Nato und EU sollen besser zusammenarbeiten

Brüssel (dpa) – Die Nato und die EU sollen nach dem Willen ihrer Spitzenvertreter noch enger zusammenarbeiten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wollen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg heute eine Erklärung unterzeichnen, die unter anderem auf eine bessere Kooperation beim Schutz von kritischer Infrastruktur wie der Energie- und Wasserversorgung abzielt.

Zudem werden in dem Text beispielsweise der Umgang mit Informationsmanipulation und Einmischung aus dem Ausland sowie die sicherheitspolitischen Folgen des Klimawandels als Bereiche für eine verstärkte Zusammenarbeit genannt. Als Risiko für Frieden und Sicherheit gilt die Erderwärmung, weil sie die Lebensgrundlage von Millionen Menschen bedroht. Noch mehr Humanitäre Katastrophen, Flucht und Migration sowie zunehmende Konflikte um Ressourcen wie Wasser und Land könnten die Folge sein. Weiterlesen

Migration und Drogen im Fokus bei Biden-Besuch in Mexiko

Mexiko-Stadt (dpa) – Bei einem Besuch in Mexiko bemüht sich US-Präsident Joe Biden um eine engere Zusammenarbeit der beiden Länder, um den Schmuggel mit tödlichen Drogen und einen Rekord an illegaler Migration in die USA in den Griff zu bekommen.

Zum Auftakt einer zweitägigen Visite in Mexiko-Stadt kam Biden gestern Abend (Ortszeit) mit seinem mexikanischen Amtskollegen Andrés Manuel López Obrador zusammen. Die beiden beschworen die Partnerschaft ihrer Länder, ließen aber auch Differenzen erkennen. López Obrador forderte ein Ende «der Geringschätzung Lateinamerikas». Heute wollen sich die beiden Präsidenten mit Kanadas Regierungschef Justin Trudeau zu einem Nordamerika-Gipfel treffen.

«Der Geringschätzung Lateinamerikas ein Ende setzen»

Biden und López Obrador gaben sich bei der Begrüßungszeremonie im Nationalpalast in Mexiko-Stadt betont eng, nachdem ihr Verhältnis im vergangenen Jahr gelitten hatte: Der mexikanische Präsident hatte da wie andere Amtskollegen einen Gipfel boykottiert, mit dem Bidens Regierung ihr Verhältnis zu den Ländern der Region verbessern wollte. Weiterlesen

US-Streitkräfte investieren mehrere Hundert Millionen Dollar

Mainz (dpa/lrs) – Die US-Streitkräfte investieren nach Darstellung von Innenminister Michael Ebling im laufenden Steuerjahr mehrere Hundert Millionen US-Dollar in ihre Militärstandorte in Rheinland-Pfalz. Der SPD-Politiker sieht darin ein klares Bekenntnis zur Zukunft der Streitkräfte in der Region. «Eine Teilsumme in Höhe von 299 Millionen US-Dollar wird für den Bau des neuen US-Hospitals bei Weilerbach zur Verfügung gestellt», sagte Ebling am Montag in Mainz. Das laufende Steuerjahr geht von Oktober 2022 bis Ende September 2023. Weiterlesen

Weshalb Autobauer beim Angebot knausern

Von Jan Petermann, dpa

Hannover/Berlin (dpa) – Klein- und Kleinstwagen brauchen weniger Platz, könnten den städtischen Autoverkehr effizienter machen und die Belastung des Klimas verringern. Manche Hersteller halten am Segment fest – andere setzen auf gewinnträchtigere Modelle. Offiziell sieht die deutsche Branche weiter Chancen auch bei Minis und Kleinen, vor allem mit E-Motor. Fachleute sprechen aber von einem ausgedünnten Angebot, und das eigene Fahrzeug könnte zum Luxusprodukt werden. Die Ursachen und möglichen Folgen des Trends sind vielfältig.

