Etwa 75.000 Russen in Ukraine-Krieg getötet oder verletzt

Kiew/Moskau/Washington (dpa) – Im Krieg gegen die Ukraine sind auf russischer Seite nach Schätzungen aus den USA mehr als 75.000 Menschen getötet oder verwundet worden. Das berichtete der Sender CNN unter Berufung auf Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses.

«Wir wurden darüber informiert, dass mehr als 75.000 Russen entweder getötet oder verletzt wurden, was enorm ist», zitierte der Sender die demokratische Abgeordnete Elissa Slotkin, die zuvor an einem geheimen Briefing der US-Regierung teilgenommen hatte. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hatte zuletzt geschätzt, dass auf russischer Seite bereits 15.000 Menschen ums Leben gekommen seien. Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Totenzahlen gibt es nicht. Weiterlesen

Baerbock will in Türkei Klartext reden – Zuerst nach Athen

Berlin (dpa) – Außenministerin Annalena Baerbock bricht am Donnerstag zu einer dreitägigen Reise nach Griechenland und in die Türkei auf, die im Zeichen des Ukraine-Kriegs stehen wird. Der Doppelbesuch bei den beiden Nato-Partnern sei ihr gerade in diesen schwierigen Zeiten wichtig, in denen Russland versuche, das westliche Bündnis zu spalten, sagte die Grünen-Politikerin vor ihrer Abreise. «Nie kam es mehr auf den Zusammenhalt zwischen Nato-Verbündeten und europäischen Partnern an.»

Zwischen Griechenland und der Türkei gibt es seit langem einen Konflikt um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer. «Probleme müssen in Gesprächen gelöst werden, nicht durch die Eskalation von Spannungen», sagte Baerbock dazu. Weiterlesen

Russland sieht keine Hindernisse für ukrainischen Getreideexport

Moskau (dpa) – Nach den russischen Raketenangriffen auf den Hafen in Odessa am Schwarzen Meer sieht Moskau keine Hindernisse für den Export von Millionen Tonnen des ukrainischen Getreides. Die Raketen seien im militärisch genutzten Teil des Hafens eingeschlagen und damit in «bedeutender Entfernung» von den Getreidesilos, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag auf seiner Afrikareise in der Republik Kongo. Der Erfüllung der Vereinbarung von Istanbul vom Freitag stehe von russischer Seite nichts im Wege, sagte er. Zugleich machte Lawrow deutlich, dass es jederzeit wieder einen solchen Anschlag geben könne. Weiterlesen

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew/Moskau (dpa) – Einen Tag nach den international verurteilten Raketeneinschlägen in der Hafenstadt Odessa hat Russland den Angriff eingeräumt und mit der Zerstörung von US-Waffen begründet. Die Raketen seien auf ein Schiffsreparaturwerk abgefeuert worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.

In dem Dock seien ein ukrainisches Kriegsschiff und ein Lager mit von den USA gelieferten «Harpoon»-Raketen zerstört worden, hieß es. Ungeachtet der Angriffe begannen Vorbereitungen zur Ausfuhr von Getreide aus Odessa. Russland ist vor fünf Monaten in die Ukraine einmarschiert.

Der Angriff am Samstagmorgen hatte international Entsetzen ausgelöst, weil Russland erst am Vortag in Istanbul eine Vereinbarung über die Ausfuhr von ukrainischem Getreide auch aus diesem Hafen in Odessa unterzeichnet hatte. Die Vereinbarung hat weiter ihre Gültigkeit. Weiterlesen

Lawrow bestätigt Moskaus Pläne für Regimewechsel in Ukraine

Kairo (dpa) – Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat im Gegensatz zu früheren Äußerungen erklärt, dass Russland den Sturz der ukrainischen Regierung anstrebt.

«Wir helfen dem ukrainischen Volk auf jeden Fall, sich von dem absolut volks- und geschichtsfeindlichen Regime zu befreien», sagte Lawrow in Kairo. Das russische und ukrainische Volk würden künftig zusammenleben.

