Schulungszentrum: Krieg macht Innere Führung wichtiger

Koblenz (dpa) – Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist das Konzept der Inneren Führung der Bundeswehr noch wichtiger geworden. Dieses Leitbild des verantwortungsvoll handelnden und in der Gesellschaft verankerten Staatsbürgers in Uniform sei Grundvoraussetzung für die Landes- und Bündnisverteidigung, sagte der Kommandeur des Koblenzer Zentrums Innere Führung, Generalmajor Markus Kurczyk, der Deutschen Presse-Agentur. «Wir sprechen immer über Waffensysteme für die Ukraine und ihre Nachbeschaffung für die Bundeswehr, aber zu selten über die Soldaten. Was ist zum Beispiel ein Kampfpanzer ohne kampfwilligen Kommandanten?»

Wie wichtig die innere Haltung von Soldaten aller Dienstgrade sei, zeige sich bei der ukrainischen Armee, ergänzte der Kommandeur ein Jahr nach Ausbruch des Krieges. «Wir waren überrascht, mit welcher Motivation und Heimatliebe die ukrainische Armee kämpft. Da können Sie noch so viel militärisches Material und Geld haben – ohne eine solche Überzeugung könnte sich die Ukraine nicht verteidigen.» Weiterlesen

Kanzler Scholz gegen Rückkehr zur Wehrpflicht

Berlin (dpa) – Bundeskanzler Olaf Scholz hat einer Debatte über eine Rückkehr zur Wehrpflicht eine Absage erteilt. Die Wehrpflicht habe der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor zwölf Jahren ausgesetzt, sagte der SPD-Politiker der «Bild» (Freitag). «Die Bundeswehr wurde zu einer Berufsarmee umgebaut. Daher gibt die Rückkehr zur Wehrpflicht keinen Sinn.» Daran geknüpft sei die Frage der Dienstpflicht. Weiterlesen

Zwei-Prozent-Ziel entspräche Etat von 65 Milliarden

Berlin (dpa) – Für das in der Nato vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben müsste Deutschland seinen Wehretat im laufenden Jahr um zusätzliche 15 Milliarden Euro steigern. Dieser Betrag gelte allein für den sogenannten Einzelplan 14 im Bundeshaushalt, also den Verteidigungsetat, wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Regierungskreisen in Berlin erklärt.

Das vereinbarte Ziel der Nato ist es, dass sich alle Bündnisstaaten bis 2024 dem Richtwert annähern, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am 27. Februar vergangenen Jahres im Bundestag erklärt, Deutschland werde von nun an Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in seine Verteidigung investieren – eine Reaktion auf den russischen Angriff gegen die Ukraine. Weiterlesen

Schwedens Nachrichtendienst: Moskau ist ernsthafte Bedrohung

Stockholm (dpa) – Nach Einschätzung des schwedischen Geheimdienstes Säpo geht von Russland ein Jahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine eine ernsthafte Bedrohung der Sicherheit des Landes aus.

«Russland und andere autoritäre Staaten sind offensiver in ihrem Vorgehen geworden», sagte Säpo-Chefin Charlotte von Essen am Mittwoch während einer Pressekonferenz. Auch von China gehe ein wachsendes Sicherheitsrisiko aus. Die schwedische Demokratie zu beschützen sei nie wichtiger, aber auch nie schwieriger gewesen, hieß es in dem Lagebericht des Nachrichtendienstes. Weiterlesen

Bundeswehrgeneral: Kiew militärisch in schwieriger Phase

Berlin (dpa) – Ein Jahr nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs steckt der Verteidigungskampf der Ukrainer nach Einschätzung des deutschen Brigadegenerals Christian Freuding in einer schwierigen Phase.

Der Leiter des Sonderstabes Ukraine im deutschen Verteidigungsministerium verwies auf eine erkennbare Lernfähigkeit der russischen Militärführung. «Wir wissen auch, dass die Ukrainer nicht mehr in der Lage sind, ihre Verbände nur mit Freiwilligen aufzufrischen, sondern dass sie jetzt ganz gezielt Reservisten in unterschiedlichen Graduierungen einziehen. Das deutet darauf hin, dass sie derzeit unter Druck sind», sagte Freuding der Deutschen Presse-Agentur.

Der General koordiniert die deutsche Militärhilfe praktisch. Der 51-Jährige war zuvor Kommandeur der Panzerlehrbrigade 9 in Munster.

Freuding verwies auf die erbitterten Kämpfe um die ostukrainische Stadt Bachmut, die als Symbol eine Geschichte habe, die weit über den aktuellen Krieg zurückreiche. Im Dezember hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dem US-Kongress eine Flagge aus der Frontstadt übergeben. Weiterlesen

US-Medien: Präsident Biden war am Sonntag kurz in Ramstein

Ramstein (dpa/lrs) – US-Präsident Joe Biden hat auf dem Weg nach Polen und in die Ukraine laut mitreisenden Journalisten auf der US-Luftwaffenbasis im pfälzischen Ramstein kurz Station gemacht. Demnach war Biden in den frühen Morgenstunden am Sonntag (Ortszeit) vom Stützpunkt Andrews bei Washington aufgebrochen – nicht im üblichen Präsidentenflugzeug, sondern in einer kleineren Maschine. In Ramstein sei der Flieger zwischengelandet – Ziel sei dann die polnische Stadt Rzeszow in der Nähe der ukrainischen Grenze gewesen. Weiterlesen

Pistorius besucht Panzerausbildung in Munster

Von Carsten Hoffmann, dpa

Munster (dpa) – Die Ausbildung ukrainischer Panzer-Soldaten in Deutschland liegt nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Zeitplan. «Es bleibt dabei: Ziel ist es, bis Ende März werden die Panzer, sowohl die Leoparden als auch die Marder, ausgeliefert werden und dann auch die Ausbildung abgeschlossen sein», sagte Pistorius am Montag im niedersächsischen Munster. Die Lieferung von Panzern ist Teil der deutschen Militärhilfe, die der Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland helfen soll.

An dem Truppenbesuch nahmen auch SPD-Chef Lars Klingbeil, der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte und der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko teil. «Damals, vor einem Jahr, hat die freie Welt an uns, die Ukraine, nie geglaubt. Ich möchte euch bitten, an uns, an die Ukraine zu glauben, weiter zu glauben, dass wir uns verteidigen können», sagte Klitschko. Es gehe um Tod oder Leben. «Es gibt nur eine Auswahl zwischen den beiden und nichts anderes», sagte er. «Und deswegen lernen wir schnell. Was man wahrscheinlich in einem Jahr lernen soll, lernen wir im Wochentakt.»

Die Ausbildung erfolgt im Auftrag der Europäischen Union. Dazu wurde in Strausberg bei Berlin ein sogenanntes Special Training Command eingerichtet. Es werden nicht nur Panzer-Soldaten ausgebildet – bislang wurden 1200 Ukrainer geschult. Und es werden 3000 Soldaten sein, wenn die mit der Ausbildung fertig sind, die gerade im Training sind. Ziel sind 15.000, vielleicht sogar 30.000 Soldaten.

Der Schrecken des Krieges in den Gesichtern

Er habe sich selbst ein Bild machen wollen von der Ausbildung, die jetzt seit dem 30. Januar laufe, sagte Pistorius. Bei seinem Besuch in Kiew habe er schon einige der Männer getroffen und sehr ernste Gesichter gesehen. Man habe ihnen den Schrecken des Krieges ansehen können, «gleichzeitig aber auch den Willen und die ungebrochene Moral, weiter für die Freiheit und die Integrität der Ukraine zu kämpfen».

Auf dem Truppenübungsplatz Munster wird die Zusammenarbeit von Kommandant und Richtschütze im Turm des Schützenpanzers Marder im scharfen Schuss mit den Turmwaffen geübt. In Simulatoren für den Kampfpanzer Leopard 2 wird das Zusammenwirken der einzelnen Besatzungsmitglieder trainiert. Der Delegation wird all dies gezeigt.

Für die Ausbildung am Leopard 2A6 gebe es fünf Wochen Zeit. «Das Ziel ist es, sie kriegtüchtig zu machen, damit sie sich im Gefecht durchsetzen können», sagte ein deutscher Offizier. Etwa 20 Prozent der Ukrainer seien schon kampferfahren, aber der viel größere Teil habe nur militärische Grundkenntnisse. «Die Ukrainer sind allesamt hochmotiviert, sehr wissbegierig», sagt er.

Stabilisierte Waffenanlage

Die Bundeswehr-Experten gehen fest davon aus, dass der Leopard 2 im Gefecht gegen russische Panzertruppen weit überlegen ist. Ein Grund ist, dass er eine stabilisierte Waffenanlage hat und damit auch aus laufender Fahrt heraus schießen kann, der russische T-72 für den Schuss aber stehen muss. Ein deutscher Soldat sagt, der Kampfpanzer Leopard werde im Kampf «seinen Mann stehen».

