Eignungstests für ältere Fahrer führen zu weniger Unfällen

Von Felix Müschen, dpa

Berlin/Hamburg (dpa) – Party auf der Reeperbahn, Cafés und Bars in der Sternschanze und Shoppen in der Mönckebergstraße – in Hamburg gibt es viele berühmte Stadtteile und Straßen. Doch die Waitzstraße in Othmarschen fällt durch eine andere Kuriosität auf: Schaufensterunfälle. Ob im Mai 2021 in das Gebäude der Hamburger Sparkasse oder zuletzt im Dezember vergangenen Jahres gegen Tische und Stühle eines Restaurants – es sind vor allem Senioren, die in der Straße mit ihren Autos in die Geschäfte fahren.

Im Jahr 2020 schrieb die «Süddeutsche Zeitung» schon von einem Fluch und zählte bis dahin insgesamt 24 Unfälle durch vorwiegend hoch betagte Autofahrer in der Einkaufsstraße. Auch in den vergangenen Jahren vorgenommene Umbaumaßnahmen, wie die Umwandlung der quer zur Fahrbahn liegenden Parkplätze in Längsparkplätze oder das Errichten von 60 Spezialpollern, konnten die Zusammenstöße nicht gänzlich verhindern. Doch könnten eventuell Fahrtests Abhilfe schaffen?

Eine Studie aus Japan ergab nun, dass obligatorische Fahreignungstests bei Seniorinnen und Senioren zu weniger Autounfällen führen. Wie die Amerikanische Gesellschaft für Geriatrie (AGS) mitteilte, wurden dafür Polizeidaten zu Unfällen ausgewertet, die von Juli 2012 bis Dezember 2019 in Japan geschahen. Untersucht wurden dabei nur Menschen über 70 Jahren. In dem Zeitraum geschahen in der Zielgruppe 602.885 Zusammenstöße mit Autofahrern.

Experte: Kein Problem mit übermäßig vielen Unfällen

Im März 2017 wurde dann eine Gesetzesänderung eingeführt, die verpflichtende kognitive Screening-Tests für ältere Fahrer vorsieht. Wenn den Seniorinnen und Senioren dabei Demenz nachgewiesen wurde, konnte ihnen der Führerschein entzogen werden. Daraufhin sind laut der Studie die Unfallzahlen bei männlichen Autofahrern kontinuierlich gesunken. Bei Autofahrerinnen war der Zusammenhang nicht so deutlich.

Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), Siegfried Brockmann, sieht zwar in den Seniorinnen und Senioren eine ähnlich auffällige Risikogruppe wie bei jungen Fahrern von 18 bis 24 Jahren. Derzeit gebe es jedoch noch kein Problem mit übermäßig vielen Unfällen, da die Menschen über 75 Jahren wesentlich seltener einen Führerschein besäßen und zudem weniger Kilometer zurücklegten. Vor allem viele Frauen in dem Alter hätten keine Fahrerlaubnis, was auch den unterschiedlichen Rückgang der Unfallzahlen bei Senioren und Seniorinnen in Japan erklären würde. Doch in den nächsten Generationen führe der demografische Wandel wahrscheinlich dazu, dass die Zahl der Autounfälle mit betagten Menschen steigen werde.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, gibt es laut Brockmann eine ganze Palette an Maßnahmen. Von denen, die zum Verlust der Fahrerlaubnis führen könnten, sei jedoch keine einzige positiv bewertet worden. Hauptproblem dabei sei die «Falsch-negativ-Quote». Wenn nämlich jeder ältere Mensch einen Test machen müsse, könne nicht wie bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) «das ganze Besteck» aufgefahren werden. Bei der MPU nehme man sich zwar den Tag Zeit für die Menschen, das koste den Beurteilten jedoch 700 Euro – und zwar in dem Fall dann «anlass- und verdachtslos», betonte der UDV-Leiter. Dies benachteilige vor allem arme Rentner überproportional.

Plädoyer für verpflichtende Rückmeldefahrt

Daher plädiert Brockmann für ein niederschwelligeres Angebot: und zwar eine verpflichtende Rückmeldefahrt. Bei dieser Fahrt werde der Rentner beispielsweise 45 Minuten von einem Profi begleitet und beurteilt. Die Seniorinnen und Senioren sollten dabei über ihre Fahrtüchtigkeit aufgeklärt werden und müssten im nächsten Schritt aufgrund der Bewertung selbst entscheiden, ob sie den Führerschein abgeben wollen oder nicht. Diese Rückmeldefahrt dürfe nicht an den Verlust der Fahrerlaubnis gekoppelt sein, da dies, schon wegen großer Nervosität, zu vielen Falschurteilen führen würde.

