Deutschland verliert im Werben um Fachkräfte an Ansehen

Gütersloh (dpa) – Deutschland verliert laut einer Studie im Kampf um hochqualifizierte Fachkräfte und Start-up-Gründer weiter an Boden. Nach einer Auswertung der Bertelsmann Stiftung ist die Bundesrepublik unter den 38 Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz OECD, seit 2019 beim Ansehen von Platz 12 auf 15 zurückgefallen. Das teilten Stiftung und OECD gemeinsam heute in Berlin mit.

Bewertet wurden dazu in einem Index die Rahmenbedingungen, die für qualifizierte Migranten attraktiv sind. Dabei geht es um berufliche Chancen, Einkommen und Steuern, Zukunftsaussichten, Möglichkeiten für Familienmitglieder oder die Visavergabe. Weiterlesen

Lauterbach legt Plan für Neustart bei E-Patientenakten vor

Berlin (dpa) – Nach jahrelangem Gezerre soll die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland mit breit angelegten Anwendungen für alle mehr Fahrt aufnehmen. Bundesminister Karl Lauterbach stellt dazu heute Pläne für einen Neustart bei elektronischen Patientenakten vor, die als freiwilliges Angebot kaum genutzt werden.

Wie der SPD-Politiker angekündigt hat, sollen sie Ende 2024 für alle verbindlich werden – es sei denn, man lehnt es ausdrücklich ab. Die von der Ampel-Koalition vorgesehene Umstellung soll einen Durchbruch für digitale Anwendungen bringen. Auch E-Rezepte sollen vorankommen. Zudem sollen mehr Datenauswertungen für die Forschung möglich werden. Weiterlesen

Einsamkeit kann schmerzhaft und gesundheitlich riskant sein

Von Anja Sokolow, dpa

Berlin (dpa) – Wenn der Freundeskreis schrumpft, Partner sterben, die Gesundheit nicht mehr mitmacht oder auch das Geld für Kino und Restaurantbesuche fehlt, können vor allem ältere Menschen schnell in die Einsamkeit abrutschen. Ein Gefühl, das auch Helga Müller aus Berlin-Tempelhof kennt. Ihre Tochter lebt in Athen, die Freunde sind krank, verstorben oder weggezogen. «Ich gehe zwar jeden Tag raus, kaufe ein und mache meine Gymnastik, aber zum Reden fehlt mir jemand», sagt die 85-Jährige.

Seit fast zwei Jahren kann sich die Rentnerin immerhin auf ein ausgiebiges Gespräch pro Woche freuen. Der in verschiedenen Großstädten aktive Verein «Freunde alter Menschen» hat ihr Jan Römmler, einen Besuchspaten, vermittelt. «Ich möchte meine Zeit sinnvoll nutzen und anderen schenken», sagt der 50-jährige gelernte Koch und Frührentner. Man sieht Helga Müller die Freude an. Sie strahlt, als Römmler sie zum Spaziergang abholt.

Familienministerin will Thema stärker beleuchten

Das Thema Einsamkeit rückt immer mehr in den Fokus von Politik und Wissenschaft. Im Juni 2022 gab Familienministerin Lisa Paus (Grüne) den Startschuss für eine «Strategie gegen Einsamkeit». «Ziel ist es, das Thema in Deutschland stärker zu beleuchten und Einsamkeit stärker zu begegnen», erklärt Axel Weber vom «Kompetenznetz Einsamkeit» (KNE), das das Ministerium wissenschaftlich unterstützt.

In einer Studie des KNE heißt es, dass vor der Covid-19 Pandemie rund 14 Prozent der Menschen in Deutschland einsam waren. Während der Pandemie sei der Anteil auf 42 Prozent im Jahr 2021 gestiegen. Allerdings wurden alle Menschen mitgezählt, die angaben, sich mindestens manchmal einsam zu fühlen.

«Wirklich dauerhaft einsam fühlt sich eine Minderheit. Die meisten Menschen fühlen sich geborgen», sagt Einsamkeitsforscherin Maike Luhmann von der Ruhr-Universität Bochum. Sie geht von etwa fünf Prozent an chronisch einsamem Menschen in der Bevölkerung aus.

Wie sich die Zahl der Einsamen seit der Corona-Pandemie entwickle, wisse man noch nicht. Statistiken seien generell schwierig. «Es gibt keine messbare Definition. In der Wissenschaft wird Einsamkeit als ein Zustand definiert, bei dem die sozialen Beziehungen nicht den Erwartungen der Menschen entsprechen. Dieser Punkt ist für jede Person irgendwo anders», so Luhmann.

Einsamkeitsforschung steckt noch in den Kinderschuhen

Es lasse sich auch nicht sagen, dass sich die Zahl der Einsamen in den vergangenen Jahrzehnten erhöht habe. «Wir wissen nicht, wie einsam die Menschen vor 20, 30 oder 50 Jahren waren», so Luhmann. Die Einsamkeitsforschung stecke in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Heute lebten zwar viele Menschen allein. Das bedeute aber nicht automatisch, dass sie sich auch einsam fühlten.

Das KNE will das bestehende Wissen über Einsamkeit bündeln und neues Wissen generieren. Unter anderem erarbeiten die Wissenschaftler laut Weber ein Einsamkeitsbarometer, um Daten über das Phänomen in verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu gewinnen, die sich auch über den Zeitverlauf vergleichen lassen.

Einsamkeit kann krank machen: «Einsamkeit tut weh. Bei chronischer Einsamkeit werden im Gehirn dieselben Areale aktiviert wie bei Schmerz», so Psychologin Luhmann. Es gebe zwar keine klinische Diagnose im klassischen Sinne für das Gefühl und auch keine Therapien oder Medikamente. Man wisse aber, dass Einsamkeit mit großen Risiken einhergehe. So könne chronische Einsamkeit sowohl psychische als auch physische Erkrankungen wie Depressionen, koronare Herzerkrankungen, Schlaganfälle oder Herzinfarkte begünstigen.

Dauerstress in ständiger Alarmbereitschaft

«Wir sind soziale Tiere und dafür gemacht, in Gruppen mit anderen zu leben und dort besonders gut zu funktionieren. Einsamkeit ist gar nicht programmiert in unseren Körpern und unseren Seelen», ergänzt Eva Peters, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universität Gießen. Das Gefühl der Einsamkeit bedeute Dauerstress für den Körper, da er sich in ständiger Alarmbereitschaft befinde. Es fehle das soziale Umfeld als Puffer für mögliche Gefahrensituationen.

