Kinderpornografie – Polizei durchsucht rund 20 Wohnungen

Berlin (dpa) – Wegen des Verdachts auf Kinder- und Jugendpornografie durchsucht das Landeskriminalamt seit dem frühen Dienstagmorgen mehrere Wohnungen in Berlin. Rund 40 Einsatzkräfte seien unterwegs, teilte die Polizei auf Twitter mit. Durchsucht würden rund 20 Objekte, sagte ein Sprecher. Alle Polizeidirektionen in der Stadt seien involviert. Unklar blieb zunächst, gegen wie viele Verdächtige ermittelt wird. Weiterlesen

Daniel Fehlow will sich als Vater nicht mehr stressen

Berlin (dpa) – Schauspieler Daniel Fehlow («Gute Zeiten, schlechte Zeiten») will sich nicht mehr unnötig unter Druck setzen, wenn es um das Freizeitprogramm für seine Kinder geht. «Oft denkt man “Du musst den Kindern jeden Tag etwas Besonderes bieten!” und fragt sich: “Was präsentiere ich ihnen jetzt, was zeige ich ihnen Neues?”, sagte der 47-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Man plane dann Musicalbesuche, Nachmittage im Erdbeerhof oder Schwimmbad. «Dabei kann man auch einfach mal in den Wald fahren und ein bisschen rumstreunern, dann ergibt sich vieles von alleine.» Weiterlesen

«Nein heißt nein»: Bewusstsein der Clubszene steigt

Von Jenny Tobien, dpa

New York/Frankfurt/Berlin (dpa) – Wer in das «House of Yes» in New York reinkommen will, wird erst einmal auf sympathische Art über die Hauskultur informiert. Denn in dem angesagten Club im Bezirk Brooklyn kann es auch mal etwas freizügiger zugehen – aber nur mit Respekt und Einverständnis.

«Zustimmung ist alles, auf und außerhalb der Tanzfläche», heißt es dort. Deshalb gelte es immer zu fragen, bevor man in Körperkontakt trete. Und: «Es ist in Ordnung, im “House of Yes” Nein zu sagen.» Um sicherzugehen, dass die Clubgänger, die in einer winterlichen Nacht am Eingang anstehen, alles richtig verstanden haben, werden sie animiert, gemeinsam im Chor einzustimmen: «Nein heißt nein» und «Ja heißt ja».

Geschultes Personal und Codewörter

Aber nicht nur in New York, auch hierzulande steigt das Bewusstsein: «Awareness ist ein Thema, das sich schnell entwickelt, die Sensibilität dafür ist groß», sagt Victor Oswalt vom Netzwerk Clubs am Main, in dem sich um die 15 Clubs aus dem Rhein-Main-Gebiet zusammengeschlossen haben. Daten zu Fallzahlen lagen demnach aber nicht vor. Die Konzepte der Party- oder Clubbetreiber seien dabei ganz individuell. So gebe es geschulte Awareness-Beauftragte oder Codewörter, mit denen man sich an der Bar melden könne.

Der Frankfurter Club «Tanzhaus West» betont, keinerlei Form von sexuellem Missbrauch, übergriffigem oder sexistischem Verhalten sowie Diskriminierungen jeglicher Form, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie oder andere Formen von Gewalt zu dulden. Wer sich belästigt fühle oder entsprechende Situationen beobachtet habe, könne sich jederzeit an das Personal wenden – auch anonym außerhalb des Clubbetriebs. Zudem seien zwei Frauen als Ansprechpartnerinnen installiert worden, «die sich Zeit für Deine Geschichte nehmen».

Awareness in Zeiten von #metoo und Black Lives Matter

Das Thema spielt auch in Berlin, der Hauptstadt der Clubkultur in Deutschland, eine wichtige Rolle. So hat die Berliner Clubcommission für Anliegen rund um Awareness, Diversity und Antidiskriminierung eigens die «Awareness Akademie» ins Leben gerufen.

«Natürlich handelt es sich um ein gesamtgesellschaftliches Thema, und durch öffentliche Debatten wie #metoo oder Black Lives Matter ist die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für Diskriminierung, sexualisierte Gewalt oder Grenzüberschreitungen gestiegen», sagt Katharin Ahrend von der Akademieleitung. «Clubs kommt jedoch eine besondere Rolle zu, da sie auch als Schutzräume, also Räume, in denen sich alle frei und sicher fühlen sollen, fungieren.» Auch in Berlin gebe es bislang keine konkreten Zahlen.

