Kampfpanzer-Debatte: Blicke sind auf Deutschland gerichtet

Von Carsten Hoffmann, dpa

Berlin (dpa) – Im Streit um die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine will die polnische Regierung jetzt eine Entscheidung herbeiführen. Der angekündigte Antrag auf Liefergenehmigung setzt die Bundesregierung vor den Augen der Verbündeten unter Zugzwang.

Erstmal nichts zu entscheiden und ein Gesuch wochenlang abhängen lassen – wie von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch im vergangenen Jahr im Fall Estlands und der Haubitzen aus DDR-Altbeständen praktiziert – scheint keine Option.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat angekündigt, notfalls auch ohne Zustimmung Deutschlands Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Wenn es mit Deutschland keine baldige Einigung gebe, werde Polen mit anderen Ländern eine «kleinere Koalition» bilden. Darum geht es:

Warum fordert die Ukraine den Leopard so dringend ein?

Vom ersten Kriegstag an hat die Ukraine russische Angreifer mit ihren militärischen Fähigkeiten überrascht. Der russische Vormarsch wurde gestoppt und auch zurückgedrängt. Aber Russland baut Kräfte für einen neuen Vorstoß auf, bei dem die Ukraine schwere Verluste erleiden oder weitere Gebiete verlieren könnte. Der frühere Nato-General Hans-Lothar Domröse erwartete im «Spiegel»-Gespräch «eine fürchterlich blutige Frühjahrsoffensive». Oder wie es Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Sonntag der Nachrichtenagentur PAP sagte: «Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie die Ukraine ausblutet. Die Ukraine und Europa werden diesen Krieg gewinnen – mit oder ohne Deutschland.»

Welche Kampfpanzer hat die Ukraine bisher?

Die Ukraine hat sich seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 mit Unterstützung aus der Nato auf eine militärische Auseinandersetzung mit Russland vorbereitet. Aus Altbeständen verfügt sie über Hunderte Schützenpanzer sowie Kampfpanzer aus sowjetischer Entwicklung, ältere wie den T-72 oder den T-80 und auch das Folgemodell T-90 – als Beute-Panzer, von russische Truppen zurückgelassen. In der ersten Phase des Krieges haben Staaten wie Tschechien, Polen und die Slowakei der Ukraine ihre eigenen Altbestände zur Verfügung gestellt. Zugleich begann ein qualitativer Schritt nach vorn, indem die ukrainische Artillerie moderne westliche Raketenwerfer und die Panzerhaubitze 2000 erhielt.

Westliche Kampfpanzer – hier vor allem der Leopard – würden nun die Fähigkeit der Ukraine zur Offensive erhöhen, also zur Rückeroberung besetzter Gebiete. Diese Panzer sind vor allem in den moderneren Versionen dem russischen Gerät überlegen und können den Gegner im «Duell» vielfach zerstören.

Schafft die Bundesregierung noch eine rechtzeitige Lieferung?

Die Bundeswehr verfügte im vergangenen Jahr über 312 Leopard-2-Panzer, darunter aber kein einziges Modell der älteren Version Leopard 2A4, die nun für die Ukraine in den Blick genommen wird. Noch am ehesten verzichtbar für die Bundeswehr sind 19 Stück in der Version Leopard 2A5. Sie werden derzeit im Gefechtsübungszentrum zur «Darstellung gegnerischer Kräfte» genutzt, sollen bei Ausbildungen also den Feind darstellen. Fortlaufend wird geklärt, welche Folgefragen sich ergeben: Ausbildung, Ersatzteile, Munition. Kritiker im In- und Auslands warnen, dass der Ukraine die Zeit davonlaufen könnte.

Eine bittere Erfahrung dabei: In der Bundesregierung schien der Prozess der Entscheidung mehrfach als eigentliche Herausforderung verstanden worden zu sein. Es folgte allgemeines Erstaunen darüber, dass Entscheidungen auch in der Praxis umgesetzt werden müssen. Konkret: Woher genau beispielsweise die zugesagten 40 Marder-Schützenpanzer als deutscher Beitrag an die Ukraine kommen werden, ist noch nicht verkündet, während schon über Leopard-Panzer gerungen wird.

