Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nennt den erbitterten Kampf um Sjewjerodonezk eine der vielleicht schwersten Schlachten des Krieges mit Russland. Weiterlesen

Polens Präsident kritisiert Scholz für Gespräche mit Putin

Warschau (dpa) – Polens Präsident Andrzej Duda hat kritisiert, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter mit Kremlchef Wladimir Putin Gespräche führen.

«Ich bin erstaunt über all diese Gespräche, die da geführt werden mit Putin, gerade von Kanzler Scholz, von Präsident Emmanuel Macron. Diese Gespräche bringen gar nichts», kritisierte Duda in einem «Bild»-Interview, das am Mittwoch bei Youtube veröffentlicht wurde.

Zieht Vergleiche zu Hitler: Polens Präsident Duda kritisiert Scholz und Macron scharf. Foto: Hannibal Hanschke/Reuters/Pool/dpa

Vielmehr bewirkten sie «so eine Art Legitimierung eines Menschen, der verantwortlich ist für Verbrechen, die von der russischen Armee in der Ukraine begangen werden», sagte Duda weiter.

Putin allein sei dafür verantwortlich, seine Armee in die Ukraine geschickt zu haben, sagte Duda. Ihm unterstünden die Befehlshaber. Die Situation sei ähnlich wie mit Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg. «Und hat jemand während des Zweiten Weltkrieges auf diese Weise mit Adolf Hitler gesprochen?», fragte Duda. «Sagte jemand, dass er sein Gesicht bewahren muss? Dass man es so machen müsse, dass es nicht erniedrigend ist für Adolf Hitler?» Solche Stimmen kenne er nicht.

Gesandter Selenskyjs rechnet mit EU-Kandidatenstatus

Berlin (dpa) – Der Sondergesandte des ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj für eine EU-Beitrittsperspektive hat sich nach zweitägigen Gesprächen in Berlin zuversichtlich gezeigt, dass sein Land den Kandidatenstatus für die Europäische Union erhalten wird.

Wenn die EU-Kommission in der kommenden Woche eine entsprechende Empfehlung abgebe, gehe er von einer Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni in Brüssel aus, sagte der Minister für regionale Entwicklung, Oliksej Tschernyschow, der Deutschen Presse-Agentur. Er rechne dann auch mit einer Zustimmung Deutschlands. «So wie wir es verstehen, werden sie nicht im Weg stehen, wenn der Bericht (der EU-Kommission) positiv ausfällt.»

Vier Sondergesandte werben für Beitrittsperspektive

Tschernyschow ist einer von vier Sondergesandten Selenskyjs, die derzeit in den EU-Mitgliedstaaten für eine Beitrittsperspektive der Ukraine werben. Er hatte am Dienstag und Mittwoch in Berlin unter anderem Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD), Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) und in Abwesenheit von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ihren Staatsminister Tobias Lindner (Grüne) getroffen.

Tschernyschow geht davon aus, dass die EU-Kommission am 15. Juni ihre Empfehlung zum EU-Kandidatenstatus der Ukraine abgibt. «Vielleicht ist die Entscheidung noch nicht ganz getroffen», sagte er. Aber er sei sicher, dass die Staats- und Regierungschefs der Entscheidung der Kommission folgen würden.

Während sich andere EU-Staaten schon klar für einen Kandidatenstatus der Ukraine ausgesprochen haben, war die Bundesregierung bisher noch zurückhaltend. Vom Kandidatenstatus bis zur Mitgliedschaft in der EU dauert es in der Regel noch viele Jahre.

Tschernyschow setzte sich bei seinem Besuch auch für mehr Tempo bei der Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine ein. «Jeder Tag ist recht entscheidend», sagte er. «Und natürlich wollen wir, dass es schneller geschieht, als es derzeit der Fall ist.» Die Bundesregierung hat mehrere Lieferungen schwerer Waffen versprochen, bisher sind aber noch keine in der Ukraine eingetroffen.

Merkel zu Russland-Politik: «Werde mich nicht entschuldigen»

Berlin (dpa) – Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Russland-Politik in den 16 Jahren als Regierungschefin vehement verteidigt.

Eine Entschuldigung für den von vielen als zu nachsichtig gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisierten Kurs lehnte sie in Berlin in ihrem ersten großen Interview seit dem Ausscheiden aus dem Amt ab. «Also ich sehe nicht, dass ich da jetzt sagen müsste: Das war falsch, und werde deshalb auch mich nicht entschuldigen.»

Merkel hatte am 8. Dezember ihre Amtsgeschäfte an den SPD-Politiker Olaf Scholz übergeben und war danach weitgehend abgetaucht. Fast genau ein halbes Jahr später kehrt sie nun auf öffentliche Bühnen zurück. In der vergangenen Woche hielt sie beim Abschied des langjährigen DGB-Chefs Reiner Hoffmann vor mehr als 200 Gästen die Laudatio. Am Dienstagabend wurde sie im Berliner Ensemble, dem Brecht-Theater am Bahnhof Friedrichstraße, vom Journalisten Alexander Osang fast 100 Minuten befragt.

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Berliner Ensemble mit Spiegel-Reporter Alexander Osang. Foto: Fabian Sommer/dpa

«Heute geht es mir persönlich sehr gut»

Und? Wie geht es ihr jetzt? Als Bürgerin Angela Merkel? «Heute geht es mir persönlich sehr gut», sagt die 67-Jährige, die die letzten Monate mit Spaziergängen an der Ostsee, mit dem Lesen und Hören von Büchern und mit Urlaub in Italien verbracht hat.

Hört sich gut an, wäre da nicht das, was Merkel «Zäsur» und andere «Zeitenwende» nennen. «Ich bleibe natürlich auch ein politischer Mensch und deshalb bin ich in diesen Tagen so wie viele, viele andere auch manchmal bedrückt.» Gemeint ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, den der russische Präsident Wladimir Putin angezettelt hat. Die deutsche Russland-Politik der letzten zwei Jahrzehnte, die Merkel maßgeblich bestimmt hat, liegt in Scherben.

Keine Reue bei Russland-Kurs

Anders als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Anfang April öffentlich Fehler eingeräumt hat, steht Merkel aber zu ihrem Kurs. Inwieweit hat sie dazu beigetragen, eine Eskalation mit Russland zu verhindern? «Ich habe es glücklicherweise ausreichend versucht. Es ist eine große Trauer, dass es nicht gelungen ist», sagt sie.

Der Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland hätte man 2014 zwar härter begegnen können. Man könne aber auch nicht sagen, dass damals nichts gemacht worden sei. Sie verwies auf den Ausschluss Russlands aus der Gruppe führender Industrienationen (G8) und den Beschluss der Nato, dass jedes Land zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben soll. Sie sei nicht «blauäugig» im Umgang mit Russland gewesen.

Auch dass sie sich 2008 gegen eine Nato-Osterweiterung um die Ukraine und Georgien gewandt habe, verteidigte Merkel. Hätte die Nato den beiden Ländern damals eine Beitrittsperspektive gegeben, hätte Putin schon damals einen «Riesenschaden in der Ukraine anrichten können», sagt sie.

Will nicht mit Putin telefonieren

Merkel beklagt, dass es nach dem Mauerfall nicht gelungen sei eine Sicherheitsarchitektur zu schaffen, die die jetzige Eskalation habe verhindern können. «Es ist nicht gelungen in all diesen Jahren, den Kalten Krieg wirklich zu beenden.»

Als Vermittlerin im Ukraine-Krieg sieht sich die frühere Kanzlerin nicht. Auf die Frage, ob sie mit Putin telefonieren würde, sagt sie: «Ich habe nicht den Eindruck, dass das im Augenblick etwas nützt.» Es gebe «aus meiner Sicht wenig zu besprechen».

Trotz des Kriegs und der Differenzen kann Merkel aber auch noch über frühere Begegnungen mit Putin scherzen. Zum Beispiel über das denkwürdige Treffen im Schwarzmeer-Badeort Sotschi 2007, als Putin die Kanzlerin mit seiner schwarzen Labrador-Hündin sichtlich verschreckte. «Eine tapfere Bundeskanzlerin muss mit so einem Hund fertig werden», sagt Merkel heute.