Die Akademie bietet den Clubs konkrete Unterstützung bei der Awareness-Arbeit an, beispielsweise durch Workshops. Anfragen gebe es inzwischen aus ganz Deutschland. «Diese Entwicklung ist sehr positiv», sagt Ahrend. «Gleichzeitig gibt es hier noch große Unterschiede, während die einen schon seit Jahren Wissen und Strukturen aufbauen, gibt es auch Clubs, die sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigen.» In Berlin seien etwa das «Mensch Meier» oder das «about blank» schon lange dabei, dem Thema besondere Aufmerksamkeit zu schenken, und auch der «Tresor» und das «RSO» sind im Zuge der Wiedereröffnung der Clubs in diesem Bereich aktiv.

«Ist Luisa hier?»

«In der Pandemie ist viel passiert», erklärt Ahrend. «Als es still wurde in den Clubs, haben sich viele die Zeit genommen, um ihre Mitarbeitenden intensiv zu schulen und hausinterne Teams aufzubauen.»

Im westfälischen Münster hat der Frauen-Notruf bereits 2016 die Kampagne «Luisa ist hier!» auf den Weg gebracht, an der sich inzwischen Kommunen aus ganz Deutschland beteiligen. Wenn sich Frauen in Bars oder Clubs belästigt, bedrängt oder bedroht fühlen, können sie sich mit der Frage «Ist Luisa hier?» an das Personal wenden, um unmittelbar und diskret Hilfe zu bekommen.

Mit dabei ist beispielsweise die Stadt Wiesbaden. «Alles was Geld kostet, übernimmt die Stadt», sagt die kommunale Frauenbeauftragte Saskia Veit-Prang. Aber: «Im Moment ist die Resonanz nicht euphorisch.» Bislang würden sich lediglich vier Locations beteiligen. In nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg startete «Luisa ist hier!» bereits 2018. «Generell ist das Feedback positiv, aber es ist schwierig, das Projekt tatsächlich in die Bars und Clubs zu tragen», erklärt auch die dortige Frauenbeauftragte Beate Friedrich.

Bei der aktuellen Fluktuation des Personals sei eine Herausforderung für die Clubs, die kostenfreien Schulungen umzusetzen. «Aber es reicht nicht, die Plakate aufzuhängen oder die Flyer in der Damen-Toilette auszulegen», sagt Friedrich. «Ich hoffe, wenn sich jetzt nach Corona alles wieder normalisiert und mehr Stammpersonal in der Gastro arbeitet, dass dann die Bereitschaft der Betreiber steigt.»

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Designer Gritsfeldt: «Menschen wollen die gleichen Dinge»

Von Julia Kilian, dpa

Berlin (dpa) – Wie kann neben dem Grausamen auch das Schöne entstehen? Wie bringt man zwei Welten zusammen? Und wie hält man sie aus, die Gleichzeitigkeit der Dinge?

Zum Beginn der Berliner Modewoche bereitet sich auch der ukrainische Designer Jean Gritsfeldt (33) auf seine Show vor. Er will seine Entwürfe am Donnerstag zeigen – und diesmal läuft es anders als vor einem Jahr. Im März 2022, kurz nach Kriegsausbruch in der Ukraine, konnte er nicht selbst nach Deutschland kommen.

Der Angriff Russlands lag damals wenige Wochen zurück. Seitdem ist bald ein Jahr vergangen, und täglich gehen Bilder aus der Ukraine um die Welt. Von zerbombten Häusern und Menschen, die ohne Strom, Gas und fließendes Wasser auskommen müssen. Millionen Menschen sind geflohen, viele ums Leben gekommen.

Weil Gritsfeldt im vergangenen Frühjahr wegen des Kriegs nur per Video zur Modewoche zugeschaltet werden konnte, halfen Menschen kurzerhand und bauten seine Kollektion nach. Mittlerweile ist Gritsfeldt selbst in Berlin. Vor Beginn der Fashion Week, die am Montag losgegangen ist, gibt er ein Interview. Seine Ausstrahlung hat etwas Überirdisches. Das liegt sicher auch an den Dingen, die er sagt.

