Saar-Landtag spricht über Frankreich und Schulpolitik

Saarbrücken (dpa/lrs) – Die Beziehungen zum Nachbarn Frankreich und die Rückkehr zum neun Jahre dauernden Gymnasium (G9) stehen im Mittelpunkt der Plenartagung des saarländischen Landtags am Mittwoch (9.00). Diese beginnt mit einer Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) zum 60-jährigen Bestehen des Élysée-Vertrags. Der Vertrag wurde am 22. Januar 1963 von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) und Frankreichs Präsident Charles de Gaulle unterzeichnet und gilt als wesentliches Fundament eines friedlichen Europas. Weiterlesen

Saarland legt eigenes Corona-Aufholprogramm für Kinder auf

Saarbrücken (dpa/lrs) – Das Saarland startet ein eigenes Corona-Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche. Es schließt nahtlos an das Bund-Länder-Programm an, das Ende Januar ausläuft. «Für uns war wichtig, dass für die Schulen bei der Umsetzung des Programmes keine Veränderungen spürbar sind», sagte Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) am Dienstag in Saarbrücken.

Das Aufholprogramm II umfasst 4,7 Millionen Euro für die Förderung und Unterstützung von Schülerinnen und Schülern, vor allem an Grund- und Gemeinschaftsschulen. Finanziert wird es aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Darüber hinaus gibt das Land aus dem eigenen Haushalt 1,5 Millionen Euro für die Schulsozialarbeit und 450.000 Euro für Diagnose- und Fördermaterialien. Weiterlesen

Frauen am Pult und andere Umbrüche in der Dirigentenwelt

Von Anika von Greve-Dierfeld, dpa

Selbst Musikmuffel kennen meist die Namen von berühmten Dirigenten der letzten Jahrzehnte. Herbert von Karajan, Sergiu Celibidache, Daniel Barenboim, Kent Nagano oder Simon Rattle. Die Welt der Dirigenten ist eine Männerdomäne – noch. Aber es tut sich was.

Kurz noch was mit der Pianistin besprechen, ein, zwei Notizen noch in die Partitur kritzeln. Dann aufs Podest dem Orchester zugewandt und ganz bei der Sache steht dort kerzengrade Ella Rosenberg, angehende Dirigentin. Sie hebt den Taktstock, runzelt ein wenig aufgeregt die Stirn, Konzentration bitte. Die Studentin der Dirigierklasse der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HMDK) probt mit der Badischen Philharmonie Pforzheim Beethovens Klavierkonzert Nr. 3.

Rosenberg ist 23, ihre drei Kollegen in der von Professor Rasmus Baumann geleiteten Dirigierklasse sind auch nicht viel älter. Sie sind junge angehende Dirigenten, die sich nach Abschluss ihres Studiums in der Musikwelt als Kapellmeister beziehungsweise Dirigent behaupten müssen. «Man wird sich durchbeißen müssen», sagt Rosenberg. Rund 80 Bewerbungen hat Robin Davis, Generalmusikdirektor der Badischen Philharmonie Pforzheim, auf die letzte ausgeschriebene Stelle bekommen.

Mehrere Hundert ausgebildete Dirigenten tummeln sich nach Einschätzung des Geschäftsführers vom Orchesterverband Unisono, Gerald Mertens, auf dem deutschen Markt. Sie können sich bewerben – national auf Stellen bei den 129 Berufsorchestern in Deutschland. Während die über 80 Opern- oder Theaterorchester immer mehrere Dirigentenstellen zu vergeben haben – vom Korrepetitor über den ersten oder zweiten Kapellmeister bis hin zum Generalmusikdirektor – steht Konzertorchestern wie den Berliner Philharmonikern ein einzelner Chefdirigent vor.

Das Personalkarussell der Dirigenten habe sich in den zurückliegenden Coronajahren eher langsam gedreht, meint Mertens. Vielfach gehe es den Orchestern nach langen Aufführungs-Zwangspausen jetzt erstmal zuvörderst um Konsolidierung und nicht so sehr darum, das Pferd zu wechseln. Dennoch vollzieht sich mancherorts ein Generationswechsel.