Eine weitere Gefahr bestehe in der fehlenden intellektuellen Herausforderung. «Wenn keine Interaktion und Reize kommen, verkümmert das Gehirn wie ein unbenutzter Muskel. Das kann der Beginn von Alzheimer und Demenz sein», so Peters.

«Einsamkeit kann einen Menschen von innen regelrecht auffressen», beobachtet Besuchspate Jan Römmler. So habe Helga Müller in der ersten Zeit einen verkümmerten Eindruck gemacht. «Inzwischen ist sie richtig aufgeblüht», so die Einschätzung Römmlers.

Politik ist gefragt

Eine der wichtigsten Maßnahmen gegen Einsamkeit aus Luhmanns Sicht: Prävention. «Gerade bei Älteren muss man viel in diese Richtung denken, sie ermutigen, dass sie sich, wenn sie es noch können, um ihre sozialen Beziehungen kümmern, sich ein Netz aufbauen.»

Vor allem auch die Politik sei gefragt, etwa bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes. «Orte und Gebäude müssten so konzipiert sein, dass sie allen Menschen zugänglich sind. Es geht letztlich immer um Teilhabe». Bei Älteren sehe sie auch eine große Chance in der Digitalisierung, so Luhmann. Helga Müller zum Beispiel besitzt aber weder Smartphone noch Internet. Auf den Verein Freunde alter Menschen wurde sie durch einen Artikel in einem Mieter-Magazin aufmerksam.

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Verbände machen 470 Vorschläge für Bürokratieabbau

Berlin (dpa) – Bei der Bundesregierung sind 470 Vorschläge von Verbänden eingegangen, wie man bürokratische Hemmnisse abbauen könnte. Wie ein Sprecher des Bundesjustizministeriums auf Anfrage mitteilte, waren ursprünglich 70 Verbände zur Teilnahme an einer entsprechenden Befragung eingeladen worden, darunter die Umweltschutzorganisation Greenpeace, der Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Bundesverband der Deutschen Industrie.

Nachdem weitere 33 Verbände ihr Interesse bekundet hätten, habe man die Frist um zwei Wochen verlängert bis zum 3. März und auch diese zum Mitmachen aufgefordert. Insgesamt 56 Verbände machten den Angaben zufolge schließlich Verbesserungsvorschläge. Das Statistische Bundesamt sei derzeit dabei, die Vorschläge zu strukturieren und zu kategorisieren, sagte der Sprecher. Ein Ausschuss mit Vertretern aller Ressorts der Bundesregierung soll sich mit den Ergebnissen am 3. Mai befassen. Weiterlesen

Nürburgring mit Jahresprogramm: Interesse am Flughafen Hahn

Nürburg (dpa/lrs) – Der Nürburgring präsentiert an diesem Mittwoch sein Saisonprogramm 2023 mit Motorsport aller Art über sonstige Freizeitevents bis hin zum Musikspektakel «Rock am Ring». In die Schlagzeilen gekommen ist die Rennstrecke, weil ihre Besitzgesellschaft NR Holding AG um den russischen Mehrheitsaktionär Viktor Charitonin den insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn erworben hat. Allerdings sind hier trotz des unterzeichneten Kaufvertrags auch noch weitere Bieter im Rennen. Noch fehlen bei allen die Zustimmung der Gläubiger und die Betriebslizenz für den Airport. Weiterlesen

Wie Corona das Arbeiten verändert hat

Von Fabian Nitschmann, dpa

Berlin (dpa) – Die Corona-Pandemie hat das Leben schlagartig verändert, als Mitte März 2020 plötzlich Kontaktbeschränkungen eingeführt und Büros geschlossen wurden. Homeoffice war bis dahin für viele Arbeitnehmer undenkbar, selbst wenn es ihr Beruf theoretisch möglich machte. Videokonferenzen waren vielerorts eine Seltenheit, schon bei der Telefonkonferenz streikte gerne die Technik.

Doch Covid-19 ließ in vielen Fällen keine andere Möglichkeit als Arbeiten am Küchentisch inklusive Kindergeschrei im Video-Meeting und zahlreiche abgesagte Dienstreisen.

Plötzliche Veränderungen sind oft auch plötzlich wieder Geschichte. Das Coronavirus aber blieb – und mit der Pandemie auch einige Veränderungen für die Arbeitswelt.

Homeoffice

«Die Arbeitnehmer wollen tendenziell mehr im Homeoffice arbeiten als vor der Pandemie, aber nicht so viel wie während der Pandemie», sagt Ulf Rinne, Arbeitsmarktexperte vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA). Drei Jahre nach Beginn des ersten Lockdowns in Deutschland gebe es durchaus eine Erwartungshaltung an die Arbeitgeber, Homeoffice zu ermöglichen. «Homeoffice wird jetzt mitverhandelt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern», sagt Rinne.

Nach Zahlen des Ifo-Instituts arbeiteten zuletzt rund 25 Prozent der Beschäftigten «zumindest teilweise» im Homeoffice, im Dienstleistungssektor ist die Quote mit fast 36 Prozent deutlich höher. Seit Aufhebung der Homeoffice-Pflicht Ende März 2022 habe es kaum eine Veränderung gegeben.

Besonders beliebt ist Homeoffice dem Ifo-Institut zufolge bei IT-Dienstleistern (73,4 Prozent), Unternehmensberatern (71,7 Prozent) und bei Angestellten in der Werbung und Marktforschung (55,2 Prozent). Im Hotel- und Gastgewerbe spielt Homeoffice dagegen – wenig überraschend – keine Rolle.

Jeder Betrieb müsse für sich eine Lösung finden, wie nun langfristig mit dem mobilen Arbeiten umgegangen wird, meint Experte Rinne. «Aus meiner Sicht werden das meist hybride Modelle sein zum Beispiel mit Präsenztagen, an denen alle an den Arbeitsort kommen.»

Workation

Homeoffice ist das eine – aber was, wenn die Arbeit per Laptop auch in einer Strandbar erledigt werden kann? Workation, also die Kombination aus Arbeit (work) und Urlaub (vacation), hat mit dem Homeoffice seit Beginn der Corona-Pandemie ebenfalls einen Aufschwung erlebt – zumindest bei denen, die es sich leisten können und auf den passenden Stellen sitzen.

«Workation ist derzeit noch ein Nischenthema», sagt Arbeitsmarktforscher Rinne. «Gerade mit Blick auf die jüngere Generation ist es für Unternehmen aber durchaus eine Möglichkeit, im Wettbewerb um knappe Personalressourcen solche Angebote mitzudenken.» Rechtlich seien mit Workation noch viele offene Fragen verbunden, insbesondere bei Aufenthalten außerhalb der EU.