Für den Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) zeigt die Unfallstatistik, dass die Gruppe der älteren Autofahrer und Autofahrerinnen nicht überdurchschnittlich viele schwere Unfälle verursacht. Der dennoch registrierte Anstieg von Unfällen mit Senioren über 75 Jahren liegt dem Verband zufolge an zwei Gründen: Erstens hat die Zahl der Menschen über 75 Jahren mit Führerschein zugenommen und zweitens steigt der Anteil dieser Altersgruppe in der Bevölkerung.

Das Alter der Menschen ist für den ADAC nicht entscheidend für die Teilnahme am Straßenverkehr, sondern der Gesundheitszustand und die Fahrerfahrung. Die Gruppe der älteren Fahrer und Fahrerinnen zeichne sich in der Regel durch einen situationsangepassten Fahrstil und vorausschauendes Fahren aus. Auch bisher entwickelte Testverfahren lehnt der Verband ab, da diese dazu führen könnten, dass Autofahrer irrtümlich den Führerschein verlieren.

Debatte um Meldepflicht für Ärzte

Ein alternatives Modell wird seit Mittwoch beim Verkehrsgerichtstag in Goslar debattiert: Eine Meldepflicht für Ärztinnen und Ärzte von fahrungeeigneten Menschen. Dabei geht es neben Senioren auch um schwer kranke Menschen. Die dahinterstehende Frage ist, ob und wann Ärzte Patienten mit Einschränkungen an Fahrerlaubnisbehörden melden dürfen oder gar sollen. Viele Verbände, darunter auch der ADAC, sind gegen eine solche Meldepflicht, die die ärztliche Schweigepflicht aufbrechen würde. Sie fürchten einen Vertrauensverlust zwischen Arzt und Patient.

Durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1968 dürfen Ärzte bereits fahrungeeignete Menschen in Ausnahmefällen den Behörden melden, wenn «Gefahr in Verzug» ist, erklärte ein Sprecher des Automobilclubs von Deutschland. Dazu müssen sie zuerst den Patienten über seine Erkrankung und die damit verbundenen Gefahren des Autofahrens aufklären.

Über die Diskussion hinaus zeigt die japanische Studie nach obligatorischen Eignungstests für Fahrer über 70 Jahren nicht nur eine Abnahme der Autounfälle, sondern es stieg zugleich die Zahl der Unfälle bei Radfahrern und Fußgängern in dem Alter.

Daraus schloss Mitautor Haruhiko Inada von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, dass die Sicherheitsmaßnahmen für Radfahrer und Fußgänger verstärkt werden müssten. Ältere Menschen sollten zudem auf den Verzicht des Autofahrens vorbereitet und ihnen «sichere, alternative Verkehrsmittel» zur Verfügung gestellt werden.

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Journalistin Golineh Atai erhält Frauenpreis

Mainz (dpa/lrs) – Die Journalistin Golineh Atai ist die fünfte Trägerin des rheinland-pfälzischen Frauenpreises. Die im Iran geborene Atai stehe in sehr schwierigen Nachrichtenzeiten für glaubwürdigen und ausgewogenen Auslandsjournalismus und rücke in ihrer Berichterstattung über den Iran die engagierten Frauen selbst in den Mittelpunkt, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Donnerstag in Mainz. «Sie lässt uns die Stimmen der iranischen Frauen hören, macht ihren Mut, ihre Träume, Hoffnungen und Ängste für uns alle greifbar.» Weiterlesen

Tom Hanks über die Wahl zwischen Glück und Einsamkeit

Los Angeles/Berlin (dpa) – Der US-Schauspieler Tom Hanks ist offen für Einflüsse von außen. «Jeder hat natürlich das Recht auf die eigene Art von Privatsphäre», sagte der 66-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.

