönes Bild. «Das ist ja wie mit der Familie», sagt Matthes. Man selber könne an den Eltern rummeckern. «Aber wenn die Klassenkameraden das tun, wirft man sich sofort vor die Eltern und sagt den anderen: “Du spinnst wohl.”»

«Genauso werfe ich mich vor das Berlin-Bashing von außen, bin aber selber doch zunehmend ein kritischer Berliner», sagt Matthes, der am Deutschen Theater arbeitet und Präsident der Deutschen Filmakademie war. «Ich als gebürtiger Berliner habe mich dabei ertappt, dass ich im Vorfeld dieser Wahlen zum ersten Mal in meinem Leben dachte: “Diesmal weißt du wirklich nicht, wen du wählen sollst.”»

Wenn man tiefer eintauchen möchte in die Frage, warum in Berlin manches schief läuft, kann man sich zum Beispiel mit der Geschichte der Stadt befassen und mit ihrer eigenwilligen Struktur. Neben dem Roten Rathaus gibt es die Bezirke, jeder so groß wie eine Stadt und jeder mit eigener Bürgermeisterin oder eigenem Bürgermeister. Über Reformen dieser Struktur wird seit Langem diskutiert. Manche glauben, dass es auch beim politischen Personal mitunter hapert. Eine These: Die Stadt Berlin steht in Konkurrenz mit der Bundespolitik in Berlin.

Mehr Verantwortlichkeit nötig

Wenn es um die Frage geht, wie gut die Politikerinnen und Politiker auf Berliner Landesebene sind, zitiert Matthes einen Spruch seiner Oma: «Da schweigt des Sängers Höflichkeit.» Er sieht die Menschen auch selbst in der Pflicht: «Ich habe das Gefühl, jeder Berliner, jede Berlinerin müsste sich – das denke ich schon seit Jahren – einfach verantwortlicher fühlen für das Gelingen dieser Stadt.» Das gelte für Verkehr, Sauberkeit und Umgangston in der Stadt.

«Was mich zum Beispiel, um kurz anekdotisch zu werden, wirklich geradezu verstört hat: Nachdem die Stadtreinigung bei mir die blauen Papiertonnen abgeholt hatte, war ein riesiger Pappendeckel vor meiner Haustür aus der Mülltonne gefallen», erzählt Matthes am Telefon. «Und diesen Pappendeckel habe ich aufgehoben, um ihn dann in die geleerten blauen Tonnen zu schmeißen.» Er habe einfach gedacht: «Na ja, warum soll ich denn das nicht machen?»

«Und in dem Moment gingen zwei ungefähr 40-jährige Frauen vorbei, lachten sich darüber halb tot. Und die eine sagte zur anderen: «Ah, jetzt gibt’s wohl auch in Berlin schon die Kehrwoche», erzählt Matthes. Für ihn sei das aber eine Selbstverständlichkeit gewesen. «Irgendjemand wird sich danach bücken müssen. Also was kostet es mich, das selber zu machen?»

In der Schlafanzughose zum Wochenmarkt

Gelassenheit kann in Gleichgültigkeit kippen. Und dann kann es passieren, dass Systeme sich gegenseitig verstärken. Nehmen wir ein harmloses Beispiel – die Schlafanzughose. Man kann damit in Berlin wunderbar zum Wochenmarkt gehen, es wird keiner gucken. «Genau», sagt Adli. «Aber es ist eben auch etwas Ambivalentes daran.» Denn wenn man grundsätzlich auch in Schlafanzughose rausgehen kann, dann tun Menschen es eben auch.

Seiner Meinung nach schafft es Berlin gut, Unterschiedlichkeiten auszuhalten, das «Nebeneinander von sehr bürgerlicher Seite bis hin zur autonomen Szene». «Die Stadt zerfällt nicht zwischen ihren vielen Communitys, Szenen und sozialen Gruppen. Sondern sie ist trotz aller Unterschiede ein Ganzes.» Das sei schon eine Leistung, die andere Städte nicht so leicht nachmachen könnten. «Das kann man vielleicht noch von New York sagen.»