Einige Chefposten sind gerade frei oder werden gerade neu besetzt: Daniel Barenboim verlässt krankheitsbedingt seinen Posten als Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper. Bei den Münchner Philharmonikern musste der russische Dirigent Valery Gergiev den Chefposten räumen wegen seiner russlandfreundlichen Position im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg. Der Italiener Daniele Gatti wird 2024 Nachfolger von Chefdirigent Christian Thielemann bei der Staatskapelle in Dresden.

Für Furore sorgte 2021 die Nachricht, dass die erst 36 Jahre alte deutsche Dirigentin Joana Mallwitz ab dem Sommer das Konzerthausorchester Berlin leiten wird – einen größeren Wandel kann man sich eigentlich nicht vorstellen vom wirklich sehr renommierten, über 80-jährigen Chefdirigenten Christoph Eschenbach zu einer sehr jungen, agilen, vermittlungsfreudigen Dirigentin, sagt Mertens.

Mallwitz war als Dirigentin der Staatsphilharmonie Nürnberg und ist auch auf ihrem künftigen Posten eine von nur vier Frauen, die ein Berufsorchester leiten. Das sind zu wenig, sagt Mertens und fragt sich, was da mit der Förderung junger Dirigentinnen falsch läuft. Auf 20 bis 25 Prozent schätzt er den Anteil bereits ausgebildeter Dirigentinnen. Bei den Studierenden des Faches an den Hochschulen seien nach jüngsten Erhebungen des Musikinformationszentrums (MIZ) sogar 36,7 Prozent weiblich.

In der Stellenvergabe schlägt sich das bisher nicht ausreichend nieder, findet Mertens. Dabei ist «die Zukunft der Musik weiblich», sagt dazu Baumann, der neben seiner Professur an der Stuttgarter Musikhochschule auch Generalmusikdirektor der Neuen Philharmonie Westfalen ist. Vorbehalte bei den Orchestern gegen Frauen am Dirigentenpult gebe es da keine mehr. Unter den Bewerbern auf einen Dirigierplatz sind nach Einschätzung Baumanns inzwischen ein Drittel Frauen.

Ob Frauen einen anderen Ton in die Dirigentenwelt mitbringen? Der herrscht ohnehin schon längst, sagen Mertens und Baumann. «Das diktatorische Dirigentenprinzip hat sich in meinen Augen erledigt», betont Baumann. Es sei nicht mehr zeitgemäß, das Orchester anzuschreien. «Es geht nicht um den Dirigenten als harten Führungsknochen sondern eher als Ermöglicher», ergänzt Mertens.

Die Musikwelt schaut gerade für die Nachfolge Barenboims Richtung Berliner Staatsoper. In München sprach sich jüngst Rathauschef Dieter Reiter (SPD) für eine weibliche Führung der Münchner Philharmoniker aus. Und vielleicht wird ja auch mal eine Frau Chefdirigentin der seit 2019 von Kirill Petrenko geleiteten Berliner Philharmoniker. Im Film jedenfalls hat das schon mal geklappt: Gerade gewann Cate Blanchett in «Tár» einen Golden Globe für ihre Rolle als Stardirigentin des weltweit renommierten Ensembles.

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Lehrer in Venezuela demonstrieren für besseres Gehalt

Caracas (dpa) – Zahlreiche Lehrer und andere Staatsbedienstete sowie Rentner haben im südamerikanischen Krisenstaat Venezuela für höhere Löhne und Pensionen demonstriert. «Dieser Aufruf, den ursprünglich Lehrer begonnen haben, entwickelte sich zu etwas Größerem», schrieb die venezolanische Zeitung «El Nacional» am Montag (Ortszeit). «Zu einer großen Demonstration, an der alle Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes im Land teilnahmen.» Weiterlesen

Messerattacke an Grundschule: Prozess gegen Verdächtigen

Esslingen (dpa) – Nach einer Messerattacke in einer Grundschule in Esslingen südöstlich von Stuttgart will ein Gericht mehr herausfinden über die möglichen Gründe für die Tat im vergangenen Juni.

Der mutmaßliche Täter, ein 25 Jahre alter Mann, muss sich ab heute vor dem Landgericht in Stuttgart verantworten. Er soll am 10. Juni die Ferienbetreuung in der Schule überfallen und ein damals sieben Jahre altes Mädchen am Eingang des Gebäudes angegriffen haben. Auch eine Betreuerin wurde verletzt, als sie helfen wollte.