Gibt es noch andere Kampfpanzer?

Großbritannien hat schon angekündigt, den Challenger 2 an Kiew geben zu wollen. Für den Einsatz der Waffensysteme ist es aber von Vorteil, wenn das Gerät möglichst einheitlich ist. Für die Instandsetzung muss das Großgerät womöglich aus der Ukraine herausgefahren werden. So haben der Panzerbauer KMW und das deutsche Verteidigungsministerium ein Werkstattzentrum («Hub») im Grenzgebiet der Slowakei zur Ukraine aufgebaut, um Systeme wie die Panzerhaubitze 2000 nach dem Fronteinsatz zu reparieren und Verschleißteile auszutauschen.

Was kann man mit 14 Leopard-Panzern aus Polen und 14 britischen Challengern anfangen? Ist das mehr als Symbolpolitik?

Mit 14 Kampfpanzern ist in der Bundeswehr und den polnischen Streitkräften jeweils eine Kompanie ausgestattet. Sie wirken im Verbund mit Schützenpanzern und anderen Großwaffen. Es ist die Hoffnung und Forderung der ukrainischen Regierung, dass dies nur den Einstieg in eine umfangreichere Überlassung von womöglichen Hunderten Kampfpanzern sein könnte – oder anders gesagt auf ein Bekenntnis zur Verteidigungshilfe «whatever it takes» («was auch immer notwendig ist»).

Wie ist die Stimmung in Deutschland?

Eine mögliche Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine ist – so eine Umfrage – in der deutschen Bevölkerung umstritten. 46 Prozent der Befragten im aktuellen «Deutschlandtrend» für das ARD-«Morgenmagazin» sprechen sich dafür aus, fast ebenso viele sind dagegen (43 Prozent). Die verbleibenden 11 Prozent können oder wollen sich nicht festlegen. Vor allem im Osten Deutschlands sind die meisten Befragten dagegen (32 zu 59 Prozent).

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Bundeswehr beginnt Verlegung von Patriot-Systemen nach Polen

Berlin/Bad Sülze (dpa) – Die Bundeswehr beginnt mit der Verlegung ihres Flugabwehrsystems Patriot nach Polen. Die ersten Soldaten sollten noch heute mit ihren Fahrzeugen von Bad Sülze (Mecklenburg-Vorpommern) aufbrechen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr.

In den kommenden Tagen werden dann auch die Waffensysteme in das Nachbarland verlegt. Insgesamt drei Staffeln sollen den Schutz kritischer Infrastruktur des Nato-Verbündeten in Grenznähe zur Ukraine sicherstellen. Weiterlesen

Lambrecht-Nachfolge: Rufe nach politischem Schwergewicht

Berlin (dpa) – Nach den Berichten über einen bevorstehenden Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wird mit Spannung erwartet, ob die Ministerin oder die Regierung am Montag Klarheit schaffen. Die Sozialdemokratin hat sich bislang nicht zu den Berichten geäußert – auch Kanzler Olaf Scholz und die SPD hielten sich am Wochenende bedeckt. «Ich kommentiere Zeitungsartikel nicht», sagte Parteichef Lars Klingbeil am Sonntagabend in der ZDF-Sendung «Berlin direkt».

Man könne aber im Grundsatz von einer Sache ausgehen, fügte Klingbeil hinzu: «Das, was wir als SPD zu entscheiden haben, das entscheiden wir geschlossen – mit dem Bundeskanzler zusammen, mit der Parteiführung, mit dem Fraktionsvorsitzenden. Und wir verkünden Dinge dann, wenn sie zu verkünden sind.» Weiterlesen

Wie funktioniert das Patriot-Flugabwehrsystem?

Washington (dpa) – Die Nato selbst schützt ihren Luftraum vor allem mit Patriot-Raketen, jetzt soll auch die von Russland angegriffene Ukraine diese Flugabwehr von den USA erhalten. Nach Angaben des Center for Strategic and International Studies (CSIS) wäre es damit das 19. Land, das dieses System im Einsatz hat oder dies plant.

Patriot («Phased Array Tracking Radar for Intercept on Target») zählt zu den modernsten Flugabwehrsystemen der Welt. Feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper werden damit bekämpft. Auf eine Entfernung von etwa 100 Kilometern und bis in Höhen von 30 Kilometern können die Abwehrraketen in einer gedachten Glocke um die Stellung Ziele treffen – abhängig vom eingesetzten Lenkflugkörper. Weiterlesen

Lambrecht: Panzer-Test kurz vor Nato-Auftrag war richtig

Berlin (dpa) – Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat nach den Pannen beim Schützenpanzer Puma Kritik aus der Union an einem zu spät erfolgten Stresstest zurückgewiesen. Mit Blick auf die am 1. Januar beginnende Beteiligung Deutschlands an der Nato-Eingreiftruppe VJTF sei die Übung genau richtig angesetzt worden, erklärte die SPD-Politikerin am Mittwoch im Deutschlandfunk. «Deswegen hätte eine Übung Monate davor uns überhaupt nicht weitergebracht, denn solche Übungen waren ja vielversprechend», so Lambrecht.

Bei der Schießübung waren binnen weniger Tage alle 18 eingesetzten Puma ausgefallen. Lambrecht entschied, vorerst keine weiteren Puma zu kaufen, bis das Waffensystem stabil läuft. Zudem sollen die älteren Marder und nicht die modernen Puma-Panzer für den Nato-Auftrag genutzt werden. Das von zahlreichen technischen Problemen geplagte Kettenfahrzeug war erst vergangenes Jahr für gefechtstauglich erklärt worden. Weiterlesen

Lambrecht droht Industrie mit Ende des Schützenpanzers Puma

Berlin (dpa) – Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die Industrie zur schnellen Behebung der Pannen beim Schützenpanzer Puma aufgefordert und andernfalls mit einer Ausmusterung des Gefechtsfahrzeugs gedroht. Im ZDF-«heute journal» sagte sie: «Wir können uns nicht immer von einer Instandsetzung zur anderen hangeln, wir brauchen verlässliche Lösungen oder die Entscheidung, nicht mehr länger auf den Puma zu setzen.» Die Instandsetzung des Schützenpanzers müsse sehr schnell gehen. «Da erwarte ich keine Zusagen innerhalb vieler Wochen, sondern innerhalb weniger.» Weiterlesen

Krisengespräch nach Pannenserie beim Schützenpanzer Puma

Berlin (dpa) – Nach einer Pannenserie beim Schützenpanzer Puma sollen Vertreter der Bundeswehr und der Rüstungsindustrie heute über das weitere Vorgehen beraten. An dem Gespräch soll auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) teilnehmen.

Der Schützenpanzer Puma war bei Übungen der Bundeswehr für die Beteiligung an der Nato-Eingreiftruppe VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) im nächsten Jahr komplett ausgefallen. Bei einem Training mit 18 Gefechtsfahrzeugen sei die Einsatzbereitschaft binnen einiger Tage auf null gesunken, berichtete der «Spiegel» am Samstag. Vor allem die Elektronik der Hightech-Panzer ist dem Bericht zufolge anfällig.

Der von zahlreichen technischen Problemen geplagte Schützenpanzer Puma war erst im vergangenen Jahr für gefechtstauglich erklärt worden. Das von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und der Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) entwickelte und produzierte Gefechtsfahrzeug hatte zuvor schon als «Pannenpanzer» Schlagzeilen gemacht. Der Puma löst den älteren Schützenpanzer Marder ab, der inzwischen mehrfach modernisiert wurde und in der Bundeswehr weiterhin im Einsatz ist. Weiterlesen

Bundeswehr-Beteiligung an neuer EU-Militärmission in Niger

Von Carsten Hoffmann und Lucia Weiß, dpa

Niamey/Dakar (dpa) – Neuer Einsatz in Westafrika: Die Bundeswehr wird Soldaten für die neue EU-Mission zur Unterstützung der nigrischen Streitkräfte im Kampf gegen Terroristen stellen.

