Was steckt hinter den tödlichen Attacken auf Fahrgäste?

Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa

Berlin (dpa) – Die tödliche Messerattacke in einem Regionalzug in Schleswig-Holstein erinnert an ähnliche Bluttaten der vergangenen Jahre. In einigen dieser Fälle spielten psychische Erkrankungen eine Rolle, in anderen eine islamistische Ideologie – oder auch beides zusammen. Manchmal blieb das Motiv diffus.

Die Täter sind oft Menschen, die als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind, ohne in ihrer neuen Umgebung richtig Fuß zu fassen. Es sind Menschen am Rande der Gesellschaft, die mit den für andere Schutzsuchende passenden standardmäßigen Integrationsangeboten nicht erreicht werden, die durch Gewalttätigkeit auffallen und oft auch nach Jahren in öffentlichen Einrichtungen leben.

Die Opfer sind Fahrgäste, scheinbar wahllos ausgewählte Passanten. Es sind Menschen, deren Lebensgeschichte und Namen der in der Regel männliche Täter nicht kennt.

Mehrere Fälle in den vergangenen Jahren

Nicht nur der staatenlose Palästinenser, der am Mittwoch in einem Zug zwei ihm offensichtlich unbekannte junge Menschen getötet und fünf weitere Fahrgäste verletzt hat, ist so ein Fall. Wegen mehrerer Straftaten saß er im Gefängnis. 2021 erhielt er Hausverbot in einer Kieler Gemeinschaftsunterkunft.

Auch der junge, psychisch kranke Somalier, der im Sommer 2021 – etwa sechs Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland – in Würzburg drei Frauen erstach, war bereits zuvor gewalttätig geworden, lebte zuletzt in einer Obdachlosenunterkunft. Wie der radikale Islamist, der im Oktober 2020 in Dresden ein schwules Paar attackierte und einen der beiden Männer tötete, war auch der Angreifer aus dem Regionalzug erst kurz vor der Tat aus der Haft entlassen worden.

Enttäuschte Hoffnungen?

Schaut man die Biografien der Täter an, so fällt auf, dass viele von ihnen aus Kriegs- oder Konfliktregionen stammen, eher jung und kinderlos sind, zum Zeitpunkt der Tat keiner Erwerbstätigkeit nachgingen und nicht mit einer Partnerin oder Angehörigen zusammenleben. Fundierte Forschung zu dieser Tätergruppe gibt es aber bislang – mit Ausnahme der Betrachtung islamistisch motivierter Verbrechen – kaum. Beispielsweise zu der Fragestellung, mit welchen Hoffnungen und Vorstellungen die Betroffenen gekommen sind – und wie sie später auf die deutsche Gesellschaft und die Möglichkeiten, die sie ihnen bietet oder auch nicht bietet, blicken. Auch das bundesweite Lagebild zur Kriminalität im Kontext von Zuwanderung hilft hier nicht viel weiter.

Einsamkeit oder Isolation sei grundsätzlich ein Faktor, sagt der Kriminologe Rafael Behr. Beides könne sowohl kriminelle Energie, die in der Sozialisation des Täters begründet sei, verstärken als auch psychische Probleme. Zudem sei bei Menschen, die nicht in ein familiäres Umfeld oder einen Freundeskreis eingebunden seien, das Risiko höher, dass psychische Erkrankungen unentdeckt blieben.

«Integration funktioniert nie hundertprozentig»

Womöglich sei nach der sogenannten Flüchtlingswelle von 2015 aber auch die Chance verpasst worden, ausreichende Ressourcen für Integrationsmaßnahmen zu mobilisieren, anstatt das Geld für mehr Polizei auszugeben. Gleichzeitig müsse allen klar sein: «Integration funktioniert nie hundertprozentig», sagt Behr. «Ein paar Randständige wird es immer geben.»

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer kommentiert auf seiner Facebook-Seite den Angriff im Zug mit den Worten: «Wer zur Gefahr für ein Land wird, das Hilfe gegen Gefahr leistet, darf nicht bleiben.» Doch in der Praxis ist das oft nicht umzusetzen. Da gibt es Staaten wie Syrien, in die schon seit Jahren niemand mehr abgeschoben werden kann. Bei Staatenlosen ist die Situation besonders kompliziert.