Der Stand Ende 2022

In Deutschland waren die Neuzulassungen nach Daten des Kraftfahrt-Bundesamts im Dezember außer bei Minivans und Wohnmobilen nur bei Kleinwagen rückläufig. Sie nahmen verglichen mit dem Vorjahresmonat um 4,1 Prozent ab. Der Anteil lag bei 9,6 Prozent. Beliebtestes Modell war der Opel Corsa. Den Kleinstwagen oder Minis, wo der Fiat 500 führte, gelang ein Plus von 15,7 Prozent – aber bei anteilig nur 7,1 Prozent aller neu auf die Straße gekommenen Pkw. Die boomenden SUVs erzielten 34 Prozent.

Betrachtet man die Sparten Klein- und Kleinstwagen gemeinsam, wird die langjährige Tendenz deutlich: Zwischen 2012 und 2022 sank der Gesamtanteil von fast 24 auf knapp über 18 Prozent, wie auch das «Handelsblatt» jüngst berichtete. Der Branchenverband VDA bewertet die Lage dennoch positiv. An Kleinwagen habe es im abgelaufenen Jahr bis kurz vor Ende bundesweit über 420.000 neuzugelassene Exemplare gegeben, zu fast einem Drittel mit E-Antrieb.

Eine Folgerung der Autolobby: «In Deutschland ist insbesondere bei batterieelektrischen Pkw der Anteil von Klein- und Kleinstwagen sehr hoch.» Seitdem die E-Mobilität auch dank der staatlich-industriellen Zuschüsse Fahrt aufgenommen habe, gewännen kleine, kompakte Fahrzeuge sogar eher an Bedeutung. Jedoch muss man das in Relation zu anderen Segmenten wie SUVs oder Gelände- und Sportwagen sehen – und die Zukunft der Förderung von E-Autos steht auf wackligen Füßen.

Große Modelle bringen mehr Geld

Wer ein Hochpreis-Auto teuer verkaufen kann, streicht gegenüber kleineren Autos meist mehr Gewinn ein. Denn die Produktionskosten steigen – bezogen auf die Kleinen – nicht im selben Maß wie der Endpreis. Diese betriebswirtschaftliche Regel ist simpel. Sie könnte aber dazu führen, dass das Angebot an Stadtflitzern und Kurzstreckenwagen weiter geschmälert wird, weil große Autos renditestärker sind. Die Ertragsmargen – also der Anteil des Umsatzes, der in der Kasse bleibt – sind bei vielen marktreifen SUVs, Limousinen oder Oberklassemodellen attraktiver.

Mit den Kleinen verdienen Hersteller nur dann gut, wenn diese sehr hohe Absatzzahlen erreichen. Doch die Zahl angebotener Baureihen schrumpft. Bei den Minis halbierte sie sich auf dem deutschen Markt binnen eines Jahrzehnts von 24 auf 12. Autos wie der Ford Ka, Opel Adam oder Citroën C1 liefen aus. Das trifft auch diejenigen Kleistwagen-Baureihen, die mit Verbrennern unterwegs sind – die Zeitschrift «Auto Straßenverkehr» zählte hier von 2017 bis 2022 einen Rückgang von 17 auf 8.

Weniger deutsche Klein(st)wagen-Kompetenz?

Das Fachblatt weist darauf hin, dass abgesehen von VW nun alle anderen Mini-Reihen etwa mit Fiat, Renault, Hyundai/Kia, Toyota oder Suzuki aus dem Ausland kommen. Zuletzt war auch der VW Up nicht mehr als Verbrenner zu bestellen. Im Konfigurator erschien nur noch dessen E-Variante – wie lange sie dort bleibt, gilt nach früheren Bestellstopps als unsicher. Die Situation werde wohl «ähnlich knapp wie im letzten Jahr», heißt es aus Wolfsburg. Die Wartezeiten waren wegen der Chipkrise so lang geworden, dass der kleinste Stromer zeitweise aus dem Programm fiel.

Auch andere Anbieter tun sich schwer. Bei BMW kam der kompakte E-Pionier i3 schon 2013 auf dem Markt, wurde aber wenig nachgefragt. Erst Anfang 2020 legte der Konzern mit dem elektrischen Mini und vor wenigen Monaten mit dem iX1 nach – einem Klein-SUV. Bei Renault sieht Chef Luca de Meo für den Twingo keine direkte Fortsetzung. Und Ford Deutschland stellt die Produktion des Fiestas in Köln vorzeitig ein.

