Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Die ukrainischen Streitkräfte in der Stadt Bachmut im Osten des Landes setzen ihren Widerstand gegen die ständigen russischen Angriffe fort. «Wir stellen uns ihnen entgegen», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Zuvor sei bei einer Sitzung der Stawka, des Oberkommandos der Ukraine, über die Versuche der Besatzer gesprochen worden, die Stadt zu umzingeln und die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen. «Und ich bin jedem Soldaten dankbar, der sich mit seiner Entschlossenheit für den Widerstand einsetzt.»

Selenskyj berichtete zudem über Neubesetzungen an den Fronten der Ukraine. «In einer Reihe von Regionen, insbesondere in den Grenz- und Frontgebieten, stellen wir Führungskräfte mit militärischer Erfahrung ein», sagte Selenskyj. Dies seien Leute, «die sich am wirksamsten gegen die aktuellen Bedrohungen zur Wehr setzen können». Generell sollten militärische Erfahrung aus dem bisherigen Kriegsverlauf mit der Führungsarbeit in der lokalen und zentralen Verwaltung verbunden werden. Weiterlesen

Nordkoreas Hacker erbeuten Rekordsummen für Atomprogramm

New York/Pjöngjang (dpa) – Nordkorea hat den Vereinten Nationen zufolge im vergangenen Jahr mit Cyberkriminalität mehr Geld erbeutet als jemals zuvor. Mehrere Schätzungen gingen von mindestens 630 Millionen oder sogar einer Milliarde im Internet gestohlener US-Dollar aus. Dies zeige, «dass 2022 ein Rekordjahr für den Diebstahl virtueller Vermögenswerte in Nordkorea war», heißt es in einem bislang vertraulichen UN-Expertenbericht, den die Deutsche Presse-Agentur einsehen konnte.

In den vergangenen rund sechs Jahren sollen die staatlich eingesetzten Hacker online insgesamt etwa 1,2 Milliarden Dollar erbeutet haben. Das Geld, das häufig anonym in Kryptowährung angelegt worden sei, werde von dem heftig sanktionierten Land dann für die Finanzierung seines Atom- und Raketenprogrammes benutzt, das Machthaber Kim Jong Un zuletzt weiter vorangetrieben hat.

Bei Pjöngjangs Atomwaffenprogramm sehen die UN-Expertinnen und Experten unterdessen erneut «eine deutliche Beschleunigung». Die Bestände an spaltbarem Material stiegen an, neue nordkoreanische Atomrichtlinien sowie eine Reihe von Raketenstarts spiegelten dies. Anfang des Jahres hatte Kim eine exponentielle Erhöhung des Nukleararsenals in seinem Land angekündigt und die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel damit noch einmal verschärft. Weiterlesen

Habeck will in den USA Investitionsprogramm diskutieren

Berlin (dpa) – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erhofft sich von seiner Reise nach Washington Fortschritte in der Diskussion zwischen der EU und den USA um das umstrittene amerikanische Inflationsbekämpfungsgesetz.

«Ich bin eigentlich ganz zuversichtlich, dass es vielleicht nicht heute und morgen, aber dann doch in den nächsten Wochen gelingt, weitere Lösungen zu finden», sagte der Grünen-Politiker am Montagmorgen vor der Abreise in die US-Hauptstadt. Die Reise solle dazu dienen, Lösungen für die problematischen Teile des Industrieprogramms IRA auszuloten. In den Gesprächen soll es auch um die Handelspolitik sowie die geopolitische Lage gehen. Weiterlesen

Iranische Protesthymne «Baraye» erhält Grammy

Los Angeles/Teheran (dpa) – Die iranische Protesthymne «Baraye» ist mit einem Grammy ausgezeichnet worden. Die Ballade des Sängers Scherwin Hadschipur, die während der jüngsten Protestwelle im Iran Millionen Menschen berührt hatte, gewann bei der Verleihung des bedeutenden Musikpreises am Sonntagabend (Ortszeit) in Los Angeles in der Kategorie Bester Song für sozialen Wandel.