Videokonferenzen

Auch in Sachen Digitalisierung hat die Corona-Pandemie der Arbeitswelt einen Schub versetzt. In vielen Büros wurde die digitale Ausstattung deutlich verbessert, Kommunikationsanwendungen wie Microsoft Teams oder Zoom erlebten ein Hoch. In 72 Prozent der Unternehmen wurden Online-Meetings und Videokonferenzen Anfang 2022 «sehr häufig» oder «häufig» genutzt, wie aus dem Digital Office Index des Digitalverbands Bitkom hervorgeht. Im Mai 2020 lag der Anteil noch bei 61 Prozent, im März 2018 bei 48 Prozent. Hinzu kommt: Innerhalb der Unternehmen dürfte sich der Personenkreis der Videokonferenz-Teilnehmer deutlich vergrößert haben.

«Schon lange vor der Pandemie waren Videokonferenzen in Unternehmen für wenige ausgewählte Personen und Bereiche möglich», sagt dazu Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. «Durch die ausgeprägte Nutzung des Homeoffice sowie den Wegfall von Dienstreisen, Konferenzen und Veranstaltungen seit Corona sind Videokonferenzen in den Büros von heute ein Standard, auf den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr verzichten wollen.»

Für Unternehmen wie Zoom wurde die Corona-Zeit daher zu einer Erfolgsperiode – wie auch andere Tech-Unternehmen steckt der Videokonferenzdienst aber inzwischen in Schwierigkeiten: Im Februar kündigte das Unternehmen angesichts der ungewissen Wirtschaftslage einen großen Stellenabbau an. Zoom hatte während der Pandemie eine Einstellungsoffensive gestartet, die sich als überdimensioniert herausstellte.

Dienstreisen

Während Homeoffice und Videokonferenzen boomten, drohte der Dienstreise in der Corona-Pandemie das Aus. Aber weit gefehlt: In den vergangenen Monaten ist ihr Comeback zu erkennen – auch, weil Arbeitnehmer in verschiedenen Umfrage immer wieder angeben, dass sie Geschäftsreisen mit Vor-Ort-Treffen sehr schätzen.

Die Vor-Corona-Verhältnisse sind aber noch weit entfernt, vor allem mit Blick auf inländische Flugreisen. Nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt flogen 2019 rund 15 Millionen Passagiere auf Verbindungen mit Start und Ziel in Deutschland – im Vergleich zu 2 Millionen 2021 und 4 Millionen 2022. Rechnet man auch Inlandsflüge hinzu, die zum Umstieg unternommen werden, geht die Branche für Sommer 2023 von 57 Prozent der Passagierzahlen von 2019 aus. Diese Zahlen beinhalten nicht nur Geschäftsreisende, gerade im innerdeutschen Verkehr dürfte ihr Anteil an allen Passagieren aber recht hoch sein.

Der internationale Flugverkehr hat sich etwas besser holt. Insgesamt lag die Zahl der Passagiere an deutschen Flughäfen im vergangenen Jahr bei 66 Prozent des Vor-Corona-Jahres 2019.

«Die deutschen Unternehmen stellen mehr und mehr ihre Reiserichtlinien um», meint Stefanie Berk, Marketingvorständin für den Fernverkehr der Deutschen Bahn. Bei Geschäftsreisen werde inzwischen öfter auf die Schiene gesetzt. Nach DB-Angaben haben sich in den vergangenen zwölf Monaten die Verkaufszahlen der BahnCard an Business-Kunden verdoppelt. Mit der BahnCard erhalten Reisende 25 oder 50 Prozent Rabatt auf den Fahrpreis, mit der BahnCard 100 kann jeder Zug ohne weitere Kosten genutzt werden.

Also alles neu auf der Arbeit?

Bei allen Entwicklungen in den Bereichen Homeoffice, Dienstreisen und Videokonferenzen: Für viele Menschen hat sich in der Pandemie und auch jetzt, in der Zeit ohne Corona-Beschränkungen, überhaupt nichts am Arbeitsalltag grundlegend verändert – Masketragen und auf das Virus testen mal ausgenommen. Kassiererinnen, Kellner, Altenpfleger und Bauarbeiterinnen können trotz aller Digitalisierung nicht von zu Hause arbeiten, um sich den Weg zur Arbeitsstätte zu sparen.

Das Homeoffice-Potenzial liegt in Deutschland Arbeitsmarktexperten zufolge bei rund 50 Prozent der Beschäftigten – und ist stark abhängig vom Einkommen. Bei einem Bruttomonatseinkommen von 4000 Euro liegt das Homeoffice-Potenzial dem Ifo-Institut (2020) zufolge bei rund 80 Prozent, bei einem Bruttoeinkommen von 2500 Euro pro Monat dagegen nur bei 25 Prozent.

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Junge Menschen blicken optimistisch in digitale Zukunft

Von Jörg Ratzsch, dpa

Berlin (dpa) – Schul-Digitalisierung im Schneckentempo auf der einen Seite, drohende Jobverluste durch neue Technologien auf der anderen und mutmaßlich schlechteres Miteinander, weil alle nur noch am Smartphone sind – kritische Debatten über das Thema Digitalisierung gibt es genug.

Die junge Generation blickt einer Umfrage zufolge deutlich positiver darauf: Die 14- bis 24-Jährigen sehen für die Zukunft eher Vorteile und zeigen sich auch aktuell zufrieden etwa mit dem Digitalisierungsstand an Bildungseinrichtungen. Die Studie der Vodafone Stiftung soll an diesem Mittwoch veröffentlicht werden. Sie lag der Deutschen Presse-Agentur vorab vor.

79 Prozent sehen Vorteile für sich durch Digitalisierung

Fast einhellig einer Meinung sind Jugendliche und junge Erwachsene (mehr als 90 Prozent) demnach, dass sich Wirtschaft, Berufsleben, Gesellschaft und soziales Miteinander in den kommenden Jahren durch den Einsatz digitaler Technologien «stark» oder «sehr stark» verändern werden.

Fast 70 Prozent sind dabei der Ansicht, dass die Digitalisierung für die gesellschaftliche Entwicklung eher von Vorteil ist. Für sich selbst und die eigene Zukunft sehen sogar 79 Prozent eher Vorteile dadurch. Junge Menschen mit hohem Bildungsabschluss und diejenigen, die sich finanziell besser gestellt sehen, blicken der Umfrage zufolge hierbei tendenziell positiver in die Zukunft.