Wenn man Adli fragt, was ihn an Berlin nervt, dann fällt ihm ein konkretes Beispiel ein. «Mich nervt, dass der Gendarmenmarkt jetzt für zwei Jahre umgebuddelt wird», sagt er. «Das nervt mich, weil ich denke: “Mensch, der angeblich schönste Platz Europas, der so viele Touristen anzieht und von dem wir alle auch leben, der ist – wie neulich jemand schrieb – zum größten Sandkasten der Stadt geworden.” Und kein Mensch weiß, warum das so lange dauern muss.»

Wann ist eine Stadt eine Stadt?

Auch scheinbar unkoordinierte Absperrungen könnten stören. «Das ist natürlich auch ein schlimmes 0815-Lamento, über eine Straßensperrung zu jammern», sagt Adli. Dass einen auch mal etwas stört, gehört seiner Meinung nach dazu, wenn man in einer Stadt lebt. «Eine Stadt, die nicht nervt, eine Stadt, die uns nicht auch mal unter Stress setzt, ist eben auch keine Stadt.»

Adli nennt in der Debatte übrigens einen wichtigen Punkt: «Die Leute stimmen am Ende mit ihrem Verhalten über Berlin ab. Nämlich damit, dass mehr Leute nach Berlin ziehen als von Berlin weg.» Die Stadt wachse. Manche meckern und mosern seit Jahren über Berlin, wohnen aber immer noch hier. «Und das zeigt vor allem eins: Dass es hier – anders als aus Bayern behauptet – eben ganz gut ist wie es ist.»

Fragt man Ulrich Matthes, was Berlin für ihn ist, dann antwortet er, Berlin sei seine Heimat. «Ich bin ja sogar gerührt, wenn ich zufällig aus den 50er Jahren das Lied höre “Der Insulaner verliert die Ruhe nicht”. Kennen Sie das?», fragt Matthes und beginnt zu singen. «Das ist ein Westberliner Lied, ein klassisches Lied aus dem Kalten Krieg. Wenn ich dieses Lied höre, dann denke ich: Ja, das ist eine typische Berliner Eigenschaft. Der Berliner verliert die Ruhe nicht.»

Weiterlesen

Fünf-Punkte-Plan gegen Obdachlosigkeit im Saarland

Saarbrücken (dpa/lrs) – Mit einem Fünf-Punkte-Plan will das saarländische Sozialministerium die Weichen zur Eindämmung von Obdachlosigkeit stellen. Man habe den Plan bereits zentralen Akteuren der Obdachlosenhilfe vorgestellt, teilte Sozialminister Magnus Jung (FDP) am Donnerstag mit. Eine Wiederholung von Situationen wie die der Räumung von Obdachlosen-Zelten in der Nähe einer Wärmestube Mitte Januar solle künftig vermieden werden. Unter anderem der Minister hatte die damalige Zwangsräumung der Stadt Saarbrücken kritisiert. Weiterlesen

Flutkatastrophe: Kein Anspruch auf Zugang zu Ausschussakten

Mainz (dpa/lrs) – Der Landesbeauftragte für die Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz hat im vergangenen Jahr etliche Anfragen zu Dokumenten nach der Flutkatastrophe im Ahrtal und zum Hochwasserschutz erhalten. Dabei befand die Behörde, dass es zu Akten aus dem Untersuchungsausschuss keinen Anspruch auf Einsicht nach dem Landestransparenzgesetz gebe. Das Landesgesetz zu Untersuchungsausschüssen (UAG) enthalte eigene Vorschriften zum Zugang zu Informationen, so dass das Landestransparenzgesetz in diesem Fall nicht greife, sagte der Landesbeauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit, Dieter Kugelmann, am Donnerstag in Mainz. Weiterlesen