«Volles Vertrauen» in die neue Regierung

Über ihren Nachfolger verliert Merkel kein schlechtes Wort – zumindest nicht direkt. Sie habe «volles Vertrauen» in die neue Bundesregierung und Olaf Scholz, sagt sie. Es seien Menschen am Werk, die keine «Newcomer» seien und die Gegebenheiten kennen würden. Und für den Fall, dass es mal nicht so laufe, habe sie noch ihre Hebel. «Wenn jetzt etwas passieren würde (…), wo ich sage, das geht in die vollkommen falsche Richtung, dann kann ich sehr viele anrufen. Das musste ich aber noch nicht.»

Was der Kanzlerin aber gegen den Strich geht: Dass ihr nun angelastet wird, dass die Bundeswehr so heruntergewirtschaftet ist. Der Wehretat sei seit 2014 gestiegen, sagt sie. Und der SPD lastet sie an, dass die lange keine bewaffneten Drohnen anschaffen wollte.

Zitteranfälle auch wegen Tod ihrer Mutter

In dem Interview spricht Merkel auch über sehr persönliche Dinge. Die öffentlichen Zitteranfälle zum Beispiel, die in der Endphase ihrer Amtszeit für sehr große Besorgnis gesorgt hatten. Das habe zwei Gründe gehabt, sagt sie: Nach dem Tod ihrer Mutter sei sie sehr erschöpft gewesen. Außerdem habe sie zu wenig getrunken.

Nicht zuletzt habe sie dann bei militärischen Ehren Angst gehabt, dass das Zittern wieder auftrete. Deswegen habe sie sich dann bei den Zeremonien einen Stuhl auf das Podest stellen lassen, um die Nationalhymnen im Sitzen abzunehmen.

Keine «ganz normale Bürgerin»

Richtig mitmischen in der Politik will Merkel nicht mehr. «Das ist nicht meine Aufgabe, jetzt Kommentare von der Seitenlinie zu geben», sagt sie. Sie sei «Bundeskanzlerin a.D.» und eben keine «ganz normale Bürgerin». 16 Jahre lang sei alles, was irgendwie von Relevanz gewesen sei, an ihrem Tisch vorbeigekommen. Nun wolle sie sich erst einmal erholen und Abstand gewinnen.

Sie bekomme viele Einladungen, wolle aber nicht nur Termine abarbeiten. Wenn sie lese, sie mache nur noch «Wohlfühltermine», dann sage sie: «Ja.»

Von Michael Fischer, Carsten Hoffmann und Andreas Hoenig, dpa

 

Ukraine-Botschafter Melnyk kritisiert Merkel nach Interview

Berlin (dpa) – Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat Ex-Kanzlerin Angela Merkel für die Rechtfertigung ihrer Russland-Politik in 16 Jahren Regierungsverantwortung scharf kritisiert.

Leider sei im ersten Interview seit dem Regierungswechsel vor einem halben Jahr «kein Hauch Selbstkritik» zu spüren gewesen, sagte Melnyk am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. «Die Äußerungen der Ex-Kanzlerin über die Unfehlbarkeit ihres Russland-Kurses und ihres viel zu nachsichtigen Umgangs mit Diktator Putin sind befremdlich.»

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk wirft – auch – Ex-Kanzlerin Merkel vor, Putin hofiert zu haben und dem Kremlchef zu weit entgegengekommen zu sein. Foto: Michael Kappeler/dpa

Merkel hatte am Dienstagabend im Gespräch mit dem Journalisten Alexander Osang im Berliner Ensemble ihren Russland-Kurs gegen die harsche Kritik der letzten Monate verteidigt. «Also ich sehe nicht, dass ich da jetzt sagen müsste, das war falsch, und werde deshalb auch mich nicht entschuldigen», sagte sie.

Melnyk hielt ihr entgegen, wie es denn sein könne, dass Russland «den blutigsten Krieg in Europa seit 1945» habe starten können, wenn die deutsche Russland-Politik in den letzten Jahrzehnten «so toll war». Putin sei geradezu hofiert worden, und Berlin sei dem Kremlchef immer entgegengekommen. Die jetzigen Äußerungen Merkels seien «sehr bedauerlich», sagte der Botschafter. «Denn ohne eine ehrliche vollumfassende Aufarbeitung der Russland-Politik Deutschlands ist es gar nicht möglich, richtige Schlüsse für das künftige Verhältnis zu Moskau ziehen und seine Aggression zu stoppen.»