Gutes Zeugnis für Bildungseinrichtungen

Große Einigkeit bei der jungen Generation (79 Prozent) besteht darin, dass es «äußerst» oder «sehr wichtig» ist, gut mit neuen Technologien und Medien umgehen zu können. Die entsprechenden Kompetenzen dafür zu vermitteln, ist nach Ansicht der meisten (76 Prozent) Sache der Bildungseinrichtungen. Anders als in vielen kritischen Diskussionen bekommt das Bildungssystem hier aber ein ziemlich gutes Zeugnis ausgestellt:

Zwei Drittel der 14- bis 24-Jährigen finden, ihre Lehrer, Ausbilder oder Dozenten können mindestens «gut» oder auch «sehr gut» mit digitalen Medien umgehen. Ebenso viele bewerten die digitale Ausstattung ihrer Bildungseinrichtung als «gut» oder «sehr gut» – wobei Ausbildungsstätten und Hochschulen hier besser abschneiden als Schulen – und zwei Drittel sind außerdem der Meinung, Unterricht, Lehre oder Studium bereite sie «gut» oder «sehr gut» auf eine Zukunft vor, in der digitale Technologien eine wichtige Rolle spielen.

Menschen erster Klasse statt Roboter zweiter Klasse

Sicherer Umgang mit digitaler Technologie gehört nach Ansicht des Bildungsdirektors der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, zu den entscheidenden «Grundfähigkeiten im 21. Jahrhundert».

Es gehe dabei weniger um den Umgang mit Technik als um die kognitiven Fähigkeiten, mit Unsicherheit und Vieldeutigkeit umzugehen, sagte er im Interview mit der Vodafone Stiftung. Schüler müssten lernen, selbstständig zu denken und sich anderen mit Empathie zuzuwenden, unterschiedliche Perspektiven und Interessen miteinander in Einklang zu bringen. «Die Aufgabe von Bildung ist, Menschen erster Klasse zu entwickeln, keine Roboter zweiter Klasse.»

Die eigenen Digitalkompetenzen schätzen die 14- bis 24-Jährigen hoch ein. Die allermeisten (89 Prozent) fühlen sich nicht nur grundsätzlich «sehr sicher» oder «eher sicher» im Umgang mit digitalen Technologien und Social Media, fast ebenso viele (87) sagen das von sich auch mit Blick auf die Nutzung verlässlicher Quellen im Netz. Beim Erkennen von Falschnachrichten gibt es aber auch Zweifel an der eigenen Digitalkompetenz: 70 Prozent fühlen sich im Umgang damit sicher, 30 Prozent nicht. Und was den Schutz der eigenen Daten im Internet angeht, gibt es sogar 48 Prozent, die sich unsicher fühlen.

Abschalten wichtig

Auch wenn manche das Smartphone inzwischen kaum noch aus der Hand legen, sind sich viele darüber bewusst, dass ab und zu eine Pause wohl gut täte. 73 Prozent finden es wichtig, «auch mal loslassen und abschalten» zu können. Diese Kompetenz zu vermitteln, ist nach Ansicht der meisten Befragten (77 Prozent) Sache von Elternhaus und Familie.

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Schwierige Lage für viele Handwerksbetriebe

Berlin (dpa) – Im Handwerk sind viele Betriebe in einer schwierigen Lage. Gründe sind gestiegene Finanzierungskosten und hohe Materialkosten sowie die anhaltend hohe Inflation und Kaufkraftverluste, wie aus einer Firmenbefragung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) hervorgeht. Die übliche Frühjahrsbelebung im Handwerk drohe weitgehend auszubleiben.

Für die erste Jahreshälfte gehe eine große Mehrheit der Handwerksbetriebe von einem Rückgang oder bestenfalls einer Stagnation der betrieblichen Umsätze aus. Die Nachfrage nach vielen handwerklichen Produkten und Dienstleistungen sei zurückgegangen, sagte ZDH-Präsident Jörg Dittrich der Deutschen Presse-Agentur. «In der Folge schwächt sich die Geschäftslage im Handwerk aktuell weiter ab.» Weiterlesen

Minister Ebling stellt Reformen für die Landespolizei vor

Mainz (dpa/lrs) – Die Kriminalitätsbekämpfung in Rheinland-Pfalz soll besser für neue Herausforderungen aufgestellt werden. Innenminister Michael Ebling (SPD) und der Inspekteur der Polizei, Friedel Durben, stellen dafür an diesem Freitag (9.00 Uhr) in Mainz Reformen der Landespolizei vor. Ziel sei es, der zunehmenden Digitalisierung und Internationalisierung von Kriminalität auch künftig schlagkräftig und effektiv begegnen zu können. Im Doppelhaushalt 2023/24 sind etwa 400 neue Polizei-Stellen vorgesehen, darunter mehr als 100 für Cyber- und Hasskriminalität. 2024 soll es erstmals mehr als 10.000 Polizistinnen und Polizisten in Rheinland-Pfalz geben.

Merck stellt sich auf Gewinnrückgang ein

Darmstadt (dpa) – Der Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern Merck stellt sich nach einem Gewinnanstieg 2022 auf rauere Zeiten ein. Profitierte das Dax-Unternehmen in der Pandemie von einer immensen Nachfrage von Impfstoffherstellern weltweit, wird diese Sonderkonjunktur in diesem Jahr weiter nachlassen, wie Merck am Donnerstag mitteilte.

Zudem schwäche sich der Halbleitermarkt ab, in dem der Konzern zuletzt gut verdiente. Dazu kommen negative Wechselkurseffekte und Kostendruck wegen der Inflation, etwa bei Energie, Rohstoffen und Logistik. Vorstandschefin Belén Garijo sprach bei der Bilanzvorlage in Darmstadt von einem herausfordernden Jahr.

Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) werde im schlechtesten Fall moderat zurückgehen und höchstens etwa stabil sein, prognostizierte der Konzern mit mehr als 64.000 Beschäftigten. Der Umsatz aus eigener Kraft soll leicht bis solide zulegen. Garijo zeigte sich aber zuversichtlich, das Umsatzziel von 25 Milliarden Euro bis 2025 zu erreichen. Dazu gebe es die Möglichkeit, das Wachstum mit Übernahmen und der Lizensierung von Medikamenten anderer Firmen zu beschleunigen. Die Kapazitäten dazu hatte Garijo zuletzt mit 15 Milliarden bis 20 Milliarden Euro beziffert und sich offen für größere Deals gezeigt. Weiterlesen

Rechnungshof warnt vor Kontrollverlust bei Bundeshaushalt

Berlin (dpa) – Der Bundesrechnungshof hat die Bundesregierung vor einem finanziellen Kontrollverlust gewarnt. Der Schuldenberg sei mittlerweile auf 2,1 Billionen Euro angewachsen. «Diese Dynamik und ihre Folgen drohen die Tragfähigkeit der Bundesfinanzen und damit auch die staatliche Handlungsfähigkeit ernsthaft zu gefährden», sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller am Mittwoch. Um das Heft des Handelns in der Hand zu behalten, müsse die Bundesregierung alle Ausgaben neu priorisieren und den Haushalt konsequent auf die Kernaufgaben ausrichten. Es dürften keine neuen Maßnahmen mehr beschlossen werden, ohne ihre langfristige Finanzierung zu klären. Weiterlesen

Inflationsdaten – Warum die Berechnung wichtig ist

Von Friederike Marx, dpa

Wiesbaden (dpa) – Seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat sich das Leben in Deutschland enorm verteuert, angeschoben von hohen Energie- und Nahrungsmittelpreisen. Wie sich die Inflation im Februar entwickelt hat, gibt das Statistische Bundesamt am Mittwochnachmittag in einer ersten Schätzung bekannt. Im vergangenen Jahr lag der Anstieg der Verbraucherpreise im Durchschnitt bei 6,9 Prozent. Zunächst hatten die Statistiker 7,9 Prozent errechnet – die höchste Rate in der Geschichte der Bundesrepublik. Was sind die Gründe für die Änderung und was sind die Folgen?

Wie wird die Inflationsrate berechnet?

Mitarbeiter der Statistischen Landesämter und deS Wiesbadener Bundesamtes notieren Monat für Monat bundesweit in Geschäften, was Obst und Gemüse, Bücher und Zeitschriften, Schuhe und Möbel kosten. Wie hoch ist die Wohnungsmiete, was kostet der Sprit an der Tankstelle? Tausende Einzelpreise von Waren und Dienstleistungen werden repräsentativ nach einem stets gleichen Schema erfasst. Ein Teil der Preise wird auch im Internet erhoben.

Welche Funktion hat der sogenannte Warenkorb?

Die Einzelpreise werden in rund 700 Güterarten zusammengefasst, die den sogenannten Warenkorb bilden. Auf dieser Grundlage berechnen die Statistiker die Entwicklung der Teuerung. Da Verbraucher nicht gleich viel beispielsweise für Kleidung wie für die Wohnungsmiete ausgeben, werden die einzelnen Posten unterschiedlich stark gewichtet. Der Posten Wohnen, zu dem vor allem insbesondere Mieten, Ausgaben für selbst genutztes Wohnen und Haushaltsenergie zählen, hat das mit Abstand größte Gewicht.

Warum wird der Warenkorb regelmäßig unter die Lupe genommen?

Das Statistische Bundesamt überprüft in der Regel alle fünf Jahre die Gewichtung und Zusammensetzung des Warenkorbes. Denn die Verbrauchs- und Einkaufsgewohnheiten der Menschen ändern sich. Auch die zunehmende Digitalisierung und der demografische Wandel schlagen sich dabei nieder. «So wird nun beispielsweise auch die Preisentwicklung von Smartwatches, Fitnesstrackern und ähnlichen Produkten, aber auch von Geh- und Alltagshilfen veröffentlicht», erläutert die Behörde.

Warum fällt die Inflation 2022 niedriger aus als berechnet?

Das liegt vereinfacht gesagt vor allem an der geänderten Gewichtung. Zwar hat der Bereich Wohnen weiterhin das größte Gewicht, es wurde allerdings verringert. Andere Bereiche bekamen mehr Gewicht. «Hatten Haushaltsenergie und Kraftstoffe bisher ein Gewicht von mehr als 10 Prozent, beträgt dieses nun nur noch knapp 7 1/2 Prozent», erläutert Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. «Zwar ist gleichzeitig das Gewicht der Nahrungsmittel um zwei Prozentpunkte gestiegen. Aber deren Preise haben nicht so massiv zugelegt wie die Energiepreise.»

Auf welcher Grundlage wurde die Gewichtung verändert?

Außer den Ergebnissen von amtlichen Haushaltsbefragungen verwendete die Behörde bei der aktuellen Überarbeitung erstmals auch Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, die weitere Datenquellen enthalten. Damit würden die Vorteile verschiedener Quellen genutzt, argumentierte die Behörde.

Welche Folgen habe steigende Verbraucherpreise?

Klettern die Preise auf breiter Front über einen längeren Zeitraum stark, können sich die Menschen immer weniger für ihr Geld leisten und büßen einen Teil der Ersparnisse ein. Manche Preise sind direkt an die Inflation gekoppelt, zum Beispiel Indexmieten. Welche Folgen die neu berechnete Inflationsrate in diesem Fall hat, dürfte vom Einzelfall abhängen. Nach Angaben des Hausbesitzerverbandes Haus & Grund wird häufig im Mietvertrag vereinbart, dass die Anpassung nicht jedes Jahr erfolgen muss. So werde zum Beispiel eine Erhöhung vereinbart, «wenn der Verbraucherpreisindex auf ein bestimmtes, vorab definiertes Niveau gestiegen ist».

Hat die Inflationsrate Folgen für Tarifverhandlungen?

«Wir sehen kurzfristig gar keinen Anpassungsbedarf», sagt ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi. Bei den Tarifforderungen würden auch Prognosen berücksichtigt. Diese sagten eine deutlich hohe Inflation über die Laufzeit eines Tarifvertrages voraus. «Wir legen bei den Verhandlungen im öffentlichen Dienst zudem einen Fokus auf niedrigere und mittlere Einkommensgruppen, die besonders von der hohen Inflation betroffen sind.» Studien zufolge machen notwendige Ausgaben, zum Beispiel für Nahrung, Mieten und Energie, bei weniger Einkommensstarken tendenziell einen größeren Anteil ihres Budgets aus als bei finanzkräftigeren Privathaushalten. Verdi und der DBB Beamtenbund fordern aktuell für die Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen eine Steigerung der Einkommen von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Was bedeutet die Änderung für die Zinspolitik der EZB?

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bei ihren Zinsentscheidungen die Inflation im gesamten Euroraum im Blick. Die Teuerung liegt dort seit Monaten deutlich über der mittelfristigen Zielmarke der EZB von zwei Prozent. Im Januar stiegen die Verbraucherpreise im gemeinsamen Währungsraum im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,6 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte unlängst die Notwendigkeit weiter steigender Leitzinsen. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Dies kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken.