Zwei Wirklichkeiten

Wenn man ihn fotografiert, merkt man, dass er selbst früher als Model gearbeitet hat. Fühlt sich das nicht merkwürdig an, ein Jahr nach Kriegsbeginn zwischen Modeln und Influencern? «Auf diese Frage habe ich noch keine Antwort», sagt er. «Es ist ein sehr komisches Gefühl.» Man frage sich, ob man glücklich sein und das zeigen könne. «Denn gleichzeitig weiß man, wie viele Menschen gerade leiden.»

Wenn er nach Berlin zurückkomme, habe er dieses merkwürdige Gefühl von zwei Realitäten. Vielleicht sei auch das eine Transformation – wenn man versuche, diese Erfahrung in Kunst umzusetzen, in Arbeit. Vielleicht gebe ihm das die Kraft. «Wenn ich nicht meine Kunst als Waffe hätte, dann wüsste ich nicht, was mit mir wäre.»

Während der Modewoche stehen auch andere ukrainische Kreative im Programm. Die Fashion Week findet zweimal im Jahr statt. Neben den Laufstegschauen gibt es Messen und Konferenzformate. Ein Sponsor, der Autohersteller Mercedes-Benz, ist diesmal nicht mehr mit seiner übergeordneten Show MBFW dabei, sondern unterstützt eine Einzelshow von Marc Cain am Mittwoch. Dann sollen US-Schauspielerin Andie MacDowell und Tochter Rainey Qualley kommen.

Am Montagnachmittag öffnete bereits der Berliner Salon. Dort stellen mehrere Designerinnen und Designer einige ihrer Entwürfe in einem früheren Parkhaus aus. Menschen laufen also in schöner Kleidung die Auffahrtrampen hoch, warten auf den Einlass, machen Fotos. In der Ausstellung sieht man dann Materialcollagen, japanisch angehauchte Schnitte, ungewöhnliche Hüte, viele Ideen.

Im Zeichen des Krieges

Die Modewoche bringt oft schöne Bilder, etwas Realitätsflucht, etwas Eitelkeit. Aber man würde der Modewelt allein mit dieser Beschreibung nicht gerecht. Das hat man im vergangenen Jahr gesehen – damals wurde es mit der Unterstützung anderer Menschen erst möglich, dass Gritsfeldts Show trotz des Kriegs stattfinden konnte.

Damals hörte man zu Beginn der Show Sirenen. Die Kleidung zeigte Statements wie «Respect», «Freedom», «Unity», «Peace», «Ukraine», «Humanity» und «Poetry». Models trugen auch eine Stoffbahn mit den ukrainischen Farben blau-gelb über den Laufsteg. Diesmal will Gritsfeldt neben dem Protest andere Elemente seiner Arbeit zeigen. In der Ukraine sei er so etwas wie ein Superstar gewesen, sagt er. Er habe mit Prominenten gearbeitet.

Die Krieg gehört zu seiner Geschichte, aber ist eben nur ein Teil. Gritsfeldt wünscht sich, dass die Menschen weiterhin auch für das gesehen werden, was sie besonders gut können, für ihre Fähigkeiten und Ideen. Sein Anliegen für diese Saison sei auch, das Bild eines ukrainischen Designers zu zeigen – nicht als Opfer, sondern als ausgewiesener Spezialist. Unter diesen neuen Bedingungen etwas zu erschaffen sei nicht so einfach. «Ich will ehrlich sein – ich bin immer noch ein Mensch.» Auch er fühle sich nachts manchmal einsam. Er sagt, sie alle hätten nur einen Wunsch: «Dieses Jahr einen Sieg zu erringen.»

Im Gespräch macht er deutlich, dass er an eine universelle Verbundenheit der Menschen glaubt. «Menschen wollen die gleichen Dinge», sagt er. «Sie wollen geliebt werden. Sie wollen glücklich sein. Sie wollen großartig aussehen. Sie wollen Freiheit spüren.»

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Bündnis «Wir haben es satt» ruft zu Agrardemo in Berlin auf

Berlin (dpa) – Mit Forderungen wie einer Senkung der Mehrwertsteuer auf «klimagerechte Lebensmittel» will das Bündnis «Wir haben es satt» am Samstag in Berlin für eine Agrarwende demonstrieren. Wie Lebensmittel hergestellt würden, schade dem Klima, der Artenvielfalt und der Gesundheit der Menschen, sagte Bündnissprecherin Inka Lange am Montag. Ohne eine Wende in der Landwirtschaftspolitik und beim Thema Ernährung seien die Klimaziele nicht einzuhalten.

