Ein Aussteiger im Wald – «Mir fehlt es an nichts»

Gesellschaft
Von Birgit Reichert (Text) und Harald Tittel (Foto), dpa

Longkamp (dpa) – Friedmunt Sonnemann ist einer der ganz wenigen Deutschen, den die gestiegenen Strom- und Gaspreise nicht treffen. «Das alles tangiert mich nicht», sagt er in einer selbstgebauten Lehmhütte in einem abgelegenen Waldstück im Hunsrück bei Longkamp. Seit 32 Jahren lebt er mitten in der Natur – ohne Strom- und ohne Wasseranschluss. «Mir fehlt es an nichts», sagt der 56-Jährige, der langes Haar und langen Bart trägt, auf seinem kleinen Bauernhof, der «Königsfarm». «Das hier ist die einzige Art, wie ich leben möchte.»

Das Wasser zum Trinken holen er und seine «Mitstreiter», wie er temporäre Mitbewohner nennt, aus einer nahe gelegenen Quelle, zum Kochen und Waschen wird meist Regenwasser genommen. «Das Klo ist Trockenkompostierung.» Und geheizt wird mit Holz. «Wenn in dem Raum ein Ofen an ist und das Thermometer in der Ecke 14 Grad zeigt, dann empfinden wir das als angenehm», sagt der gebürtige Bonner, der in Köln aufgewachsen ist.

«Auf keinen Fall» werde in der kalten Jahreszeit die Stube auf 20 oder 21 Grad geheizt. «Das wäre wirklich Verschwendung», sagt der schlanke Mann. «Wir ziehen uns im Winter auch warm an.» Das Holz holt sich Sonnemann von eigenen Flächen, aber auch von außerhalb. «Da sind die Preise natürlich auch gestiegen. Aber damit kann ich leben, das ist nicht so dramatisch.» Weiterlesen

Tod der letzten Telefonzellen

Abschied
Von Gregor Tholl, dpa

Bonn (dpa) – Für die Generation Smartphone ist es kaum vorstellbar: Wer auf Reisen ist oder einfach nur in der Stadt oder auf dem Land unterwegs, muss erstmal eine Telefonzelle suchen, um mit den Liebsten zu sprechen oder andere wichtige Dinge zu klären. Bald nun ist es in Deutschland völlig aus mit den Telefonen im öffentlichen Raum, die vom technischen Fortschritt vollends überholt worden sind.

Öffentliche Fernsprecher, das waren enge Häuschen, in denen es unangenehm roch, oft geradezu stank – nach modrigem Telefonbuchpapier, nach Schweiß, Zigarettenqualm, gar Urin. Manchmal fiel auch das Münzgeld durch den Apparat oder es neigte sich viel zu rasch dem Ende – und vor der Tür warteten ungeduldig Mitbürger.

Das alles sind Erinnerungen aus einer längst vergangenen Zeit. Den meisten Leuten unter 30 sind sie fremd. Weiterlesen

Augenzeugen: Massive Gewalt bei Protesten im Iran

Teheran (dpa) – In der kurdischen Stadt Mahabad im Nordwesten des Irans ist es Augenzeugen zufolge bei Protesten zu massiver Gewalt gekommen. Demnach sollen Polizei- und Sicherheitskräfte am Samstagabend mit Panzern in die Stadt einmarschiert sein und wahllos auf Demonstranten geschossen haben.

Auch der Strom in der Stadt wurde demnach kurzfristig abgeschaltet. Die Situation sei eskaliert – zahlreiche Einwohner wurden verletzt, wie Augenzeugen berichteten. Unklar ist, ob es auch Tote gegeben hat. Die Schilderungen ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Die regierungsnahe Nachrichtenagentur Tasnim stellte die Situation anders dar: In der Nacht hätten «bewaffnete Terroristen» Privathäuser und öffentliche Einrichtungen in Brand gesetzt und die ganze Stadt und deren Einwohner in Panik versetzt. Mehrere Anführer der «Terrorgruppen» hätten jedoch überführt und inhaftiert werden können, so der Tasnim-Bericht unter Berufung auf örtliche Sicherheitsbehörden. Weiterlesen

Kauf-nix-Tag soll zum Umdenken anregen

Konsum
Von Vanessa Köneke, dpa

Würzburg (dpa) – Heckenschere, Raclette, elektrische Eisenbahn – das sind nur ein paar der Dinge, die es im kürzlich eröffneten «Zukunftshaus»< in Würzburg zu leihen gibt. Was sie eint: Alles sind Gegenstände, die man meist nicht täglich benutzt, sondern nur gelegentlich. Statt sie teuer zu kaufen und platzraubend zu Hause zu lagern, kann man sie hier mieten.