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Afrikas Not in deutscher Schokolade

Von Basil Wegener, dpa

Agboville (dpa) – Leichter Kakaoduft durchzieht die Plantage. Die Füße rascheln beim Gehen durch eine dicke Laubschicht. Darunter der knochentrockene, harte Boden der Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) in Westafrika. Säckeweise produziert Bauer Sougue Moussa hier Kakaobohnen für die Schokoladenkonzerne der Welt.

Allein der Kakao in Deutschland kommt zu zwei Dritteln aus der Elfenbeinküste. Immer wieder schrecken Berichte über Kinderarbeit und Abholzung auf Afrikas Kakaoplantagen Verbraucherinnen und Verbraucher auf. Jetzt soll das deutsche Lieferkettengesetz gegen Missstände helfen – ist es ein wirksames Regelwerk oder ein zahnloser Papiertiger?

Knapp zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes machen sich Arbeitsminister Hubertus Heil und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (beide SPD) in der Elfenbeinküste und Ghana ein Bild. Hat man hier deutsche Gesetze überhaupt auf dem Schirm? Beide Länder liefern 65 Prozent des Kakaos weltweit – doch viele Menschen leben in «bitterer Armut», wie Heil sagt.

Der Hauptgrund: «Der Preis im Markt ist viel zu niedrig», erklärt der deutsche Entwicklungsexperte Friedel Hütz-Adams vom Bonner Südwind-Institut. In den vergangenen Jahren habe sich der Kakaopreis etwa halbiert. Dabei gingen die Kosten für Benzin und Düngemittel auch in Westafrika teils steil nach oben. Allein in Ghana kam es laut einer neuen Oxfam-Studie zu einem Rückgang der Einkommen um mehr als 16 Prozent zwischen der Erntesaison 2019/20 und 2021/22 – trotz von der Regierung auferlegten Preiserhöhungen.

Überall Kinderarbeit

Jeweils rund 800.000 Kinder verrichten nach offiziell verbreiteten Zahlen in der Elfenbeinküste und in Ghana auf den Kakaoplantagen schwere Arbeit. Denn ihre Eltern können sich keine Beschäftigten für die harte Arbeit leisten. Die Kinder schuften mit der Machete, versprühen Pestizide oder tragen schweren Lasten.

Sougue Moussa zieht seine vier Kinder nicht zur Arbeit auf dem Feld heran, wie der 50-Jährige erzählt. Zwischen seinen Kakaobäumen strecken sich Bananen-, Orangen-, Mango- und Kautschuk-Bäume der grellen Sonne entgegen. Das verhilft Moussa zu zusätzlichem Einkommen und schützt die Kakaobäume, die Halbschatten mögen. Moussas ältester Sohn studiert sogar. Soll der Sohn einmal die Plantage übernehmen? «Solange die Preise nicht besser sind, kommt das nicht infrage», winkt Moussa ab. Der Sohn wolle auf jeden Fall etwas anderes machen und wohl Arzt werden.

Die Regierungen verschweigen die Probleme vor Ort nicht. «Die Bauern verdienen oft nicht genug», sagt Ghanas Handelsminister Samuel Abu Jinapor. Zwar ringen die Elfenbeinküste und Ghana mit den großen internationalen Händlern regelmäßig um auskömmliche Preise – doch die Macht der Regierungen gegen die Konzerne ist begrenzt. Das Existenzminimum von umgerechnet gut 400 Euro im Monat erreichen viele Familien nicht.

80 Prozent des Regenwalds zerstört

Auch um die Waldzerstörung reden die Behörden nicht herum. Oberst Moumouni Lougué von der Waldbehörde der Elfenbeinküste sagt: «Unser Wald ist immer weiter zerstört worden.» Seit der Unabhängigkeit 1960 wurden rund 80 Prozent des Regenwalds gerodet. 2,5 Millionen Hektar sind übrig. «Das Ziel ist, durch Aufforstung die bewaldete Fläche wieder auf 20 Prozent zu steigern», sagt Lougué.

Kakao darf schon lange nicht auf Kosten des natürlichen Waldes produziert werden. Und Kinderarbeit ist in den Ländern auch längst verboten. Doch sie kommt trotzdem vor. Was sollen da nun die neuen Gesetze aus Europa bringen? Das deutsche Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen mit mindestens 3000 Beschäftigten, dass keine Kinderarbeit oder gravierende Umweltverstöße hinter ihren Produkten stecken. 2024 sinkt die Schwelle auf 1000 Beschäftigte. Die Firmen sollen Berichte dazu erstellen und Missstände abstellen. Auf EU-Ebene wird derzeit ein wohl noch strengeres Lieferkettengesetz erarbeitet. Dazu kommt eine geplante EU-Verordnung, die wohl ab 2024 Importe aus frisch entwaldeten Gebieten verbieten soll.

Doch wie soll das alles kontrolliert werden – zum Beispiel im mehr als 6000 Kilometer von Deutschland entfernten Agboville im ivorischen Wald? Die Regierung der Elfenbeinküste setzt dabei auf Digitalisierung, wie Schulze und Heil nicht ohne Verblüffung feststellten.

Digitalisierung hilft

Der Bauer Sougue Moussa hat schon eine entsprechende Plastikkarte. Stolz hält er sie in die schwüle Luft. Sie sieht aus wie eine EC-Karte, hat Chip, Daten und QR-Code. «Bis zum Ende der Erntesaison 2023/24 wollen wir sämtliche Erzeuger mit einer Karte ausstatten», verspricht Dadie Arsène von der Kakao-Kontrollbehörde. «Wir wissen dann genau, von welcher Parzelle welche Kakaosäcke kommen.» Dann soll geprüft werden können, ob die Anforderungen in der Lieferkette eingehalten werden. Über die Karte sollen die Bäuerinnen und Bauern auch bezahlt werden können.

Der Bonner Experte Hütz-Adams sieht im Lieferkettengesetz und den geplanten EU-Regeln einen Grund zur Hoffnung. «Im Kakaosektor werden die Gesetze erhebliche Auswirkungen haben», sagt er. «Das erzeugt sehr viel Druck innerhalb der Kakao- und Schokoladenindustrie.» Ein Entwicklungshelfer in Agboville sagt: «Unternehmen müssen fürchten, dass sie im Wettbewerb gegen die Konkurrenz verlieren, wenn sie das nicht ernst nehmen.»

Heil räumt ein: «Das Gesetz ist keine Zauberformel für die Schaffung der Menschenrechte in der gesamten Welt.» Die Preise dürften erstmal niedrig bleiben. Hütz-Adams sieht hier die Schokoladenhersteller in der Pflicht. Denn bei einer durchschnittlichen Tafel Vollmilchschokolade zum Beispiel zahlten Verbraucherinnen und Verbraucher nur 8 Cent des Preises für den Kakao. «Und nur 4,5 Cent kommen bei den Bauern an.»