Das Motiv für die Tat ist bislang unklar. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Den Ermittlungen zufolge war das Mädchen mehrere Male mit der Klinge eines Küchenmessers auf den Hinterkopf und den Nacken geschlagen und schwer verletzt worden. Auch die damals 61 Jahre alte Betreuerin erlitt Verletzungen durch das Messer. Weiterlesen

Mit Smartphone auf der Baustelle: Die Handwerk-Influencerin

Von Ann-Marie Utz, dpa

Schlangen (dpa) – Die Arbeitsschuhe sitzen, der Gürtel hält die staubige Hose fest um die schmale Taille von Sandra Hunke. Sie ist Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heiz- und Klimatechnik. Doch zu ihren normalen Arbeitsutensilien gehören nicht nur Zange und Blechschere, sondern auch Smartphone und Kamera.

Denn die 30-Jährige ist eine der erfolgreichsten Influencerinnen fürs Handwerk in Deutschland. Fast täglich nimmt sie ihre rund 120.000 Follower auf Instagram mit in ihren Lebensalltag, der von staubigen Baustellen in Nordrhein-Westfalen bis zum Laufsteg nach Hongkong reicht.

Fachkräftemangel in vielen Branchen

Hunke möchte das Handwerk nach eigenen Angaben für junge Menschen attraktiv machen und es transparent zeigen. Aktuell fehlt der Branche der Nachwuchs, vor allem fehlen Frauen. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen 2022 nun im dritten Jahr in Folge gestiegen und erreichte mit 68.900 erneut einen Höchststand.

Gründe liegen laut dem Institut neben der «generellen Attraktivität» der Berufsausbildung in der demografischen Entwicklung. Verwiesen wird auf sinkende Schulabgängerzahlen. Probleme, junge Leute zu finden, hatten auch im vergangenen Jahr vor allem Unternehmen im Handwerk und im Baugewerbe, während Bewerber für kaufmännische oder Medienberufe auf der anderen Seite auch erfolglos blieben.

Sandra Hunke ist mit dem Handwerksberuf aufgewachsen, ihr Vater arbeitet als Fliesenleger. Als Teenie habe sie oft längere Zeit im Bad verbracht, «und eines Tages, als ich mir die Haare gemacht habe, dachte ich mir: Wie geil wäre es eigentlich, wenn du so ein Bad bauen könntest». Mit Social Media sei es bereits während der Ausbildung vor mittlerweile elf Jahren losgegangen, «da ich immer belächelt worden bin, dass eine Frau gar nicht auf dem Bau arbeiten kann». Mit den Vorurteilen möchte sie jetzt aufräumen. «Ich kann Werbung fürs Handwerk machen, ich kann mich aber auch im Bikini zeigen.»

«Anpacken, aber trotzdem Frau sein können»

Heute arbeitet die 30-Jährige neben der Baustelle auch in ihrer eigenen Werkstatt direkt angrenzend an ihr Haus, das sie mit ihrem Mann bewohnt und selbst renoviert hat. Ihre Eltern winken vom Garten nebenan, ein Traktor fährt vorbei – Blitzlichtgewitter und schicke Abendgalas bleiben für die Influencerin im Alltag aus. «Ich möchte den Frauen da draußen zeigen, dass sie mit anpacken können, Handwerkerin, aber trotzdem Frau sein können. Du darfst rosa lieben, aber trotzdem darfst du auf der Baustelle ernst genommen werden.» Auch Eltern möchte Hunke Mut machen, umzudenken.

Bis 1994 war es aufgrund des Beschäftigungsverbots für Frauen im Bauhauptgewerbe in Deutschland noch verboten, auf der Baustelle mitzuarbeiten. Deshalb sind laut Handwerk-NRW-Geschäftsführer Hennecke einige Berufe auch noch von männlichen Arbeitswelten dominiert. Laut Hennecke sind Frauen eher in frauentypischen Ausbildungsberufen wie im Friseurhandwerk, in Gesundheitsberufen oder als Fachverkäuferinnen zu finden.

Nur wenig Frauen im Handwerk

Einer Erhebung des BIBB zufolge wurden 2009 noch 242.000 neue Ausbildungsverträge mit Frauen abgeschlossen, 2021 waren es nur noch rund 171.000. Im Handwerk lag der Anteil der mit Frauen geschlossenen Verträge laut Berufsbildungsbericht bei nur 18 Prozent.