Die russische Führung hat in den vergangenen Tagen öffentlich ihre Position im Ukraine-Krieg verschärft. So drohte Lawrow am Mittwoch mit der Besetzung weiterer Gebiete auch außerhalb des Donbass. Angesichts der westlichen Waffenlieferungen und deren höherer Reichweite sei es nötig, die Kiewer Truppen weiter abzudrängen von den Gebieten Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine, die Moskau als unabhängig anerkannt hat. Weiterlesen

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew/Moskau/Washington (dpa) – Zur Unterstützung im bereits seit 148 Tagen andauernden Krieg gegen Russland haben die USA der Ukraine weitere Mehrfach-Raketenwerfer vom Typ Himars zugesichert. Die Führung in Kiew zeigte sich dankbar, fordert aber dringend auch die Lieferung von Luftabwehrsystemen. Ein Sieg seines Landes gegen die russischen Angreifer würde ganz Europa schützen, betonte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache.

Kremlchef Wladimir Putin kündigte unterdessen den Wiederaufbau von Städten im Donbass an, die durch den von ihm angeordneten Krieg überhaupt erst zerstört wurden. Moskau stellt sich immer wieder als Schutzmacht der selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine dar und rechtfertigt den Angriff auf das Nachbarland unter anderem mit dem angeblichen Schutz der dort lebenden Menschen.

Dass es Russland tatsächlich aber um viel mehr geht als den Donbass, bestätigte nun auch Außenminister Sergej Lawrow: Seine Drohung, noch weitere Gebiete einzunehmen, wurde in Kiew erwartungsgemäß mit großer Wut aufgenommen.

Medwedew: «Ukraine könnte von der Weltkarte verschwinden»

Derweil stellen führende russische Politiker einmal mehr das weitere Fortbestehen der Ukraine als souveränen Staat infrage. Dmitri Medwedew, Ex-Präsident und jetziger Vizechef des russischen Sicherheitsrates, veröffentlichte am Donnerstag eine Liste von Dingen, «an denen Russland nicht schuld ist». Ein Punkt lautet: «Daran, dass die Ukraine infolge aller Geschehnisse die Reste staatlicher Souveränität verlieren und von der Weltkarte verschwinden könnte.»

Das Nachbarland habe bereits 2014 den Großteil seiner Souveränität eingebüßt, als es sich unter die «direkte Kontrolle des kollektiven Westens» begeben habe, behauptete Medwedew, der zwischen 2008 und 2012 Präsident war. Der 56-Jährige ist ein enger Vertrauter von Kremlchef Wladimir Putin und seit Russlands Einmarsch in die Ukraine Ende Februar immer wieder mit Drohungen und scharfen Äußerungen gegen die Führung in Kiew aufgefallen.

US-Regierung liefert weitere Mehrfach-Raketenwerfer

Die US-Regierung will der Ukraine vier weitere Mehrfach-Raketenwerfer vom Typ Himars liefern. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte bei Online-Beratungen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe aus Dutzenden Staaten, die bisher gelieferten Himars-Raketenwerfer hätten «auf dem Schlachtfeld so viel bewirkt». Als Teil des nächsten Pakets für die Ukraine würden die USA außerdem weitere Waffen, Munition und Ausrüstung liefern, darunter Raketen und Artilleriegeschosse. Details würden im Laufe der Woche bekanntgegeben.

Austin sagte bei einer Pressekonferenz nach den Beratungen, es habe «viele neue Ankündigungen» der Verteidigungsminister und Armeechefs aus den mehr als 50 teilnehmenden Staaten gegeben. «Wir sehen, dass Länder aus der ganzen Welt weiterhin dringend benötigte Systeme und Munition zur Verfügung stellen.» Konkreter wurde er nicht.

Die USA sind der wichtigste Waffenlieferant für die Ukraine. Bislang haben sie laut US-Generalstabschef Mark Milley neben zahlreichen anderen Waffensystemen bereits zwölf Himars-Systeme geliefert.