«Die SUVisierung ist weltweit erkennbar», sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. «In der Oberklasse bleibt der Verkaufstrend stark – die Marktanteile dürften sich weiter von unten nach oben verschieben.» Kollege Benedikt Maier vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen erklärt: «In Zeiten von Rohstoffengpässen ist es eine logische unternehmerische Entscheidung, in erster Linie die margenstarken Produkte zu bringen.»

Steigende Preise und das Warten aufs Auto

Die enorme Verteuerung von Energie und Metallrohstoffen seit Beginn des Ukraine-Kriegs und von Elektronik-Bauteilen seit der Corona-Krise ist ein Teil dieser Geschichte. «Die üblichen Preiserhöhungen der Hersteller erfolgten zuletzt in kürzeren Intervallen und in höherem Ausmaß», sagt Maier. Das geringere Angebot habe die Kosten für Einstiegsmodelle anziehen lassen. Dabei richten sich die Kleinen gerade an Haushalte, die nicht viel auf der hohen Kante haben, Nutzer von Zweitfahrzeugen oder Liefer- und Pflegedienste. Für ihre Dickschiffe reservierte die Branche hingegen oft und gern die erhältlichen Chipkontingente.

Der VDA sieht bei der Elektronik große Herausforderungen. «Deshalb kann es bei einzelnen Modellen zu einer Verlängerung der Lieferzeiten kommen.» Maier indes glaubt, dass für zentrale Batterie-Ressourcen wie Lithium und Kobalt einstweilen keine nennenswerte Entspannung zu erwarten ist. Dabei schlage «der relative Kostenblock einer Batterie bei Kleinwagen stärker zu Buche als in der Oberklasse».

Bei einigen VW-Händlern sorgt man sich um die künftigen Verkäufe. Eine hohe Führungskraft des zweitgrößten Autokonzerns sagte im Herbst: «Porsche, Audi oder Bentley wurden so bedient, wie sie es gebraucht haben. Dafür haben wir ein paar (VW) Polos, (Skoda) Fabias und (Seat) Ibizas weniger gebaut.» Die Chip-Verfügbarkeit habe sich inzwischen aber verbessert. 2025 soll ein E-Kleinwagen in Polo-Größe (ID.2) bei 25.000 Euro starten. «Wenn es so bleibt, lösen sich Polo und ID.2 nahtlos ab», gibt man sich im Moment zuversichtlich.

Entwicklungsbudgets und nötiges Volumen

Bis ein neu konzipiertes Massenmodell profitabel wird, vergehen oft Jahre. Zudem sind neue Technologien anfangs im oberen Segment wettbewerbsfähiger, solange sie noch relativ teuer sind. Für den späteren Durchbruch sind sogenannte Skaleneffekte wichtig – die Fähigkeit, über schiere Menge die Kosten so weit zu drücken, dass auch niedrigere Verkaufspreise Gewinn abwerfen. Der VDA erklärt: «Durch Skaleneffekte werden die Modelle in Zukunft günstiger werden.» Maier ist nicht so überzeugt: «Ich gehe nicht davon aus, dass die etablierten deutschen Hersteller mittelfristig aktiv das Klein(st)wagen-Segment erschließen wollen oder gar mit “Budget Car”-Konzepten aufschlagen werden.»

Die Kleinen und das Klima

Sparsamere Verbrenner stoßen weniger CO2 aus. Bei kleinen E-Modellen soll der geringere Ressourcenverbrauch die Klimalast drücken. Voraussetzung ist, dass die Batterie mit Ökostrom geladen wird – und beim Ausbau der erneuerbaren Energien drängen Klimaschützer die Bundesregierung zu deutlich mehr Tempo. Viele kritisierten in der Chipkrise, kleine E-Autos hätten Nachteile gegenüber großen. Volkswagens Pläne, die 2020 gestartete ID-Reihe nach unten auszuweiten, lobte selbst die sonst skeptisch eingestellte Umweltschutzorganisation Greenpeace. Warum ausgerechnet der VW E-Up und auch kleine Stromer anderer Hersteller vorher nicht mit Priorität bedacht werden, irritierte Verkehrsexperte Benjamin Stephan aber.

