Krieg in der Ukraine: Das ist die aktuelle Lage

Kiew (dpa) – Auch an Tag 22 nach dem russischen Angriff meldet die Ukraine weiter Kämpfe und Zerstörung.

Die EU wertet die Belagerung und Bombardierung von Mariupol durch russische Truppen als «ernsthaften und schwerwiegenden Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht». «Diese Belagerung ist unmenschlich», erklärte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in Brüssel. Die Belagerung müsse aufgehoben sowie die Bombardierung und die Angriffe auf Zivilisten müssten gestoppt werden.

Das humanitäre Völkerrecht sieht zum Beispiel vor, dass in bewaffneten Konflikten immer zwischen Zivilbevölkerung und Kämpfenden zu unterscheiden ist. Demnach dürfen weder die Zivilbevölkerung als Ganzes noch einzelne Zivilisten angegriffen werden. Angriffe dürfen ausschließlich militärischen Zielen gelten.

Tausende Menschen fliehen in Privatautos

Der Bürgermeister von Mariupol, Wadim Bojchenko, meldete in der Nacht über den Dienst Telegram, Menschen könnten die Stadt nun mit Privatautos verlassen. Binnen zwei Tagen seien rund 6500 Autos aus Mariupol herausgekommen. Doch gebe es keine Feuerpause, die Menschen seien unter Beschuss geflohen. Gestern hatte es in Mariupol einen verheerenden Bombenangriff auf ein Theatergebäude gegeben. Bojchenko sagte, dort hätten sich mehr als 1000 Menschen befunden, es sei eine «weitere Tragödie». Die Zivilisten sollen in dem Gebäude Schutz gesucht haben. Für den Angriff geben sich die Ukraine und Russland gegenseitig die Schuld.

Bürgermeister von Melitopol gegen Russen ausgetauscht

Der zwischenzeitlich entführte Bürgermeister der ukrainischen Stadt Melitopol, Iwan Fedorow, ist Angaben aus Kiew zufolge im Rahmen eines Gefangenenaustausches freigekommen. «Dafür erhielt Russland neun seiner gefangenen Soldaten der Jahrgänge 2002-2003», sagte die Sprecherin des Leiters des Präsidentenbüros, Darja Sariwna, in der Nacht zum Donnerstag örtlichen Medien zufolge. Es habe sich dabei um Wehrdienstleistende gehandelt.

Fedorow war am Vortag freigekommen. Vergangenen Freitag war der 33-Jährige in der südukrainischen Großstadt von Unbekannten entführt worden. Die Stadt mit knapp 150.000 Einwohnern wurde bereits kurz nach dem russischen Einmarsch vor knapp drei Wochen von russischen Truppen besetzt.

Ukraine meldet Flugzeugabschuss

Zum eigentlichen Kriegsgeschehen meldete die ukrainische Armee in der Nacht, es seien zwei weitere russische Kampfflugzeuge vom Typ Suchoi Su-35 und Su-30 über der Region Kiew zerstört worden. An Land konzentrierten sich russische Einheiten demnach vor allem auf die Sicherung ihrer Geländegewinne. Es gebe Bemühungen russischer Truppen, südlich der Stadt Isjum vorzudringen, wohl um eine Offensive in Richtung Slowjansk fortzusetzen. Dabei seien sie aber nicht erfolgreich.

Das russische Militär erklärte, die Besatzungen von 70 ausländischen Schiffen säßen wegen von ukrainischer Seite verminter Gewässer dort fest. Die pro-russischen Separatisten der selbst erklärten Volksrepublik Luhansk warfen der ukrainischen Armee sechs Raketenangriffe auf Siedlungen binnen 24 Stunden vor. Die Angaben beider Seiten können nicht unabhängig geprüft werden.

Selenskyj will «Ende des Kriegs» – Berater skeptisch

Russland hatte die Ukraine am 24. Februar angegriffen und verzeichnet seither Geländegewinne im Norden, Osten und Süden des Landes. Zugleich verhandeln beide Seiten über Optionen, den Krieg zu beenden. Dazu könnte sich die Ukraine möglicherweise für neutral erklären und im Gegenzug Sicherheitsgarantien erhalten.

Präsident Selenskyjs Berater Alexander Rodnyansky dämpfte jedoch in der ARD-Sendung «maischberger. die woche» die Hoffnung auf eine baldige Friedenslösung. Russland versuche, Zeit zu kaufen, um neue Truppen heranzuziehen und dann wieder eine Offensive starten.

Selenskyj selbst sagte in einer in der Nacht veröffentlichten Videobotschaft, seine Prioritäten in den Verhandlungen mit Russland seien klar: «Ein Ende des Krieges, Sicherheitsgarantien, Souveränität und Wiederherstellung der territorialen Integrität.» Vom Westen verlangte Selenskyj erneut mehr Druck: eine Flugverbotszone über der Ukraine sei nötig, dazu die Lieferung von Luftverteidigungssystemen, Flugzeuge, tödlichen Waffen und Munition sowie ein neues Sanktionspaket gegen Russland.

 

 

 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen