Fritz Mordechai Kaufmann

An den in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts geführten leidenschaftlichen Debatten zur Zukunft des Judentums waren jüdische Eifler maßgeblich beteiligt. Das gilt für die in der zionistischen Bewegung sehr engagierten Julius und Alfred Berger aus Niederbreisig ebenso wie für das Brüderpaar Julius und Fritz Mordechai Kaufmann aus Eschweiler.

Fritz Kaufmann, dessen Biographie Martina Willemsen in ihrer Dissertation (2007) detailliert darstellte, wurde in Eschweiler im Dreikaiserjahr 1888 als Sohn des Geschäftsmanns Hermann Kaufmann und dessen Frau Rosa (geb. Gochsheimer) geboren. 1896 folgte die Schwester Friederica (Riwka), die später in erster Ehe den Aachener Schriftsteller Ludwig Strauss heiratete, der nach Fritz Kaufmanns Tod dessen „Gesammelte Schriften“ herausgab. Nach dem Abitur studierte der naturverbundene Fritz Kaufmann zwei Semester Medizin in Genf, dann in München, Marburg und Leipzig Geschichte und Nationalökonomie. Zwei Italienreisen verscheuchten vorübergehend die trüben Gedanken, die ihn auch an Selbstmord denken ließen. Kaufmann überstand nach eigener Auffassung diese Weiterlesen

Hermann Graf von Neuenahr der Ältere

Das Jahr 1492, in dem Kolumbus Amerika entdeckte, wird oft als Grenzscheide zwischen Mittelalter und Neuzeit genannt. Zu den Menschen, die diese Übergangszeit prägten, gehörte auch der 1492 geborene Graf Hermann von Neuenahr, dessen genauer Geburtsort im Dunkeln liegt. Die Burg Neuenahr, nach der sich sein Geschlecht benannte, kann es nicht gewesen sein, denn diese war damals bereits zerstört. Vielleicht erblickte er das Licht der spätmittelalterlichen Welt auf Schloss Bedburg, das seiner Familie gehörte und wo er selbst später als Hausherr den gefeierten Humanisten und Philosophen Erasmus von Rotterdam gastfreundlich empfing. Als Geburtsstadt kommt auch Köln in Betracht, wo die Neuenahrer Grafenfamilie ein Hofgut besaß und wo Hermann unter der Obhut seines Verwandten Graf Simon von Spiegelberg aufwuchs und ersten Unterricht erhielt. Klarer sind dagegen die Quellen, wenn es um den familiengeschichtlichen Hintergrund dieses zeitlebens so bildungsbeflissenen Adligen geht. Sie führen tief in die Eifel: Sein Vater Graf Wilhelm I. Weiterlesen

Martin von Cochem

Wie Pater Martin von Cochem wirklich aussah, ist unbekannt. Aber sowohl seinen katholischen Zeitgenossen als auch späteren Lesern seiner ungewöhnlich populären Schriften war meist das typische Erscheinungsbild der Kapuziner vertraut: vollbärtige, fromme Männer im braunen Ordensgewand mit Kapuze. Diesem franziskanischen Orden, für den strenge Askese und die Nähe zu den Armen kennzeichnend sind, schloss sich Martin von Cochem als 18-Jähriger an und blieb ihm bis zu seinem Tod mit 77 Jahren treu.

Weitgehend im Dunkel liegen Herkunft und Jugendjahre Martins, dessen eigentlicher Nachname „Linius“ lautete. Im verwandtschaftlichen Umfeld finden sich mehrere Apotheker und gegen Ende des 18. Jahrhunderts war ein Dr. jur. Johann Jakob Linius Amtsverwalter in Kyllburg. Martins aus Bernkastel stammender Vater Matthias hatte in zweiter Ehe Margarethe, eine Bürgerstochter aus Cochem, geheiratet und lebte danach im Heimatort seiner Frau, damals ein Dorf von nur mehreren hundert Einwohnern. Dort in der heutigen Liniusstraße kam ihr Erstgeborener im Dezember 1634 Weiterlesen

Anton Joseph Dräger

Dass die Eifel trotz der weltabgeschieden anmutenden Lage vieler ihrer Dörfer in stiller Waldeinsamkeit auch früher keine abgelegene und isolierte Region war, zeigt nicht zuletzt der genaue Blick auf die Familiengeschichte vieler Eifler. Auch die Herkunft des 1794 in Münstermaifeld geborenen und traurig früh verstorbenen Malers Anton Joseph Dräger ist dafür ein überzeugendes Beispiel. Sein Vater Martin Dräger war Schöffe in Münstermaifeld und Verwalter des dortigen Heilig-Geist-Spitals, kam aber aus einer Trierer Familie, die auf den im Dreißigjährigen Krieg aus Lothringen zugewanderten Krämer Simon Dräger zurückging. Anton Drägers Mutter Anna Katharina Vacano wiederum entstammte einer jener zahlreichen aus Oberitalien ins Rheinland eingewanderten Familien, deren Abkömmlinge es teilweise – wie etwa bei den Brentanos – zu Weltruhm brachten. Die Vacano, ursprünglich beheimatet in Lenno am Comer See, waren eine begüterte Postmeisterdynastie; nahe Verwandte von Drägers Mutter wurden sogar geadelt.