Die Euro-7-Pläne der EU

Andererseits betonen die Unternehmen, dass die verschärfte Verbrenner-Abgasnorm Euro-7 die Kosten gerade kleiner Modelle erhöhen und diese unattraktiver machen dürfte. «Der Preisanstieg, der aus den angeforderten Weiterentwicklungen entsteht, wird insbesondere Kleinwagen betreffen», warnt der VDA. Allzu ehrgeizig gemeinte Reinigungstechnik falle bei den Kleinen relativ gesehen stärker ins Gewicht. Der Vertreter eines großen Herstellers bemängelt «fehlende Planbarkeit» für die kommenden Jahre.

Einstiegsmodelle contra Autos für Besserverdiener

Viele Hersteller beteuern, man brauche weiter Modelle zur Hinführung an bestimmte Marken. Auch weil das «geteilte» Auto über Abo-Ansätze beliebter werde, ließen sich hohe Neuwagenpreise teils ausbalancieren. Bratzel sieht jedoch die Gefahr, dass die allgemeine Inflation billige Wagen per se verdängen könnte: «Die soziale Dimension von Auto-Mobilität muss mehr diskutiert werden. Ich nehme schon wahr, dass das Thema in Schichten mit weniger Geld emotional wahrgenommen wird. Wir müssen aufpassen, dass das nicht auch klimapolitisch nach hinten losgeht.»

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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Die Kämpfe im Osten der Ukraine haben sich zugespitzt. Speziell im Norden des Gebiets Donezk um die Städte Bachmut und Soledar ist die Lage nach Angaben aus Kiew schwierig. Präsident Wolodymyr Selenskyj gibt sich trotzdem überzeugt davon, dass die eigenen Truppen durchhalten und verspricht ihnen Verstärkung.

Derweil haben Russland und die Ukraine das erste Mal in diesem Jahr wieder Gefangene ausgetauscht. Heute ist der 320. Tag des russischen Angriffskrieges auf das Nachbarland. Weiterlesen

Technik-Messe CES mit wieder deutlich mehr Besuchern

Las Vegas (dpa) – Die Technik-Messe CES in Las Vegas ist nach einer Corona-Delle auf dem Weg zu alter Größe. Von Donnerstag bis Sonntag kamen 115.000 Besucher, wie die US-Branchenvereinigung CTA als Veranstalter mitteilte. Vor einem Jahr erreichte die erste CES seit Ausbruch der Pandemie rund 45.000 Teilnehmer – nach 171.000 Anfang 2020. Im Jahr 2021 beschränkten sich die Veranstalter auf ein Online-Event.

Die Zahl der Aussteller stieg auf 3200 von gut 2300 vor einem Jahr. Vor der Pandemie waren es zuletzt noch 4400 gewesen. Die CES ist eine Veranstaltung nur für Fachbesucher und Journalisten. Sie ist ein globaler Treffpunkt der Elektronik-Branche – wurde in den vergangenen Jahren auch zum Ort, an dem die Autoindustrie einen Ausblick auf die Zukunft gibt. Weiterlesen

Japans Regierungschef Kishida besucht Europa und USA

Tokio (dpa) – Der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida hat am Montag eine einwöchige Reise nach Europa und in die USA angetreten. Der Besuch in Frankreich, Italien, Großbritannien, Kanada und den USA dient der Vorbereitung des G7-Gipfels vom 19. bis 21. Mai in Kishidas Heimatstadt Hiroshima.

Die Länder auf der Reiseroute gehören zu jenen, mit denen Japan seine Sicherheitszusammenarbeit mit Blick auf das wachsende Machtstreben Chinas und die Bedrohung durch Nordkoreas Raketen- und Atomprogramm intensiviert hat. Kishidas Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Freitag zum Abschluss seiner Reise wird sein erster Besuch in der US-Hauptstadt seit seinem Amtsantritt im Oktober 2021 sein. Weiterlesen

Viele Gletscher auch bei geringer Klimaerwärmung verloren

Pittsburgh (dpa) – Wasserknappheit, steigende Meeresspiegel, veränderte Flora und Fauna: Das fortschreitende Schmelzen der Gletscher aufgrund der Klimaerwärmung hat zum Teil gravierende Auswirkungen.