First Lady Jill Biden stellte den Preis vor. «Ein Lied kann vereinen, inspirieren und letztendlich die Welt verändern», sagte sie. Der Song sei «ein kraftvoller und poetischer Aufruf für Freiheit und Frauenrechte». Auf Twitter schrieb Hadschipur am Montag: «Wir haben gewonnen». Weiterlesen

Im Branchentrend: PC-Hersteller Dell streicht 6650 Jobs

Round Rock (dpa) – Der amerikanische PC-Hersteller Dell will angesichts der Schwäche auf dem PC-Markt Tausende Stellen streichen. Er reiht sich damit in die Entlassungswelle bei Tech-Firmen ein. Einer internen Nachricht von Top-Manager Jeff Clarke zufolge sieht sich das Unternehmen Marktbedingungen gegenüber, die sich weiter verschlechtern und eine unsichere Zukunft mit sich brächten.

Der Konzern mit Sitz im texanischen Round Rock bestätigte der Nachrichtenagentur Bloomberg, der Clarkes interne Mitteilung vorliegt, dass es sich bei der Kürzung der angestrebten 6650 Stellen um rund 5 Prozent der weltweiten Beschäftigten handle. Clarke schrieb in der Mitteilung, bislang eingeleitete Sparmaßnahmen wie Reisebeschränkungen reichten nicht mehr aus. Weiterlesen

Beyoncé bricht Grammy-Rekord – Petras gewinnt Trophäe

Von Luzia Geier und Benno Schwinghammer, dpa

Los Angeles (dpa) – US-Sängerin Beyoncé hat bei den Grammy-Awards einmal mehr abgeräumt und mit nun 32 Trophäen einen neuen Rekord aufgestellt. Der 41-jährige Superstar bekam an ihrem triumphalen Sonntagabend bei der Preisverleihung in Los Angeles vier der Grammophone – und steht damit ganz allein auf Platz eins der ewigen Bestenliste. Zuvor hatte der britisch-ungarische Dirigent Georg Solti mit 31 Grammys den Rekord des Musikers mit den meisten Preisen gehalten. Die deutsche Kim Petras schrieb Geschichte als erste Trans-Gewinnerin in der Kategorie Pop-Duo und jubelte auf Twitter: «omg i’m a tranny with a grammy …» (Oh mein Gott, ich bin eine «Tranny» mit einem Grammy).

«Ich versuche, nicht zu emotional zu sein. Ich versuche, diese Nacht einfach anzunehmen», sagte Beyoncé sichtlich gerührt. Sie dankte Gott, der sie beschützt habe, und auch ihrem Mann, Rapper Jay-Z. Beyoncé gewann bei der 65. Grammy-Verleihung Preise in den Kategorien beste Tanz-Aufnahme, bestes Tanz-Album, beste traditionelle R&B Performance und bester R&B Song. Ein Wermutstropfen mag allerdings gewesen sein, dass die Künstlerin in keiner der Hauptkategorien gewinnen konnte. Den Preis fürs beste Album bekam unterdessen der Brite Harry Styles für die Platte «Harry’s House».

«Queen Bey» gehört mit Dutzenden Millionen verkaufter Platten und sieben Studioalben, die in den USA alle auf Platz eins der Charts landeten, zu den erfolgreichsten Musikerinnen und Musikern der Welt – und zu den reichsten. In den Charts stellte sie bereits mehrere Rekorde auf. Sie hatte im Sommer nach sechs Jahren Pause ihr siebtes Studioalbum «Renaissance» veröffentlicht. Wieder einmal schaffte es Beyoncé auf der tanzbaren Platte, den Zeitgeist einzufangen – vor allem mit ihrer Hitsingle «Break My Soul».

Petras und Smith werden für «Unholy» ausgezeichnet

Die Auszeichnung für das beste Album des Jahres ging unterdessen an Harry Styles für seine Platte «Harry’s House». Der 29-jährige Brite setzte sich unter anderem gegen «Music Of The Spheres» von Coldplay, Beyoncés «Renaissance» und «30» von Adele durch. «So etwas passiert Menschen wie mir nicht sehr häufig», sagte Styles sichtlich berührt, nachdem er die finale Trophäe des Abends von einem Fan übergeben bekommen hatte. «Ich bin sehr, sehr dankbar.»

