Wirecard-Kronzeuge bestätigt Anklage: Geschäft erfunden

München (dpa) – Im Münchner Wirecard-Prozess hat der Kronzeuge der Staatsanwaltschaft den zentralen Vorwurf der Anklage umfassend bestätigt: Die angeblichen Milliardenumsätze des 2020 kollabierten Dax-Konzerns mit «Drittpartnern» im Mittleren Osten und Asien waren demnach frei erfunden.

Der frühere Wirecard-Manager Oliver Bellenhaus schilderte am Mittwoch ausführlich die Fälschung von Geschäftsverträgen und Umsätzen. «Das haben wir uns natürlich ausgedacht», sagte Bellenhaus am sechsten Prozesstag über die Milliardenbuchungen auf Treuhandkonten in Südostasiens.

Auf die explizite Frage des Gerichts, ob es das Drittpartnergeschäft gab, sagte Bellenhaus: «Ich antworte in aller Deutlichkeit: nein.» Der Zahlungsdienstleister hatte im Sommer 2020 Insolvenz angemeldet, weil angeblich auf besagten Treuhandkonten verbuchte 1,9 Milliarden Euro nicht auffindbar waren. Die «Drittpartner» waren Firmen, die vermeintlich im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen in Ländern abwickelten, in denen der bayerische Konzern selbst keine entsprechende Lizenz hatte. Weiterlesen

Weniger Vögel bei Zählaktion gesichtet

Berlin (dpa) – Weniger gesichtete Vögel und Hobby-Beobachter – das nass-graue Wetter am vergangenen Wochenende hat die Zwischenbilanz bei der «Stunde der Wintervögel» getrübt. Bei der Mitmachaktion vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und dem bayerischen Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) meldeten mehr als 77.000 Menschen knapp 1,9 Millionen Vögel, die sie im Garten, im Park, vor dem Balkon oder vor dem Fenster gezählt hatten. Oft zählen mehrere Menschen gemeinsam an einem Punkt. Wie im vergangenen Jahr zeigten sich am häufigsten Haussperling, Kohlmeise und Blaumeise an den Futterstellen. Weiterlesen

Entgleister Zug – Regiobahn vermutet Weichenstörung

Peiting (dpa) – Das Zugunglück im oberbayerischen Peiting geht nach einer ersten Einschätzung wahrscheinlich auf die Störung einer Weiche zurück. Das sagte eine Sprecherin der Bayerischen Regiobahn (BRB) am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Die BRB bedient die betroffene Strecke. Am Dienstagmorgen war die aus Weilheim kommende Bahn Richtung Schongau kurz vor dem Bahnhof Peiting-Ost entgleist, verletzt wurde aber niemand.

Die Klärung der Ursache laufe noch, betonte eine Sprecherin. «Nach bisherigen ersten Erkenntnissen lag eine Störung der Weiche vor, die dem Triebfahrzeugführer auch mittels Signal angezeigt wurde.» Aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse bei Schneeregen und Dämmerung habe er das aber zu spät erkannt und sei in die Weiche gefahren. Daraufhin sei der Zug an der Weiche aus dem Gleis gesprungen. Weiterlesen

Staus kosten Pendler in München und Berlin über 70 Stunden

München (dpa) – München ist nach Daten des Verkehrdienstleisters Inrix weiterhin «die staugeplagteste Stadt Deutschlands». Durch verstopfte Straßen in den Stoßzeiten habe ein durchschnittlicher Pendler im vergangenen Jahr dort 74 Stunden verloren. In Berlin kam er demnach auf 71, in Hamburg auf 56 Stunden im Stau. Auch in Potsdam, Darmstadt, Leipzig, Freiburg, Lübeck, Bremen und Nürnberg habe ein Pendler übers Jahr so mindestens 40 Stunden vertrödelt, teilten die Datenexperten mit.