Nun zeigt eine im Fachjournal «Science» veröffentlichte Studie, dass selbst im günstigsten Fall ein großer Teil der Gletscher verschwinden wird. Demnach dürften fast 50 Prozent der rund 215.000 berücksichtigen Gletscher bis 2100 schmelzen – wenn der Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzt wird. Die Autoren haben auch eine positive Botschaft: Sofortige Maßnahmen zum Klimaschutz und jedes zehntel Grad eingesparte Erwärmung können den Prozess verlangsamen.

Mit seinen Berechnungen bestätigt das internationale Team um David Rounce von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh bisherige Erkenntnisse zum Ausmaß der Gletscherschmelze. «Die Studie hat diverse Prozesse, die bisher nicht betrachtet werden konnten, sehr detailliert angeschaut. Aber es ist nicht so, dass etwas völlig Neues aus der Studie herauskommt, was vorher nicht bekannt war», sagt Glaziologe Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut, dem Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, der nicht an der Untersuchung beteiligt war. Weiterlesen

Quälerei und Spitzentanz: Ballettszene kämpft um ihren Ruf

Von Christiane Oelrich, dpa

Basel (dpa) – Hach, wie im Märchen: Wenn im Nussknacker-Ballett die Klara anmutig durchs Schneegestöber tanzt oder in Schwanensee die Ballerinas mit Feder-Tutu über die Bühne gleiten. In der Schweiz haben in diesem Jahr aber neue Enthüllungen ein schockierendes Licht auf die teils skandalösen Ausbildungsmethoden geworfen.

Angststörungen, Magersucht, seelische Grausamkeit: Was Schülerinnen der beiden Schweizer Ausbildungsstätten für Profitänzerinnen und -tänzer in Zürich und Basel in diesem Jahr berichtet haben, lässt den Atem stocken: Eine berichtete, sie sei bei einem Gewicht von kaum mehr als 40 Kilogramm als «tanzender Hamburger» beschimpft worden. Eine andere wurde mit 15 heruntergemacht, weil ihre Bewegungen nicht sexy genug gewesen seien. Manche tanzten demnach unter Schmerzen.

Skandale häuften sich

An der Tanzakademie Zürich läuft eine Untersuchung. Das zweiköpfige Leitungsteam, das zu DDR-Zeiten an der Staatlichen Ballettschule in Berlin ausgebildet worden war, wurde beurlaubt. Die Ballettschule Theater Basel hat die Schulleiterin freigestellt. Sie schließt nun auch den ganzen Profi-Ausbildungsbereich, weil sie mit ihrem ramponierten Ruf keine öffentlichen Gelder mehr bekommt.

Das waren keine Einzelfälle: An der Wiener Ballettakademie gab es 2019 einen ähnlichen Skandal, 2020 machte die Staatliche Ballett- und Artistikschule Berlin mit Übergriffen Schlagzeilen.

Pädagogik und Körperbild als Baustellen

«Erstaunlich ist, dass wir es alle in der klassischen Tanzausbildung so lange hingenommen haben», sagt Anna Beke, Dozentin für Tanzgeschichte an der Ballett-Akademie in München, der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist fünf vor zwölf, es muss etwas passieren, sonst wird das Vertrauen in diese Kunstform womöglich noch weiter erschüttert.» Baustellen sind sowohl die fragwürdige Pädagogik mancher Lehrer als auch das Körperbild, das jungen Mädchen und dem Publikum als Schönheitsideal für eine Ballerina vermittelt wird.

Zwischen Glanz und Qual: Die Balletszene

«Wir können nicht mehr so unterrichten wie vor 10, 20 oder 100 Jahren», sagt die Präsidentin des schweizerischen Tanzverbandes Danse Suisse, Kathleen McNurney. «Früher gab es Meister und Lehrlinge, es war völlig normal, dass ein Startänzer später Lehrer wird, auch ohne pädagogische Ausbildung – aber das geht nicht mehr.»

Eine Generation erhebt ihre Stimme

Und wieso werden skandalöse Ausbildungsmethoden erst jetzt infrage gestellt? «Das ist ein Generationenphänomen», sagt David Russo, Tänzer, Choreograph und Dozent an der Ballett-Akademie in München. Die Schieflage bestehe seit Langem. «Aber der gesellschaftliche Diskurs war noch nicht so weit entwickelt. Unsere Studierenden heute sind Millennials, das ist die Fridays-for-Future-Generation, das sind Menschen, die eine Meinung haben und sie auch äußern.»