«Der Unterschied ist wie zwischen Mercedes und Lada», sagte ein ukrainischer Soldat über das deutsche Gerät. Dass alles auf deutsch beschriftet ist, sei kein Problem. Die Technik erschließe sich logisch, und wenn man das Prinzip verstehe, könne man den deutschen Ausbildern sogar ohne Sprachkenntnisse folgen. Vitalii ist 57 Jahre alt, älter als die meisten anderen, aber auch mit Brille und einem über das Gesicht gezogenen Stoffschlauch unkenntlich gemacht. Sicherheitsgründe. Dass er bald an der Front kämpft, ist nach der Ausbildung praktisch sicher. Auf eine Frage sagt er: «Alle haben Angst, aber das Wichtige ist, wie man damit umgeht und dass man trotz der Angst weiterkämpft.»

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Rüstungsproduktion: Panzerbauer fordern politischen Konsens

Von Carsten Hoffmann, dpa

München/Berlin (dpa) – Der Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) sieht keine industriellen Hindernisse für ein deutliches Hochfahren seiner Produktion. Sein Unternehmen frage dazu laufend alle Unterlieferanten, welche Produktionsraten möglich seien, sagte KMW-Chef Ralf Ketzel der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Ein Signal wie etwa «das geht gar nicht» hat uns bisher niemand gegeben», sagte er. «Was wir dafür brauchen, ist ein klarer politischer Konsens.»

Fast ein Jahr nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine werden Kapazitäten und Fähigkeiten westlicher Rüstungsunternehmen absehbar bis Sonntag auch Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) sein. Aus der deutschen Rüstungsindustrie wird unterdessen immer deutlicher kritisiert, dass ungeachtet aller politischen Erklärungen bisher kaum Aufträge eingegangen sind.

Anderes Geschäftsmodell seit Ende des Kalten Kriegs

KMW ist Hersteller von Waffensystemen wie dem Kampfpanzer Leopard 2 und der Panzerhaubitze 2000. Mit mehr als 4000 Mitarbeitern bezeichnet sich die Firma als Marktführer für hochgeschützte Rad- und Kettenfahrzeuge in Europa.

Im Kalten Krieg hatte KMW jährlich etwa 300 Leopard-Panzer produziert, also etwa einen pro Arbeitstag. Danach änderte sich das Geschäftsmodell. Zuletzt gab es ein Neubauprogramm in der Größenordnung von 50 Leopard-Panzern pro Jahr. Zudem gibt es ein Upgrade-Programm, bei dem 60 oder 70 Fahrzeuge pro Jahr auf einen moderneren Stand gebracht werden. Etwa 50 weitere Fahrzeuge kommen zur Instandsetzung, also zur Reparatur und Wartung.

«Wenn man erneut in die Produktion von jährlich 300 Fahrzeugen gehen will, haben wir einige Themen, die zu beachten sind. Zum Beispiel sind die Fahrzeuge heute komplexer, denn sie bestehen aus wesentlich mehr Teilen. Außerdem würde wir bestimmte Aufgaben, die wir jetzt im Hauptwerk erledigen, wieder an Tochterunternehmen oder Partnerfirmen abgeben», sagte Ketzel. «Auch da haben wir genug Luft, um relativ zügig wieder in so eine Produktion einzusteigen, wenn sie denn wirklich gewollt ist.»

Als er selbst in das Unternehmen gekommen sei, habe es im Prinzip eine Bandmontage gegeben, «keine einzige Instandsetzung, keine einzige Umrüstung», erinnert er sich. Ketzel: «Es fand nur Serienfertigung des Leopard statt. Wir haben die Infrastruktur seitdem allerdings nicht reduziert, sondern wir sind größer geworden. Wir haben drei Hallen dazu gebaut. Das gibt uns Raum zum Atmen.» KMW sei mit Instandsetzungs- und Umrüstaufträge gut ausgelastet.

Infrastruktur reicht aus

Nach Zahlen, die in Europa noch vor dem Ukraine-Krieg erhoben wurden, und mit dem Ersatz der nun abgegebenen Fahrzeugen werde man auf eine Produktion von 500 bis 600 Leopard 2 kommen, so der KMW-Chef. Wenn dies nicht in einem extrem kurzen Zeitraum erforderlich sei, sei dies mit der jetzigen Infrastruktur in Europa und mit den jetzigen Fertigungslinien möglich.