Leihen statt Kaufen ist ein Motto, dem immer mehr Menschen folgen. «Leihen und Reparieren ist immer da gewesen, aber es gibt jetzt neue technologische Möglichkeiten», sagt der Konsumsoziologe Kai-Uwe Hellmann von der Technischen Universität Berlin. Alternativen zum Kauf werden verstärkt nachgefragt, wenn auch noch von einer Minderheit. In einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Yougov gab bereits 2018 jede zweite befragte Person an, Dinge zu reparieren. Kleidung zu mieten, konnte sich jede fünfte Person vorstellen. 39 Prozent sagten, allgemein weniger zu kaufen, der Nachhaltigkeit zuliebe. Weiterlesen

Keine Foie gras: Wie politisch korrekt is(s)t der Palast?

Royals
Von Benedikt von Imhoff, dpa

London (dpa) – König Charles III. macht seinem Ruf als Umweltschützer und Naturfreund alle Ehre. Schon lange gilt er als Gegner der Stopfleber. In seinen Palästen darf keine Foie gras serviert werden, entschied der Monarch. Die Tierschutzorganisation Peta teilte in London mit, sie habe ein entsprechendes Schreiben vom königlichen Haushalt bekommen.

«Als Prinz von Wales hat König Charles Foie gras (…) aus seinen royalen Residenzen verbannt. Nun hat Peta die Bestätigung bekommen, dass sich die mitfühlende Politik Seiner Majestät auf den Buckingham-Palast und alle anderen royalen Residenzen erstreckt», hieß es. Zum Dank schickte Peta einen Geschenkkorb mit veganer Foie gras in den Palast. Weiterlesen

Ampel beschließt Plan zum Schutz queerer Menschen

Berlin (dpa) – Sichtlich stolz blickt der Queer-Beauftragte der Bundesregierung in die Kameras. Den Aktionsplan, den er dabei in den Händen hält, nennt er «historisch». Noch nie in der Geschichte der Bundesregierung habe es ein solches Maßnahmenpaket für queere Menschen gegeben, betont Sven Lehmann. Nur wenige Stunden davor hatte das Bundeskabinett den neuen Aktionsplan abgesegnet. Hier ein Überblick über die Kernpunkte.

Ausgangslage

Noch immer werden nicht-heterosexuelle Menschen in Deutschland im Internet, aber auch im ganz realen Alltag angepöbelt, beleidigt oder im schlimmsten Fall körperlich angegriffen. Drei bis vier Übergriffe dieser Art am Tag gebe es laut offizieller Statistik, sagt Lehmann. Die Dunkelziffer hält er aber für weitaus höher. «Wir haben ein Problem mit Hasskriminalität gegen diese Menschen», sagt er. Die bestehende Gesetzgebung reiche bei weitem nicht aus, um queere Menschen angemessen zu schützen und ihre Rechte zu stärken. Weiterlesen

Barbarei oder Tradition: Frankreich streitet über Stierkampf

Verbotsantrag
Von Michael Evers, dpa

Paris (dpa) – Für die einen sind die Stierkämpfe in den Arenen Südfrankreichs lebendige Kultur und Tradition, für die anderen schlicht Barbarei. Ein Vorstoß zum Verbot der sogenannten Corrida, der in der nächsten Woche im Parlament in Paris beraten werden soll, führt in Frankreich zu heftigen Diskussionen.

Das Thema polarisiert, auch wenn seit Jahren immer wieder um die Stierkämpfe gestritten wird, die in Städten wie Arles, Nîmes oder Perpignan auch ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor sind. In die Diskussion um Tierschutz und Tradition mischt sich Empörung, in der fernen Hauptstadt wolle man den Menschen im Süden diktieren, was richtig und falsch ist.