«Aber wenn man sein Leben nicht für die Einflüsse, Erfahrungen und auch Inspirationen öffnet, die man von anderen erhält, wird das Leben sehr beschränkt sein. Und ich denke, ein beschränktes Leben zu führen, ist traurig.» Weiterlesen

Umfrage: Wirtschaftliche Zuversicht schwindet

Berlin (dpa) – Immer weniger Bundesbürger sind einer Umfrage zufolge beim Blick auf ihre wirtschaftliche Zukunft optimistisch. Lediglich 15 Prozent der Befragten rechnen damit, dass es ihnen und ihren Familien in fünf Jahren besser gehen wird als heute, wie aus dem «Trust Barometer» des Beratungsunternehmens Edelman hervorgeht. Im Vorjahr hatten noch 22 Prozent mit einer Besserung ihrer Lage gerechnet.

Der neue Wert markiere für Deutschland und die Mehrzahl der untersuchten Länder einen Tiefstand seit dem Beginn der Umfrage 2001, hieß es weiter. Als Treiber der Unsicherheit machen die Autoren die Inflation aus sowie die Angst der Befragten, ihren Job zu verlieren. Sorgen bereiten demnach auch der Klimawandel oder ein möglicher Atomkrieg. Weiterlesen

Richard Lugner geht mit Jane Fonda auf den Opernball

Wien (dpa) – Der Wiener Unternehmer und Gesellschaftslöwe Richard «Mörtel» Lugner wird von US-Schauspielerin, Klimaaktivistin und Fitness-Ikone Jane Fonda auf den Opernball begleitet. «Sie ist eine tolle Frau und hat viel geschaffen in ihrem Leben», sagte der 90-Jährige am Donnerstag über die 85-jährige zweifache Oscar-Gewinnerin.

Neben dem Besuch des Opernballs am 16. Februar und einer Autogrammstunde in seinem Einkaufszentrum werde sich die Hollywood-Legende möglicherweise auch ein kulturelles Highlight anschauen. «Wir kennen ihre Wünsche noch nicht genau, aber sie war schon einmal in Wien und interessiert sich für Kunst», sagte Lugner. Weiterlesen

Kanada: Wohl erneut Dutzende indigener Kindergräber entdeckt

Vancouver (dpa) – Auf einem Internatsgelände im Westen Kanadas sind vermutlich 66 weitere Gräber indigener Kinder gefunden worden. Darauf wiesen Bodenradar-Untersuchungen an der St. Joseph’s Mission Residential School nahe der Stadt Williams Lake in der Provinz British Columbia hin, sagten Ermittler auf einer Pressekonferenz, wie die Zeitung «Toronto Star» berichtete. In der Schule, die die meiste Zeit von der katholischen Kirche betrieben wurde, wurden dem Bericht zufolge von 1891 bis 1981 indigene Kinder unterrichtet.

Es kämen noch mehr Beweise für den «Horror und das Leiden» der indigenen Kinder ans Licht, sagte Willie Sellars von der indigenen Gemeinde Williams Lake First Nation auf der Pressekonferenz. Bereits im vergangenen Jahr waren auf dem Gelände der Zeitung zufolge 93 mutmaßliche Gräber mit Hilfe von Bodenradar gefunden worden. Weiterlesen

Jede Generation hat ihren eigenen digitalen Humor

Bremen (dpa) – Jede Generation hat ihren eigenen digitalen Humor: Während der Corona-Pandemie nahmen sich in den sozialen Medien die jüngsten Nutzer (Generation Z, geboren von 1996 bis 2010) einer Studie  zufolge gerne selbst auf die Schippe. Die ältesten Nutzer von 77 bis 94 Jahren bevorzugten in ihren Bildwitzen dagegen verbindende Elemente.

Die Sprachwissenschaftlerin Inke Du Bois von der Universität Bremen untersuchte zusammen mit einer Forschungsgruppe aus Studierenden rund 1200 Memes – also witzige Text-Bild-Kombinationen in Sozialen Medien. Ergebnis: Der digitale Humor der untersuchten fünf Generationen unterscheidet sich teils stark, der von Frauen und Männern eher weniger.

Ein Beispiel für den Humor der jüngsten Generation in der Untersuchung: Über dem Comicbild von alten Menschen, die auf der Straße herumwuseln, steht auf Englisch der Spruch: «Wir müssen zu Hause bleiben, um unsere Ältesten zu schützen. Unsere Ältesten:….». Weiterlesen

Studie: Holocaust ist für viele Niederländer ein Mythos

Frankfurt/Amsterdam (dpa) – Das Ausmaß des Holocaust ist vielen Niederländern und ganz besonders jungen Menschen 78 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz unbekannt. Manche sprechen sogar von einem Mythos. Das ist das Ergebnis einer Studie der Claims Conference, die wenige Tage vor dem Internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus veröffentlicht wurde.