«Wir haben einen Vorlauf von einem Jahr, bevor bei uns Montage und Integration beginnen. Das bedeutet, dass die großen Unterlieferanten, die Motoren herstellen, Optronic, Elektronik oder spezielle Optiken, sofort gefordert sind», sagte Ketzel. «Manche haben überhaupt gar kein Problem damit, weil sie für viele Systeme ohnehin eine größere Produktionsstraße haben. Manchmal lösen aber auch kleine Themen Kopfschmerzen aus. Das kann zum Beispiel ein Chip sein.»

Für Hochlaufen einer Koproduktion – ob als weitere Produktionslinie im Ausland oder in Deutschland – veranschlagt er ein bis zwei Jahre. Allerdings brauchen auch die Unterlieferanten einen Vorlauf. Ketzel: «Wir können, wenn wir jetzt einen Auftrag haben, sicherstellen, dass die ersten Systeme in zwei Jahren ausgeliefert werden. In drei Jahren geht das dann hoch. Wie steil diese Kurve wird, hängt von den Parametern ab. Wir können vielleicht zwei Linien aufbauen, aber wir können nicht fünf aufbauen.»

Bislang keine Order für Großwaffensysteme

Fast ein Jahr nach der Zeitenwende haben die Bundesregierung und das Beschaffungswesen der Bundeswehr aber noch keine Order für die Großwaffensysteme platziert. Auf die Frage, ob es für das Hochfahren der Produktion schon den Startschuss gibt, antwortet Ketzel: «Nein. Wir sind im Gespräch mit dem (Beschaffungsamt) BAAINBw für viele Verträge. Die sind aus unserer Sicht auf einem sehr guten Weg. Aber da reden wir nicht über dreistellige Stückzahlen.»

Ein klarer politischer Konsens als Entscheidungsgrundlage könne auch eine «bestimmte Zielkonfiguration» sein, was in vier Jahren erreicht werden solle. «Ein prominentes Beispiel ist der Schützenpanzer Puma: Da gab es die klare Aussage, dass im Jahr 2027 eine Division gebraucht wird. Dafür haben wir investiert. Ein gutes Beispiel sind die Briten. Die sagen, sie wollen über zehn Jahre 500 Radpanzer Boxer haben. Das funktioniert.»

Ketzel betont, dass KMW – anders als Automobilbauer oder Computerhersteller – nicht frei am Markt agieren. «Alles unterliegt dem Kriegswaffenkontrollgesetz. Das ist einfach formuliert. Das Herstellen von Kriegswaffen ist erst mal verboten, und dann gibt es Ausnahmegenehmigungen. Wenn wir mit der Herstellung einer Kriegswaffe beginnen wollen, brauchen wir dafür eine Genehmigung», sagt er. «Das ist deutsche Gesetzeslage, und die wird sich nicht ändern. Das ist auch vernünftig. Wir sind eine regulierte Industrie.»

«Ad-hoc-Entscheidungen, die gar nicht so schön geplant sind»

Der Panzerbauer, der seine Zentrale in München und mehrere Niederlassungen in Deutschland und Übersee hat, beobachtet den Verlauf der Gefechte in der Ukraine und zieht daraus Schlüsse für die eigenen Konzepte beim Bau der Waffensysteme. Schon der historische Krimkrieg habe «den Ersten Weltkrieg ahnen lassen». «Heute sehen wir vieles – und verstehen es vielleicht sogar, was unser Bild von Gefechtsführung ändern wird», sagt Ketzel.

So gehe es um Fragen, ob man in der Zukunft noch mit «zeltstadtähnlichen Gefechtsständen» werde leben können oder komplexe Entscheidungsprozesse in Stäben organisiert werden müssten. «Aus der Ukraine spürt man: Das läuft völlig anders, mehr wie ein Netzwerk mit guter Kommunikation. Wir erleben ad-hoc-Entscheidungen, die gar nicht so schön geplant sind, wie wir das mit Karte und Lagebild und Berichtswesen kennen. Unsere Welt und ihre Nervensysteme funktionieren oft andersherum. Die reagieren auf Impulse, auf Informationsblöcke und nicht auf Lagevorträge.»