Moderiert wurde die Gala erneut von Comedian Trevor Noah – First Lady Jill Biden in goldenem Kleid verkündete die Siegerin in der Kategorie Song des Jahres und ehrte zudem einen Protestsong aus dem Iran gegen die Unterdrückung von Frauen. Die iranische Protesthymne «Baraye» des Sängers Scherwin Hadschipur, die während der jüngsten Protestwelle im Iran Millionen Menschen berührt hatte, gewann in der Kategorie Bester Song für sozialen Wandel. Jill Biden sagte: «Ein Lied kann vereinen, inspirieren und letztendlich die Welt verändern.» Der Song sei «ein kraftvoller und poetischer Aufruf für Freiheit und Frauenrechte». Auf Twitter schrieb Hadschipur am Montag: «Wir haben gewonnen».

Harry Styles spielte auf der Gala seinen Hit «As it was» in einem silbernen Glitzer-Outfit und sah damit ein wenig aus wie ein Lametta-Baum. Insgesamt wurden dieses Jahr laut Veranstalter Grammys in 91 Kategorien vergeben werden.

Die in Köln geborene Sängerin Kim Petras und der britische Sänger Sam Smith wurden für ihren Clubhit «Unholy» mit einem Grammy ausgezeichnet. Damit ist die 30-jährige Deutsche der erste Transmensch in der Geschichte der Grammys, der in der Kategorie bestes Pop-Duo ausgezeichnet wurde.

«Ich will nur all den unglaublichen Transgender-Legenden vor mir danken, die diese Türen für mich geöffnet haben, damit ich heute Abend hier sein kann», sagte Petras. «Ich bin an einer Autobahn mitten im Nirgendwo in Deutschland aufgewachsen. Und meine Mutter hat mir geglaubt, dass ich ein Mädchen bin. Ohne sie wäre ich nicht hier.»

Kurze Zeit später performten Petras und Smith «Unholy» auf der Grammy-Bühne – Petras im Käfig, Sam Smith und die Tänzer als Teufel verkleidet. «Unholy» schaffte es im Herbst 2022 auf Platz Eins in den USA und Großbritannien. Das Lied handelt von einem Familienvater, der sich in einem Stripclub vergnügt.

Hip-Hop-Urgesteine performen Medley

Ein weiterer Gewinner der amerikanischen Preisnacht war Rapper Kendrick Lamar, der 2022 mit «Mr. Morale & the Big Steppers» nach bahnbrechenden früheren Alben erneut ein viel gerühmtes Rap-Werk rausbrachte und drei Grammys holte – unter anderem für das beste Rap-Album. Songwriterin Bonnie Raitt bekam den Grammy für den Song des Jahres mit «Just Like That». Musikerin Lizzo wurde für ihren Song «About Damn Time» mit der Aufnahme des Jahres geehrt.

Ihren Höhepunkt erreichte die Stimmung im Saal bei einem Song-Medley anlässlich des «50. Jubiläums von Hip Hop». Etliche Künstler, darunter Busta Rhymes, Ice-T, Missy Elliott, Nelly und LL Cool J, führten auf der Bühne musikalisch durch die Geschichte des Genres. 1973 gilt gemeinhin als das Geburtsjahr der heute global populären Musikrichtung.

Im Schatten der Superstars wurde auch die SWR Big Band ausgezeichnet. In der Kategorie «Bestes Arrangement (Instrumental oder A Cappella)» gewannen die Musiker aus Baden-Württemberg für einen Titel aus ihrem Album «Bird Lives». Das Album ist eine Gemeinschaftsproduktion der SWR Big Band mit Magnus Lindgren und John Beasley. Von ihm stammt das nun ausgezeichnete Arrangement im Titel «Scrapple from the Apple». Nach SWR-Angaben ist es die erste Grammy-Auszeichnung für die SWR Big Band nach vier Nominierungen.

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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage Russische

Kiew (dpa) – Ukraines zuletzt umstrittener Verteidigungsminister Olexij Resnikow dürfte noch in dieser Woche in ein anderes Ressort wechseln. Das verlautete aus den Reihen der ukrainischen Präsidentenpartei Diener des Volkes. Wie deren Fraktionschef David Arachamija mitteilte, soll Resnikow auf den Posten des Ministers für strategische Industrie versetzt werden. Neuer Verteidigungsminister soll der bisherige Chef des Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, werden. Eine offizielle Bestätigung zu dem Wechsel gab es zunächst nicht.