Die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska hatte die USA bei einer Rede im Kapitol in Washington eindringlich um mehr Waffen und speziell um Luftabwehrsysteme gebeten.

Selenskyj: Russland nutzt Ukraine als Testfeld

Präsident Selenskyj selbst warf Russland unterdessen vor, die Ukraine als Testfeld für mögliche Angriffe gegen andere europäische Staaten zu nutzen. «Russland testet in der Ukraine alles, was gegen andere europäische Länder eingesetzt werden kann», sagte Selenskyj. «Es fing mit Gaskriegen an und endete mit einer großangelegten Invasion, mit Raketenterror und niedergebrannten ukrainischen Städten.»

Ukrainischer Außenminister: Russland will Blut statt Verhandlungen

Die Ukraine reagierte empört darauf, dass Russland mit der Einnahme weiterer Gebiete gedroht hatte. «Russland verwirft die Diplomatie und ist auf Krieg und Terror konzentriert», schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. Anstelle von Verhandlungen seien die Russen auf Blutvergießen aus. Zuvor hatte Russlands Außenminister Lawrow erklärt, Moskaus Gebietsforderungen an Kiew seien mittlerweile größer als noch zu Kriegsbeginn Ende Februar.

Nach dem Einmarsch ins Nachbarland hatte der Kreml von Kiew vor allem die Abtretung der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie die der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk gefordert. Die Ukraine lehnte das klar ab. Nun verweist Moskau auf westliche Waffenlieferungen, die angeblich eine Bedrohung für die prorussischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk darstellen sollen. Deshalb wolle man die ukrainische Armee noch weiter zurückdrängen als ursprünglich geplant, heißt es aus Moskau.

Russische Grenzregion wirft Ukraine tödlichen Beschuss vor

Die russische Grenzregion Belgorod macht die ukrainische Seite für einen Angriff mit einem Todesopfer verantwortlich. Am Mittwoch seien die Dörfer Nechotejewka und Schurawljowka beschossen worden, teilte der Gouverneur der Region mit.

In Nechotejewka seien mehrere Häuser beschädigt worden, außerdem sei ein Zivilist gestorben. Russland, das den Krieg gegen das Nachbarland Ukraine selbst begonnen hat, beklagt seitdem immer wieder Beschuss auch auf dem eigenen Staatsgebiet. Die ukrainische Seite äußert sich in der Regel nicht zu diesen Vorwürfen.

CIA: Schätzungsweise 15.000 Russen gestorben

Nach Schätzungen des US-Auslandsgeheimdienstes CIA kamen im Krieg gegen die Ukraine auf russischer Seite bereits 15.000 Menschen ums Leben. Etwa dreimal so viele Russen seien bislang vermutlich verwundet worden, sagte CIA-Direktor William Burns bei einer Podiumsdiskussion während einer Sicherheitskonferenz in Aspen im US-Bundesstaat Colorado. «Und auch die Ukrainer haben gelitten – wahrscheinlich etwas weniger. Aber, Sie wissen schon, erhebliche Verluste», sagte Burns. Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Totenzahlen gibt es nicht.

Verstöße gegen das Völkerrecht

Das Wahl- und Menschenrechts-Büro ODIHR der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) warf den russischen Truppen schwerwiegende und massenhafte Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht seit Kriegsbeginn vor. Besonders gravierende Fälle seien der Beschuss des Theaters voller Flüchtlinge in Mariupol Mitte März und des belebten Bahnhofs von Kramatorsk Anfang April.

Entsetzt zeigten sich die Experten auch über die Belagerung von Städten, deren Bewohnern keine Möglichkeit zur Evakuierung gegeben worden sei. Zeugen hätten von vielen Fällen illegaler Hinrichtungen, Inhaftierungen, Folter, sexueller Gewalt und Entführungen berichtet.

Auch die ukrainische Armee habe gegen humanitäres Völkerrecht verstoßen, wenn auch in geringerem Maße, heißt es in dem ODIHR-Bericht. Zudem würden beide Seiten im Umgang mit Kriegsgefangenen das geltende Völkerrecht verletzen.