Die Demonstration des Bündnisses anlässlich der Agrarmesse Grüne Woche findet seit mehreren Jahren statt. Am Samstag steht sie unter dem Motto «Gutes Essen für alle – statt Profite für wenige». Träger des Bündnisses sind Vertreter ökologisch und konventionell wirtschaftender Bauern, Natur-, Umwelt- und Tierschutzverbände sowie kirchliche Hilfswerke. Die Grüne Woche beginnt am Freitag. Weiterlesen

Auto kracht in Brandenburger Tor – Toter Mann im Wagen

Berlin (dpa) – Ein Auto ist in der Nacht zu Montag gegen eine Säule des Brandenburger Tors in der Berliner Innenstadt gerast. In dem Wagen hätten Feuerwehrleute einen toten Mann gefunden, sagte ein Polizeisprecher am frühen Morgen. Außer ihm habe zum Zeitpunkt des Zusammenpralls höchstwahrscheinlich niemand in dem Auto gesessen. «Weitere Personen kamen nach ersten Erkenntnissen nicht zu Schaden», teilte die Polizei später über Twitter mit. Weiterlesen

Den Schulweg sichern: 70 Jahre Schülerlotsen

Von Silke Sullivan, dpa

Berlin (dpa) – Eine viel befahrene Kreuzung, nur wenige Hundert Meter von einer Grundschule entfernt. Fußgängerampeln oder Zebrastreifen? Fehlanzeige. Dafür stehen zwei Kinder auf der Straße in der Dunkelheit. Sie tragen neongelbe Jacken und Mützen und halten mit ausgestreckten Armen Reflektor-Kellen in den Händen. Während ein Auto und ein Laster vor den beiden Mädchen halten, laufen Schülerinnen und Schüler in der von ihnen gebildeten Gasse über die Straße.

Situationen wie diese in Berlin kann man morgens in der Nähe vieler Schulen in Deutschland beobachten. Statt Fußgängerüberwege und Ampeln sichern Kinder oder Jugendliche die Straßen für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Dafür stehen sie freiwillig früher auf. Den Schülerlotsendienst gibt es offiziell seit 70 Jahren. Am 14. Januar 1953 führte ihn der damalige Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm (1903-1967) für die Bundesrepublik ein.

Seither haben die jungen Helfer wohl viele Unfälle verhindert. Laut Deutscher Verkehrswacht, die unter anderem die Ausrüstung dafür bereitstellt, ist an von Lotsen gesicherten Übergängen noch kein schwerer oder tödlicher Unfall passiert. Dafür gibt es zum Jubiläum ein Dankeschön vom Bundesverkehrsminister. Das Konzept, dass junge Menschen Verantwortung übernehmen und «den Kleinsten eine eigenständige Mobilität» ermöglichten, sei auch 70 Jahre nach der Einführung zeitgemäß, lobt Volker Wissing (FDP).

USA waren Vorbild

Anstoß für die Initiative gab die hohe Zahl von Kindern, die damals im Straßenverkehr verunglückten. Laut Statistischem Bundesamt kamen 1953 allein in Westdeutschland (ohne Saarland) 32.807 Kinder unter 13 Jahren zu Schaden, 1147 Kinder starben. Zum Vergleich: 2021 verloren in ganz Deutschland 49 Kinder unter 15 Jahren bei Verkehrsunfällen ihr Leben, rund 22.300 Kinder verunglückten. Der Zuwachs an Mobilität im Zuge des Wirtschaftswunders, der nach dem Krieg als Indikator von Wohlstand und Lebensqualität galt, wurde zunehmend zum Problem. Eltern hatten Angst, ihre Kinder allein zur Schule zu schicken.

Die ersten Schülerlotsendienste in Deutschland entstanden in Baden-Württemberg Ende der 1940er Jahre. Die Idee stammte aus den USA, wo Jugendliche schon seit den 1920er Jahren den Schulweg für ihre jüngeren Mitschüler sicherten. Amerikanische Besatzungstruppen brachten den Gedanken mit. In Kornwestheim bei Stuttgart etwa verlangte die amerikanische Besatzungsbehörde, dass die Schüler beim Verlassen der Schulgebäude selbst für Ordnung sorgten.