Bei den Behörden in Nordrhein-Westfalen, wo der Angreifer aus Brokstedt zunächst gewohnt hatte, gab der Festgenommene an, er stamme aus dem Gazastreifen. «Rückführungen in die palästinensischen Autonomiegebiete waren in der Vergangenheit sehr selten», teilt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mit. Und: «Rückführungsmöglichkeiten sind vor dem Hintergrund der Komplexität vorab genau zu prüfen.»

Dem Messerangreifer aus dem Regionalzug war 2017 subsidiärer Schutz gewährt worden – jener Schutz also, der greift, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden kann und dem Menschen im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. 2021 war ein Verfahren auf Widerruf des subsidiären Schutzes eingeleitet worden. Ob der Grund für dieses Verfahren das umfangreiche Strafregister des 33-Jährigen war, teilten die Behörden in Schleswig-Holstein bislang nicht mit.

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EU will mehr Migranten abschieben

Von Michel Winde und Anne-Béatrice Clasmann, dpa

Stockholm (dpa) – Die Europäische Union unternimmt einen neuen Anlauf, damit mehr ausreisepflichtige Ausländer in ihre Heimat abgeschoben werden. «Wir haben eine sehr niedrige Rückführungsquote und ich sehe, dass wir hier erhebliche Fortschritte machen können», sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Donnerstag bei einem Treffen mit den EU-Innenministern in Stockholm.

Umstritten ist allerdings, wie viel Druck die EU auf Herkunftsländer ausüben sollte, mit denen die Zusammenarbeit schwierig ist, und auch, wie Anreize geschaffen werden können. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach sich dagegen aus, die EU-Visapolitik offensiv als Druckmittel zu verwenden. Andere Länder forderten dagegen, den sogenannten Visa-Hebel häufiger zu nutzen.

Die EU versucht schon seit Jahren, mehr Ausländer ohne Bleiberecht abzuschieben, kommt aber kaum voran. 2021 befand der Europäische Rechnungshof, das bestehende System sei in hohem Maße ineffizient und bewirke «das Gegenteil dessen, was es eigentlich soll: Statt abzuschrecken, leistet es illegaler Migration Vorschub.»

Ampel-Koalition kündigte «Rückführungsoffensive» an

In Zahlen sieht das so aus: 2019 lag die Quote ausreisepflichtiger Menschen, die die EU tatsächlich verließen, bei 29 Prozent. 2021 waren es – wohl auch coronabedingt – nur 21 Prozent. Dabei hatte die EU-Kommission noch 2018 ein Ziel von rund 70 Prozent ausgerufen. Auch die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP kündigte im Koalitionsvertrag eine «Rückführungsoffensive» an.

Mehr Rückführungen wären aus Sicht vieler EU-Staaten auch deshalb wichtig, weil die Asylsysteme vieler Länder völlig überlastet sind. Die Zahl der Asylanträge stieg im vergangenen Jahr um fast 50 Prozent auf 924.000. Viele Menschen hätten kein Recht auf internationalen Schutz und überlasteten die Aufnahmekapazitäten, sagte Johansson. Hinzu kommen die rund vier Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die in der EU kein Asyl beantragen müssen.

Für die schwedische Ratspräsidentschaft ist die Visapolitik ein Schlüsselinstrument. Artikel 25a des Visakodex könne «eines der wichtigsten Instrumente sein, um die Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Bereich Rückkehr und Rückübernahme zu verbessern», heißt es in einem Papier zu dem Treffen. Dies könnte bedeuten, dass die Bearbeitung von Visa aus bestimmten Ländern deutlich länger dauert oder Gebühren angehoben werden. Als Länder, mit denen die Zusammenarbeit schwierig ist, gelten etwa Marokko, Tunesien und Algerien.