Neben Hunke gibt es noch viele andere Influencerinnen, die ihren Handwerksalltag auf Social Media teilen: Julia Schäfer zum Beispiel. Sie ist Maurermeisterin aus Baden-Württemberg und hat knapp eine halbe Millionen Follower auf Instagram. Oder Karolin Röhring aus Nordrhein-Westfalen, die ihre Arbeit als Metallbauerin auf Instagram teilt. «Social Media hat in meinen Augen enorm an Einfluss gewonnen, gerade im Bereich der Nachwuchsförderung», erklärt sie. Denn Social Media sei für junge Leute die erste Anlaufstelle, wenn sie anfingen, sich für etwas zu interessieren wie beispielsweise einen Beruf.

Nahbarkeit und schnelle Kontaktaufnahme sprächen für das Medium. Dies bestätigt auch Hunke. «Das Handwerk muss digitaler werden, es müssen sich viel mehr Firmen trauen, einen Instagram- oder TikTok-Account zu machen. Es ist Arbeit, aber nur so erreichen wir die jungen Menschen», sagt sie. «Am erfolgreichsten sind solche Maßnahmen dann, wenn authentische Persönlichkeiten ihre Berufe und die damit verbundene Sinnstiftung vermitteln – witzig, kurz, direkt», erklärt auch Hennecke. So wie Sandra Hunke.

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Breite Kritik an frühem Abiturtermin in Rheinland-Pfalz

Mainz (dpa/lrs) – Mit einem gemeinsamen offenen Brief haben Jugendliche und Lehrkräfte an den Gymnasien in Rheinland-Pfalz den frühen Beginn der Abiturprüfungen im Januar kritisiert. «Das verkürzte Abitur in Rheinland-Pfalz ist ein Problem», heißt es in dem am Montag veröffentlichten Schreiben der Landesvertretung der Schülerinnen und Schüler (LSV) und des Philologenverbands. Seit dem Schuljahr 2001/02 gebe es damit «kein echtes G9 mehr», also keinen Unterricht bis zur 13. Klasse, «sondern nur noch ein G8 und ein «G8 und ein bisschen». Weiterlesen

Heil: Beschäftigte sollen in Bildungszeit gehen können

Von Basil Wegener, dpa

Berlin (dpa) – Beschäftigte in Deutschland sollen nach dem Willen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) künftig während ihrer Berufslaufbahn in bezahlte Bildungszeit gehen können. «Wir werden nach österreichischem Vorbild eine Bildungszeit in Deutschland ermöglichen», sagte Heil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Bildungszeit und andere Maßnahmen sollen mit einem Weiterbildungsgesetz eingeführt werden. Das Gesetz solle in den nächsten Wochen im Bundeskabinett beschlossen werden und Beschäftigten angesichts des Fachkräftemangels in Deutschland zusätzliche Chancen eröffnen, sagte Heil.

In Österreich können Beschäftigte für maximal ein Jahr eine berufliche Auszeit für eine Aus- oder Weiterbildung nehmen – oder eine Bildungsteilzeit für bis zu zwei Jahre. Wer so eine «Bildungskarenz» nimmt, kann ein Weiterbildungsgeld bekommen.

Heil kündigte an, auch in Deutschland sollten sich Beschäftigte künftig ein Jahr beruflich weiterbilden können, wenn sie und der Arbeitgeber sich zuvor darauf verständigt haben. «Das lässt sich auch als Bildungsteilzeit in zwei Jahren organisieren», so Heil weiter. «Über Mittel der Bundesagentur für Arbeit wird dabei der Unterhalt sichergestellt, und zwar auf Höhe des Arbeitslosengeldes, also 60 Prozent für Alleinstehende, 67 Prozent mit Kind.»

Fahrten von Azubis werden übernommen

Im Weiterbildungsgesetz wird laut Heil eine «Ausbildungsgarantie» enthalten sein. Jeder junge Mensch solle die Chance auf eine Ausbildung haben. «Dafür fördern wir etwa die Mobilität und Berufsorientierung von jungen Menschen.» Denn regional gebe es große Unterschiede. «In Regionen mit Vollbeschäftigung finden Unternehmen teils keine Azubis. In strukturschwachen Regionen schreiben sich junge Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen, die Finger wund.»