Mit der bundesweiten Einführung 1953 hob man den freiwilligen Dienst auf eine neue Stufe. Für die jungen Helfer gab es eine einheitliche Ausrüstung – mit weißem Schulterriemen und weißer Koppel noch nicht so knallig wie heute. Ähnlich sah die Uniform in der DDR aus, wo es ebenfalls Schülerlotsen gab.

Die Zahl der Schüler, die mitmachten, wuchs schnell. Die Lotsen waren bei vielen beliebt und bekamen eine Menge Aufmerksamkeit. Der Sieger des Schülerlotsen-Bundeswettbewerbs 1956, ein 13 Jahre alter Junge aus Kassel, durfte sogar in die USA reisen – ein Treffen mit Präsident Dwight D. Eisenhower inklusive. Im Jahr 1975 war die Zahl der Lotsen in Westdeutschland auf stolze 77.000 gewachsen.

Zahl der Lotsen sinkt

Dieses Niveau wird nicht mehr erreicht, im Gegenteil, die Zahl ist gesunken. Die Deutsche Verkehrswacht schätzt, dass bundesweit etwa 50.000 Verkehrshelfer – wie die Lotsen heute genannt werden – im Einsatz sind, darunter viele Erwachsene.

«Bei uns ist die Zahl in den letzten Jahren leider relativ stark zurückgegangen», sagt der Geschäftsführer der Landesverkehrswacht (LVW) in Hessen, Thomas Conrad. In dem Bundesland gibt es demnach nur noch um die 200 Schülerlotsen, vor sechs Jahren waren es noch um die 1000. Conrads Erklärung dafür: Unter anderem sei «die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler dafür nicht mehr so groß, und dieses ehrenamtliche Engagement wird nicht mehr so geschätzt», vermutet er.

Auch in Bayern, das mit rund 25.000 jungen und erwachsenen Lotsen zahlenmäßig an der Spitze der Initiative steht, ist es nach Angaben von LVW-Geschäftsführer Manfred Raubold «ein klein wenig schwieriger geworden», Nachwuchs zu finden. Seiner Ansicht nach hat das mit der Corona-Pandemie zu tun. «Wenn Schulen geschlossen waren und es Home-Schooling gab, war kein Lotsendienst nötig.» Der sei dann teilweise nicht mehr aufgenommen worden.

Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, lobt das Engagement. Er fände es allerdings am besten, wenn alle Schulwege an befahrenen Straßen «mit Ampeln, mindestens aber mit Mittelinseln oder Zebrastreifen abgesichert würden».

Nicht überall werden die Lotsen ernst genommen

Nicht überall, wo die Lotsen im Einsatz sind, läuft es immer reibungslos. In Berlin etwa, wo der Dienst in der Regel schon in der 6. Klasse startet statt meist üblich in der 7., passierte es, dass junge Helfer von Verkehrsteilnehmern nicht ernst genommen wurden. Vor ein paar Jahren stellten einige Schulen den Dienst vorübergehend sogar ein, weil Autos zwischen den Lotsen durchgefahren waren. Teilweise stehen die Kinder dort nun mit Erwachsenen an der Straße.

Die Berliner Schülerinnen Ava, Valerie und Miriam dagegen sichern allein eine Kreuzung nahe ihrer Schule. Die Zehnjährigen sind seit Herbst als Schülerlotsinnen im Einsatz. Bisher laufe es gut, finden sie. Für den Dienst früher aufzustehen, sei kein Problem. Ava sagt: «Es macht Spaß, die Kinder sicher über die Straße zu bringen.»

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Bauern sehen große Unsicherheiten beim Geschäft 2023

Berlin (dpa) – Die deutschen Landwirte blicken angesichts andauernder Risiken auf den Märkten zurückhaltend ins Jahr. «Die Unsicherheiten sind groß», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Deutschen Presse-Agentur vor der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin. Preise für Betriebsmittel wie Energie und Dünger seien massiv gestiegen und nach wie vor auf sehr hohem Niveau. So kosteten Düngemittel aktuell das 3,5-Fache dessen, was sie vor Ausbruch des Ukraine-Krieges kosteten. Dazu komme eine hohe Volatilität auf den Märkten. «Insofern ist es notwendig, dass eine gewisse Liquidität bei den Betrieben da ist, um überhaupt die höheren Vorkosten bei der Erzeugung zu finanzieren.» Weiterlesen

Merz zu Silvesterkrawallen: Mehr Präsenz vom Rechtsstaat

Berlin (dpa) – Nach den Krawallen in der Silvesternacht in Berlin hat CDU-Parteichef Friedrich Merz eine stärkere Präsenz des Rechtsstaats an Brennpunkt-Orten gefordert. Wenn der Staat das ganze Jahr über wegschaue, könnten sich Brennpunkte und rechtsfreie Räume entwickeln, sagte Merz gestern Abend in der ZDF-Sendung «Markus Lanz». «Ich denke, wir haben in Deutschland über zu viel Zeit, zu viele Jahre lang weggeschaut.» Solche Brennpunkte gebe es etwa in Hamburg, Berlin oder Leipzig.