In London (156 Stunden), Chicago (155 Stunden) und Paris (138 Stunden) ist es demnach weit schlimmer. Für Palermo (121 Stunden) ermittelte Inrix eine Durchschnittsgeschwindigkeit von gerade mal 14 Stundenkilometern in der Innenstadt. Weiterlesen

Frau in Hotel ermordet: Lebenslange Haft für 35-Jährigen

Trier (dpa/lrs) – Wegen Mordes an seiner Freundin in einem Trierer Hotel ist ein 35-Jähriger am Montag zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Der Mann habe die Frau Ende März 2022 aus Eifersucht heimtückisch von hinten auf dem Bett erwürgt, sagte die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz am Montag am Landgericht Trier. Anlass sei gewesen, dass die 38-Jährige Nachrichten in ihr Handy tippte: «Er mutmaßte, dass sie sich mit anderen Männern austauschte», sagte sie. «Das empfand er als Verrat.»

Der Ukrainer habe die Arg- und Wehrlosigkeit der Frau, die bäuchlings auf dem Bett lag, ausgenutzt. «Das Opfer war völlig überrascht.» Er habe die Dusche laufen gelassen, sodass sie ihn im Bad wähnte. Dann habe er zunächst ihren Kopf gegen die Matratze gedrückt, sie gewürgt und anschließend noch mit einem Bettlaken gedrosselt, «um sicherzustellen, dass sie auch tot ist», sagte Schmitz. Weiterlesen

Aus Regensburg geflüchteter Mörder in Frankreich gefasst

Regensburg (dpa) – Nach der Festnahme des aus dem Amtsgericht Regensburg geflohenen verurteilten Mörders wollen die Ermittler Details veröffentlichen. Am heutigen Dienstag gebe es «nähere Informationen», teilte das Polizeipräsidium Oberpfalz gestern Abend mit. Es hatte zuvor die Fahndung nach dem 40-Jährigen zurückgenommen. Der gesuchte Mann sei Fahndern in Frankreich nahe der deutschen Grenze ins Netz gegangen. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt.

Der Algerier war am vergangenen Donnerstag während einer Verhandlungspause durch ein Fenster eines Besprechungszimmers des Gerichts entkommen. Laut Polizei waren ihm für ein Gespräch mit seinem Verteidiger die Fesseln abgenommen worden. Die Richterin hatte das Ablegen der Handfesseln nur für die Hauptverhandlung angeordnet. Für das Abnehmen der Fußfesseln gab es keine richterliche Anordnung. Nach der Flucht gingen mehr als 150 Hinweise bei der Polizei ein. Nach dem Mann war auch international gefahndet worden. Weiterlesen

Bergsteiger im Wettersteingebirge tödlich verunglückt

Grainau (dpa) – Im Wettersteingebirge ist ein 28-Jähriger beim Bergsteigen auf dem Jubiläumsgrat tödlich verunglückt. Der Mann stürzte in steilem und felsigem Gelände etwa 350 Meter in die Tiefe, wie die Polizei mitteilte. Weiterlesen

Vorbereitung im Kloster: Söders CSU rüstet sich für Wahljahr

Von Christoph Trost und Ulrich Steinkohl, dpa

Seeon (dpa) – Das waren noch Zeiten, als das Wort eines CSU-Chefs die Kanzlerin verärgern, Koalitionen zum Wackeln oder die gesamte Schwesterpartei CDU zur Weißglut bringen konnte.

Und als das politische Berlin zu Jahresbeginn stets nervös abwartete, welche Schlagzeilen die CSU auf ihrer Jahresanfangsklausur produzieren würde – früher aus Wildbad Kreuth, während der Corona-Krise aus Berlin, jetzt, wie vor Corona, wieder aus dem oberbayerischen Kloster Seeon.

In diesem Jahr herrscht bei der CSU und ihrem Parteivorsitzenden selbst eine gewisse Nervosität. Schließlich steht im Herbst die bayerische Landtagswahl bevor. Und auch wenn der Ministerpräsident allen Umfragen zufolge weiterhin Markus Söder heißen dürfte: Vom Ergebnis der Bayern-Wahl hängt für Söder und die CSU einiges ab. Deshalb wollen die Christsozialen dafür nun all ihre Kräfte sammeln.