Helfen soll eine Mobilitätsunterstützung für Praktika. «Wenn jemand beispielsweise im nördlichen Ruhrgebiet keine Ausbildungsstelle findet, aber es in Köln die Möglichkeit gibt, ein Praktikum zur Berufsorientierung zu absolvieren, dann unterstützen wir das durch Übernahme von Unterkunfts- und Mobilitätskosten», kündigte Heil an. Bei Azubis würden Kosten für Familienheimfahrten übernommen.

771 Millionen Euro für neues Gesetz

Das finanzielle Volumen des Weiterbildungsgesetzes soll laut Heil bei der Bundesagentur für Arbeit bis zum Jahr 2026 aufwachsend jährlich rund 771 Millionen Euro betragen. 190 Millionen Euro sollen aus dem Bundeshaushalt dazukommen. Demgegenüber stünden Beitrags- und Steuereinnahmen durch den Aufbau von Beschäftigung.

«Deutschland braucht nicht nur Master, sondern auch Meister», sagte Heil. Viele junge Menschen wüssten gar nicht, «welche tollen Berufe es vor allem in der beruflichen Bildung gibt». Dies soll sich nach Heils Vorstellungen bereits in der Schule ändern: «Ich wünsche mir, dass wir an allen Schulen in Deutschland möglichst ab der fünften Klasse verpflichtend Berufsorientierung haben.»

Insgesamt soll laut Heil der Strukturwandel der Wirtschaft durch einen «ganz neuen Werkzeugkasten» für Weiterbildung flankiert werden. Fördermöglichkeiten würden vereinfacht – Deutschland müsse «Weiterbildungsrepublik» werden. Wenn Unternehmen im Wandel große Teile der Belegschaft weiterqualifizieren müsse, solle ein Qualifizierungsgeld helfen.

Heil will alle Potenziale ausschöpfen

«Viele Unternehmen suchen händeringend Arbeits- und Fachkräfte», sagte Heil. «Ob im Handwerk, in der Pflege, am Bau – das ist faktisch in jeder Branche ein großes Thema.» Fachkräftemangel dürfe nicht zur Wachstumsbremse werden. Ab 2025 gingen die Babyboomer Stück für Stück in den Ruhestand. Gleichzeitig verließen heute rund 45 000 Schülerinnen und Schüler Jahr für Jahr die Schule ohne Abschluss.

Künftig müssten alle Potenziale im Inland ausgeschöpft werden. «Hier müssen wir alle Register ziehen», sagte Heil. Dazu gehöre auch, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu steigern sowie Menschen mit Handicap und Ältere noch stärker am Erwerbsleben zu beteiligen.

Einwanderungsgesetz im März

«Deutschland braucht zusätzlich qualifizierte Zuwanderung», sagte der Minister. Er rechne damit, «dass wir Anfang März im Bundeskabinett einen Gesetzentwurf für ein modernes Einwanderungsgesetz beschließen werden». Hierfür hatte die Koalition im November bereits Eckpunkte vorgelegt. Anders als heute sollen verstärkt Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger ohne anerkannten Abschluss ins Land kommen dürfen.

«Die Möglichkeiten für qualifizierte Einwanderung werden entbürokratisiert», bekräftigte Heil. Visa zur Arbeitsaufnahme sollten schneller erteilt werden. «Zudem bekommen Menschen, die eine Ausbildung in ihrem Heimatland erworben haben, die Möglichkeit, in Deutschland zu arbeiten.»

Als weitere Säule werde eine Chancenkarte eingeführt, mit der Menschen nach einem Punktesystem nach Deutschland kommen könnten. «Dazu schlagen wir die Kriterien Qualifizierung, Berufserfahrung, Alter, Sprachkenntnisse oder auch Deutschlandbezug vor», so der Minister. «Wenn man entsprechende Punkte aus dem Kriterienkatalog erfüllt, steht einem der deutsche Arbeitsmarkt offen.»

Anwerbestrategie geplant

Heil kündigte über das reine Gesetz hinaus eine «Anwerbestrategie von Staat und Wirtschaft» an. Fachkräfteeinwanderung dürfe nicht nur hingenommen werden. «Wir müssen sie wollen, organisieren und gezielt in anderen Ländern dafür werben.» An die Adresse der Union gerichtet sagte Heil: «Ich erwarte von CDU und CSU, dass sie sich zu qualifizierter Einwanderung bekennen.» Ein breiter Konsens der Demokraten sei wünschenswert.

