Prozess um falsche Krebsdiagnosen: Urteil verschoben

Bad Kreuznach (dpa/lrs) – Der mutmaßliche Mörder eines Tankstellenmitarbeiters in Idar-Oberstein ist einem psychiatrischen Gutachten zufolge zur Tatzeit ohne Einschränkungen schuldfähig gewesen. Nach der am Montag vor dem Landgericht Bad Kreuznach vorgestellten Gutachten ergaben sich demnach keine psychiatrischen oder neurologischen Auffälligkeiten, die auf eine schwere Einschränkung hinweisen. Der Angeklagte wird beschuldigt, Mitte September 2021 einen 20 Jahre alten Tankstellenmitarbeiter erschossen zu haben, weil dieser ihn aufgefordert hatte, sich an die Maskenpflicht zu halten. Dabei sei er alkoholisiert gewesen.

Bei dem 50-Jährigen gebe es darüber hinaus keine Hinweise auf eine krankhafte seelische Störung, verminderte Intelligenz oder andere Beeinträchtigungen, welche die Schuldfähigkeit vermindern könnten, sagte der Gutachter aus. In einem früheren Prozesstermin hatte der Angeklagte die Tat gestanden und umfassend ausgesagt. Gilt die Schuldfähigkeit eines Angeklagten als eingeschränkt, kann das Gericht bei einer Verurteilung eine mildere Strafe verhängen. Das ist in diesem Prozess aber nicht der Fall.

Nach Aussage eines Rechtsmediziners an einem früheren Prozesstag war der Angeklagte zur Tatzeit stark betrunken, er soll zwischen 1,73 und 1,93 Promille gehabt haben. Je nach Berechnung könnte der geschätzte Blutalkoholwert auch darüber liegen, so der Sachverständige.

Der psychiatrischen Gutachter erklärte, Videoaufnahmen zeigten, dass der Angeklagte zur Tatzeit keine relevanten Koordinationsstörungen hatte. Zudem gehe aus Selfievideos, die nach der Tat aufgenommen wurden, hervor, dass keine alkoholbedingten Sprachstörungen vorlagen. Die Tat habe am Ende einer längeren Entwicklung gestanden, in der der Angeklagte sich mit Blick auf die Corona-Pandemie weiter radikalisiert habe. Der Streit in der Tankstelle habe ihm demnach lediglich den Anlass gegeben.

Gegen eine Tat aus dem Affekt spricht laut dem Gutachter, dass der Angeklagte sich unmittelbar vor der Tat in der Tankstelle in einer Schlange angestellt habe. Zudem spreche seine exakte, detailreiche Erinnerung gegen eine Affekttat. Der 50-Jährige sei vor und nach der Tat in der Lage gewesen, Abwägungen zu treffen. So habe er in einer Vernehmung angegeben, dass er sich noch nicht sicher gewesen sei, ob er die Tat durchführen würde, als er zum zweiten Mal zur Tankstelle fuhr. Auch nach der Tat habe er abgewogen, ob er sich sofort stellen solle, oder wie dann geschehen erst am nächsten Morgen.

Zuvor hatte in dem Prozess ein Gefängnispsychologe ausgesagt, mit dem der Angeklagte in über 60 Sitzungen über sich, seinen psychischen Zustand, die Tat sowie über allgemeine Themen gesprochen.

Der als Zeuge geladene und von seiner Schweigepflicht entbundene Psychologe sagte als Zeuge aus, dass sich der Angeklagte seit dem Jahr 2015 politisch radikalisiert habe. Während es anfangs vor allem um Flüchtlingspolitik gegangen sei, habe sich die Radikalisierung des Deutschen seit dem Frühjahr 2020 verschärft. Ein Grund dafür sei der Suizid seines Vaters im März 2020 gewesen, der zuvor die Mutter des Angeklagten angeschossen hatte. Von da an habe er sich in das Thema der Corona-Maßnahmen reingesteigert, sagte der Gefängnispsychologe.

Der Angeklagte steigere sich oftmals in Dinge rein. Ab 2015 habe er ein sehr kritisches Bild der politischen Entwicklung gezeichnet. Im Rahmen seiner Radikalisierung habe er auch Feindbilder entwickelt. In den Gesprächen habe der Angeklagte aber auch Reue für die ihm zur Last gelegte Tat gezeigt. Die Motive dafür seien ihm bis heute nicht ganz klar. Im Januar habe der Angeklagte im Gefängnis einen Suizidversuch begangen, berichtete der Psychologe.

 

 

 

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