Spendenvolumen 2022 fast so hoch wie im Ausnahmejahr 2021

Berlin (dpa) – Privatleute haben laut einer Auswertung im Auftrag des Deutschen Spendenrates vergangenes Jahr rund 5,67 Milliarden Euro für wohltätige Zwecke gespendet. Es sei damit das zweitbeste Spendenjahr seit Beginn der Erhebung 2005. Das teilte der Dachverband von 70 gemeinnützigen Organisationen am Mittwoch in Berlin zur «Bilanz des Helfens» 2022 mit, die mit Marktforschern von GfK entstand. Weiterlesen

Ziel von 1,5 Grad nicht realistisch – Mehr Klimaschutz nötig

Hamburg (dpa) – Das Klimaziel, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen, ist nach Ansicht von Hamburger Wissenschaftlern unrealistisch. «Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius ist derzeit nicht plausibel», << heißt es in einer Mitteilung der Universität Hamburg zum <<Hamburg Climate Futures Outlook 2023>>.

Für die vorgestellte Studie haben rund 60 Sozial- und Naturwissenschaftler in einem interdisziplinären Team zehn gesellschaftliche, klimarelevante Faktoren untersucht. Dazu zählen die UN-Klimapolitik, die Gesetzgebung zum Klimaschutz, Proteste, soziale Bewegungen, transnationale Initiativen, Klagen vor Gericht, Konsumverhalten, den Abzug von Investitionen aus der fossilen Wirtschaft, die Wissensproduktion und die Medien. Weiterlesen

Waschen, Schneiden, Schweigen: Friseurbesuch ohne Small Talk

Von Anja Sokolow, dpa

Berlin/Villingen-Schwenningen (dpa) – Schweigen auf Bestellung: Statt über Gott und die Welt zu plaudern und sich vielleicht sogar zum Small Talk verpflichtet zu fühlen, können Kunden bei einigen Friseuren einen sogenannten Silent Cut buchen. Nicht nur die Kunden, sondern auch die Friseure genießen die Stille.

«Bei uns ist die Idee in der Corona-Zeit entstanden, in der sich viele Gespräche nur noch um die Pandemie drehten», erzählt Andrea Siepert-Fichter vom Salon «Wild Hair» in Berlin-Prenzlauer Berg. Ihre Mitarbeiterinnen hätten von einem Londoner Friseur berichtet, der schon seit einigen Jahren Silent Cuts anbiete. Schließlich habe auch sie sich dafür entschieden, den Service ins Programm zu nehmen, sagt Siepert-Fichter. «Wir wollten eine Zone der Entspannung schaffen, in der man alle Sorgen vergessen kann.»

Versicherungskaufmann Benjamin Hartwig nutzt das Angebot gern. Er bespricht mit Siepert-Fichter seine Wünsche, dann legt sie los und 20 Minuten lang schweigen beide, während der Kunde nebenan über seine Eltern, seine neue Stelle und das Pendeln erzählt und im Hintergrund laute Rockmusik läuft. «Die Geräusche stören mich nicht», sagt Hartwig nach dem Schnitt. «Durch meinen Beruf rede ich den ganzen Tag mit Menschen, höre gute, aber auch schlechte Geschichten.» Der Friseurbesuch sei für ihn daher sehr erholsam. «Es sind Minuten, in denen ich meinen Tag reflektiere und mich nur mit meinen Gedanken beschäftigen kann», so der 29-Jährige.

Die Nähe beim Frisör erfreut nicht jeden

«Wenn Friseure Silent Cuts bewusst bewerben, können sie damit vielleicht eine Zielgruppe ansprechen, die genervt ist von vielen Gesprächen beim Friseur», sagt Antonio Weinitschke, Art Director beim Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks. «Der Trend geht wahrscheinlich auch eher dahin. Der Alltag ist hektisch genug, viele Leute wollen einfach entspannen und eine Auszeit haben.»