«Wir müssen dem als Rechtsstaat früher begegnen», sagte Merz. Er verwies darauf, dass viele Täter bei den Berliner Krawallen in der Silvesternacht einen Migrationshintergrund gehabt hätten. «Wir haben es mit einem veritablen Problem mangelnder Integration junger Menschen zu tun», sagte Merz. «Ich gehöre nicht zu denen, die pauschal sagen: Diejenigen, die hier als Ausländer leben, sind nicht integriert. Das ist Unsinn.» Weiterlesen

Max Riemelt spielt gerne Geheimagenten

Bonn (dpa) – Schauspieler Max Riemelt («Napola – Elite für den Führer», «Die Welle») schlüpft gerne in die Rolle von Geheimagenten. «Ich spiele gerne Geheimagenten. Eigentlich ist das ja auch der Ursprung des Schauspielers: Man verstellt sich, man verkleidet sich», sagt der 39-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. «Wenn man als Kind auf dem Spielplatz Polizist oder Geheimagent spielt, dann ist das eigentlich eine Vorstufe der Schauspielerei.» Weiterlesen

Berliner Gipfel zur Jugendgewalt sucht Auswege

Von Anne-Béatrice Clasmann und Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Berlin (dpa) – Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik schlug schon im Dezember Alarm. Mehr als 500 Kinder und Jugendliche waren im Lauf des Jahres 2022 mit Gewalttaten aufgefallen – etwa 200 mehr als ein Jahr zuvor. Mit Sorge sehe die Polizei auch die Respektlosigkeit in bestimmten Stadtteilen, sagte Slowik damals. Das war alles vor der Berliner Silvesternacht und dem Aufschrei über Randale, Gewalt und Angriffe auf Polizei und Feuerwehr.

Ein Gipfel zur Jugendgewalt soll heute in Berlin Experten und Politik zusammenbringen und Auswege aufzeigen. Aber schnelle Antworten wird es wohl nicht geben. «Es ist klar, dass man mit einem Gipfel nicht alles löst, aber das war auch nie meine Absicht», sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey vorab.

Krawalle nicht nur in Berlin

Gerade in der Hauptstadt gibt es immer wieder Gewaltausbrüche, und das seit Jahrzehnten. Als 1987 bei Krawallen zum 1. Mai in Kreuzberg ein Bolle-Supermarkt in Flammen aufging, sprachen Lokalpolitiker schon damals von einer «völlig neuen Qualität» und rechtsfreien Räumen. Die Gewalt zum 1. Mai wurde in den vergangenen Jahren eingehegt, doch wird nun bei anderer Gelegenheit randaliert.

Das passiert nicht nur in Berlin. Silvester-Krawalle gab es dieses Jahr auch in Städten wie Bochum oder Frankfurt an der Oder. Sogar im sächsischen Borna kam es laut Polizei aus einer Gruppe am Marktplatz heraus «zum Abfeuern von pyrotechnischen Erzeugnissen in Richtung der Beamten». 2021 wurden in Dresden 185 Polizisten verletzt, als Hooligans nach einem Fußballspiel mit Pyrotechnik auf sie feuerten.

Schwere Straftaten nehmen ab

Die Täter sind in der Regel jung, das Verhalten bisweilen erschreckend aggressiv. Aber ist da wirklich ein Trend? «Wenn wir die Entwicklung von Jugendgewalt in den letzten 20 Jahren anschauen, so sehen wir, dass schwere Straftaten insgesamt abnehmen», sagt der Soziologe Aladin El-Mafaalani vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Osnabrück.