Das wird heute wichtig

Die neuen Russland-Sanktionen der EU sollen heute in Kraft treten. Der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten brachte in Brüssel das schriftliche Beschlussverfahren auf den Weg. Es gilt als Formalie, da der Einleitung des Verfahrens normalerweise nur zugestimmt wird, wenn alle EU-Hauptstädte keine Einwände mehr haben.

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Neue Russland-Sanktionen der EU ab heute

Brüssel (dpa) – Die neuen Russland-Sanktionen der EU sollen heute in Kraft treten. Der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten brachte in Brüssel das schriftliche Beschlussverfahren auf den Weg, wie Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel bestätigten.

Es gilt als Formalie, da der Einleitung des Verfahrens normalerweise nur zugestimmt wird, wenn alle EU-Hauptstädte keine Einwände mehr haben.

Das neue Paket mit Russland-Sanktionen umfasst ein Einfuhrverbot für russisches Gold und sieht vor, die Exportkontrollen für Spitzentechnologie sowie militärisch nutzbare zivile Güter zu verschärfen. Weitere Personen, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen, müssen damit rechnen, dass ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren werden und dass sie nicht mehr in die EU einreisen dürfen. Dazu gehören unter anderem Mitglieder der russisch-nationalistischen Motorradrockergruppe «Nachtwölfe» sowie der Schauspieler Wladimir Maschkow («Mission: Impossible – Phantom Protokoll»).

«EU geeint und entschlossen»

Vorgesehen ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch, die Sanktionen gegen die größte russische Bank zu verschärfen. Die Sberbank soll künftig zu denjenigen Finanzinstituten gehören, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden können. Zudem dürfen der Bank keine Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen mehr zur Verfügung gestellt werden. Ausnahmen sollen nur für Transaktionen im Zusammenhang mit dem Handel von Produkten aus dem Agrar- und Lebensmittelsektor gemacht werden.

Die ersten Sanktionen gegen die Sberbank hatte die EU Anfang Juni verhängt. Damals wurde entschieden, die Bank aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen. Über den Nachrichtenübermittlungsdienst für den Zahlungsverkehr werden weltweit Finanzdaten ausgetauscht.

Der deutsche Botschafter bei der EU, Michael Clauß, äußerte sich erfreut über den Abschluss der Verhandlungen über das mittlerweile siebte Sanktionspaket gegen Russland. «Das schnelle und konsensuale Voranschreiten zeigt erneut, dass die EU geeint und entschlossen ist, die Ukraine wirksam zu unterstützen», sagte er.

Beim sechsten Sanktionspaket hatten sich die Verhandlungen zwischen den EU-Staaten deutlich schwieriger gestaltet. Vor allem um das darin enthaltene Öl-Embargo gab es wochenlange Diskussionen.

 

Saudi-Arabien öffnet Luftraum, USA lobt Signal

Dschidda/Jerusalem (dpa) – Mit veränderten Regeln für den Flugverkehr über Saudi-Arabien setzt das Königreich ein Zeichen der Annäherung im belasteten Verhältnis zu Israel.

Die Luftfahrtbehörde des Landes teilte mit, dass der saudische Luftraum künftig «für alle Fluggesellschaften geöffnet wird, die die Voraussetzungen der Behörde für einen Überflug erfüllen». Damit dürfte das Überflugverbot für israelische Maschinen enden, das in vergangenen Jahren bereits etwas gelockert worden war.

US-Präsident Joe Biden, der gerade auf Staatsbesuch in Israel weilt und am Freitag nach Dschidda in Saudi-Arabien weiterreisen wollte, würdigte den Schritt der saudischen Führung als «historische Entscheidung».

Israel und Saudi-Arabien keine diplomatischen Beziehungen

Israel und Saudi-Arabien unterhalten keine diplomatischen Beziehungen, die Regierung in Riad erkennt das Land als Staat nicht an. Wohl auch deshalb nimmt die offizielle Mitteilung der saudischen Seite nicht ausdrücklich Bezug auf Israel. Hinter den Kulissen arbeiten die beiden Seiten etwa in Sicherheitsfragen aber schon länger zusammen. Sie fühlen sich vom gemeinsamen Feind Iran bedroht und sehen dessen wachsenden Einfluss in der Region mit Sorge.

Das Weiße Haus verbreitete eine Erklärung von US-Sicherheitsberater Jake Sullivan, in der es heißt: «Präsident Biden begrüßt und lobt die historische Entscheidung der Führung Saudi-Arabiens, den saudischen Luftraum unterschiedslos («without discrimination») für alle zivilen Fluggesellschaften zu öffnen, eine Entscheidung, die auch Flüge nach und von Israel umfasst.» Der Schritt ebne den Weg zu einem «integrierteren, stabilen und sicheren Nahen Osten», was essenziell sei «für die Sicherheit und das Wohlergehen Israels».

Verkürzte Flugzeiten für nach Israel Reisende

Eigentlich hatte für Flüge von und nach Israel ein nahezu komplettes Überflugverbot über Saudi-Arabien gegolten. Dieses hob die Golfmonarchie aber bereits für Flüge zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Bahrain auf. Die beiden Golfländer hatten unter Vermittlung der USA 2020 diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen. Jetzt scheint das Königreich beim Luftraum zu einer weiteren Öffnung bereit.

Die nun veröffentlichte Ankündigung bedeutet verkürzte Flugzeiten etwa für Reisende aus asiatischen Ländern wie Thailand und China, die auf dem Weg nach Israel bisher lange Umwege in Kauf nehmen mussten. Eine Ausnahmeregelung gilt seit 2018 für die indische Fluggesellschaft Air India auf dem Weg von und nach Tel Aviv, was deren Flugzeiten um mehr als zwei Stunden verkürzt. 2020 unterstützte die saudische Flugsicherung laut einem Bericht auch eine israelische Maschine auf ihrem Weg nach Indien, die wegen Unwetters über Saudi-Arabien fliegen musste. Die Piloten sagten demnach, die Hilfe sei «wirklich sehr nett» gewesen.

Biden fliegt als «erster Präsident von Israel nach Dschidda»

Biden wollte am Freitag als «erster Präsident von Israel nach Dschidda» in Saudi-Arabien fliegen, wie er vorab in einem Gastbeitrag für die «Washington Post» hervorhob. Die Reise sei ein «kleines Symbol der aufblühenden Beziehungen und Schritte in Richtung Normalisierung zwischen Israel und der arabischen Welt», schrieb er. Der frühere US-Präsident George W. Bush war 2008 bereits von Tel Aviv nach Riad geflogen, Bidens Vorgänger Donald Trump flog 2017 dieselbe Strecke in umgekehrter Richtung.

Für Biden ist es der erste Besuch im Nahen Osten seit dem Amtsantritt vor anderthalb Jahren. Im Rahmen der sogenannten Abraham-Abkommen haben unter Vermittlung der USA inzwischen mehrere arabische Staaten Beziehungen mit Israel aufgenommen. Ein Beitritt Saudi-Arabiens gilt derzeit als unwahrscheinlich.

 

 

 

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USA und Israel: Iran darf niemals Atomwaffen haben

Jerusalem (dpa) – Beim ersten Besuch von US-Präsident Joe Biden im Nahen Osten wollen die USA und Israel den Iran eindringlich vor einer Eskalation der Spannungen in der Region warnen.

Biden und der neue israelische Ministerpräsident Jair Lapid würden heute eine entsprechende gemeinsame Erklärung unterzeichnen, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter am Rande des Biden-Besuchs. Darin würden «die unverbrüchlichen Bande zwischen unseren Ländern bekräftigt». Teil der Erklärung sei die Verpflichtung, «dem Iran niemals die Beschaffung einer Atomwaffe zu gestatten».

In der Erklärung werde zudem festgehalten, dass man «gegen die destabilisierenden Aktivitäten des Iran vorgehen» werde, insbesondere gegen die Bedrohung Israels. Die Sicherheitsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Israel würden weiter ausgebaut. Biden und der israelische Ministerpräsident Jair Lapid wollen am Donnerstagnachmittag vor die Presse treten. Biden hatte Israel bereits nach seiner Ankunft am Mittwoch die «unerschütterliche» Unterstützung der USA zugesagt.

Verhandlungen zum Atomabkommen stocken

Biden machte deutlich, dass er in den Verhandlungen mit dem Iran zur Rückkehr zum Atomabkommen die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) nicht von der Terrorliste streichen will. In einem Interview mit dem israelischen Fernsehsender N12 sagte Biden auf die Frage, ob er sich weiter dazu verpflichtet fühle, die IRGC auf der Liste zu belassen, selbst wenn es das Ende des Atomabkommens bedeuten würde: «Ja.»

Israel ist strikt gegen eine Wiederbelebung des Atomabkommens, aus dem Bidens Vorgänger Donald Trump die USA zurückgezogen hatte. Die Verhandlungen zwischen dem Iran und den anderen Vertragspartnern – China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA – stocken seit Monaten. Hintergrund sollen in erster Linie Differenzen zwischen Teheran und Washington über den Status der Revolutionsgarden sein. Trump hatte die Revolutionsgarden 2019 auf die Liste von Terrororganisationen setzen lassen.

Biden schloss in dem Interview auf Nachfrage nicht aus, «in letzter Instanz» Gewalt anzuwenden, um den Iran am Besitz nuklearer Waffen zu hindern. «Das einzige, was schlimmer wäre als der jetzige Iran, ist ein Iran mit Atomwaffen», sagte Biden. Es sei ein «gigantischer Fehler» seines Vorgängers gewesen, aus dem Abkommen auszusteigen. Der Iran sei näher am Besitz von Atomwaffen denn je bevor.

Biden trifft auch Palästinenserpräsident

Es ist Bidens erste Nahost-Reise seit seiner Amtsübernahme vor eineinhalb Jahren. Heute will Biden in Jerusalem Gespräche mit Lapid, mit dem israelischen Präsidenten Izchak Herzog und mit Oppositionsführer Benjamin Netanjahu führen. Morgen steht im Westjordanland ein Treffen Bidens mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auf dem Programm. Der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern liegt seit 2014 brach. Echte Fortschritte wurden auch im Zusammenhang mit Bidens Besuch nicht erwartet.

Nach seiner Ankunft in Israel ließ sich Biden das Raketenabwehrsystem «Iron Dome» und weitere Luftverteidigungssysteme zeigen. Am Abend besuchte er die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und gedachte der Opfer der Opfer der Judenvernichtung im Dritten Reich. Der US-Präsident traf auch zwei Holocaust-Überlebende. Zum Abschluss des Besuchs trug er sich in das Gästebuch der Gedenkstätte ein.

Im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern sprach sich Biden erneut für eine Zwei-Staaten-Lösung aus. Er wisse, dass sich diese Lösung derzeit nicht abzeichne, sagte Biden. Seiner Überzeugung nach bleibe sie aber der beste Weg, um Israelis und Palästinensern gleichermaßen Wohlstand und Demokratie zu bringen.

Morgen will Biden weiter nach Saudi-Arabien reisen. In Dschidda will er mit der Führung des Königreichs zusammenkommen und an einem Gipfel des Golf-Kooperationsrats teilnehmen. Biden steht in den USA wegen der stark gestiegenen Spritpreise enorm unter Druck – und das knapp vier Monate vor den wichtigen Kongresswahlen. Saudi-Arabien ist einer der größten Ölproduzenten weltweit. Vorwürfe, er würde mit seiner Reise nun Menschenrechte dem Verlangen nach billigerem Öl unterordnen, weist Biden zurück.

 

 

 

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