Anton Joseph Dräger verbrachte nur die ersten vier Lebensjahre in Weiterlesen

William und Joseph Bettendorf

Ob ein Eifler das Rad erfunden hat, wissen wir nicht. Fest steht aber, dass es mit William („Bill“) Bettendorf ein Kind der Eifel war, dem durch die Entwicklung des Metallrades ein eindrucksvoller technischer Fortschritt gelang – beileibe nicht seine einzige Meisterleistung. Zusammen mit seinem Bruder Joseph („Joe“) gehört er zu den großen US-Industriepionieren.

Es war wohl Ausdruck liebenswerter Eifler Bauernschläue, dass die Familie des Nohner Ackerers Nikolaus Betteldorf 1854 ihre Auswanderung dazu nutzte, den Familiennamen leicht zu modifizieren: Aus Betteldorf machten sie – um allen Spötteleien von  Deutschamerikanern den Boden zu entziehen – Bettendorf. Dabei hätten sie sich ihres alten Namens nicht schämen müssen. Die Betteldorfs lebten seit Generationen als respektable Bauern in Nohn; ihr auf den Eifelort Betteldorf verweisender Nachname bezeugt ebenso ihre Alteifler Verwurzelung wie der Familienname von Anna Maria Mannebach, der Ehefrau von Nikolaus. Michael (1836–1917), der älteste Sohn dieses Paares Betteldorf-Mannebach, war bei der Ankunft in Weiterlesen

Clemens Fürst von Metternich

Der berühmteste Staatsmann Österreichs, dessen Wirkungszeit häufig als „Ära Metternich“ bezeichnet wird, war ein Spross Eifler Adels: Clemens Wenzel Lothar von Metternich, geboren 1773 als Grafensohn in Koblenz, gestorben 1859 als weltberühmter Fürst und Herzog in Wien. Bis heute mischen sich in der Beurteilung seiner Person und Politik Hochachtung und Verachtung. 

Clemens von Metternich stammte als Sohn des Diplomaten Franz Georg Graf von Metternich-Winneburg und dessen Ehefrau Maria Beatrix Gräfin von Kageneck aus der Linie Winneburg-Beilstein des altadeligen Geschlechts Metternich, deren Herrschaftssitz die Südeifler Höhenburg Winneburg bei Cochem war. Die meisten Adelsfamilien seiner Vorfahren – etwa die seiner Großmutter Clara Luise von Kesselstatt – sind eng mit der Geschichte der Eifel verbunden. Der Lebensweg von Graf Clemens war früh darauf angelegt, den diplomatischen Spuren seines Vaters zu folgen. Bereits als 15-Jähriger bezog er die Universität Straßburg und ließ sich in der Elsaßmetropole in der Diplomatenschule des Juristen Wilhelm Koch ausbilden. Weiterlesen

Anton Oehmbs

Die auf dem Gebiet Spangdahlems gelegene frühere Brandenmühle war jahrhundertelang wichtige Bannmühle des Klosters Himmerod. Auf die dort im 16. Jahrhundert ansässige Müllerfamilie können viele Südeifler Familien namens Brand ihren Ursprung zurückführen. Ob auch der 1735 geborene Anton Oehmbs (auch Oehms, Oems etc.) Nachfahre dieser alten Brandenmüller-Familie war, steht trotz sehr interessanter neuerer Untersuchungen des Genealogen Karl Oehms zur Brandenmühle und zu seinem Verwandten Anton Oehmbs nicht fest. In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) war die Mühle für Jahrzehnte aufgegeben und verlassen worden.

Dennoch weiß man über Herkunft und Lebensgang des Theologen Anton Oehmbs mehr als über die allermeisten seiner Zeitgenossen. Oehmbs war ein Sohn aus der zweiten Ehe der Brandenmüllerin Anna Katharina Becker mit dem Manderscheider Nikolaus Oehmbs. Antons Mutter stammte von einer Schwester des Theologen Dr. Johannes Binsfeld ab und war insofern auch mit dem bekannten Hexentheoretiker und Weihbischof Dr. Peter Binsfeld aus dem gleichnamigen Südeifeldorf Weiterlesen

Charles-Mathias Simons

Bei der Gestaltung des Großherzogtums Luxemburg im 19. Jahrhundert spielten Persönlichkeiten Eifler Herkunft eine enorme Rolle. Das gilt etwa für die Dudeldorfer Familie München, für die Prümer Willmar, die mit J. G. Willmar (1763–1831) den ersten Generalgouverneur des Großherzogtums stellten, für den Nationalkomponisten J. A. Zinnen aus Neuerburg oder den Dichterjuristen C. T. André aus Roth, den „rouden André“, der 1848 die luxemburgische Arbeiterbewegung begründete. Zur Spitzengarde Eifler Luxemburger gehörte auch der liberale Charles-Mathias Simons, der es bis zum Chef der luxemburgischen Regierung brachte. 