Die Claims Conference wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um Ansprüche jüdischer Überlebender gegen Deutschland durchzusetzen und kümmert sich auch heute um Holocaust-Überlebende und ihre Nachkommen. Befragt wurden 2000 Niederländerinnen und Niederländer ab 18 Jahre. Dabei wurden die Ergebnisse der zwischen 1980 und 1994 geborenen Millennials und der seit 1995 geborenen sogenannten Generation Z gesondert erfasst.

Obwohl es in den Niederlanden mehrere Durchgangslager gab, von denen aus die Juden in Konzentrationslager wie Auschwitz deportiert wurden, konnten 59 Prozent aller Befragten und 71 Prozent der Millennials und Generation Z (Gen Z) kein einziges Durchgangslager im eigenen Land nennen. So konnten nur 22 Prozent aller Befragten und 17 Prozent der Millennials und Gen Z Westerbork nennen, das niederländische Durchgangslager, in das Anne Frank gebracht wurde, bevor sie nach Auschwitz deportiert wurde. Weiterlesen

Wie sollen Kinder schwimmen lernen?

Von Thomas Strünkelnberg, dpa

Bad Nenndorf (dpa) – Im Grunde ist es einfach: Weniger Schwimmbäder bedeuten weniger Schwimmunterricht – und weniger sichere Schwimmer. In der Corona-Pandemie gab es zeitweise überhaupt keinen Schwimmunterricht. Die Folge: Der Anteil der Nichtschwimmer unter den Grundschülerinnen und Grundschülern in Deutschland hat sich einer neuen Forsa-Umfrage zufolge binnen fünf Jahren verdoppelt.

Im vergangenen Jahr hätten 20 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren nicht schwimmen können – fünf Jahre zuvor seien es 10 Prozent gewesen, teilte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft in Bad Nenndorf mit. «Der Unterschied ist gravierend, aber angesichts der Entwicklungen in den vergangenen zwei bis drei Jahren auch wenig überraschend», sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Sie mahnte: «Wie Jungen und Mädchen lesen, schreiben und rechnen lernen, so müssen sie auch schwimmen lernen. Wir müssen dahin kommen, dass jedes Kind am Ende der Grundschule sicher schwimmen kann.»

Das Seepferdchen allein reicht nicht

Die DLRG, nach eigenen Angaben Deutschlands größter privater Anbieter in der Schwimmausbildung, hatte die repräsentative Umfrage in Auftrag gegeben. Die bislang letzte vergleichbare Studie gab es 2017. Im August 2022 wurden bundesweit 2000 Menschen ab 14 Jahren befragt. Dabei ging es unter anderem darum, ob sie sich als Nichtschwimmer, unsichere Schwimmer oder sichere Schwimmer einschätzen.

Mit 57 Prozent ist der Anteil der Kinder, die von ihren Eltern als sichere Schwimmer eingestuft werden, im vergangenen Jahr beinahe gleichgeblieben – 2017 waren es 59 Prozent, 2010 sogar 64 Prozent. Dabei steigt der Anteil der angeblich sicheren Schwimmer mit dem Alter: 26 Prozent der Eltern von Sechsjährigen gaben an, ihr Kind schwimme schon sicher. Bei den Zehnjährigen waren es 83 Prozent. Nur: Aus DLRG-Sicht fällt vielen Eltern diese Einschätzung schwer. «Mütter und Väter sind noch allzu oft der Meinung, ihr Kind kann schwimmen, wenn es das Seepferdchen hat», sagte Christian Landsberg, Leiter Ausbildung im DLRG-Präsidium. «Da sind sie jedoch auf dem Holzweg.»

Denn das Seepferdchen bescheinige das Beherrschen wichtiger Grundlagen, sicher schwimmen könne erst, wer den Freischwimmer, also das Bronze-Abzeichen, abgelegt habe, erklärte Landsberg. Allerdings hätten 21 Prozent der Kinder, die nach Einschätzung der Eltern sicher oder zumindest unsicher schwimmen können, kein einziges Abzeichen absolviert. Die DLRG geht davon aus, dass sechs von zehn Kindern oder 58 Prozent am Ende der Grundschulzeit keine sicheren Schwimmer sind.