Faeser zeigt sich skeptisch

Auch Johansson betonte, dass der Visa-Hebel funktioniere. Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssten gemeinsam handeln, um Druck auf Drittstaaten auszuüben. Zudem solle häufiger die Grenzschutztruppe Frontex für Abschiebeflüge eingespannt werden. Andere Druckmittel auf Drittstaaten könnten Handelsbeziehungen und Entwicklungshilfe sein. Österreichs Minister Gerhard Karner forderte erneut, dass die Kommission Zäune an den EU-Außengrenzen finanziert.

Tatsächlich hat die EU-Kommission bislang nur für vier Länder vorgeschlagen, den Visa-Hebel anzuwenden: Bangladesch, Irak, Gambia und Senegal. Die EU-Staaten wiederum haben den Vorschlag allein für Gambia angenommen. Aus der EU-Kommission heißt es, der Sinn von Artikel 25a sei nicht seine Anwendung – sondern die Drohung damit.

Faeser äußerte sich skeptisch. «Ich bin damit zurückhaltend. Ich glaube, dass der Weg über Migrationsabkommen der bessere ist.» Derlei Abkommen sollen Erleichterungen bei der legalen Migration mit Kooperation bei der Rücknahme verbinden. Deutschland hat dazu mit Indien eine Vereinbarung getroffen. Weitere sollen folgen. Faeser will dazu im Frühjahr mit ihrem französischen Kollegen Gérald Darmanin nach Nordafrika reisen.

Bislang hat die SPD-Politikerin auf dem Gebiet der Rückführungen nur wenig Fortschritt vorzuweisen. 2022 wurden 12 945 Menschen aus Deutschland abgeschoben. 2019 waren es noch mehr als 22.000. Für Faeser ist das Thema auch deshalb schwierig, weil es zu einem Großteil in der Verantwortung der Bundesländer liegt.

Allerdings ist auch die Zahl der Herkunftsländer gestiegen, in die wegen massiver Menschenrechtsverletzungen oder aus anderen Gründen aktuell nicht oder nur sehr eingeschränkt abgeschoben werden kann. In Afghanistan etwa haben wieder die militant-islamistischen Taliban das Sagen. Auch der Iran, wo derzeit Demonstranten hingerichtet werden, ist kein Land, in das man Menschen zurückschickt.

Die politische Verantwortung dafür, dass Deutschland beim Thema Abschiebungen vorankommt, teilt Faeser bald mit dem neuen Sonderbevollmächtigten für Migrationsfragen, Joachim Stamp (FDP). Der frühere NRW-Integrationsminister tritt sein Amt am 1. Februar an.

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Wüst: Integrationsprobleme nicht nur bei Migranten

Düsseldorf (dpa) – Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sieht Integrationsprobleme in Deutschland nicht auf Menschen mit Migrationshintergrund beschränkt. Das Phänomen der Respektlosigkeit von Kindern gegenüber Lehrkräften sei zum Beispiel nicht nur auf einen Personenkreis begrenzt, sagte Wüst am Dienstag in Düsseldorf. Weiterlesen

Neuer Höchststand bei Aufnahme von Geflüchteten

Mainz (dpa/lrs) – 57 473 Männer, Frauen und Kinder haben im letzten Jahr in Rheinland-Pfalz Schutz und Zuflucht gefunden und lösen damit den Höchststand aus dem Jahr 2015 ab. Davon flüchteten mehr als 44.000 Menschen vor dem Krieg in der Ukraine in das Bundesland, wie das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration in Rheinland-Pfalz am Freitag mitteilte. Zuletzt gab es 2015 großen Andrang, damals kamen allerdings 4627 Schutzsuchende weniger als 2022 nach Rheinland-Pfalz. Weiterlesen

Wenn Asylbewerber monatelang obdachlos sind

Von Mia Bucher und Annette Birschel, dpa

Brüssel/Amsterdam (dpa) – Seit fast drei Monaten schläft Faraidoon in einem kleinen blauen Zelt neben einer stark befahrenen Straße in der Brüsseler Innenstadt. Auf von Regen durchweichten Holzpaletten stehen gut 20 weitere Zelte eng an eng. Oft teilen sich zwei Männer eine spärliche Behausung. Wie der 27 Jahre alte Fairadoon kommen die meisten von ihnen aus Afghanistan. Nach ihrer Ankunft in Belgien haben sie einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Einen Platz in einem Asylwohnheim, der ihnen gesetzlich zusteht, haben sie bislang jedoch nicht erhalten.