Dabei seien die Gewinnmargen im Kakaomarkt in jüngster Zeit massiv gestiegen, sagt der Experte. Laut einer Studie von Agrarökonomen der Universität Arkansas könnten die Bauern ihren Kindern schwere Formen von Kinderarbeit ersparen, wenn der Kakaopreis um 2,8 Prozent höher läge.

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Bericht: Chipfertiger TSMC will zweites Werk in Japan bauen

Tokio (dpa) – Der weltgrößte Chipauftragsfertiger TSMC will einem Zeitungsbericht zufolge ein zweites Werk im japanischen Kumamoto bauen. Die Gesamtinvestitionen werden bei mehr als einer Billion Yen (knapp 7 Mrd Euro) erwartet, berichtet die japanische «Nikkan Kogyo» ohne Angaben von Quellen. Das erste Werk soll Ende 2024 an den Start gehen, das nun neu geplante Ende des Jahrzehnts. TSMC verhandelt dem Bericht zufolge über Subventionen der öffentlichen Hand sowie Investitionen durch Kunden. Weiterlesen

Lindner zu Kindergrundsicherung: Nicht alles geht sofort

Berlin (dpa) – Finanzminister Christian Lindner steht Forderungen nach mehr Geld für die geplante Kindergrundsicherung skeptisch gegenüber. «Nicht alles, was wünschenswert ist, geht sofort», sagte der FDP-Chef dem Nachrichtenportal t-online.

«Konkret bei der Kindergrundsicherung gibt es noch gar kein Konzept», fügte er an. Aus seiner Sicht gehe es vor allem um die Digitalisierung und Vereinfachung der Förderung von Kindern, und nicht notwendigerweise um mehr Geld. «Höhere Transfers sind nicht immer der Königsweg.»

Kinderarmut gestiegen

Bei der Kindergrundsicherung sollen diverse Leistungen vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten und Freizeit gebündelt werden. Viele Familien beantragen Leistungen bislang wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden nicht. Familien und ihre Kinder sollen ab 2025 von der Grundsicherung profitieren. Weiterlesen

Im Digitalbereich droht ein wachsender Fachkräftemangel

Köln (dpa) – Ein wachsender Fachkräftemangel im Digitalbereich droht einer Studie zufolge in den nächsten Jahren zum Bremsklotz für die deutsche Wirtschaft zu werden. «Der Fachkräftemangel bremst den Beschäftigungsaufbau», warnte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer aktuellen Untersuchung.

Laut IW könnten bis zum Jahr 2026 in der Bundesrepublik knapp 106.000 qualifizierte Arbeitskräfte in Digitalisierungsberufen fehlen. Damit würde der bisherige Höchststand von fast 100.000 fehlenden Digitalexperten im Jahr 2018 noch einmal deutlich übertroffen und drei von fünf offenen Stellen könnten rechnerisch nicht mehr besetzt werden, hieß es. Zuvor hatte der «Spiegel» darüber berichtet. Weiterlesen

Sachsens Verfassungsschutz: Radikalere Protestbewegungen

Dresden (dpa) – Der Verfassungsschutz in Sachsen registriert eine Radikalisierung in Protestbewegungen. «Sowohl die Corona-Proteste als auch die Anti-Flüchtlings-Proteste haben zu einer Entgrenzung in der Mitte der Gesellschaft geführt. Rechtsextremisten propagieren Themen und finden damit Anschluss in der bürgerlichen Mitte», sagte Dirk- Martin Christian, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) der Deutschen Presse-Agentur.

Menschen aus der Mitte der Gesellschaft würden extremistischen Positionen nicht widersprechen und hätten nichts dagegen, gemeinsam mit Rechtsextremisten an der Seite zu demonstrieren. «Die Mitte der Gesellschaft wird brüchig.»

«’Wutwinter’ bisher ausgeblieben»

«Wir haben im Freistaat unverändert ein latentes Protestmilieu», sagte Christian. Zuletzt seien Leute auch wegen des Ukraine-Krieges und der Energiepreise auf die Straßen gegangen. Die Proteste hätten aber bei weitem nicht das Ausmaß erreicht, das während der Corona-Pandemie oder zur Flüchtlingskrise 2015 eine Rolle spielte. «Der ‘Wutwinter’ ist bisher ausgeblieben. Das heißt aber nicht, dass das Protestpotenzial verschwunden ist.» Je nachdem, welches Thema sich als Initialzündung eigne, könnten Proteste jederzeit aufflammen. Weiterlesen

Deutsche Wirtschaft vor langer Schwächephase

Von Carsten Hoefer, dpa

München (dpa) – Der deutschen Wirtschaft steht nach Einschätzung prominenter Ökonomen eine jahrelange Phase schwachen Wachstums bevor. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen und das Ifo-Institut in München gehen übereinstimmend davon aus, dass die jährlichen Wachstumsraten mittelfristig unter einem Prozent liegen werden – und damit sehr viel niedriger als im Schnitt der vergangenen dreißig Jahre.

«Das Wirtschaftswachstum in Deutschland dürfte in diesem Jahrzehnt deutlich schwächer ausfallen als in den vermeintlich wirtschaftlich erfolgreichen 2010er Jahren», sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. «Die Abschwächung des Wirtschaftspotenzials Deutschlands geht auf eigene Versäumnisse zurück und hat wenig mit dem Krieg in der Ukraine oder der Corona-Pandemie zu tun.»

Fratzscher: Wachstumspotenzial könnte noch stärker sinken

Das Potenzialwachstum für die deutsche Wirtschaft dürfte ihm zufolge in diesem Jahrzehnt auf unter 1,0 Prozent sinken. Das sei vor allem dem Rückgang der Beschäftigung durch Demographie und Fachkräftemangel geschuldet, sagte Fratzscher. «Wenn die verschlafene Transformation zu einer Deindustrialisierung führen sollte, dann könnte das Wachstumspotenzial noch stärker sinken.»

Deutschland habe in den vergangenen 20 Jahren vier große wirtschaftspolitische Fehler begangen. Als größtes Versagen kritisierte der DIW-Präsident die «bisher gescheiterte ökologische Transformation, die dazu geführt hat, dass Deutschland viel zu abhängig von fossilen und sehr teuren Energieimporten ist und die technologische Transformation zu nachhaltigen und innovativen Technologien verschlafen hat.»

