Entscheidung aus Karlsruhe: Kann Berlin im Februar wählen?

Karlsruhe (dpa) – Der Wahlkampf läuft, die Vorbereitungen sind in vollem Gange – aber kann die Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wirklich wie geplant am 12. Februar stattfinden? Das klärt sich am Dienstag (9.30 Uhr). Kritiker der vorgesehenen Komplettwiederholung der Pannen-Wahl haben in Karlsruhe geklagt. Nun wird in diesem Verfahren eine Entscheidung veröffentlicht. Das kündigte das Bundesverfassungsgericht am Montag kurzfristig an.

Für die Prüfung der Einsprüche gegen eine Abgeordnetenhaus-Wahl ist grundsätzlich der Berliner Verfassungsgerichtshof zuständig. Dieser hatte die Wahl vom 26. September 2021 insgesamt für ungültig erklärt. Die Richterinnen und Richter sahen keine andere Möglichkeit: «Eine nur punktuelle Wahlwiederholung in einzelnen Wahlkreisen wäre angesichts der Vielzahl und Schwere der Wahlfehler nicht geeignet, einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen», erklärten sie.

Ein reguläres Rechtsmittel gegen das Berliner Urteil vom 16. November gab es nicht. Gegen jede rechtskräftige Gerichtsentscheidung kann aber Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt werden. Der erwartete Beschluss betrifft das bekannteste und größte von mehreren anhängigen Verfahren – und dort erst einmal nur den Eilantrag.

Beeinflusst die Entscheidung das Wahlverhalten?

Aus der knappen Ankündigung des Zweiten Senats geht das zwar nicht hervor. Allerdings wurde kurz vorher ein Schreiben der Vorsitzenden Richterin bekannt, in dem allen Abgeordneten die Gelegenheit gegeben wird, zum Antrag in der Hauptsache bis 2. März Stellung zu beziehen. Das lässt sich nur so deuten, dass dieser noch geprüft wird.

Mit dem Eilantrag wollen die mehr als 40 Klägerinnen und Kläger erreichen, dass die Wahl nicht stattfinden darf, bis eine abschließende Entscheidung vorliegt. Die Richter nehmen im Eilverfahren eine sogenannte Folgenabwägung vor. Sie überlegen, was die schlimmeren Konsequenzen hätte: wenn sie jetzt dem Eilantrag stattgeben und die Verfassungsbeschwerde später erfolglos bleibt – oder wenn sie die Dinge erst einmal laufen lassen und sich die Verfassungsbeschwerde im Nachhinein als berechtigt erweist.

Landeswahlleiter Stephan Bröchler sagte «Zeit Online» am Montag, beide Optionen seien schwierig. Würde die Wahl stattfinden, wüssten die Wahlberechtigten nicht, ob ihre Stimme überhaupt zähle und blieben vielleicht zu Hause. Auch eine Verschiebung sei nicht ideal. «Was würden wir dann mit den schon abgegebenen Stimmen machen?»

Lange Schlangen und Stimmabgaben erst nach 18 Uhr

Denn die Unterlagen für die Briefwahl sind längst verschickt. Da es sich um eine Wiederholungs- und keine Neuwahl handelt, müssen die Parteien mit denselben Kandidatinnen und Kandidaten antreten wie 2021. Die Legislaturperiode endet weiterhin 2026. Auch die Wahl der zwölf Bezirksverordnetenversammlungen muss wiederholt werden.

Der 26. September 2021 war in der Hauptstadt ein Super-Wahltag gewesen: Mit den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Kommunalparlamenten fanden die Bundestagswahl und ein Volksentscheid statt. Parallel lief außerdem der Berlin-Marathon.

Die Folge waren teils chaotische Zustände in den Wahllokalen. Weil bei der Planung für die einzelne Stimmabgabe viel zu wenig Zeit einkalkuliert worden war, bildeten sich lange Schlangen. Einige Wahllokale mussten vorübergehend schließen, weil die Stimmzettel ausgegangen waren. Vielerorts ließ man die Wartenden dafür bis weit nach 18.00 Uhr ihre Stimme abgeben – während längst die ersten Prognosen veröffentlicht wurden. Mindestens 20.000 bis 30.000 Stimmen waren laut Verfassungsgerichtshof von Wahlfehlern betroffen.

Bundestagswahl wird nur teilweise wiederholt

Mit der Berliner Bundestagswahl, bei der es ebenfalls Probleme gab, hat die Karlsruher Entscheidung nichts zu tun. Hier ist die Wahlprüfung anders geregelt. Der dafür zuständige Bundestag hatte am 10. November mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP entschieden, dass die Wahl in Berlin nur teilweise wiederholt wird – und zwar dort, wo es nachgewiesenermaßen Vorfälle gab.

Damit befasst sich das Bundesverfassungsgericht in einem separaten Verfahren als formale Beschwerdeinstanz. Wahlprüfungsbeschwerde eingelegt haben unter anderem die Fraktionen von CDU/CSU und AfD, die eine umfangreichere beziehungsweise die vollständige Wiederholung anstreben. Ein Termin für die Wiederholungswahl wird hier erst bestimmt, wenn die Überprüfung in Karlsruhe abgeschlossen ist.

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