CSU in Berlin in Oppositionsrolle gezwungen

Es ist ja so: Seitdem in Berlin die Ampel-Koalition regiert, ist die CSU dort in die Oppositionsrolle gezwungen. Und seit Friedrich Merz der neue CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende ist, ist auch geklärt, wer der starke Mann der Union in Berlin ist. Und dass die CSU «nur» die kleine Schwester ist, wenn auch mit einer gewissen Sonderrolle.

Jahrzehntelang war die absolute Mehrheit zu Hause in Bayern das Pfund, mit dem die CSU auch innerhalb der Union auftrumpfte. Damit war es zuletzt nach der Bayern-Wahl 2018 vorbei, als die CSU auf 37,2 Prozent abstürzte. Und seit Daniel Günther in Schleswig-Holstein 43,4 Prozent für die CDU holte und es im Saarland eine SPD-Alleinregierung gibt, ist es mit der CSU-Sonderrolle auch in anderer Hinsicht vorbei.

Umso wichtiger ist für Söder und die gesamte CSU das Ergebnis der Bayern-Wahl: Die 37,2 Prozent vom letzten Mal sind jedenfalls die untere Messlatte. Jeder Prozentpunkt mehr ist – da sind sich mehrere Vorstandsmitglieder in der Einschätzung einig – nicht nur für die voraussichtlich neuen Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern wichtig, sondern auch fürs künftige Selbstbewusstsein der CSU.

Söder warnt Partei vor Hybris

Das Ziel der absoluten Mehrheit, das Parteigranden wie Edmund Stoiber und Horst Seehofer nicht dauerhaft abschreiben wollen, ist aus Söders Mund nicht zu hören. Er warnt seine Partei vielmehr immer wieder vor Hybris – und dass absolute Mehrheiten auf die Wählerinnen und Wähler eher unsympathisch wirkten. Söder wirbt stattdessen sehr klar für eine Fortsetzung der Koalition mit den Freien Wählern – wissend, dass dieses Ziel allen Umfragen zufolge auch bequem zu erreichen sein dürfte. Ein Bündnis mit den Grünen hat er wiederholt ausgeschlossen.

Die Taktik für den Wahlkampf ist längst klar: klare Abgrenzung von der Ampel, Betonen der Erfolge für Bayern. «Wir sind das Gegenmodell zu Berlin», sagt Söder gerne – muss aber aufpassen, dass ihm nicht wieder vorgeworfen wird, einfach nur «Berlin-Bashing» zu betreiben.

Klar aber ist auch: Mehr als Fordern kann die CSU nicht. Auch das umfangreiche Beschlusspapier, das Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und seine Kollegen für die Klausur in Seeon erarbeitet haben, enthält eine Fülle von Forderungen an die Bundesregierung – selbst durchsetzen können CSU und CDU ja im Moment nichts mehr. Wobei Söder gerne betont, wo überall die Ampel Entscheidungen auch auf Druck der Union korrigiert habe, zum Beispiel die Gaspreisbremse.

48 Stunden gemeinsam im Kloster

Dobrindt, der nun mit den anderen 44 CSU-Abgeordneten für rund 48 Stunden im Kloster in Klausur geht, agiert in Berlin ähnlich. Da das Wahldebakel 2021 in erster Linie eines der CDU war, wurde die CSU in der Bundestagsfraktion sogar gestärkt. 45 CSUler kommen heute auf 152 CDU-Leute – nach der Wahl 2017 betrug das Verhältnis 46 zu 200.

Doch der Frontmann ist eben Merz. Wenn – wie zuletzt am 14. Dezember – Olaf Scholz (SPD) eine Regierungserklärung im Bundestag hält, ist er es, der dem Kanzler als Oppositionsführer antwortet. Sechs Redner später kommt dann Dobrindt. Da ist die mediale Aufmerksamkeitskurve zumeist schon stark nach unten gegangen. Dobrindt versucht das gern verbal-kreativ zu kompensieren, wirft dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck zum Beispiel statt eines Blackouts einen «Greenout» vor – mit gemischtem Erfolg.