Am späten Nachmittag hatte Resnikow noch erklärt, er wolle seinen Platz erst räumen, wenn ihm dies von Präsident Wolodymyr Selenskyj angetragen werde. «Die Entscheidung, ob jemand Verteidigungsminister wird oder nicht, wird laut Verfassung von einer Person getroffen – dem Oberbefehlshaber und Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj», sagte er. Dieser hat sich bisher nicht geäußert.

Resnikow war nach einer Reihe von Skandalen um Korruption und Geldverschwendung in seinem Ministerium in die Kritik geraten. Unter anderem war zuletzt sein Stellvertreter Wjatscheslaw Schapowalow im Zusammenhang mit dem Skandal um den Einkauf überteuerter Lebensmittel für Soldaten zurückgetreten. Zudem sollen laut Medienberichten in einem anderen Bereich der Behörde beim Bau von Kasernen Gelder veruntreut worden sein. Resnikow hatte die Vorwürfe gegen ihn stets zurückgewiesen. Weiterlesen

Verbände pochen vor Habecks USA-Reise auf offenen Handel

Berlin (dpa) – Vor der US-Reise von Vizekanzler Robert Habeck drängen Wirtschaftsverbände auf Verbesserungen beim amerikanischen Inflationsbekämpfungsgesetz. Der sogenannte Inflation Reduction Act (IRA) sieht milliardenschwere Investitionen in den Klimaschutz vor, knüpft Subventionen und Steuergutschriften aber daran, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren – was in Europa Sorge vor Wettbewerbsnachteilen auslöst. Verbände warnen vor einer handelspolitischen Auseinandersetzung und verlangen bessere Produktionsbedingungen in Europa.

Habeck (Grüne) reist heute zu politischen Gesprächen nach Washington. Am Dienstag will er mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire unter anderem US-Finanzministerin Janet Yellen, US-Handelsbeauftragte Katherine Tai und US-Wirtschaftsministerin Gina Raimondo treffen, wie das Bundeswirtschaftsministerium kurz vor der Reise mitteilte. Weiterlesen

Werk in Heide: Northvolt sieht noch viel Gesprächsbedarf

Västerås (dpa) – Der Batteriehersteller Northvolt sieht noch viel Gesprächsbedarf für den Bau eines Werks in Heide in Schleswig-Holstein. Northvolt-Chef Peter Carlsson sagte am Freitag bei einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im schwedischen Västerås, wichtig sei, dass es eine langfristige Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen aus erneuerbaren Quellen gebe. Außerdem gehe es um Fragen der Finanzierung. Der Prozess sei in vollem Gange.

Habeck sagte, man sei in guten Gesprächen mit Northvolt. Die finale Entscheidung müsse das Unternehmen treffen. Es gehe nicht nur um Geld alleine, sondern auch um Infrastruktur und Personal. Es seien verschiedene Puzzlesteine zusammenzubringen. «Und das probieren wir.» Weiterlesen

IWF: Chinas Wirtschaftswachstum zieht an

Washington/Peking (dpa) – Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht trotz einer höheren Wachstumsprognose für dieses Jahr erhebliche Risiken für Chinas wirtschaftliche Entwicklung. Besonders der unkalkulierbare weitere Verlauf der Pandemie, der in Schieflage geratene Immobilienmarkt und eine schwächere globale Nachfrage könnten das Wachstum gefährden, teilte der IWF am Freitag mit. Dennoch prognostiziert der Fonds für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von 5,2 Prozent. Noch im Herbst hatte der IWF ein Wachstum von 4,4 Prozent vorhergesagt.