Schwimmfähigkeit ist ans Einkommen gekoppelt

Die Umfrage ergab: Mehr als jedes zweite Kind (54 Prozent) zwischen sechs und zehn Jahren hat das Seepferdchen, 2017 waren es 69 Prozent. Den Freischwimmer haben 24 Prozent der Kinder absolviert, 13 Prozent können Silber und drei Prozent Gold nachweisen. Unter den Kindern ab zehn Jahren haben 42 Prozent den Freischwimmer absolviert, 24 Prozent haben Silber und acht Prozent Gold. Über sich selbst sagte die Hälfte der Befragten, gut oder sehr gut schwimmen zu können. Von den Menschen mit Hauptschulabschluss beurteilten sich nur 35 Prozent als gute Schwimmer, von den Menschen mit Migrationshintergrund 38 Prozent – und von den Älteren über 60 nur 37 Prozent.

«Was uns in der Deutlichkeit überraschte, sind die Unterschiede nach Einkommen», meinte Vogt. Denn fast die Hälfte (49 Prozent) der Kinder aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2500 Euro kann der Umfrage zufolge nicht schwimmen – bei einem Haushaltsnettoeinkommen über 4000 Euro sind es zwölf Prozent. Vogt betonte: «Schwimmen zu können darf keine Frage des Geldes sein. Umso wichtiger ist es, dass jede Schule in die Lage versetzt wird, das Schwimmen angemessen zu unterrichten.»

Die Energiekrise erschwert die Ausbildung

Dafür sind allerdings Bäder nötig. Doch in der Energiekrise will nach einer unlängst veröffentlichten Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young knapp jede dritte Kommune in Deutschland Hallen- und Freibäder schließen oder den Betrieb einschränken, viele haben dies schon umgesetzt. Das merken auch die Ausbilder: Die abgesenkte Wassertemperatur erschwere die Ausbildung der Jüngsten, sagte Arne Grosser, DLRG-Schwimmausbilder aus Hannover. «Wir haben donnerstags für die Seepferdchen-Gruppe eine Stunde angesetzt, können die Zeit aber meist gar nicht voll ausnutzen. Die Kinder sind irgendwann durchgefroren und müssen früher raus. Da dauert es dann länger als üblich, das Kursziel zu erreichen.» Außerdem seien wegen der hohen Nachfrage 30 Kindern im Kurs – «deutlich mehr als wünschenswert».

Nach den Forsa-Zahlen haben 87 Prozent der Befragten ein erreichbares Schwimmbad in der näheren Umgebung. 2017 waren es 92 Prozent. Bei Menschen aus Orten mit weniger als 5000 Einwohnern waren es 78 Prozent – nach 90 Prozent vor fünf Jahren. «Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Trend bei der Bäderversorgung weiter in die falsche Richtung läuft», kritisierte Vogt.

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Berliner Schau zeigt Objekte aus Yad Vashem

Von Christina Storz und Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Berlin (dpa) – Es waren bereits gefährliche Zeiten, als die jüdische Familie Margulies aus Nazi-Deutschland floh. Im März 1939 schaffte es Vater Menashe Margulies, Textilhändler aus Chemnitz, Visa für die Niederlande zu bekommen. Der 15-jährige Sohn Szalay sollte in Berlin eigentlich Schiffskarten kaufen. Stattdessen ergatterte er für 2544 Reichsmark vier Flugtickets der Lufthansa von Berlin nach Haifa. Blieb noch ein großes Hindernis: Das Familienklavier sollte keinesfalls zurückbleiben. Tatsächlich gelang es den Flüchtenden irgendwie, das Instrument nach Palästina zu verschiffen.

84 Jahre später ist das Piano zurück in Deutschland. Wenige Tage vor dem diesjährigen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar wird es ab Dienstag in der Ausstellung <<Sechzehn Objekte>>  im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags zu besichtigen sein. Es sind 16 Stücke aus einer Sammlung von 42 000 Artefakten der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Diese bringt zu ihrem 70. Bestehen erstmals eine kleine Auswahl in das Land, in dem ihre Besitzer einst zuhause waren, aus dem sie vertrieben oder verschleppt und ermordet wurden. Es ist eine berührende Rückkehr nach einer sehr langen Reise.