Die Ukrainer seien davon überzeugt, dass die deutsche Haltung zur Nato-Mitgliedschaft und EU-Beitrittsperspektive der Ukraine, die jahrelange Ablehnung von Waffenlieferungen nach der Krim-Annexion sowie das «rücksichtlose Vorantreiben» der Erdgasleitung Nord Stream 2 bis zum Krieg «Putin ermutigt haben, die Ukraine anzugreifen».

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Die erbitterten Kämpfe in der Ostukraine gehen weiter. Trotz ihrer Überlegenheit haben die russischen Truppen nach Darstellung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bisher keinen Durchbruch erzielt.

«Die Situation an der Front hat in den letzten 24 Stunden keine wesentlichen Änderungen erfahren», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. «Die äußerst heldenhafte Verteidigung des Donbass wird fortgesetzt.» Der Mittwoch ist für die Ukraine der 105. Tag des Krieges.

Schwere Kämpfe um Sjewjerodonezk

Die schweren Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk halten unvermindert an. Die ukrainische Seite berichtete am Mittwoch, ihre Stellungen würden von russischen Truppen rund um die Uhr beschossen. Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, sagte im Fernsehen: «Mörser, Artillerie, Panzer, Luftangriffe, alles fliegt gerade dorthin.» Zugleich versicherte er: «Niemand wird etwas aufgeben – selbst wenn unsere Soldaten gezwungen sind, sich auf besser befestigte Positionen zurückzuziehen.»

Wegen der schweren Angriffe werde die Bahntrasse zwischen Bachmut und Lyssytschansk von der Ukraine nicht mehr benutzt, sagte der Gouverneur. Der Nachschub für die Nachbarstädte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk werde nun auf anderen Wegen dorthin gebracht. Dem ukrainischen Generalstab zufolge gab es verstärkte Luftangriffe in Richtung Bachmut im Gebiet Donezk und um die ukrainische Gruppierung bei Solote im Gebiet Luhansk. Zum Einsatz kamen demnach auch russische Kampfhubschrauber des Typs Ka-52.

Wo wird noch gekämpft?

Selenskyj nannte auch die Städte Lyssytschansk und Popasna als Schwerpunkte. «Es ist zu spüren, dass die Besatzer nicht geglaubt haben, dass der Widerstand so stark sein wird», sagte der Präsident. Ähnlich äußerte sich der ukrainische Präsidentenberater Olexander Arestowytsch. Die ukrainische Artillerie habe gute Arbeit geleistet, sagte er.

Zugleich räumte Arestowytsch auch Probleme ein. «Auf eine Gegenoffensive können wir lange warten», sagte er. Einige Kämpfer würden dem Druck nicht standhalten. Zudem sei nicht klar, wann und in welchem Umfang neue Waffenlieferungen eintreffen.

Moskau meldet hohe Verluste für ukrainisches Militär

Nach russischen Angaben verzeichnen die ukrainischen Streitkräfte hohe Verluste bei den Kämpfen um die Region Donbass. Allein bei Gefechten um die Stadt Swjatohirsk habe die Ukraine innerhalb von drei Tagen mehr als 300 Kämpfer verloren, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau. Zudem seien 15 Kampffahrzeuge und 36 Waffensysteme zerstört worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Der Generalleutnant berichtete auch von russischen Raketenangriffen auf eine Panzerfabrik in Charkiw. Im Gebiet um die Millionenstadt seien zudem mehrere Gefechtsstände und Truppenansammlungen sowie Stellungen von Raketenwerfern mit Luft-Boden-Raketen beschossen worden. Darüber hinaus habe Russland seine taktische Luftwaffe, die Raketenstreitkräfte und Artillerie in den Gebieten Donezk und Luhansk sowie im südukrainischen Saporischschja eingesetzt. Insgesamt habe die Ukraine binnen 24 Stunden mehr als 480 Soldaten verloren.

Informationssystem zu Kriegsverbrechen

In seiner Videobotschaft am Dienstagabend kündigte Selenskyj ein neues Informationssystem zu Kriegsverbrechen an. In einem «Buch der Folterer» sollen bestätigte Informationen über Kriegsverbrecher und Kriminelle der russischen Armee gesammelt werden.