Asylunterkünfte in Belgien und den Niederlanden sind seit Monaten hoffnungslos überlastet. Schätzungen der zuständigen belgischen Behörde Fedasil zufolge waren Anfang des Jahres rund 3000 Schutzsuchende in Belgien obdachlos. Sie leben in Zelten wie Faraidoon oder in einem verlassenen Gebäude in der Brüsseler Innenstadt. «Das ist inakzeptabel», sagt Fedasil-Sprecher Benoit Mansy der Deutschen Presse-Agentur. Doch die Kapazitäten reichten einfach nicht aus.

«Die Lage ist unter die humanitäre Untergrenze gesunken»

Auch in den Niederlanden müssen viele Asylsuchende unter erbärmlichen Umständen leben. Rund 22.000 wohnen bereits seit über einem Jahr in Notunterkünften, etliche von ihnen seit über einem Jahr auf Feldbetten in Turnhallen oder großen Zelten, dünne Stellwände sorgen kaum für Privatsphäre. «Die Lage ist unter die humanitäre Untergrenze gesunken», erklärte das Flüchtlingshilfswerk des Landes und zog im vergangenen Sommer vor Gericht – mit Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Umstände nicht internationalen Normen entsprächen.

Die niederländische Asylkrise ist vor allem hausgemacht: Im vergangenen Jahr waren es laut der zentralen Behörde für die Aufnahme von Asylsuchenden COA rund 47.000 Menschen, die hier Asyl suchten – keine außergewöhnlich hohe Zahl. 2015 waren noch rund 60.000 registriert worden. Doch um zu sparen, hatte die Regierung Personal und Plätze in Aufnahmezentren gestrichen. Die Wartezeit für die Bearbeitung der Asylanträge wurde immer länger. Zusätzlich sorgt die allgemeine Misere auf dem Wohnungsmarkt dafür, dass kaum Plätze in den Wohnheimen frei werden. Daher werden viele Ankömmlinge in Notunterkünften untergebracht, in Turnhallen oder auf Passagierschiffen.

Auf Straßen übernachten müssen Asylbewerber nach Erkenntnissen des Deutschen Städte- und Gemeindebunds in Deutschland nicht. Auch wenn sich die Zahl der Schutzsuchenden 2022 im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöhte (um knapp 47 Prozent) – im vergangenen Jahr stellten rund 218.000 Menschen einen Asylerstantrag.

Was läuft schief?

Wieso gelingt es Belgien nicht, die Asylsuchenden besser zu versorgen? Faraidoon beklagt, Fedasil teile ihm Woche zu Woche mit, weiter auf eine Unterkunft warten zu müssen. Magali Pratte von der Brüsseler Obdachlosenhilfe Samussocial wirft der Politik fehlenden Willen vor. Um Menschen vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, gebe es auch in dem kleinen Königreich leerstehende Gebäude, in denen Schutzsuchende zumindest vorläufig unterkommen könnten. Schnelle pragmatische Lösungen gehörten jedoch nicht zu den Stärken der staatlichen Organe, kritisiert Pratte.

Nach Angaben der belgischen Behörde für Flüchtlinge und Staatenlose haben 2022 knapp 37.000 Menschen einen Asylantrag in Belgien gestellt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspreche das einem Anstieg von 42 Prozent. Die meisten Menschen kamen demnach aus Afghanistan, Syrien, Burundi und Palästina. Zudem haben der Statistikbehörde Eurostat zufolge rund 57.000 Ukrainerinnen und Ukrainer zwischen März und November Schutz in dem Land gesucht. Sie müssen in der EU jedoch kein Asyl beantragen und haben etwa freien Zugang zum Wohnungsmarkt.

EU-Staaten streiten schon seit Jahren über Verteilung

Insgesamt gibt es in dem 11,6-Millionen-Einwohner-Land laut Fedasil 33.500 Plätze in Asylunterkünften. 5000 davon seien im vergangenen Jahr neu geschaffen worden. Die Plätze seien teils jedoch über lange Zeiträume besetzt, weil Asylbewerber monatelang auf ihren Bescheid warten müssten, sagt Behördensprecher Mansy. Die belgische Regierung fordert, Asylbewerber müssten gleichmäßiger auf alle EU-Länder verteilt werden. Doch die EU-Staaten streiten schon seit Jahren erbittert über eine solche Verteilung.

Mit der Not vieler Asylbewerber in Belgien beschäftigte sich zuletzt sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Knapp 150 Schutzsuchende hatten gegen den belgischen Staat geklagt, weil sie wie Faraidoon auf der Straße schlafen müssen – und keine sauberen Toiletten und Duschen zur Verfügung haben. Das Gericht gab ihnen Recht und wies Belgien dazu an, den Klägern eine Unterkunft zu bieten. Mehr als zwei Monate sind seit dem Urteil vergangen. Fedasil-Sprecher Benoit Mansy versicherte auf dpa-Anfrage, dass die Kläger bevorzugt behandelt würden. Trotzdem seien einige von ihnen immer noch obdachlos.

Wie lange Faraidoon und die anderen Männer noch in ihren Zelten ausharren müssen, wissen sie nicht. Manche sind eigenen Angaben zufolge schon seit fünf, sechs Monaten auf der Straße. Frauen sieht man in dem Camp keine. Genauso wie Kinder und Familien werden sie Mansy zufolge bei der Unterbringung bevorzugt. Laut Pratte gibt es unter den Obdachlosen Fälle von Krätze, Diphtherie und Tuberkulose. Viele hätten einen schweren Lebensweg hinter sich und seien traumatisiert. Das Leben auf der Straße verschlimmere die Probleme. Trotz der widrigen Umstände sind sich die Männer aber einig: Sie sind lieber in Belgien auf der Straße als in Afghanistan bei den Taliban.

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Land fördert Sprachmittlung für Geflüchtete und Migranten

Mainz (dpa/lrs) – Bei Behördengängen, einem Elterngespräch in der Schule oder beim Arzt sollen zugewanderte Menschen in Rheinland-Pfalz von Anfang an sprachliche Unterstützung erhalten. Mit diesem Ziel stellte Integrationsministerin Katharina Binz am Donnerstag in Mainz das seit Sommer 2022 bestehende Haus der Sprachmittlung vor, das Menschen unterschiedlicher Fremdsprachenkenntnisse miteinander vernetzen und bei Bedarf für sprachkundige Unterstützung sorgen soll. Das Integrationsministerium fördert die Einrichtung bis Ende 2024 mit 710.700 Euro. Weiterlesen

Initiativen fordern Verbesserungen bei Ausländerbehörden

Mainz (dpa/lrs) – Der Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz fordert zusammen mit kirchlichen Hilfswerken und weiteren Organisationen grundlegende Verbesserungen in der Arbeit der Ausländerbehörden. Die Situation bei zahlreichen Ausländer- und Einbürgerungsbehörden sei katastrophal, kritisierten die Unterzeichner eines am Mittwoch in Mainz veröffentlichten Schreibens an die Landesregierung und die Kommunen in Rheinland-Pfalz. Weiterlesen

Hessens Ministerpräsident mit Finanzausgleich

Berlin (dpa) – Hessens Ministerpräsident Boris Rhein fordert eine Neugestaltung des Finanzkraftausgleichs der Länder und zieht auch eine Klage dagegen in Betracht. «Ich halte es für dringend notwendig, dass wir den Länderfinanzausgleich auf die Tagesordnung setzen und die Frage der Gerechtigkeit diskutieren», sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Wenige Länder zahlen, viele kassieren», sagte Rhein. Das sei kein ausgewogenes Verhältnis. «Wenn die Verhandlungen scheitern, ist die Klage immer noch eine Option», sagte Rhein. Weiterlesen

Heil: Beschäftigte sollen in Bildungszeit gehen können

Von Basil Wegener, dpa

Berlin (dpa) – Beschäftigte in Deutschland sollen nach dem Willen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) künftig während ihrer Berufslaufbahn in bezahlte Bildungszeit gehen können. «Wir werden nach österreichischem Vorbild eine Bildungszeit in Deutschland ermöglichen», sagte Heil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Bildungszeit und andere Maßnahmen sollen mit einem Weiterbildungsgesetz eingeführt werden. Das Gesetz solle in den nächsten Wochen im Bundeskabinett beschlossen werden und Beschäftigten angesichts des Fachkräftemangels in Deutschland zusätzliche Chancen eröffnen, sagte Heil.

In Österreich können Beschäftigte für maximal ein Jahr eine berufliche Auszeit für eine Aus- oder Weiterbildung nehmen – oder eine Bildungsteilzeit für bis zu zwei Jahre. Wer so eine «Bildungskarenz» nimmt, kann ein Weiterbildungsgeld bekommen.

Heil kündigte an, auch in Deutschland sollten sich Beschäftigte künftig ein Jahr beruflich weiterbilden können, wenn sie und der Arbeitgeber sich zuvor darauf verständigt haben. «Das lässt sich auch als Bildungsteilzeit in zwei Jahren organisieren», so Heil weiter. «Über Mittel der Bundesagentur für Arbeit wird dabei der Unterhalt sichergestellt, und zwar auf Höhe des Arbeitslosengeldes, also 60 Prozent für Alleinstehende, 67 Prozent mit Kind.»

Fahrten von Azubis werden übernommen

Im Weiterbildungsgesetz wird laut Heil eine «Ausbildungsgarantie» enthalten sein. Jeder junge Mensch solle die Chance auf eine Ausbildung haben. «Dafür fördern wir etwa die Mobilität und Berufsorientierung von jungen Menschen.» Denn regional gebe es große Unterschiede. «In Regionen mit Vollbeschäftigung finden Unternehmen teils keine Azubis. In strukturschwachen Regionen schreiben sich junge Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen, die Finger wund.»

Helfen soll eine Mobilitätsunterstützung für Praktika. «Wenn jemand beispielsweise im nördlichen Ruhrgebiet keine Ausbildungsstelle findet, aber es in Köln die Möglichkeit gibt, ein Praktikum zur Berufsorientierung zu absolvieren, dann unterstützen wir das durch Übernahme von Unterkunfts- und Mobilitätskosten», kündigte Heil an. Bei Azubis würden Kosten für Familienheimfahrten übernommen.

771 Millionen Euro für neues Gesetz

Das finanzielle Volumen des Weiterbildungsgesetzes soll laut Heil bei der Bundesagentur für Arbeit bis zum Jahr 2026 aufwachsend jährlich rund 771 Millionen Euro betragen. 190 Millionen Euro sollen aus dem Bundeshaushalt dazukommen. Demgegenüber stünden Beitrags- und Steuereinnahmen durch den Aufbau von Beschäftigung.

«Deutschland braucht nicht nur Master, sondern auch Meister», sagte Heil. Viele junge Menschen wüssten gar nicht, «welche tollen Berufe es vor allem in der beruflichen Bildung gibt». Dies soll sich nach Heils Vorstellungen bereits in der Schule ändern: «Ich wünsche mir, dass wir an allen Schulen in Deutschland möglichst ab der fünften Klasse verpflichtend Berufsorientierung haben.»

Insgesamt soll laut Heil der Strukturwandel der Wirtschaft durch einen «ganz neuen Werkzeugkasten» für Weiterbildung flankiert werden. Fördermöglichkeiten würden vereinfacht – Deutschland müsse «Weiterbildungsrepublik» werden. Wenn Unternehmen im Wandel große Teile der Belegschaft weiterqualifizieren müsse, solle ein Qualifizierungsgeld helfen.

Heil will alle Potenziale ausschöpfen

«Viele Unternehmen suchen händeringend Arbeits- und Fachkräfte», sagte Heil. «Ob im Handwerk, in der Pflege, am Bau – das ist faktisch in jeder Branche ein großes Thema.» Fachkräftemangel dürfe nicht zur Wachstumsbremse werden. Ab 2025 gingen die Babyboomer Stück für Stück in den Ruhestand. Gleichzeitig verließen heute rund 45 000 Schülerinnen und Schüler Jahr für Jahr die Schule ohne Abschluss.

Künftig müssten alle Potenziale im Inland ausgeschöpft werden. «Hier müssen wir alle Register ziehen», sagte Heil. Dazu gehöre auch, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu steigern sowie Menschen mit Handicap und Ältere noch stärker am Erwerbsleben zu beteiligen.

Einwanderungsgesetz im März

«Deutschland braucht zusätzlich qualifizierte Zuwanderung», sagte der Minister. Er rechne damit, «dass wir Anfang März im Bundeskabinett einen Gesetzentwurf für ein modernes Einwanderungsgesetz beschließen werden». Hierfür hatte die Koalition im November bereits Eckpunkte vorgelegt. Anders als heute sollen verstärkt Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger ohne anerkannten Abschluss ins Land kommen dürfen.

«Die Möglichkeiten für qualifizierte Einwanderung werden entbürokratisiert», bekräftigte Heil. Visa zur Arbeitsaufnahme sollten schneller erteilt werden. «Zudem bekommen Menschen, die eine Ausbildung in ihrem Heimatland erworben haben, die Möglichkeit, in Deutschland zu arbeiten.»

Als weitere Säule werde eine Chancenkarte eingeführt, mit der Menschen nach einem Punktesystem nach Deutschland kommen könnten. «Dazu schlagen wir die Kriterien Qualifizierung, Berufserfahrung, Alter, Sprachkenntnisse oder auch Deutschlandbezug vor», so der Minister. «Wenn man entsprechende Punkte aus dem Kriterienkatalog erfüllt, steht einem der deutsche Arbeitsmarkt offen.»

Anwerbestrategie geplant

Heil kündigte über das reine Gesetz hinaus eine «Anwerbestrategie von Staat und Wirtschaft» an. Fachkräfteeinwanderung dürfe nicht nur hingenommen werden. «Wir müssen sie wollen, organisieren und gezielt in anderen Ländern dafür werben.» An die Adresse der Union gerichtet sagte Heil: «Ich erwarte von CDU und CSU, dass sie sich zu qualifizierter Einwanderung bekennen.» Ein breiter Konsens der Demokraten sei wünschenswert.

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Merz verteidigt Pascha-Aussage – Notwendige Diskussion

Berlin (dpa) – CDU-Chef Friedrich Merz hat seine in der ZDF-Sendung «Markus Lanz» getroffene Pascha-Aussage verteidigt. Es sei eine notwendige Diskussion, «dass wir uns über die Frage unterhalten: Was läuft in diesem Land eigentlich schief?», sagte er am Freitag im ZDF-«Morgenmagazin». Lehrerinnen und Lehrer hätten in den Schulen oftmals das Problem, anerkannt zu werden bei den Schülern – wobei es sich oftmals um Schüler aus Migrantenfamilien handle. Über diese Themen müsse man Merz zufolge diskutieren, denn «was in der Schule schief läuft, kann man hinterher in der Gesellschaft kaum noch wieder korrigieren». Weiterlesen

Merz nach Pascha-Aussage in der Kritik

Berlin (dpa) – CDU-Chef Friedrich Merz hat mit einer Aussage über Migrantenkinder und deren Gehorsam gegenüber Lehrerinnen und Lehrern für Aufregung gesorgt. Im Kontext der Krawalle in der Silvesternacht hatte Merz in der ZDF-Sendung <<Markus Lanz>> über den Umgang mit Lehrerinnen und Lehrern gesagt: «Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten. Insbesondere, wenn es sich um Lehrerinnen handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen.»

Mit dem Begriff «Pascha» werden umgangssprachlich besonders Männer bezeichnet, die sich wie selbstverständlich von einer Frau bedienen lassen. Weiterlesen

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