Yad Vashem-Leiter kommt nach Deutschland

«Ich wollte natürlich ganz unterschiedliche Objekte haben, nicht nur jüdische Artefakte», sagt Ruth Ur, die Kuratorin der Ausstellung und Geschäftsführerin des deutschen Freundeskreises von Yad Vashem. «Es geht nicht um jüdische Menschen, es geht um Deutsche in erster Linie.» Gerade da Chemnitz 2025 Kulturhauptstadt Europas werde, könne es keine passendere Botschaft geben: «Ein Klavier, das den Holocaust überlebt hat, kommt zurück nach Deutschland, um zu zeigen, wie wichtig Musik ist.» Überlebt hat in Israel auch der damals 15-jährige Szalay, heute Shlomo, geboren 1923, vor fast hundert Jahren.

«Es ist wichtig zu zeigen, dass zwischen jedem einzelnen Objekt und Deutschland eine Verbindung besteht», sagt der Leiter von Yad Vashem, Dani Dajan, der Deutschen Presse-Agentur. Sie stünden exemplarisch für je ein Bundesland. Zur Eröffnung der Ausstellung und zu politischen Gesprächen kommt der 67-Jährige zum ersten Mal in seinem Leben nach Deutschland.

Die Erinnerung muss wach gehalten werden

Er hatte sich eigentlich geschworen, nie deutschen Boden zu betreten – um nie zu vergessen, was mit jüdischen Menschen in Deutschland passiert sei. «Es hatte nichts mit Hass zu tun, es hat nur mit Erinnern zu tun», sagt Dajan. Doch sei es der «gleiche Grund, der mich jetzt nach Deutschland bringt: das Erinnern». Mit seiner Reise wecke er Aufmerksamkeit, «und so werden wir das Erinnern verstärken und dazu beitragen, dass es nie wieder passiert».

Wenn man geht, unter Zwang, wahrscheinlich für immer, was nimmt man mit? Für die 1937 geborene Lore Stern aus Kassel war es ihre Puppe Inge, die 1941 mit ihr nach Portugal und schließlich in die USA reiste. Von dort wanderte Lore Stern 1991 nach Israel aus und mit ihr die Puppe. Auch für Anneliese Dreifuss aus Stuttgart war es ein Spielzeug, eine winzige Keramikküche, die die Emigration in die Vereinigten Staaten überlebte.

Als der Hamburger Leon Cohen ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde, wollte er auf eines nicht verzichten: seinen selbst gefertigten Thora-Schrein. Als ihn die Nazis weiter nach Auschwitz verschleppten, ließ Cohen den Schrein dann doch zurück. Die Leiterin eines Kinderheims verwahrte ihn. So kam der Schrein nach Yad Vashem und nun nach Berlin.

Die Dinge erzählen von den Menschen

In der Ausstellung steht er ganz in der Nähe einer Vitrine mit einem unscheinbaren Fetzen Stoff – ein Fragment der Fahne des Jugendbunds Maccabi Hatzair. Als Mitglieder des Bundes 1943 deportiert werden sollten, zerrissen sie die Fahne und versprachen sich gegenseitig, sie wieder zusammenzusetzen, wenn sie sich in Israel wiedersähen. Eine von ihnen, Anneliese Borinski, schaffte es tatsächlich, ihr Stück Stoff im Vernichtungslager Auschwitz und auf einem Todesmarsch bei sich zu behalten. Sie war die einzige, die ihren Teil der Fahne nach Israel bringen konnte.

Dinge des Erinnerns, wenn niemand mehr aus erster Hand erzählen kann: «Wir sind in einem Wettlauf gegen die Zeit», sagt Yad-Vashem-Leiter Dajan. «Wenn die Zeitzeugen nicht mehr unter uns sind, dann müssen wir sicherstellen, dass wir ihre Erinnerung weitertragen.»

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London: Mehr Sozialleistungsempfänger als Steuerzahler

London (dpa) – So viele Menschen in Großbritannien wie noch nie erhalten einer Studie zufolge mehr Sozialleistungen, als sie Steuern zahlen.

Die «Netto-Abhängigkeitsquote» (net dependency ratio) habe im Finanzjahr 2020/21 (5. April) bei 54,2 Prozent gelegen, ergab eine veröffentlichte Analyse der Denkfabrik Civitas. Das entspreche etwa 36 Millionen Menschen. Auch die Einkommensungleichheit sei gestiegen. Eingerechnet sind auch Sachleistungen wie der Gesundheitsdienst NHS und Bildung. Weiterlesen

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