«Ich habe wiederholt betont, dass sie alle zur Rechenschaft gezogen werden. Und wir gehen das Schritt für Schritt an», sagte der Präsident. Nicht nur direkte Täter wie etwa Soldaten sollen zur Verantwortung gezogen werden, sondern auch deren Befehlshaber, die die Taten ermöglicht hätten – «in Butscha, in Mariupol, in all unseren Städten».

Scholz spricht mit Selenskyj über weitere Unterstützung

Bundeskanzler Olaf Scholz sprach mit Selenskyj über weitere deutsche Unterstützung für die Ukraine. In einem Telefonat am Mittwoch sei es zudem darum gegangen, wie Getreideexporte aus der Ukraine auf dem Seeweg ermöglicht werden könnten, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Die russische Blockade ukrainischer Häfen hat zu einem Stopp dieser Exporte geführt, die zu steigenden Lebensmittelpreisen führt und die Ernährungskrise in vielen armen Ländern vor allem in Afrika verschärft. Scholz unterrichtete Selenskyj auch über sein Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor zwei Wochen.

Selenskyj schrieb auf Twitter, dass auch über die EU-Beitrittspläne der Ukraine gesprochen worden sei. Derzeit führt auch der Sondergesandte Selenskyjs für die EU-Perspektive der Ukraine, Oleksij Tschernyschow, Gespräche mit Regierungsvertretern in Berlin. Die Ukraine hofft, beim EU-Gipfel am 23. und 24. Juni in Brüssel einen Kandidatenstatus zu erhalten.

Altkanzlerin Merkel will mehr Abschreckung

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädiert für eine Verstärkung der militärischen Abschreckung gegenüber Russland. «Das ist die einzige Sprache, die Putin versteht», sagte Merkel in Berlin in einem vom TV-Sender Phoenix übertragenen Interview. Verantwortung für ausgebliebene Investitionen in die Bundeswehr wies sie zurück – und indirekt dem früheren Koalitionspartner SPD zu.

«Ich bin jetzt heilfroh, dass wir nun uns endlich auch entscheiden, nachdem die ganze Welt bewaffnete Drohnen hat, dass wir auch welche kaufen. Und es ist auch nicht an mir gescheitert, dass bestimmte andere Dinge nicht stattfinden konnten», sagte Merkel. «Es war ein sehr zähes Ringen, überhaupt in die militärische Abschreckung zu investieren.»

Norwegen liefert Panzerhaubitzen

Norwegen lieferte der Ukraine 22 Panzerhaubitzen des Typs M109 sowie Munition und Ersatzteile. Die Entwicklung des Krieges mache es erforderlich, dem von Russland angegriffenen Land nun auch schwerere Waffen zu schicken, sagte Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram in Oslo. Eine Panzerhaubitze ist ein schweres Artilleriesystem mit einer Kanone auf einem Kettenfahrzeug, ähnlich einem Panzer.

Aus Sicherheitsgründen sei die Lieferung nicht vorab angekündigt worden, sagte der Minister. Die Ausbildung der ukrainischen Soldaten an den Waffen habe in Deutschland stattgefunden. Norwegen selbst ersetzte die Waffensysteme nach diesen Angaben mit neuer Ausrüstung aus Südkorea.

Gefangene ukrainische Kämpfer nach Russland gebracht

Mehr als 1000 ukrainische Kriegsgefangene aus dem eroberten Stahlwerk Azovstal in Mariupol sind mittlerweile nach Russland gebracht worden. Die russischen Strafverfolgungsbehörden beschäftigten sich derzeit mit ihnen, meldete die russische Staatsagentur Tass in der Nacht zum Mittwoch unter Berufung auf Sicherheitskreise. Unter ihnen könnten mehr als 100 ausländische «Söldner» sein. Insgesamt hatten sich mehr als 2400 ukrainische Kämpfer in dem Werk ergeben.

Russisch-amerikanische Beziehungen kaum noch existent

Der bilaterale Dialog zwischen Moskau und Washington ist nach russischen Angaben fast zum Erliegen gekommen. «Vertrauen wurde untergraben, die Zusammenarbeit zerfällt selbst in Feldern mit beidseitigem Interesse, die Kommunikation zwischen den Seiten ist gering und vornehmlich reduziert auf eine Debatte technischer Probleme», sagte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, dem russischen Staatsfernsehen.

Allerdings würden die Verteidigungsminister und Generalstabschefs noch «gelegentliche Telefongespräche» halten – diese seien äußerst wichtig, um eine direkte militärische Konfrontation zu verhindern.

Moskau räumt Entsendung von 600 Wehrpflichtigen ein

Moskau (dpa) – Wegen der unerlaubten Entsendung von Wehrdienstleistenden in den Krieg gegen die Ukraine haben die russischen Behörden zwölf Offiziere bestraft.

«Etwa 600 Wehrdienstleistende sind zur militärischen Spezialoperation herangezogen worden, alle wurden innerhalb kürzester Zeit wieder zurückgeschickt», sagte der Militärstaatsanwalt des russischen Wehrkreises West, Artur Jegijew, der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Die Offiziere seien deswegen zur Verantwortung gezogen worden, fügte er hinzu.

Kremlchef Wladimir Putin hatte versprochen, keine Wehrpflichtigen, sondern nur Zeit- und Berufssoldaten in der Ukraine einzusetzen. Als bekannt wurde, dass dennoch Wehrdienstleistende in den Krieg abkommandiert wurden, ordnete der russische Präsident öffentlich deren Rückholung an. Weiterlesen

Ukraine meldet eigene Luftangriffe im Süden des Landes

Kiew (dpa) – Während die Lage im Osten der Ukraine weitgehend unverändert ist, hat das ukrainische Militär nach eigenen Angaben im Süden des Landes mehrere Luftangriffe auf russische Stellungen geflogen. «Ukrainische Hubschrauber haben Schläge gegen Ansammlungen feindlicher Truppen im Gebiet Cherson geführt – und Flugzeuge gegen Munitionsdepots im Gebiet Mykolajiw», teilte der Generalstab am Dienstag mit. Die Ukraine hat die eigene Luftwaffe im Krieg wegen der russischen Luftüberlegenheit bislang nur spärlich eingesetzt. Weiterlesen

USA wollen zwei Flugzeuge von Abramowitsch beschlagnahmen

Washington (dpa) – Infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wollen US-Behörden zwei Flugzeuge des Oligarchen Roman Abramowitsch beschlagnahmen.

Es handle sich um einen sogenannten Dreamliner, eine Boeing 787-8, und einen Privatjet des Herstellers Gulfstream, die zusammen rund 400 Millionen US-Dollar (gut 370 Millionen Euro) wert seien, erklärte das Justizministerium.

Eine Anordnung der Justiz gebe den US-Behörden das Recht, die Flugzeuge des Russen zu beschlagnahmen, hieß es weiter. Als Handhabe dafür dienen die wegen des Kriegs verhängten US-Exportkontrollen, die auch mehrheitlich in den USA hergestellte Flugzeuge betreffen. Weiterlesen

Ukraine-Krieg: Mehr Tuberkulose- und HIV-Fälle erwartet

Berlin (dpa) – Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria erwartet infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine mehr Infektionen mit Tuberkulose und HIV.

«Es ist noch zu früh, um die langfristigen Folgen des Krieges genau einzuschätzen, aber wir gehen davon aus, dass sich der Konflikt erheblich auf die Tuberkulose- und HIV-Raten in der Ukraine und in der gesamten Region auswirken wird», sagte der Direktor des Fonds, Peters Sands, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. «Große Fluchtbewegungen, die Unterbringung in beengten Unterkünften und die Unterbrechung der medizinischen Versorgung begünstigen die Verbreitung von Infektionskrankheiten.» Weiterlesen

Kiew glaubt an Kriegsende in zwei bis sechs Monaten

Kiew (dpa) – Die ukrainische Präsidialverwaltung prognostiziert, dass der russische Angriffskrieg noch bis zu einem halben Jahr dauern kann.

«Das kann sich noch zwei bis sechs Monate hinziehen», sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im Interview mit dem oppositionellen russischen Online-Portal «Medusa» mit Blick auf die mögliche Kriegsdauer am Freitagabend. Am Ende hänge es davon ab, wie sich die Stimmung in den Gesellschaften Europas, der Ukraine und Russlands verändere. Weiterlesen

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