Zu Beginn einer Debatte im Parlamentsausschuss am Mittwoch geißelte der Linken-Abgeordnete Aymeric Caron, der den Verbotsantrag vorantreibt, den Stierkampf als eine «heuchlerische Zeremonie, bei der das angeblich geehrte Tier mit einer Präzision und Raffinesse geschlachtet wird, die an Sadismus grenzt». Der Druck von Lobbys verhindere, dass die Kämpfe nicht längst verboten seien. In Nîmes indes, wo die Stierkampffeste Millioneneinnahmen generieren, brachte das Stadtparlament eine Petition zum Erhalt der Kämpfe auf den Weg, die «universelle Werte» vermittelten, berichtete der Sender France 3. Weiterlesen

Erneut schwere Proteste in Dutzenden Städten Irans

Teheran (dpa) – Im Iran sind erneut Tausende Menschen gegen die autoritäre Politik der Islamischen Republik auf die Straßen gegangen. In Dutzenden Städten gab es am Donnerstagabend Berichten zufolge Proteste, die teils gewaltsam niedergeschlagen wurden. Vielerorts war das Internet eingeschränkt. Es soll zudem erneut mehrere Tote gegeben haben. Augenzeugen in Teheran beschrieben die Straßenproteste in der Hauptstadt als zunehmend furchtloser. In den Provinzen spielten sich nach Schilderungen von Einwohnern «bürgerkriegsähnliche» Szenen ab.

Für Dienstag bis Donnerstag diese Woche hatten Aktivisten zu landesweiten Protesten und Streiks aufgerufen. Anlass war das Gedenken an den «blutigen November» von 2019, als der Sicherheitsapparat Proteste gewaltsam niederschlug. Mehrere Hundert Menschen sollen damals getötet worden sein. Weiterlesen

Jeder Zehnte lebt in einer überbelegten Wohnung

Wiesbaden/Berlin (dpa) – Rund 8,6 Millionen Menschen in Deutschland leben in überbelegten Wohnungen – mehr als zehn Prozent der Bevölkerung. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und Menschen in Großstädten, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden berichtete. Wohlfahrtsverbände sehen dringenden Handlungsbedarf: «Bezahlbarer, angemessener Wohnraum ist eine der großen sozialen Fragen unserer Zeit», sagt der Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands, Rolf Rosenbrock.

In Haushalten mit Kindern lag der Statistik zufolge die sogenannte Überbelegungsquote 2021 bei 15,9 Prozent. Mit der Zahl der Kinder steigt das Risiko: 30,7 Prozent der Familien mit drei oder mehr Kindern lebten in zu kleinen Wohnungen. 28,4 Prozent waren es bei Alleinerziehenden und deren Kindern. Bei Haushalten ohne Kinder lag die Überbelegungsquote hingegen nur bei 6,5 Prozent. Weiterlesen

Venezuela krönt Schönheitskönigin – Miss-Wahl wieder mit altem Glanz

Caracas (dpa) – Erstmals seit Beginn der Pandemie ist im südamerikanischen Krisenstaat Venezuela wieder eine Schönheitskönigin vor großem Publikum gekürt worden. Die Stewardess und Marketing-Studentin Diana Silva (25), die den Hauptstadtbezirk Caracas repräsentiert, wurde am Mittwochabend (Ortszeit) als «Miss Venezuela» bekanntgegeben.

«Für mich bedeutet Schönheitskönigin in dieser neuen Zeit weit mehr als das, was man außen sehen kann», sagte Silva der Zeitung «El Nacional» zufolge. Der Schönheitswettbewerb ist eine der traditionsreichsten Veranstaltungen in Venezuela. Weiterlesen

Saar-Landtag: Mehr Schutz von Frauen gegen Gewalt

Saarbrücken (dpa/lrs) – Mehr Schutz von Frauen gegen Gewalt hat der saarländische Landtag am Donnerstag gefordert. In einem ohne Gegenstimmen angenommenen Antrag von SPD und CDU heißt es, Gewalt «in jeglicher Form gegen Frauen und Mädchen ist inakzeptabel und dennoch tägliche, unerträgliche Realität». Gewalt spiele sich nicht nur im häuslichen, sondern auch im öffentlichen Bereich ab.

Vor dem Hintergrund des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen vom 25. November heißt es in der Entschließung, alleine im Saarland seien im vergangenen Jahr rund 2566 Fälle von häuslicher Gewalt registriert worden. Die Dunkelziffer liege deutlich höher, da etwa 85 Prozent der Straftaten aus dem Bereich der häuslichen Gewalt nicht oder erst mit deutlicher Verzögerung zur Anzeige gebracht werden. Weiterlesen

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