Simons wurde 1802 in Bitburg als Sohn des aus Masthorn stammenden Friedensrichters und Staatsanwalts Peter Simons (ca. 1756–1818) und dessen Ehefrau Elisabeth Hubertine Kierser (ca. 1763–1829) geboren. Charles-Mathias studierte Jurisprudenz an der Universität Lüttich, erwarb dort 1823 den juristischen Doktortitel und wurde ein Jahr später Anwalt in Diekirch. Die belgische Revolution 1830 entfachte die politische Leidenschaft des jungen Juristen. In diesem folgenreichen Konflikt, in dem sich Weiterlesen

Napoleon Peltzer

Wenige Jahrzehnte nach dem katastrophalen Scheitern Napoleon Bonapartes in Russland (1812) war ein anderer Napoleon im Zarenreich außergewöhnlich erfolgreich: Der nach dem Franzosenkaiser benannte Eifler Napoleon Peltzer wurde zu einem der wichtigsten Tuchproduzenten des Zarenreichs und Begründer einer bis zum Revolutionsjahr 1917 in Russland einflussreichen Unternehmerdynastie.

Dass Peltzers Eltern Johann Wilhelm (1770–1849) und Anna Sophia (geb. Esser, 1768–1841) ihren 1802 in Wenau bei Langerwehe geborenen dritten Sohn Napoleon nannten, entsprang keiner bloßen Laune. Es drückte vielmehr ihre Zustimmung zur Französischen Revolution und zur Herrschaft Napoleons aus. Vater Peltzer entstammte einer reformierten Unternehmerfamilie der Nordeifel, die in den vorangegangenen Generationen durch die  Messingfabrikation in Stolberg wohlhabend geworden war. Johann Wilhelm selbst verlegte sich auf Branntweinherstellung in Weisweiler und Eisenverhüttung in Schevenhütte. Zudem erwarb er sich als Immobilienmakler so viel Vermögen, dass er bei der von Napoleon angeordneten Versteigerung von Kirchengütern das Kloster Wenau mit seinen ausgedehnten Ländereien erwerben konnte.

Die aus Langerwehe Weiterlesen

Salvian

Die Lebenszeit Salvians umfasst fast das gesamte fünfte Jahrhundert. Es war eine Epoche, in der es zwischen Rhein und Mittelmeer drunter und drüber ging wie selten zuvor und danach. Das römische Reich, das seit unvordenklichen Zeiten die Lebensweise bestimmt hatte, musste sich pausenloser Angriffe von Germanen und Hunnen erwehren. Im Jahr 410 wurde das fast ewig als unbesiegbar geltende Rom von den Westgoten eingenommen – ein Ereignis, das die Menschen als katastrophale Erschütterung ihres Weltbildes empfanden. In den Provinzen des im Sterben liegenden weströmischen Reiches sah es kaum besser aus. Das galt gerade für die ruhmreiche Römerstadt Trier, die im gleichen Jahr von Franken und anderen „Barbaren“ erobert und schwer zerstört wurde. Die Vertreibung der germanischen Eindringlinge verschaffte den Bewohnern nur noch kurze Atempausen. Bereits 413 waren wieder fränkische Krieger in der Stadt, sechs Jahre später erfolgte ein erneutes Niederbrennen und Plündern. Diese dritte Eroberung erlebte Salvian vermutlich als junger Weiterlesen

Franz Reuleaux

Im Jahr 2007 veröffentlichte Francis C. Moon, führender US-Maschinenbauwissenschaftler und Technologiehistoriker, das Buch „The Machines of Leonardo da Vinci and Franz Reuleaux“. Allein schon mit diesem Buchtitel erwies er dem 1829 in Eschweiler geborenen Eifler Reuleaux höchste Reverenz: Von einem Top-Experten als Maschinenbauer in einem Atemzug mit dem Universalgenie Leonardo genannt zu werden – das kommt nicht alle Tage vor.
Der so geehrte Franz Reuleaux war eins von sieben Kindern der Eheleute Joh. Joseph Reuleaux (1796-1832) und Walburga C. H. Graeser (1803-1867). Sein französischer Nachname  verweist auf familiäre Wurzeln in der Wallonie, wo schon  Reuleaux-Vorfahren als Pumpenbauer und Ingenieure wirkten. Vater Joseph war „Mechanikus und Fabrikant“ in Eschweiler; die von ihm mitbegründete Firma „Englerth, Reuleaux u. Dobb“ gehörte zu den ersten Dampfmaschinenfabriken der Nordeifel. Franz Reuleaux‘ Mutter verfasste Kinderbücher und Mädchenromane. Von den Kindern dieses Paares machte sich neben Franz auch Karl Reuleaux als Ingenieur und Dichter einen Namen, während Weiterlesen

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