«Sportliche Höchstleistungen gehen auch ohne Drill», betont er. Die Ballett-Akademie habe inzwischen ein pädagogisches Konzept, das die Gesundheit der Tänzerinnen und Tänzer in den Mittelpunkt stelle. Um dringend nötige Veränderungen ging es im November auch auf dem Symposium «Tanzausbildung im Wandel» in München.

Fortschrittliche Tanzakademien bieten Ernährungsberatung und Physiotherapie an und haben Vertrauenspersonen, an die sich Studierende bei Problemen wenden können. «Gesunderhaltung des Körpers ist bei uns jetzt fast ein größeres Thema als die Ausbildung», sagt Martina Räther, amtierende Schulleiterin der Staatlichen Ballett- und Artistikschule Berlin. Die Schule hat ein Kinderschutzkonzept und will noch in diesem Schuljahr einen Verhaltenskodex beschließen.

Bleibt das Idealbild der Ballerina, die schwerelos über die Bühne schwebt. Mit dieser Vorstellung setzen sich Schülerinnen auch selbst unter Druck, die jeden Tag stundenlang in einem Raum voller Spiegel – und Konkurrentinnen – üben.

Die Frage des Körperbilds

«Bodyshaming ist unbestreitbar ein Problem. Normalgewicht als zu dick zu betrachten, das geht nicht. Aber es ist immer eine Gratwanderung», sagt Räther. «Wie schlank muss ich sein? Wir müssen die Schülerinnen ja auch so ausbilden, dass sie später eine Anstellung bekommen.» Auch die Balletthäuser müssten andere Körperformen akzeptieren. Einig sind sich alle: «Auch mit ein paar Kilogramm mehr, mit Hüfte und Busen, kann eine Ballerina genauso schwerelos aussehen», sagt McNurney. Es sei nur eine Frage der Tanztechnik.

Die österreichische Choreographin Florentina Holzinger hat sich mit der harschen Tanzausbildung 2019 in ihrem Ballett «Tanz» befasst. Da sieht eine Ballettstunde auf der Bühne wie eine Horrorshow aus, mit nackten Tänzerinnen auf Spitzenschuhen, die zeigen, wie sie sich auf Höchstleistung trimmen. Holzinger setzte auch eine echte Selbstverletzung mit Fleischerhaken in Szene. «Mir ging es darum, zu zeigen, wie man die Kontrolle über seinen Körper zelebrieren kann, auch das Gewaltmoment, ohne ihm ausgeliefert zu sein», sagt Holzinger. Sie spaltet gerade an der Volksbühne in Berlin mit ihrer feministischen Show «Ophelia’s Got Talent» die Gemüter.

Klassisches Ballett mit männlichem Blick entwickelt

In Holzingers Shows haben Frauen das Zepter in der Hand. Das klassische Ballett sei im 19. Jahrhundert mit männlichem Blick entwickelt worden. «Wie kann man Frauenkörper inszenieren, um diesen Blick zu befriedigen? Das kann man fast mit Pornografie vergleichen.»

Überholte Bilder infrage stellen will auch Disney mit seinem Zeichentrick-Kurzfilm «Reflect». Er handelt von der kleinen Bianca, die tanzen will, aber deutlich mehr wiegt als die typische Ballerina. Zunächst unglücklich über ihren Körper befreit sie sich von ihrer Scham und stürzt sich dann begeistert in den Spitzentanz.

Für mehr Diversität setzen sich alle ein. «Es müssen bei Schwanensee nicht alle Schwäne genau gleich aussehen», sagt Holzinger. Das Publikum habe bislang gewisse Erwartungen, wie eine Ballerina auszusehen habe, sagt Räther. «Da muss sich auch etwas tun.»