«Deutschland wird sich substanziell daran beteiligen», sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bei einem Besuch in der Hauptstadt Niamey, wo die Bundeswehr einen Lufttransportstützpunkt betreibt. Die noch laufenden Planungen sehen vor, dass die Bundeswehr im EU-Auftrag eine zweistellige Zahl von insgesamt 250 Männern und Frauen stationiert.

Der Lufttransportstützpunkt wird bereits weiter ausgebaut und könnte sich mit Blick auf den bis 2024 geplanten Abzug der Bundeswehr aus Mali zu einem zentralen Drehkreuz («Hub») für das weitere Engagement entwickeln. Als Teil der bilateralen Zusammenarbeit wolle Deutschland beim Bau eines Militärkrankenhauses in Niger helfen, das auch für die Zivilbevölkerung offen stehen werde, sagte Lambrecht.

Die EU will Niger bei der Abwehr von Terrorgruppen und dem Schutz der eigenen Bevölkerung stärker militärisch unterstützen und so die Sahelregion stabilisieren. Dazu hatten die EU-Außenminister am Montag die militärische Partnerschaftsmission (EUMPM Niger) beschlossen. Der zunächst auf drei Jahre ausgelegte Einsatz soll auch beim Aufbau eines Ausbildungszentrums und eines neuen Kommunikations- und Führungsunterstützungsbataillons helfen.

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr hatte am Vortag die vor allem von den Kampfschwimmern der Marine gestellte Ausbildungsmission «Gazelle» zum Ende des Jahres von ihrem Auftrag entbunden. Eine von den deutschen Soldaten aufgebaute Spezialkräfteschule, die für Kampf gegen Terrorgruppen und bewaffnete Banden ausbildet, soll jetzt von anderen Staaten weitergeführt werden.

Derzeit rund 70 deutsche Soldaten stationiert

Auf dem Lufttransportstützpunkt in Niamey sind derzeit rund 70 deutsche Soldaten stationiert. Im Alltag sind es aber mehr als doppelt so viele, da aus Deutschland Militärtransporter A400M und landen und starten, um ihre Touren über Afrika zu machen. Zudem sind Vertragspartner präsent, wie ein auf Patiententransporte spezialisiertes Flugunternehmen, das Teil der militärischen Rettungskette ist. Der Stützpunkt in Niamey wird derzeit schon mit weiterer Infrastruktur und zusätzlichen Unterkünften ausgebaut.

Der Schwerpunkt der westlichen Einsatzkräfte verschiebt sich nach den Streitigkeiten mit den Militärmachthabern in Mali nun in das angrenzende Niger, das sich als verlässlicherer Partner erwiesen hat. Die als Erfolg bewertete Ausbildung der Spezialkräfte dort, zu der die «Operation Gazelle» einen wesentlichen Beitrag geleistet hat, wird dafür ein Beispiel genannt.

«Die ausgebildeten nigrischen Spezialkräfte haben sich im Kampf gegen die Dschihadisten bewährt – das Land verzeichnet deutlich weniger Gewaltanschläge als die Nachbarn Mali und Burkina Faso», konstatiert Ulf Laessing, Leiter des Sahel-Programms der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Inwiefern im Sahel durch die in Mali geschwächte UN-Mission Minusma ein Machtvakuum entstehen könnte, ist offen.

Russland bemüht sich nach Laessings Einschätzung jedenfalls, auch in weiteren Ländern der Region Fuß zu fassen. So habe eine russische Militärdelegation im November die nigrische Hauptstadt Niamey besucht, um Niger Waffen, Gerät und Training anzubieten. Inwieweit es tatsächlich russische Ambitionen auch für das ebenfalls angrenzende und schwer von Anschlägen und Hunger betroffene Burkina Faso gibt, bleibt vorerst unklar. Beim Militärputsch Ende September schwenkten viele Einwohner russische Fahnen.

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Lambrecht im Niger – Neue EU-Mission geplant

Niamey (dpa) – Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat ihre Sahelreise in Niger fortgesetzt. Die SPD-Politikerin traf aus Mali kommend auf dem von der Bundeswehr betriebenen Lufttransportstützpunkt am Rande der Hauptstadt Niamey ein.