Auch beschäftigt die Frage, wie groß darf, wie leicht muss und wie vernetzt wird der Kampfpanzer in Zukunft sein. «Wir haben das im Marine-Sektor gesehen. Irgendwann sagte man: Kreuzer oder Schlachtschiffe sind zu groß», sagt Ketzel. «Es gibt aber weiterhin Schiffe, auch große Schiffe, allerdings keine Schlachtschiffe mehr. Heute gibt es Flugzeugträger.»

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Deutsche bei Rückkehr zu Wehrpflicht gespalten

Berlin (dpa) – In der Bevölkerung in Deutschland gibt es nach einer aktuellen Umfrage keine Mehrheit für eine allgemeine Wehrpflicht von Männern und Frauen. In der Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Kantar sprachen sich 46 Prozent der Befragten dafür aus, 50 Prozent dagegen, wie die Organisation Greenpeace als Auftraggeber mitteilte.

Im Osten war die Zustimmung dabei geringer als im Westen. Greenpeace wollte vor der Münchner Sicherheitskonferenz ein Meinungsbild einholen.

Allerdings gab es in der Gruppe der Menschen im Alter bis 29 Jahren mehrheitlich Zustimmung (Ja: 58 Prozent) für eine allgemeine Wehrpflicht. Zustimmung gab es demnach bei Anhängern der FDP (69 Prozent), der Union (58 Prozent), der SPD (55 Prozent) sowie noch knapp bei der AfD (50 Prozent), während Anhänger von Grünen und Linken mehrheitlich dagegen waren. Auf die Frage «Möchten Sie persönlich Wehrdienst leisten?» antworteten junge Männer unter 30 Jahren zu 55 Prozent mit Ja, Frauen der gleichen Altersgruppe mit 67 Prozent mehrheitlich mit Nein. Weiterlesen

Ukrainische Flugabwehr in der Schnellausbildung

Von Carsten Hoffmann, dpa

Berlin (dpa) – Die Ausbildung ukrainischer Soldaten am Flugabwehrsystem Patriot in Deutschland kommt nach Einschätzung der Luftwaffe zügig voran. Die Ukrainer seien hochmotiviert und oft schon im Einsatz erfahren, so dass es «schneller geht als erwartet», sagte der Kommandeur des deutschen Ausbildungsverbandes am Mittwoch. Der Lehrgang für etwa 70 Männer, die aus den Kämpfen nach Deutschland gebracht wurden, läuft etwa zwei Wochen an einem Bundeswehrstandort, der aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden soll.

Patriot («Phased Array Tracking Radar to Intercept on Target») zählt zu den modernsten Flugabwehrsystemen der Welt. Damit können feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft werden. Auf eine Entfernung von etwa 100 Kilometern und bis in Höhen von 30 Kilometern können die Abwehrraketen in einer gedachten Glocke um die Stellung Ziele treffen – abhängig vom eingesetzten Lenkflugkörper. Deutschland hatte sich zusammen mit den USA bereiterklärt, der Ukraine jeweils ein System der modernen Flugabwehr zur Verteidigung gegen russische Angriffe zu überlassen, die verstärkt auf die zivile Infrastruktur des Landes zielen.

Die Ukrainer werden in Deutschland in drei Aufgaben trainiert. Sie erlernen die Arbeit im Feuerleitstand, beim praktischen Betrieb der Startgeräte – wie die mobilen Abschussanlagen genannt werden – sowie in der Wartung und Instandsetzung des Waffensystems.

Ukrainer bringen Erfahrung mit

«Unsere Brigade ist eine Kampfbrigade und wir haben Erfahrung im Gefecht», sagte ein ukrainischer Offizier am Mittwoch auf dem Bundeswehrgelände. «Unser Verband hat bereits mehr als 200 Ziele abgeschossen», sagte er. Hauptwaffe ist demnach bisher das in Sowjetzeiten entwickelte Flugabwehrsystem S-300, dessen Fähigkeiten und Grenzen dem russischen Gegner genau bekannt sind. Patriot kann auch zur Abwehr von taktischen, ballistischen Raketen eingesetzt werden, was mit S-300 so nicht möglich ist.

Der ukrainische Soldat war zuletzt in der Region seiner Heimatstadt Dnipro eingesetzt, wo Mitte Januar nur 800 Meter von seinem Haus eine russische Rakete verheerend in einem bewohnten Hochhaus eingeschlagen war, wie er schildert. Für die ukrainische Luftabwehr sind dies schwarze Stunden, «ein komplexes, dunkles Gefühl» wenn der Angreifer die Abwehr überwinde, sagt der 40-Jährige. Es sei dann klar, dass Menschen sterben oder Infrastruktur zerstört werde. Es müsse aber kein menschliches Versagen im Spiel sein. Vielfach komme die Luftabwehr technisch an Grenzen.