Jan Kopatz, Chef der Berliner Friseur-Innung, hält Silent Cuts hingegen für «nichts Herausragendes», sondern vor allem für ein «Marketinginstrument und eine Modeerscheinung». Die Qualität des Schnitts unterscheide sich nicht von anderen, betont er.

Warum sich gerade beim Friseur oft private Gespräche ergeben, erklärt die Psychologin Julia Scharnhorst mit der körperlichen Nähe. Wenn man eine gewisse Zeit lang von einem anderen Menschen berührt werde, könne dies ein Gefühl der Vertrautheit auslösen. Auch in anderen Situationen wie etwa beim Physiotherapeuten oder beim Masseur sei dies oft der Fall. «Aber nicht alle finden das so toll. Viele Menschen erzählen ja auch belastende Dinge oder Intimes», sagt Scharnhorst. Dies könne anstrengend sein. «Die Kunden gehen nach einer Stunde erfrischt nach Hause. Die Friseure haben oft gleich den nächsten Kunden und das nächste Gespräch.»

Auch Friseure wollen nicht immer über Privates plaudern

«Und manche Probleme nehmen wir auch mit nach Hause», ergänzt Siepert-Fichter. Sie selbst genieße daher die Termine ohne Small Talk «Auch ich bin nur ein Mensch und keine Maschine und auch nicht immer in Redestimmung. Ich tagträume gerne», sagt sie.

Zum Geplapper komme auch noch die Lärmbelastung durch Föhne und andere Geräte. «Das muss man erst einmal aushalten», so Scharnhorst, die sich auf psychische Gesundheit am Arbeitsplatz spezialisiert hat und auch Stressbewältigungsseminare für die Berufsgruppe gibt. Sie begrüße daher das Silent-Cut-Konzept sehr. Es verschaffe auch den Friseuren eines Insel der Ruhe.

Auch für Anna Weber aus Villingen-Schwellingen (Baden-Württemberg) war dies ein Grund, vor fünf Jahren Silent Cuts anzubieten. Sie habe damals selbst viel Stress gehabt. Für viele Kunden sei es leichter, einen Termin beim Friseur als beim Psychologen zu bekommen – mit Folgen. Immer wieder höre sie viel Persönliches. «Dabei möchte ich doch nur Friseurin sein», sagt die 62-Jährige. «Aber leider wollen nur drei bis vier Kunden, die selber viel Stress haben, regelmäßig ohne Gespräche frisiert werden.» Das große Problem bei ihr: Sie mache nur Hausbesuche und da werde noch schneller über Privates geredet.

Der Kunde entscheidet

In Österreich und der Schweiz können Kunden den Small Talk beim Friseur ebenfalls von vornherein ausschließen. In Berlin bieten auch Anna Jäger vom Salon Blush in Friedrichshain oder Philipp Hofstätter in Kreuzberg stille Termine an. «Hair talk but no small talk» – Frisur besprechen ja, Small Talk nein – damit bewirbt zudem der Salon Rohn in Charlottenburg seinen «Silent Service».

Weinitschke vom Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks meint, man benötige eine solch deutliche Abmachung nicht unbedingt: «Ob gesprochen wird, das entscheidet immer der Kunde. Man merkt schnell, ob jemand reden möchte oder nicht. Ich würde als Friseur nie einem Kunden ein Gespräch aufschwatzen. Man braucht Feingefühl.»

Doch nicht jedem Kunden liegt es, einfach nichts zu sagen. Ein Small Talk gelte schließlich als höflich, sagt Scharnhorst. «Es gibt Bücher, Seminare und Coachings, wo Small Talk beworben wird und jeder so tut, als wäre Small Talk etwas ganz Tolles, das jeder können muss.» Der manchmal ununterbrochene Redeschwall – von Fachleuten Logorrhö genannt – habe Folgen: «Irgendwann können sich die Friseure gar nicht mehr richtig lange auf irgendetwas konzentrieren», so die Erfahrung der Psychologin mit Seminarteilnehmern.