Lambrecht wollte am Rande ihres Adventsbesuchs auch Bedingungen für das weitere militärische Engagements Deutschlands ausloten. Der Verlauf bisheriger Projekte wurde – anders als in Mali – als erfolgversprechend bewertet. Weiterlesen

Rheinmetall baut Munitionsherstellung in Deutschland aus

Von Carsten Hoffmann, dpa

Berlin (dpa) – Rheinmetall baut in Deutschland eine umfangreiche neue Munitionsfertigung mit dem Ziel einer unabhängigen Versorgung der Bundeswehr auf. Die Anlagen für sogenannte Mittelkalibermunition sollten im Januar fertig sein, bestätigte das Rüstungsunternehmen auf Anfrage. Zuvor hatte es in Berlin politische Verärgerung über das Schweizer Veto gegen Munitionslieferungen aus Deutschland an die Ukraine gegeben. Der Export von Alt-Beständen des für die Flugabwehrkanonenpanzer Gepard benötigten Waffenmaterials hätte der Zustimmung der Schweizer Regierung bedurft, die aber mit Hinweis auf die eigene Neutralität ablehnte.

Rheinmetall verwies auch auf erheblichen Nachholbedarf bei Munition in Deutschland und Lücken, die durch die Unterstützung der Ukraine entstanden sind. Sie seien gemäß den Vorgaben der Nato zu füllen. Im Mittelpunkt der neuen Bedarfslage stehe das Bestreben, «die Munitionsversorgung in Deutschland wieder prinzipiell unabhängig von ausländischen Fertigungsstätten aufzustellen», sagte ein Sprecher des Rüstungsunternehmens der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Man habe sich dazu entschlossen, in Deutschland eine neue Fertigungsanlage für die Kaliber 20-35 Millimeter zu bauen. Die Produktion soll im Juni 2023 aufgenommen werden.

Erste Gepard-Munition bereits im Juli

Zudem sei Rheinmetall dann bereits im Juli in der Lage, eine erste Charge von Gepard-Munition auszuliefern, sagte der Sprecher. Dem Vernehmen nach handelt es sich dabei um bis zu 300.000 Schuss für die Ukraine, wenn die Bundesregierung nun einen entsprechenden Auftrag erteilt. Deutschland hat den Gepard der Ukraine überlassen, konnte aber zunächst nur wenig Munition dazugeben. Die in der Bundeswehr ausgemusterten und der Ukraine überlassenen Gepard-Panzer sind mit einer 35mm-Zwillingskanone der Schweizer Rüstungsschmiede Oerlikon ausgestattet. Der Schweizer Hersteller von Waffen und Munition gehört heute zu Rheinmetall.

«Ich bin sehr erleichtert darüber, dass die Industrie so schnell reagiert hat. In Zukunft wird verstärkt Munition, die wir dringend benötigen, in Deutschland hergestellt», sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. «Angesichts der sicherheitspolitischen Lage ist es von immenser Bedeutung, dass Deutschland gemeinsam mit den Nato-Partnern bei der Herstellung von Munition unabhängiger wird.»

Schutz gegen russische Luftangriffe

Die Gepard-Panzer werden für den Schutz der Infrastruktur in der Ukraine gegen russische Luftangriffe genutzt. Sie schützen auch Hafenanlagen, die für den Transport von ukrainischem Getreide auf die Weltmärkte nötig sind. Dass die Schweizer Regierung mit Hinweis auf ihre Neutralität zweimal ein Veto gegen Lieferungen von Munition aus Deutschland an die Ukraine eingelegt hat, war in Deutschland zähneknirschend akzeptiert worden.

Auch die Bundeswehr bezieht bislang im Mittelkaliber Munition aus der Schweiz für ihr Flugabwehr-Waffensystem Mantis, für die Hauptbewaffnung des Schützenpanzers Puma, ein Marine-Geschütz sowie für die Kampfflugzeuge Tornado und Eurofighter. Es handelt sich um Munitionssorten im Kaliber von 20 Millimeter bis 35 Millimeter, die nun auf neuen Maschinen in Deutschland gefertigt werden.