Söders persönlicher Fokus liegt aber im Moment einzig auf Bayern. Pünktlich zu Seeon betonte er deshalb auch, dass er keine Ambitionen mehr auf die Kanzlerkandidatur habe. «Aus meiner Sicht ist die Sache klar: Der Parteivorsitzende der CDU hat innerhalb der CDU den klaren Führungsanspruch. Die CDU wiederum hat im Normalfall den Vorrang gegenüber der CSU», sagte er in einem Doppelinterview des «Münchner Merkur» mit beiden Vorsitzenden. Und fügte hinzu: «Ich persönlich habe definitiv keine Ambitionen mehr. Das Thema Kanzlerkandidatur ist für mich erledigt.» Seine Aufgabe sei Ministerpräsident in Bayern, «dafür brenne ich und dafür setze ich mich mit aller Kraft ein».

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Karl-May-Verlag: Haben von Winnetou-Debatte profitiert

Bamberg (dpa) – Der Karl-May-Verlag hat nach eigenen Angaben von der Winnetou-Debatte profitiert. «Eine Umfrage hat gezeigt, dass mindestens 70 Prozent der Deutschen hinter Karl May und Winnetou stehen. So hat sich das Ganze auch zu einer positiven Marketingaktion entwickelt und den Verkauf der “Winnetou”-Bücher stark angekurbelt», teilte der Verlag auf dpa-Anfrage mit. Genaue Verkaufszahlen gab er zunächst nicht an. Weiterlesen

ICE-Messerangreifer zu 14 Jahren Haft verurteilt

München (dpa) – Nach der Messerattacke auf vier Reisende in einem ICE in Bayern vor mehr als einem Jahr ist der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München sprach den Mann am Freitag unter anderem des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung schuldig.

Er hatte im November vergangenen Jahres in einem ICE auf der Fahrt nach Nürnberg vier Männer mit einem Messer angegriffen und drei von ihnen dabei schwer verletzt. Weiterlesen

Trend hält an: 2022 noch mehr Kirchenaustritte

Von Britta Schultejans, dpa

München (dpa) – Seit Jahresbeginn sind offenbar deutlich mehr Menschen aus der Kirche ausgetreten als in den Jahren zuvor. Das legt eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter größeren Städten in Deutschland nahe. Zehntausende kehrten der Kirche demnach den Rücken.

Allein die Stadt München verzeichnete bis zum 15. Dezember 2022 insgesamt 26.008 Kirchenaustritte, wie ein Sprecher des Kreisverwaltungsrates mitteilte. Das sind knapp 4000 mehr als im gesamten Vorjahr. Die jeweilige Konfession wurde dabei nicht erfasst.

In Berlin traten nach Angaben einer Sprecherin der Berliner Zivilgerichte in den ersten drei Quartalen dieses Jahres 18.018 Menschen aus der Kirche aus – ebenfalls rund 4000 mehr als 2021 im gleichen Zeitraum. Davon waren 9466 evangelisch und 8442 römisch-katholisch, die restlichen hatten eine andere Konfession.

Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover meldete eine ähnliche Tendenz: Dort traten bis Mitte Dezember 2022 insgesamt mehr als 7000 Menschen aus der Kirche aus, knapp 4700 davon aus der evangelisch-lutherischen Kirche und knapp 2300 aus der katholischen Kirche. Im gesamten Jahr 2021 waren in Hannover rund 6600 Menschen aus der Kirche ausgetreten.

Deutlicher Anstieg von Austrittszahlen

In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden stieg die Zahl der Kirchenaustritte im Jahr 2022 ebenfalls deutlich. Bis zum Herbst des laufenden Jahres wurden nach Angaben der Stadt bereits deutlich mehr als 3200 Austritte in Wiesbaden und den Vororten registriert. 3095 waren es im gesamten Jahr 2021. Städte in Baden-Württemberg und Sachsen meldeten ganz ähnliche Entwicklungen.