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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage Russische Invasion

Kiew (dpa) – Wolodymyr Selenskyj hat sich zufrieden über die Ergebnisse seines Besuchs in Washington und seiner Gespräche mit US-Präsident Joe Biden geäußert. Dort war dem ukrainischen Präsidenten ein neues Paket an Militärhilfen für die Verteidigung seines Landes im russischen Angriffskrieg zugesagt worden, unter anderem auch die langersehnten Patriot-Luftabwehrraketen. Russlands Präsident Wladimir Putin sieht darin indes nur eine Verlängerung des Konflikts. Der Kremlchef deutete auch Gesprächsbereitschaft an, ohne jedoch auf den von Kiew geforderten Rückzug aus der Ukraine als Vorbedingung einzugehen. Freitag ist Tag 303 des Krieges.

Selenskyj zeigt sich erfreut über «gute Ergebnisse»

«Ich kehre aus Washington zurück mit guten Ergebnissen», sagte der ukrainische Präsident in seiner täglichen Videoansprache am Donnerstag. Die USA wollen als Teil eines neuen Militärhilfe-Pakets in Höhe von 1,85 Milliarden US-Dollar (1,74 Mrd Euro) ein Patriot-Luftabwehrsystem in die Ukraine schicken, auch neue Munition wurde versprochen. Mit den Patriot-Flugabwehrwaffen könnten nunmehr Staat und Volk gleichermaßen geschützt werden, unterstrich Selenskyj. Weiterlesen

Lieferkettengesetz: Das kommt auf deutsche Unternehmen zu

Von Andreas Hoenig, David Hutzler und Robin Wille, dpa

Stuttgart/Berlin (dpa) – Renata Jungo Brüngger hatte zuletzt viel zu tun. Die Rechtsvorständin von Mercedes-Benz musste dafür sorgen, dass der Stuttgarter Autokonzern vorbereitet ist, wenn das Lieferkettengesetz in Deutschland zum 1. Januar in Kraft tritt. Denn dann tragen große Unternehmen per Gesetz Verantwortung dafür, dass Menschenrechte in ihren Lieferketten eingehalten werden.

Das Gesetz ist umstritten. Wirtschaftsvertreter beklagen den Aufwand, der damit einhergeht. Menschenrechts- und Umweltorganisationen geht das Gesetz hingegen nicht weit genug. Was steckt dahinter?

Das «Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz», wie es offiziell heißt, gilt zunächst für Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern. Laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sind davon rund 900 Unternehmen betroffen. Für sie ergeben sich unterschiedliche Anforderungen, für den eigenen Geschäftsbereich sowie für unmittelbare und mittelbare Zulieferer.

Was ändert sich nach dem Lieferkettengesetz?

Die Unternehmen müssen laut BMZ eine Reihe von Maßnahmen umsetzen. So müssen sie unter anderem eine Risikoanalyse durchführen, ein Risikomanagement sowie einen Beschwerdemechanismus aufsetzen und öffentlich darüber berichten. Bei Verletzungen im eigenen Geschäftsbereich oder bei unmittelbaren Zulieferern müssen die Unternehmen laut Gesetz unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen ergreifen, «um diese Verletzung zu verhindern, zu beenden oder das Ausmaß der Verletzung zu minimieren».

«Für uns ändert sich nicht so viel, weil wir uns schon seit Jahren darauf vorbereitet haben», sagt Mercedes-Managerin Jungo Brüngger. Man könne die Kontrolle von Lieferketten nicht einfach auf Knopfdruck umsetzen. Der Konzern habe entsprechende Vertragsbedingungen, Beschaffungs-Standards und Audit-Rechte mit seinen unmittelbaren Lieferanten vereinbart.

Mercedes-Benz habe rund 40 000 Lieferanten allein im direkten Bereich. Hinzu komme ein Vielfaches davon im indirekten Bereich. «Wir können diese Lieferanten nicht jeden Tag kontrollieren. Das ist nicht machbar, auch nicht für solch ein großes Unternehmen.» Es müsse also ein risikobasierter Ansatz gewählt werden. Für die größten Risiken würden Maßnahmen definiert, die dann kontrolliert werden.

Etwa bei der Elektromobilität, die Batterien und Batteriezellen brauche. «Hier gibt es natürlich im Moment größere Risiken.» Kobalt komme zum Beispiel aus Ländern, die man mit Kinderarbeit in Verbindung bringe. «Das haben wir erkannt und schon 2018 die Lieferkette für Kobalt transparenter gemacht und bis zu den Minen kontrolliert», sagt Juno Brüngger.