Strack-Zimmermann hatte im November gefordert, in Deutschland müssten Konsequenzen aus der Schweizer Haltung gezogen werden. «Was geschieht eigentlich, wenn Deutschland oder einer der Nato-Staaten angegriffen würde und die in der Schweiz hergestellte Munition aufgrund dieser «Neutralität» nicht geliefert würde?», fragte sie.

Mehr als 20 Milliarden Euro für Munition

Deutschland will in den kommenden Jahren insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro für Munition ausgeben, darunter auch Raketen und Artilleriemunition. Rheinmetall sehe sich «in der Verantwortung, die Bundesregierung nach Kräften dabei zu unterstützen, die erforderliche Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr wiederherzustellen», sagte der Sprecher, der die Schweiz nicht ausdrücklich erwähnte. Der beschlossene Neuaufbau einer Fertigungslinie und die Ausweitung von Produktionskapazität für Munition in Deutschland erfolge unabhängig von den Planungen für bestehende Standorte in anderen Ländern. Wo genau die Fertigungsanlagen entstehen, ist noch nicht öffentlich bekannt.

Der Rheinmetall-Sprecher sagte weiter: «Wir sehen den beschriebenen Schritt aber ausdrücklich als Beitrag der Industrie, die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland zu stärken und die Sicherheit Deutschlands innerhalb einer starken Nordatlantischen Allianz sowie einer geeinten Europäischen Union durch Schaffung geeigneter Kapazitäten zu erhöhen.»

Rheinmetall übernimmt spanischen Hersteller

Ebenfalls der Kapazitätsausweitung im Munitionsbereich dient eine Akquisition in Europa, die Rheinmetall vor kurzem bekanntgegeben hat. Mit der Übernahme der spanischen Expal Systems wird das Unternehmen seine Kapazitäten im Bereich der Artilleriemunition auf mehr als das Dreifache erhöhen und im Mittelkaliberbereich oder bei Mörsern verdoppeln. Die Übernahme soll – nach Abschluss der kartellrechtlichen Prüfungen – spätestens im Sommer 2023 abgeschlossen werden.

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Rheinmetall baut Munitionsherstellung in Deutschland aus

Von Carsten Hoffmann, dpa

Berlin (dpa) – Rheinmetall baut in Deutschland eine umfangreiche neue Munitionsfertigung mit dem Ziel einer unabhängigen Versorgung der Bundeswehr auf. Die Anlagen für sogenannte Mittelkalibermunition sollten im Januar fertig sein, bestätigte das Rüstungsunternehmen auf Anfrage. Zuvor hatte es in Berlin politische Verärgerung über das Schweizer Veto gegen Munitionslieferungen aus Deutschland an die Ukraine gegeben. Der Export von Alt-Beständen des für die Flugabwehrkanonenpanzer Gepard benötigten Waffenmaterials hätte der Zustimmung der Schweizer Regierung bedurft, die aber mit Hinweis auf die eigene Neutralität ablehnte.

Rheinmetall verwies auch auf erheblichen Nachholbedarf bei Munition in Deutschland und Lücken, die durch die Unterstützung der Ukraine entstanden sind. Sie seien gemäß den Vorgaben der Nato zu füllen. Im Mittelpunkt der neuen Bedarfslage stehe das Bestreben, «die Munitionsversorgung in Deutschland wieder prinzipiell unabhängig von ausländischen Fertigungsstätten aufzustellen», sagte ein Sprecher des Rüstungsunternehmens der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Man habe sich dazu entschlossen, in Deutschland eine neue Fertigungsanlage für die Kaliber 20-35 Millimeter zu bauen. Die Produktion soll im Juni 2023 aufgenommen werden.