Im vergangenen Jahr wuchs die chinesische Wirtschaft um 3 Prozent. Besonders die Null-Covid-Strategie mit Lockdowns und anderen Beschränkungen bremste die Wirtschaft, die aber auch unter einer schweren Immobilienkrise, hoher Verschuldung und schwacher heimischer Nachfrage leidet. Anfang Dezember vollzog Peking eine Kehrtwende und schaffte nach etwa drei Jahren die meisten Corona-Maßnahmen ab. Nachdem sich im Anschluss das Coronavirus rasant ausbreitete, hat sich das Leben in vielen Städten normalisiert. Weiterlesen

Kein Diesel aus Russland: Was der EU-Boykott bedeutet

Von Verena Schmitt-Roschmann, Ulf Mauder und Ansgar Haase, dpa

Berlin/Brüssel/Moskau (dpa) – Fast ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine greifen ab Sonntag weitere EU-Sanktionen gegen Moskau. Schon seit Anfang Dezember darf ja kein russisches Rohöl mehr per Tanker in die EU eingeführt werden, seit Anfang Januar verzichtet Deutschland auf Importe über die Pipeline Druschba. Ab dem 5. Februar will die EU nun auch keine Raffinerieprodukte wie Diesel, Benzin oder Schmierstoffe mehr aus Russland abnehmen. Das soll es Präsident Wladimir Putin schwerer machen, seinen Angriffskrieg zu finanzieren. Zu erwarten sind aber auch Folgen für Deutschland.

Werden Diesel und Co. knapp, wenn nichts mehr aus Russland kommt?

«Die allgemeine Versorgungssicherheit und die Sicherheit der Versorgung mit Kraftstoffen ist gewährleistet», versichert ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Auch der Mineralölverband Fuels und Energie sieht keine Versorgungslücke. Es geht vor allem um Diesel. Rund 12,5 Prozent seines Verbrauchs deckte Deutschland laut Branchenverband 2022 aus Russland – trotz des Ukraine-Kriegs. Ersatz komme aus den USA, Westeuropa und dem arabischen Raum, teilt Fuels und Energie mit. Benzin werde nicht aus Russland importiert. Für den Notfall gebe es eine Kraftstoffreserve für 90 Tage.

Wird Diesel an der Zapfsäule teurer?

Das ist nicht ausgeschlossen. Zwar sagt der Düsseldorfer Energieexperte Jens Südekum: «Ich glaube nicht, dass wir dramatische Preissprünge sehen werden.» Die nächste Embargostufe sei lange angekündigt. «In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir an den wichtigen Häfen Rotterdam, Antwerpen oder Amsterdam regelrechte Hamsterkäufe gesehen», berichtet der Ökonom. «Das heißt, man hat vor dem Embargo rangeschafft, was noch ging. Die Diesellager sind voll bis zum Anschlag. Das wird die Preisanstiege begrenzen.»

Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft weist aber darauf hin, dass Diesel auf dem Weltmarkt knapp sei. Wenn die EU nicht mehr in Russland kaufe, müsse der Treibstoff aus entfernteren Gegenden kommen, etwa aus Saudi-Arabien. Die Kapazität der Spezialschiffe sei begrenzt, die Wege seien länger, die Transporte somit teurer.

Warum sind in Ostdeutschland die Diesel-Preise höher?

Bei der Versorgung Ostdeutschlands kommen zwei Effekte zusammen: die neue Embargostufe und die Tatsache, dass die Raffinerien in Schwedt und Leuna nicht mit voller Kapazität arbeiten. Das liegt daran, dass sie lange russisches Rohöl aus der Druschba-Pipeline bezogen und seit dem deutschen Importstopp ab Januar neue Bezugsquellen brauchen. Die PCK-Raffinerie in Schwedt war zuletzt mit Lieferungen über Rostock nur noch zu 55 Prozent ausgelastet. Sie hofft auf zusätzliche Mengen über Polen und aus Kasachstan.

Die niedrigere Produktion der beiden ostdeutschen Raffinerien mache sich regional bemerkbar, erklärt Fuels und Energie. Der Tankstellenpreis im Osten sei deshalb bei Benzin rund 2,5 Cent und bei Diesel rund 1 Cent je Liter höher als im Bundesdurchschnitt.

Wie viele Erdölprodukte importierte die EU zuletzt aus Russland?