Der zweite Fehler seien überbordende Bürokratie und Besitzstandswahrung, die private Investitionen behinderten. «Der dritte Fehler ist das staatliche Investitionsdefizit, das dazu geführt hat, dass der deutsche Staat seit langer Zeit von seiner Substanz lebt.» Fratzscher nannte verschlechtertes Bildungssystem und inadäquate Infrastruktur. Das Fachkräfteproblem als vierte Schwäche wird sich nach Fratzschers Einschätzung in den kommenden Jahren deutlich verschärfen und für zahlreiche Unternehmen eine existenzielle Bedrohung darstellen.

Kooths: Noch nicht das Ende der Fahnenstange

Am IfW Kiel meint Vizepräsident Stefan Kooths: «Wir hatten in den vergangenen dreißig Jahren eine jährliche Wachstumsrate von 1,4 Prozent im Mittel.» Die mittelfristige Projektion des IfW weist bis 2027 einen Rückgang auf unter 0,7 Prozent aus.

«Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange», sagte Kooths. «Das heißt: Was wir in den vergangenen Jahrzehnten gewohnt waren, wird innerhalb relativ kurzer Zeit auf ein Drittel schrumpfen. Der Grund dafür ist die demografische Entwicklung.» Eine alte Gesellschaft sei typischerweise weniger in der Lage, neue Technologien zu adaptieren. «Das könnte nochmal einen Abschlag auf die Produktivitätsentwicklung bedeuten.»

Zudem wird die Umstellung auf eine klimaneutrale Energieversorgung die Unternehmen nach Kooths’ Erwartung große Summen kosten. Von daher sei selbst die deutliche Revision bei den Wachstumszahlen «eher eine Schätzung am oberen Rand». Deutschland laufe zudem «in erhebliche Verteilungskonflikte hinein, weil die Babyboomergeneration in Rente geht», sagte Kooths.

Am RWI Essen ist die Einschätzung ganz ähnlich: «Die Krisen der vergangenen zwei Jahre haben das Wachstum der deutschen Wirtschaft zwar geschwächt, es hätte sich aber ohnehin in den kommenden Jahren verringert», sagte Konjunkturchef Torsten Schmidt.

Schmidt: Hauptursache ist Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials

Laut Mittelfristprojektion des RWI dürfte das Wachstum des Produktionspotenzials von 1 Prozent in diesem Jahr auf 0,6 Prozent im Jahr 2027 zurückgehen. «Entsprechend dürften auch die zu erwartenden Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts sinken», sagte Schmidt. «Die Hauptursache ist der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials.» Auch Schmidt nennt daneben die hohen Kosten des Abschieds von der fossilen Energie: «Wir gehen aber auch davon aus, dass der zur Erreichung der klimapolitischen Ziele notwendige Umbau des Kapitalstocks den Anstieg des Produktionspotenzials dämpft.»

Nach Erwartung des Münchner Ifo-Instituts dürften sich unter normalen Umständen die Wachstumsraten der deutschen Wirtschaftsleistung bis Ende des Jahrzehnts zwischen etwa einem halben und einem drei Viertel Prozent bewegen. «Der deutschen Wirtschaft würde auch ohne die diversen Krisen ein langsamerer beziehungsweise schwächerer Wachstumspfad bevorstehen», sagte Ifo-Konjunkturforscher Robert Lehmann.

Lehmann: Digitalisierung mildert Belastungen teilweise ab

Die Baby-Boomer-Generation scheide aus dem Arbeitsleben aus. Da weniger Menschen ins Arbeitsleben nachrücken, könne das Ausscheiden der Älteren nicht mehr kompensiert werden. «Damit nimmt der bereits jetzt beobachtete Fachkräftemangel noch spürbarer zu in den kommenden Jahren.» Als zusätzliches Hindernis sieht Lehmann die teure Energie.

Schwarz malen will der Wirtschaftsforscher nicht: Aus der Corona-Pandemie könnten auch Chancen entwachsen beziehungsweise bereits entwachsen sein. Als Beispiel nannte Lehmann die beschleunigte Digitalisierung, «was die Belastungen durch den demographischen Wandel zumindest teilweise abmildern kann.»

Demografischer Wandel und schwächeres Wachstum könnten nach Lehmanns Worten auch die Inflation befeuern: «In der Übergangsphase, wenn die Baby-Boomer in Rente gehen, bleiben die Konsumenten und deren Konsumlaune zunächst recht stabil. Vielmehr kann es auch sein, dass die hohen Ersparnisse der dann lebenden Rentnergeneration zu einem deutlichen Konsumschub führen.» Produktionsmöglichkeiten und Wirtschaftswachstum würden aber geringer ausfallen. «Beides kann zu deutlichen Preissteigerungen in der mittleren Frist führen.»

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Energiepreispauschale für Studierende – Kritik an Antrag

Berlin (dpa) – Das nach monatelanger Verzögerung nun angekündigte Verfahren zur Beantragung der Energiepreispauschale für Studierende stößt auf Kritik. «Wir müssen aufpassen, dass sich junge Menschen nicht ungerecht behandelt fühlen. Anders als bei Rentnern und Berufstätigen, wurde hier mit dem Online-Antrag eine zusätzliche Hürde geschaffen», sagte die Grünen-Digitalpolitikerin Misbah Khan der Deutschen Presse-Agentur.

Einige Netzaktivisten kritisierten, dass die Studierenden gedrängt würden, für die Beantragung ein sogenanntes BundID-Konto anzulegen, obwohl die Datenschutzgrundverordnung vorschreibt, dass es auch einen analogen Weg geben muss. Weiterlesen

FDP-Generalsekretär: Berlin-Wahl beeinflusst uns in der Ampel nicht

Der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ist Spekulationen entgegengetreten, seine Partei werde wegen der Wahlschlappe in Berlin zu einem schwierigen Koalitionspartner im Bund. «Wir werden weiterhin sachlich und konzentriert in dieser Koalition weiterarbeiten. Krawall ist nach wie vor nicht unser Stil», sagte er am Mittwoch in Berlin. Vielmehr gehe es der FDP darum, mit der Ampel-Koalition die Projekte voranzubringen, die den Liberalen besonders wichtig seien.

Djir-Sarai sagte: «Wir werden uns weiterhin auf die Modernisierungsthemen fokussieren.» Dazu zählten aus seiner Sicht die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Digitalisierung und Entbürokratisierung, ein vereinfachtes Steuersystem sowie die Bekämpfung irregulärer Migration und eine bessere Fachkräftezuwanderung. Weiterlesen

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