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Rheinische Synode tagt in Düsseldorf: Megathema Bildung

Düsseldorf (dpa/lnw) – Erstmals seit drei Jahren kommt die Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland wieder in Präsenz zusammen. Anders als in früheren Jahren trifft sich das oberste Leitungsgremium der rheinischen Kirche von Sonntag bis Freitag aber in Düsseldorf und nicht in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz). Wegen der Corona-Pandemie waren die Landessynoden 2021 und 2022 im Digital-Format abgehalten worden.

Das Thema Bildung ist dieses Jahr der Schwerpunkt der Beratungen der 199 stimmberechtigten Mitglieder. Nach der Eröffnung der Synode am Sonntag mit einem Gottesdienst hält am Montag Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ein Grußwort bei der Synode. Am Dienstag steht der jährliche Rechenschaftsbericht von Präses Thorsten Latzel auf dem Programm. Weiterlesen

Merz verteidigt Pascha-Aussage – Notwendige Diskussion

Berlin (dpa) – CDU-Chef Friedrich Merz hat seine in der ZDF-Sendung «Markus Lanz» getroffene Pascha-Aussage verteidigt. Es sei eine notwendige Diskussion, «dass wir uns über die Frage unterhalten: Was läuft in diesem Land eigentlich schief?», sagte er am Freitag im ZDF-«Morgenmagazin». Lehrerinnen und Lehrer hätten in den Schulen oftmals das Problem, anerkannt zu werden bei den Schülern – wobei es sich oftmals um Schüler aus Migrantenfamilien handle. Über diese Themen müsse man Merz zufolge diskutieren, denn «was in der Schule schief läuft, kann man hinterher in der Gesellschaft kaum noch wieder korrigieren». Weiterlesen

Den Schulweg sichern: 70 Jahre Schülerlotsen

Von Silke Sullivan, dpa

Berlin (dpa) – Eine viel befahrene Kreuzung, nur wenige Hundert Meter von einer Grundschule entfernt. Fußgängerampeln oder Zebrastreifen? Fehlanzeige. Dafür stehen zwei Kinder auf der Straße in der Dunkelheit. Sie tragen neongelbe Jacken und Mützen und halten mit ausgestreckten Armen Reflektor-Kellen in den Händen. Während ein Auto und ein Laster vor den beiden Mädchen halten, laufen Schülerinnen und Schüler in der von ihnen gebildeten Gasse über die Straße.

Situationen wie diese in Berlin kann man morgens in der Nähe vieler Schulen in Deutschland beobachten. Statt Fußgängerüberwege und Ampeln sichern Kinder oder Jugendliche die Straßen für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Dafür stehen sie freiwillig früher auf. Den Schülerlotsendienst gibt es offiziell seit 70 Jahren. Am 14. Januar 1953 führte ihn der damalige Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm (1903-1967) für die Bundesrepublik ein.

Seither haben die jungen Helfer wohl viele Unfälle verhindert. Laut Deutscher Verkehrswacht, die unter anderem die Ausrüstung dafür bereitstellt, ist an von Lotsen gesicherten Übergängen noch kein schwerer oder tödlicher Unfall passiert. Dafür gibt es zum Jubiläum ein Dankeschön vom Bundesverkehrsminister. Das Konzept, dass junge Menschen Verantwortung übernehmen und «den Kleinsten eine eigenständige Mobilität» ermöglichten, sei auch 70 Jahre nach der Einführung zeitgemäß, lobt Volker Wissing (FDP).

USA waren Vorbild

Anstoß für die Initiative gab die hohe Zahl von Kindern, die damals im Straßenverkehr verunglückten. Laut Statistischem Bundesamt kamen 1953 allein in Westdeutschland (ohne Saarland) 32.807 Kinder unter 13 Jahren zu Schaden, 1147 Kinder starben. Zum Vergleich: 2021 verloren in ganz Deutschland 49 Kinder unter 15 Jahren bei Verkehrsunfällen ihr Leben, rund 22.300 Kinder verunglückten. Der Zuwachs an Mobilität im Zuge des Wirtschaftswunders, der nach dem Krieg als Indikator von Wohlstand und Lebensqualität galt, wurde zunehmend zum Problem. Eltern hatten Angst, ihre Kinder allein zur Schule zu schicken.

