Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – In der Ukraine hat die russische Armee nach Angaben aus Kiew den erwarteten Großangriff im Osten gestartet.

Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte gestern Abend in einer Videobotschaft: «Wir können jetzt feststellen, dass die russischen Truppen die Schlacht um den Donbass begonnen haben, auf die sie sich seit langem vorbereitet haben.» Der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, teilte mit: «Donbass: Es hat die zweite Phase des Krieges begonnen, doch sage ich euch, glaubt an die Streitkräfte der Ukraine.» Auch der Generalstab in Kiew hatte von «Anzeichen» einer Offensive berichtet. Von russischer Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung.

Der Gouverneur des ostukrainischen Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, spricht von einer «schwierigen Situation». «Unsere Verteidiger halten die Verteidigungslinie», sagt Hajdaj im ukrainischen Fernsehen. Angriffe bei Rubischne und Popasna seien zurückgeschlagen worden. Gleichzeitig rief er die verbliebenen Einwohner auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Behörden versuchen, Busse zu organisieren, die dann die Menschen zu bereitgestellten Zügen für die Evakuierung gefährdeter Orte bringen. Es sollen noch etwa 70.000 Menschen in dem Gebiet ausharren, das von der Regierung kontrolliert wird.

Selenskyj kündigt russischen Soldaten harten Kampf an

Selenskyj zufolge ist «ein sehr großer Teil» der russischen Armee für die Offensive im Osten konzentriert. Die Ukraine werde sich dem entgegenstellen. «Ganz gleich, wie viele russische Truppen dorthin getrieben werden: Wir werden kämpfen», versicherte der Präsident. Man werde sich verteidigen und nichts aufgeben. Kein Raketenangriff habe die Situation für Russland grundlegend verbessert, meinte Selenskyj. «Und wenn wir sie alle zusammen bewerten, kommen wir zu dem Schluss, dass sie strategischer Unsinn sind.»

Neues Ultimatum für Stahlwerk in Mariupol

Russland hat wegen der «katastrophalen Lage» in der umkämpften Stadt Mariupol den in einem Stahlwerk eingeschlossenen ukrainischen Kämpfern ein weiteres Ultimatum gestellt. Die nationalistischen Kämpfer und ausländischen Söldner hätten mit Beginn 12.00 Uhr (11.00 Uhr MESZ) die Gelegenheit, die Gefechte einzustellen und ihre Waffen niederzulegen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Dann werde ihr Leben gerettet, hieß es. Zuvor hatten prorussische Separatisten mitgeteilt, dass die Erstürmung des Werks mit russischer Hilfe begonnen habe.

Die Ukraine hatte kritisiert, dass Russland Bitten ausgeschlagen habe, dort einen humanitären Korridor einzurichten, damit sich Zivilisten, die in dem Stahlwerk Zuflucht gesucht hatten, in Sicherheit bringen können. Das russische Verteidigungsministerium wies Berichte zurück, dass es dort Frauen, Kinder und andere Zivilisten gebe. Wenig später teilte die Behörde in Moskau mit, aus «rein humanen Prinzipien» noch eine Chance zur Kapitulation zu geben.

Dritter Tag in Folge keine Fluchtkorridore

Wegen der russischen Offensive im Osten der Ukraine sind nach Regierungsangaben aus Kiew den dritten Tag in Folge keine Fluchtkorridore für die umkämpften Orten eingerichtet worden. «Der intensive Beschuss im Donbass geht weiter», teilte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk mit. Sie warf Russland zudem vor, in der besonders umkämpften Hafenstadt Mariupol trotz Bitten keinen humanitären Korridor für Zivilisten in Richtung der Berdjansk bereitzustellen.

«Wir setzen die schwierigen Verhandlungen über die Öffnung der humanitären Korridore in den Gebieten Cherson und Charkiw fort», schrieb Wereschtschuk in ihrem Nachrichtenkanal in dem sozialen Netzwerk Telegram.

Ukraine: Tote und Verletzte in Charkiw

Beim Beschuss der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurden ukrainischen Angaben zufolge 3 Menschen getötet und 15 verletzt. «Die Granaten fielen direkt vor Häuser, auf Kinderspielplätze und in die Nähe von humanitären Hilfsstellen», teilte Gouverneur Oleh Synjehubow mit. Er warf der russischen Armee einen Angriff auf Zivilisten vor. Von unabhängiger Seite ließen sich die Angaben zunächst nicht prüfen. Aus der südukrainischen Stadt Mykolajiw wurden am Abend mutmaßliche Raketeneinschläge gemeldet. «In Mykolajiw kam es zu mehreren Explosionen. Wir sind dabei, die Situation zu untersuchen», teilte Bürgermeister Olexander Senkewytsch mit.

Klitschko: Kiew «war und bleibt Ziel» der Angreifer

Auch die ukrainische Hauptstadt Kiew ist nach Einschätzung von Bürgermeister Vitali Klitschko weiterhin von russischen Angriffen bedroht. «Kiew war und bleibt ein Ziel des Aggressors», teilte Klitschko per Telegram mit.

Er rate den geflohenen Einwohnern der Metropole dringend, lieber an einem sichereren Ort zu bleiben. «Aufgrund der militärischen Daten und der jüngsten Entwicklungen können wir nicht ausschließen, dass Kiew weiterhin von Raketenangriffen bedroht ist», meinte Klitschko. Auf einige Bezirke seien zuletzt Geschosse abgefeuert worden. «Daher können wir die Sicherheit in der Stadt nicht garantieren.» Es gebe weiterhin viele Kontrollpunkte in Kiew und auch eine nächtliche Ausgangssperre.

 

 

 

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