Laut Polizeistatistik sank beispielsweise bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung die Zahl der Tatverdächtigen pro 100.000 Einwohner der Altersgruppe zwischen 8 und 21 Jahren in den vergangenen Jahren deutlich. Lag diese Zahl im Jahr 2010 noch bei durchschnittlich 518, so wurden im Jahr 2020 in dieser Altersklasse noch rund 302 Tatverdächtige pro 100.000 Einwohner ermittelt.

Die jüngste Analyse des Deutschen Jugendinstituts in München zur Jugendgewalt vom August 2022 bestätigt die Tendenz: Die Zahl der polizeilich registrierten jungen Tatverdächtigen sei zuletzt zurückgegangen, sowohl bei einfacher Körperverletzung als auch bei schweren Gewaltdelikten, etwa gefährliche oder schwere Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung und schwere sexuelle Übergriffe, Mord oder Totschlag.

Bild ist verwirrend vielfältig

Nun waren die vergangenen Jahre Corona-Jahre, was auch die Kriminalität beeinflusst hat. Trotzdem sagt Sabrina Hoops, wissenschaftliche Referentin beim Jugendinstitut: «Es entsteht schnell der Eindruck, dass junge Leute immer delinquenter werden. Ein sachlicher Blick auf Gewalt im Jugendalter zeigt aber eher das Gegenteil.»

Das bedeutet nicht, dass es nicht auch gegenläufige Trends und Spitzen gibt – das Bild ist verwirrend vielfältig. In Halle an der Saale etwa, einer Stadt mit 240.000 Einwohnern, sorgen seit einem Jahr sogenannte Jugendbanden für Aufsehen, wie Polizeisprecher Michael Ripke bestätigt.

Eine eigene Ermittlungsgruppe, die «EG Cornern», hatte die 2022 insgesamt 368 Verfahren auf dem Tisch, darunter Körperverletzung, Raub, Bedrohung, Diebstähle, Nötigung und Beleidigung. Beim Raub ging es um Bargeld, Smartphones, Kopfhörer, Jacken oder Schuhe teurer Marken. 139 Tatverdächtige wurden registriert, die meisten zwischen 14 und 18 Jahre, die meisten männlich, 90 von ihnen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die übrigen mit unterschiedlichen Nationalitäten, wie Ripke mitteilt. Die Opfer der Straftaten sind demnach ebenfalls überwiegend zwischen 14 und 17 Jahren alt und männlich.

Berichte über «zunehmende Respektlosigkeit»

Es könne große Probleme mit wenigen jungen Intensivtätern geben, sagt Soziologe El-Mafaalani. Und: «Polizisten, Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Mitarbeiter in den Jobcentern berichten von einer zunehmenden Respektlosigkeit.» Das gelte nicht nur für Jugendliche und auch nicht für nur Menschen mit Migrationshintergrund. Ursachen ließen sich nicht leicht benennen.

Womöglich drückt sich hier auch das aus, was Politologen und Soziologen als Spaltung oder als Fehlen einer gemeinsamen gesellschaftlichen Vision beschreiben. Fest stehe auf jeden Fall, dass verschiedene Gruppen ihre Respektlosigkeit in unterschiedlicher Art und Weise ausdrückten, sagt El-Mafaalani.

Die versuchte Stürmung des Reichstagsgebäudes durch Teilnehmer einer «Querdenker»-Demonstration im August 2020 sei ein Beispiel gewesen, die Gewalt gegen Einsatzkräfte in der zurückliegenden Silvesternacht ein anderes. «Hier waren junge Menschen am Werk, die nicht den Eindruck haben, dass sie von der staatlichen Ordnung profitieren.» Es sei eine starke Hemmungslosigkeit zu beobachten gewesen, «vielleicht auch das Gefühl, nichts mehr zu verlieren zu haben».

«Präventive Infrastruktur» vielerorts «schlecht aufgestellt»

Was also tun nach dem Schock der Silvester-Krawalle? «Was Berlin angeht, so habe ich den Eindruck, dass man dort im Hinblick auf eine präventive Infrastruktur etwa in Schulen und Sozialarbeit besonders schlecht aufgestellt ist», meint El-Mafaalani. «In vielen westdeutschen Großstädten ist der Anteil der Menschen mit Einwanderungsgeschichte höher, aber vieles läuft insgesamt besser.»

Die Regierende Bürgermeisterin Giffey wird es nicht gerne hören. Klar ist aber auch für sie, der Gipfel gegen Jugendgewalt sei «keine Eintagsfliege, sondern der Beginn eines Prozesses».

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