In Mainz stieg die Zahl der Menschen, die in diesem Jahr aus der katholischen oder der evangelischen Kirche ausgetreten sind, ebenfalls deutlich. Bis Ende November kehrten 3495 Mitglieder den beiden großen Kirchen den Rücken, wie die Stadt auf Anfrage mitteilte. Das ist ein Anstieg von 36,7 Prozent im Vergleich zum Gesamtjahr 2021.

Besonders stark betroffen von der Ausstiegswelle war die katholische Kirche: Sie verlor 2119 Mitglieder. Das ist ein Anstieg von 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 1376 verließen die evangelische Kirche (plus 26,9 Prozent).

Zumindest im Fall der bayerischen Landeshauptstadt dürfte ein Grund für den Anstieg auch das Ende Januar vorgestellte Gutachten zu Missbrauchsfällen in der katholischen Erzdiözese München und Freising sein, das weltweit Schlagzeilen machte. Denn besonders zu Jahresbeginn waren die Zahlen in die Höhe geschnellt.

Pro Tag etwa 80 Austritte in München

In der ersten Januarhälfte, also vor dem Gutachten, waren pro Arbeitstag in München etwa 80 Menschen aus der Kirche ausgetreten; nach dem 20. Januar, dem Tag der Vorstellung des Gutachtens, waren es dann zeitweise bis zu 160 Kirchenaustritte pro Arbeitstag – also etwa doppelt so viele.

Die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) hatte am 20. Januar ein Gutachten im Auftrag des Erzbistums München und Freising vorgestellt. Die Gutachter gehen von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern, zugleich aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus – und davon, dass Münchner Erzbischöfe – darunter auch Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. – sich im Umgang damit falsch verhalten hätten.

Die zweitgrößte bayerische Stadt Nürnberg zählte bis Mitte Dezember 6628 Kirchenaustritte im Vergleich zu 4544 im gleichen Zeitraum 2021. Davon waren 2434 römisch-katholisch und 2057 evangelisch.

Damit droht ein neuer Negativrekord. Dabei hatten 2021 schon 359.338 Katholiken ihrer Kirche den Rücken gekehrt – so viele wie noch nie.

«Dieser Trend wird wohl nur schwer zu stoppen oder gar umzukehren sein», sagte Christian Weisner von der Reformbewegung «Wir sind Kirche». Er sieht einen direkten Bezug zu der aus seiner Sicht mangelhaften Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche – «denn es hat viel zu lange gedauert, bis die Bischöfe in Deutschland und die beiden Vorgängerpäpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ihre Verantwortung erkannt haben».

Trend auch in ländlichen Gebieten zu sehen

Und der Trend ist offenbar nicht nur ein städtisches Phänomen: Auch im oberbayerischen Burghausen, zu dem der Geburtsort von Ratzinger, Marktl am Inn, gehört, zeigt sich die gleiche Tendenz. Dort traten 2022 insgesamt 438 Menschen aus der Kirche aus, 371 von ihnen römisch-katholisch, 67 evangelisch. 2021 waren es noch 314 Austritte, davon 266 römisch-katholische Kirchenmitglieder und 48 evangelische.

Im oberbayerischen Wallfahrtsort Altötting erklärten bis zum 15. Dezember 446 Menschen ihren Austritt aus der Kirche – im Vergleich zu 288 insgesamt 2021. 388 von ihnen waren römisch-katholisch, 55 waren Protestanten.

Der Religionspädagoge Ulrich Riegel, der eine vielbeachtete Studie über Kirchenaustritte im Bistum Essen leitete, rechnete schon Ende Februar mit einem neuen Austritts-Rekord in diesem Jahr.

Studie: Wie weitere überlegen auszutreten

Als gesellschaftlicher Faktor werde die Kirche «kleiner und demütiger», sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, dem «Focus» in der vergangenen Woche. Sie stecke in einer «tiefen Glaubwürdigkeitskrise», was sie zum Großteil selbst verschuldet habe – etwa durch Skandale im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Kindern und jungen Menschen.

Zuvor hatte eine Studie der Bertelsmann Stiftung ergeben, dass laut Umfrage noch viele weitere Menschen mit dem Gedanken spielen, der Institution den Rücken zu kehren.

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