«Ein guter Friseur merkt sofort, wer sprechen will»

Wo Small Talk auf jeden Fall seinen Platz habe, sei das Arbeitsleben, sagt Scharnhorst. «Er macht das Zusammenarbeiten mit Leuten deutlich leichter, wenn man schon einmal ein paar Gemeinsamkeiten herausgefunden und festgestellt hat, ob man sich mag oder nicht mag.»

Promi-Friseur Dieter Bonnstädter könnte sich ein Silent-Cut-Angebot gar nicht vorstellen. «Der Austausch mit den Kunden ist doch etwas Schönes», sagt er. Und: «Ein guter Friseur merkt sofort, ob ein Kunde heute sprechen will oder nicht.»

Auch bei Siepert-Fichter ist der Small Talk im Salon nicht ausgestorben: Etwa fünf bis 15 Kunden buchen den Service pro Woche bei ihr und einigen Kolleginnen. Und auch nicht jede Mitarbeiterin schneide, ohne zu sprechen. Auch sie selbst könne nicht bei jedem Kunden auf Gespräche verzichten. «Bei Stammkunden, die ich manchmal schon 20 Jahre kenne, besteht ja auch eine sehr persönliche Bindung.»

Weiterlesen

Schwerpunkte in Großregion: Energieversorgung und Mobilität

Mainz (dpa/lrs) – Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer will während ihrer Gipfelpräsidentschaft für die Großregion die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Energieversorgung, Katastrophenschutz, Mobilität, Gesundheit und Bildung weiter vorantreiben. «Mit einer engeren Zusammenarbeit verbessern wir konkret das Leben der Menschen in der Großregion und damit auch in Rheinland-Pfalz», sagte die SPD-Politikerin am Montag in Mainz vor ihrer Abreise ins französische Verdun. Bei dem dortigen Gipfel an diesem Dienstag übernimmt Dreyer die Präsidentschaft der Großregion von Lothringen – zum zweiten Mal in ihrer Amtszeit als Ministerpräsidentin. Im Dezember 2024 gibt Dreyer diese dann an Belgien ab. Weiterlesen

Frauen verdienen 15 Prozent weniger als Männer

Bad Ems (dpa/lrs) – Der Lohn von Frauen in Rheinland-Pfalz liegt pro Stunde im Schnitt 15 Prozent unter dem Bruttoverdienst von Männern. Wie das Statistische Landesamt in Bad Ems am Montag mitteilte, lag der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen im vergangenen Jahr bei 19,68 Euro und der von Männern bei 23,19 Euro. Frauen verdienten im Schnitt demnach 3,51 Euro pro Stunde weniger als Männer. Weiterlesen

Frauen verdienen weiter weniger pro Stunde als Männer

Wiesbaden (dpa) – Frauen erhalten in Deutschland weiter durchschnittlich geringere Stundenlöhne als Männer. Im Jahr 2022 betrug die Differenz 4,31 Euro, wie das Statistische Bundesamt am Montag berichtete. Das waren 18 Prozent weniger als der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Männer von 24,36 Euro. Über die Jahre hat sich der geschlechterspezifische Verdienstunterschied verringert, denn im Jahr 2006 betrug er noch 23 Prozent. Im Osten sind die Unterschiede dabei weiterhin wesentlich geringer als im Westen. Weiterlesen

Dreyer informiert über Präsidentschaft der Großregion

Mainz (dpa/lrs) – Rheinland-Pfalz übernimmt für zwei Jahre die Gipfelpräsidentschaft in der Großregion. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) informiert an diesem Montag (12.00 Uhr) in Mainz über die Pläne der Landesregierung für diese Zeit der Präsidentschaft. Die offizielle Übergabe ist erst einen Tag später – am Dienstag – bei einem Gipfeltreffen im französischen Verdun. Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen