Etwa 75.000 Russen in Ukraine-Krieg getötet oder verletzt

Kiew/Moskau/Washington (dpa) – Im Krieg gegen die Ukraine sind auf russischer Seite nach Schätzungen aus den USA mehr als 75.000 Menschen getötet oder verwundet worden. Das berichtete der Sender CNN unter Berufung auf Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses.

«Wir wurden darüber informiert, dass mehr als 75.000 Russen entweder getötet oder verletzt wurden, was enorm ist», zitierte der Sender die demokratische Abgeordnete Elissa Slotkin, die zuvor an einem geheimen Briefing der US-Regierung teilgenommen hatte. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hatte zuletzt geschätzt, dass auf russischer Seite bereits 15.000 Menschen ums Leben gekommen seien. Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Totenzahlen gibt es nicht.

Selenskyj siegessicher am Tag der Staatlichkeit der Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich an einem neuen Feiertag zur Staatlichkeit des Landes mit Blick auf den russischen Angriffskrieg siegessicher gezeigt. Es sei ein unruhiger Morgen mit Raketenterror, aber die Ukraine werde nicht aufgeben, teilte Selenskyj in Kiew mit. Er gratulierte den Bürgern zum erstmals gefeierten Tag der ukrainischen Staatlichkeit, der neben dem Tag der Unabhängigkeit am 24. August begangen wird.

«Die Ukraine ist ein unabhängiger, freier und unteilbarer Staat. Und das wird für immer so sein», sagte Selenskyj. Er veröffentlichte dazu ein emotionales Videos über den Kampf des Landes gegen die russischen Besatzer. Das Land kämpfe um seine Freiheit.

Zuvor hatte der prorussische ostukrainische Separatistenführer Denis Puschilin gesagt, dass es an der Zeit sei, auch die Städte Charkiw, Odessa und Kiew einzunehmen. In dem Krieg, der in den sechsten Monat gegangen ist, hat die Ukraine nach Aussagen von Selenskyj bisher die Kontrolle über rund 20 Prozent ihres Staatsgebietes verloren. Er forderte vom Westen noch mehr schwere Waffen, um die russischen Angriffe zu stoppen und besetzte Gebiete zu befreien.

Mit dem neuen Feiertag, den Selenskyj im vergangenen Jahr festgelegt hatte, tritt die Ukraine auch russischen Behauptungen entgegen, sie sei gar kein richtiger Staat, sondern ein künstliches Gebilde. Selenskyj hatte das immer wieder entschieden zurückgewiesen. So hatte er etwa im vergangenen Jahr erklärt, dass von Kiew aus vor mehr als 1000 Jahren das orthodoxe Christentum verbreitet wurde.

Westliche Kreise sehen Fortschritte bei Kampf der Ukraine

Laut westlichen Sicherheitskreisn soll die Ukraine bei ihrer Gegenoffensive Fortschritte machen, heißt es. So hätten die Ukrainer erneut eine Brücke über den Dnipro-Fluss getroffen, die für Moskau eine wichtige Nachschubroute darstelle. «Die Flusskreuzung ist nun vollständig unpassierbar», hieß es. Auf russischer Seite gebe es ernsthafte Probleme bei der Versorgung und der Moral der Streitkräfte. «Unserer Ansicht nach ist eine operative Pause unausweichlich», sagte ein hochrangiger westlicher Beamter.

Getreideabkommen soll umgesetzt werden

US-Außenminister Antony Blinken kündigte an, mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow über die Einhaltung des neuen Abkommens zur geschützten Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine zu sprechen. «Die Vereinbarung ist ein positiver Schritt nach vorn, allerdings gibt es einen Unterschied zwischen einer Vereinbarung auf dem Papier und einer Vereinbarung in der Praxis», sagte Blinken.

Am Freitag hatten die Kriegsgegner Ukraine und Russland mit den UN und der Türkei ein Abkommen unterzeichnet, um Getreideausfuhren von drei ukrainischen Häfen über das Schwarze Meer zu ermöglichen. Von der Vorjahresernte warten ukrainischen Angaben zufolge noch über 20 Millionen Tonnen Getreide auf den Export. Der Hafenbetrieb war nach der russischen Invasion Ende Februar aus Sicherheitsgründen eingestellt worden. Die Ukraine verminte zudem ihre Küste zum Schutz vor russischen Landungseinsätzen. Die Häfen haben die Arbeit inzwischen wieder aufgenommen.

Ukraine will EU in Energiekrise mit Strom unterstützen

Mit Blick auf die Energiekrise in Europa bot Selenskyj der EU eine Unterstützung mit Strom aus seinem Land an. «Wir bereiten uns auf die Erhöhung unseres Stromexports für die Verbraucher in der Europäischen Union vor», sagte er. «Unser Export erlaubt es uns nicht nur, Devisen einzunehmen, sondern auch unseren Partnern, dem russischen Energiedruck zu widerstehen», meinte er mit Blick auf die von Russland deutlich reduzierten Gaslieferungen. «Schrittweise machen wir die Ukraine zu einem der Garanten der europäischen Energiesicherheit, eben über unsere inländische Elektroenergieproduktion.»

Russlands Energieriese Gazprom hatte die Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 wegen angeblicher technischer Probleme am Mittwoch erneut gesenkt – diesmal auf 20 Prozent des maximalen Umfangs. Da importiertes Gas zu geringen Teilen auch zur Stromgewinnung genutzt wird, ist eine Debatte über eine mögliche Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke in Deutschland entbrannt. Befürworter erhoffen sich davon mehr Gas und Wärme für Privathaushalte, Industrie und öffentliche Einrichtungen im Winter.

 

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