Erste Gepard-Munition bereits im Juli

Zudem sei Rheinmetall dann bereits im Juli in der Lage, eine erste Charge von Gepard-Munition auszuliefern, sagte der Sprecher. Dem Vernehmen nach handelt es sich dabei um bis zu 300.000 Schuss für die Ukraine, wenn die Bundesregierung nun einen entsprechenden Auftrag erteilt. Deutschland hat den Gepard der Ukraine überlassen, konnte aber zunächst nur wenig Munition dazugeben. Die in der Bundeswehr ausgemusterten und der Ukraine überlassenen Gepard-Panzer sind mit einer 35mm-Zwillingskanone der Schweizer Rüstungsschmiede Oerlikon ausgestattet. Der Schweizer Hersteller von Waffen und Munition gehört heute zu Rheinmetall.

«Ich bin sehr erleichtert darüber, dass die Industrie so schnell reagiert hat. In Zukunft wird verstärkt Munition, die wir dringend benötigen, in Deutschland hergestellt», sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. «Angesichts der sicherheitspolitischen Lage ist es von immenser Bedeutung, dass Deutschland gemeinsam mit den Nato-Partnern bei der Herstellung von Munition unabhängiger wird.»

Schutz gegen russische Luftangriffe

Die Gepard-Panzer werden für den Schutz der Infrastruktur in der Ukraine gegen russische Luftangriffe genutzt. Sie schützen auch Hafenanlagen, die für den Transport von ukrainischem Getreide auf die Weltmärkte nötig sind. Dass die Schweizer Regierung mit Hinweis auf ihre Neutralität zweimal ein Veto gegen Lieferungen von Munition aus Deutschland an die Ukraine eingelegt hat, war in Deutschland zähneknirschend akzeptiert worden.

Auch die Bundeswehr bezieht bislang im Mittelkaliber Munition aus der Schweiz für ihr Flugabwehr-Waffensystem Mantis, für die Hauptbewaffnung des Schützenpanzers Puma, ein Marine-Geschütz sowie für die Kampfflugzeuge Tornado und Eurofighter. Es handelt sich um Munitionssorten im Kaliber von 20 Millimeter bis 35 Millimeter, die nun auf neuen Maschinen in Deutschland gefertigt werden.

Strack-Zimmermann hatte im November gefordert, in Deutschland müssten Konsequenzen aus der Schweizer Haltung gezogen werden. «Was geschieht eigentlich, wenn Deutschland oder einer der Nato-Staaten angegriffen würde und die in der Schweiz hergestellte Munition aufgrund dieser “Neutralität” nicht geliefert würde?», fragte sie.

Mehr als 20 Milliarden Euro für Munition

Deutschland will in den kommenden Jahren insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro für Munition ausgeben, darunter auch Raketen und Artilleriemunition. Rheinmetall sehe sich «in der Verantwortung, die Bundesregierung nach Kräften dabei zu unterstützen, die erforderliche Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr wiederherzustellen», sagte der Sprecher, der die Schweiz nicht ausdrücklich erwähnte. Der beschlossene Neuaufbau einer Fertigungslinie und die Ausweitung von Produktionskapazität für Munition in Deutschland erfolge unabhängig von den Planungen für bestehende Standorte in anderen Ländern. Wo genau die Fertigungsanlagen entstehen, ist noch nicht öffentlich bekannt.

Der Rheinmetall-Sprecher sagte weiter: «Wir sehen den beschriebenen Schritt aber ausdrücklich als Beitrag der Industrie, die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland zu stärken und die Sicherheit Deutschlands innerhalb einer starken Nordatlantischen Allianz sowie einer geeinten Europäischen Union durch Schaffung geeigneter Kapazitäten zu erhöhen.»

Rheinmetall übernimmt spanischen Hersteller

Ebenfalls der Kapazitätsausweitung im Munitionsbereich dient eine Akquisition in Europa, die Rheinmetall vor kurzem bekanntgegeben hat. Mit der Übernahme der spanischen Expal Systems wird das Unternehmen seine Kapazitäten im Bereich der Artilleriemunition auf mehr als das Dreifache erhöhen und im Mittelkaliberbereich oder bei Mörsern verdoppeln. Die Übernahme soll – nach Abschluss der kartellrechtlichen Prüfungen – spätestens im Sommer 2023 abgeschlossen werden.

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