Die ersten Schülerlotsendienste in Deutschland entstanden in Baden-Württemberg Ende der 1940er Jahre. Die Idee stammte aus den USA, wo Jugendliche schon seit den 1920er Jahren den Schulweg für ihre jüngeren Mitschüler sicherten. Amerikanische Besatzungstruppen brachten den Gedanken mit. In Kornwestheim bei Stuttgart etwa verlangte die amerikanische Besatzungsbehörde, dass die Schüler beim Verlassen der Schulgebäude selbst für Ordnung sorgten.

Mit der bundesweiten Einführung 1953 hob man den freiwilligen Dienst auf eine neue Stufe. Für die jungen Helfer gab es eine einheitliche Ausrüstung – mit weißem Schulterriemen und weißer Koppel noch nicht so knallig wie heute. Ähnlich sah die Uniform in der DDR aus, wo es ebenfalls Schülerlotsen gab.

Die Zahl der Schüler, die mitmachten, wuchs schnell. Die Lotsen waren bei vielen beliebt und bekamen eine Menge Aufmerksamkeit. Der Sieger des Schülerlotsen-Bundeswettbewerbs 1956, ein 13 Jahre alter Junge aus Kassel, durfte sogar in die USA reisen – ein Treffen mit Präsident Dwight D. Eisenhower inklusive. Im Jahr 1975 war die Zahl der Lotsen in Westdeutschland auf stolze 77.000 gewachsen.

Zahl der Lotsen sinkt

Dieses Niveau wird nicht mehr erreicht, im Gegenteil, die Zahl ist gesunken. Die Deutsche Verkehrswacht schätzt, dass bundesweit etwa 50.000 Verkehrshelfer – wie die Lotsen heute genannt werden – im Einsatz sind, darunter viele Erwachsene.

«Bei uns ist die Zahl in den letzten Jahren leider relativ stark zurückgegangen», sagt der Geschäftsführer der Landesverkehrswacht (LVW) in Hessen, Thomas Conrad. In dem Bundesland gibt es demnach nur noch um die 200 Schülerlotsen, vor sechs Jahren waren es noch um die 1000. Conrads Erklärung dafür: Unter anderem sei «die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler dafür nicht mehr so groß, und dieses ehrenamtliche Engagement wird nicht mehr so geschätzt», vermutet er.

Auch in Bayern, das mit rund 25.000 jungen und erwachsenen Lotsen zahlenmäßig an der Spitze der Initiative steht, ist es nach Angaben von LVW-Geschäftsführer Manfred Raubold «ein klein wenig schwieriger geworden», Nachwuchs zu finden. Seiner Ansicht nach hat das mit der Corona-Pandemie zu tun. «Wenn Schulen geschlossen waren und es Home-Schooling gab, war kein Lotsendienst nötig.» Der sei dann teilweise nicht mehr aufgenommen worden.

Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, lobt das Engagement. Er fände es allerdings am besten, wenn alle Schulwege an befahrenen Straßen «mit Ampeln, mindestens aber mit Mittelinseln oder Zebrastreifen abgesichert würden».

Nicht überall werden die Lotsen ernst genommen

Nicht überall, wo die Lotsen im Einsatz sind, läuft es immer reibungslos. In Berlin etwa, wo der Dienst in der Regel schon in der 6. Klasse startet statt meist üblich in der 7., passierte es, dass junge Helfer von Verkehrsteilnehmern nicht ernst genommen wurden. Vor ein paar Jahren stellten einige Schulen den Dienst vorübergehend sogar ein, weil Autos zwischen den Lotsen durchgefahren waren. Teilweise stehen die Kinder dort nun mit Erwachsenen an der Straße.

Die Berliner Schülerinnen Ava, Valerie und Miriam dagegen sichern allein eine Kreuzung nahe ihrer Schule. Die Zehnjährigen sind seit Herbst als Schülerlotsinnen im Einsatz. Bisher laufe es gut, finden sie. Für den Dienst früher aufzustehen, sei kein Problem. Ava sagt: «Es macht Spaß, die Kinder sicher über die Straße zu bringen.»

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