Noch im Oktober 2022 exportierte Russland nach den jüngsten Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat Erdölerzeugnisse wie Diesel im Wert von mehr als 2,3 Milliarden Euro in die EU. Allein nach Deutschland gingen damals Produkte im Wert von rund 558 Millionen Euro.

Der russische Energieexperte Alexej Belogorjew bezweifelt, dass die EU diesen Lieferanten einfach so ersetzen kann. Allein an Diesel habe Russland bisher täglich 600.000 Barrel geliefert; die USA, Saudi-Arabien und Indien zusammen kämen auf 200.000 Barrel. Trotzdem erwarten Experten, dass die Sanktionen die russische Erzeugung von Erdölprodukten drücken werden – um 15 Prozent auf etwa 230 Millionen Tonnen in diesem Jahr. Ein Barrel entspricht 159 Liter.

Wie will die EU Preissteigerungen verhindern?

Wie schon beim Importstopp für Rohöl will die EU zusammen mit den neuen Einfuhrbeschränkungen einen Preisdeckel für russische Erdölprodukte durchsetzen. Das heißt, sie will gemeinsam mit Partnern wie den USA Russland zwingen, diese Stoffe an Drittstaaten unter Marktpreis zu verkaufen. Funktionieren soll das so: Wichtige Dienstleistungen für die russischen Exporte – etwa Transporte westlicher Reedereien oder Versicherungen – sollen nur dann erlaubt sein, wenn der Preis des exportierten Guts die gesetzte Obergrenze einhält. Ziel der EU: Die Kombination aus Importstopp und Preisdeckel sollen Russlands Einnahmen «signifikant reduzieren» und zugleich die globalen Preise stabilisieren. Aus Sicht von Habecks Ministerium hat dieses Rezept bisher funktioniert: «Der globale Ölpreis ist stabil, und die erzielten Preise für russisches Rohöl und damit die russischen Staatseinnahmen haben sich reduziert.»

Tut das Embargo Russland wirklich weh?

Niemand in Russland gibt Sanktionsschmerzen zu. Vielmehr betont die Führung in Moskau, dass sich das Öl auf dem Weltmarkt ohnehin vermische und sie andere Absatzwege finde – in Indien etwa. Allerdings muss Russland große Preisnachlässe gewähren, nach Südekums Angaben etwa 30 Prozent im Vergleich zu westlichen Ölsorten.

2022 sind Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl nach Angaben von Vize-Regierungschef Alexander Nowak noch um knapp ein Drittel gestiegen. Die Ausfuhr von Erdöl habe um sieben Prozent zugelegt. Das EU-Embargo gegen Rohöl auf Tankern griff aber erst zum 5. Dezember. Bei Gas gibt es kein Embargo, sondern Russland selbst hat die Exporte in die EU gedrosselt.

Nowak räumt Unsicherheiten ein im Blick auf künftige Einnahmen. Zugleich hofft Russland auf Milliardengebühren, wenn es statt eigenen Öls künftig das schwarze Gold aus der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan durch die russische Druschba nach Deutschland durchleitet.

Wird das EU-Embargo eingehalten?

Russland hat nach einer Recherche des «Economist» Wege gefunden, das Öl-Embargo zu umgehen. Demnach entwickelt sich ein Graumarkt mit eigenen Schiffs- und Versicherungskapazitäten, teils gestützt auf Garantien des russischen Staats. Gegen den internationalen Preisdeckel für Rohöl wehrte sich Putin mit der Anordnung, ab 1. Februar nicht mehr in Länder zu liefern, die ihn einhalten.

Bei der neuen Embargostufe sieht Ökonom Südekum neue Schlupflöcher: «Ein Haupteffekt des Embargos wird sein, dass russischer Diesel nicht mehr direkt in die EU gelangt, wohl aber indirekt. Russland liefert an Nationen wie Indien oder Saudi-Arabien, die das billige Öl einkaufen, in ihren Raffinerien verarbeiten und uns dann den Diesel verkaufen.» Das sei nicht Sinn des Embargos. Aber selbst wenn es gelänge, diese Umgehung zu unterbinden, «dann wäre die Frage der Diesel-Preise in Europa auch sicher kritischer». Mit anderen Worten: Diese Einfuhren verhindern noch größere Knappheit in der EU.

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