Forderung nach EU-weitem Gesetz

«Das Gesetz ist in vielen Punkten sehr ambitioniert und es wird sicher eine große Herausforderung sein», sagt die Vorständin. Man könne aber auch sagen, dass das Gesetz in vielen Punkten mit Augenmaß verfasst wurde. Positiv sei, dass es eine Bemühenspflicht gebe. «Wenn wir als Unternehmen in einem konkreten Fall nachweisen können, dass wir alles in unserer Macht stehende getan haben, dann erfüllt das diese Anforderung», sagt Jungo Brüngger. «Kleine Unternehmen haben es bei der Umsetzung sicher schwerer.»

Ein im Vergleich zu Mercedes-Benz kleineres Unternehmen ist Stihl. Für den Hersteller von Kettensägen aus Waiblingen bei Stuttgart sind weltweit etwa 20.000 Menschen tätig. Das Familienunternehmen arbeite bereits seit einigen Jahren daran, dass Nachhaltigkeit im Lieferantenmanagement zu einem integralen Bestandteil wird, sagt Unternehmer Nikolas Stihl. Aber um die Vorschriften zu erfüllen, müsse erheblicher zusätzlicher Aufwand betrieben werden. Stihl sieht zudem die Gefahr von Wettbewerbsnachteilen durch das deutsche Gesetz, weshalb seiner Ansicht nach eine Ausweitung auf EU-Ebene oder sogar global einheitliche Anforderungen hilfreich wären.

Kritik kommt auch von Wirtschaftsverbänden. «Hier wird die Handlungsfähigkeit des industriellen Mittelstands aufs Spiel gesetzt», teilte Karl Haeusgen, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, mit. Er kritisierte, dass Firmen Berichte für alle einsehbar machen müssten – auch für Wettbewerber. «Das wird zum Rückzug unserer Unternehmen aus ganzen Ländern führen und damit ist den Menschen vor Ort geschadet, nicht geholfen», so Haeusgen.

Kritik an zu viel Bürokratie

Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, kritisierte den Fragenkatalog zur Berichterstattung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Das Bafa soll die Einhaltung des Gesetzes überprüfen. Der Fragenkatalog sei «ein rein theoretisches Konstrukt und praxisfern». Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Peter Adrian, kritisierte den Fragebogen. Das Bafa plage die Betriebe in der schwersten Krise seit Jahrzehnten mit 437 Datenfeldern. Das sei «ein Unding». Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, forderte: Das Bafa müsse jetzt die Verfahren und den Fragebogen zur Berichtspflicht stark vereinfachen.

Die Zweite Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, bezeichnete das Gesetz als einen guten Start ins neue Jahr. «Umso weniger ist die Verweigerungshaltung der Arbeitgeberseite nachzuvollziehen, die bis auf die letzten Meter versucht hat, das Inkrafttreten des Gesetzes zu verhindern», sagte Benner.

«Die Industrielobby hat das Gesetz extrem ausgehöhlt. Das ist zu einem zahnloser Papiertiger geworden», sagt hingegen Viola Wohlgemuth von der Umweltorganisation Greenpeace. Sie kritisiert vor allem, «dass es keine eigenständigen umweltbezogenen Sorgfaltspflichten gibt». Man könne nur dann eingreifen, wenn Menschen durch die Umweltzerstörung von Firmen gesundheitliche Schäden erleiden. «Und das ist quasi unmöglich vor Gerichten nachzuweisen, gerade für die Betroffenen in den Produktionsländern», sagt Wohlgemuth.

Beate Streicher von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert, dass das Gesetz nur sehr große Unternehmen erfasse. Zudem fehle eine Regelung der zivilrechtlichen Haftung. Das Gesetz sei ein Anfang, es reiche aber definitiv nicht aus. Die Schwächen müssten jetzt auf europäischer Ebene adressiert werden. Im Koalitionsvertrag stehe, dass sich die Bundesregierung für ein wirksames europäisches Lieferkettengesetz einsetzt. «An diesem Anspruch muss sie sich messen lassen», sagt Streicher.

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