Die Ukrainer lernen in Deutschland sechs Tage in der Woche. Auf dem Gelände laufen die Waffensysteme im Übungsbetrieb. Lastwagen mit angebautem Kran heben zur Übung schwankende Wassereimer, Generatoren laufen, Hydraulikpumpen surren. In einige Wochen lernen die Männer, Frauen sind nicht darunter, was für Bundeswehrsoldaten sonst auf Monate angelegt ist. «Die Motivation ist hoch, weil jeder weiß, worum es geht», sagt ein deutscher Offizier.

«Gamechanger» in der Abwehr

«Patriot ist das stärkste System zur Abwehr taktischer, ballistischer Raketen. Dafür ist das System optimiert», sagt der Ausbildungsleiter. Ein anderer Offizier spricht von einem «gamechanger» – einer Waffe, die die Regeln auf dem Gefechtsfeld zu Gunsten der Ukrainer verändert – weil sie weiter und schneller schießt als bisher vorhandene Systeme. Die Bundeswehr selbst hat 12 Patriot-Systeme, davon sind 3 in Polen im Einsatz und 2 in der Slowakei. Mehrere werden derzeit von der Industrie modernisiert. Es handelt sich um ein knappes Gut. Im Kalten Krieg hatte die Bundeswehr selbst noch 36 der Systeme.

Die Startstationen sind auf große, vierachsige MAN-Lastwagen montiert. Sie bestehen aus bis zu vier Kanistern. Das sind lange Kisten, in denen die Raketen stecken. Zum System gehören auch der Feuerleitstand, das Radar und ein großer Generator – von den Soldaten als «Dreigestirn» bezeichnet. Das System stuft Flugobjekte am Himmel in die Kategorien Freund und Feind ein. Im Bedrohungsfall feuern Soldaten im Leitstand die Lenkflugkörper ab, um die Objekte der Angreifer unschädlich zu machen. Überwacht werden können nach früheren Angaben gleichzeitig bis zu 50 mögliche Ziele, aktiv bekämpft bis zu fünf.

Die Patriot-Raketen wirken im Verbund mit anderen Systemen. Vereinfacht kann man sagen, dass ein wie von Deutschland bereitgestelltes System für den Schutz einer mittelgroßen Stadt ausreicht. Sobald die mobile Anlage an ihrem Zielort ist, kann binnen Minuten Einsatzbereitschaft hergestellt werden. Auf dem «Marsch» zum Einsatzort ist sie allerdings auch besonders verwundbar.

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Pistorius für schärferes Nato-Ziel bei Verteidigungsausgaben

Von Ansgar Haase, dpa

Brüssel (dpa) – Der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius unterstützt die Forderungen von Nato-Partnern nach einem deutlich schärferen Bündnisziel für Verteidigungsausgaben. Er teile die Einschätzung, dass Ausgaben von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) künftig die Untergrenze sein sollten, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch am Rande eines Nato-Verteidigungsministertreffens in Brüssel. «Sich allein dem Zwei-Prozent-Ziel annähern zu wollen, wird nicht reichen», unterstrich er. «Das muss die Basis sein für alles Weitere.»

Pistorius spielte damit auf das aktuelle Ziel der Nato an. Dieses sieht vor, dass sich alle Bündnisstaaten bis 2024 dem Richtwert annähern, mindestens zwei Prozent ihres BIPs für Verteidigung auszugeben. In der Nato werden derzeit Gespräche über das künftige Ziel geführt. Eine Einigung soll spätestens beim nächsten regulären Gipfel erzielt werden. Er wird am 11. und 12. Juli in Litauens Hauptstadt Vilnius organisiert.

Eine Verschärfung des Nato-Ziels würde Stand heute eine Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben um einen zweistelligen Milliardenbetrag erfordern. Bislang gibt Deutschland deutlich weniger als zwei Prozent des BIPs für Verteidigung aus. Für 2022 wurde nach vorliegenden öffentlichen Zahlen zuletzt nur eine Quote von 1,44 Prozent erwartet – auf Grundlage von Verteidigungsausgaben nach Nato-Standard in Höhe von 55,6 Milliarden Euro.

Diplomaten: Vorgaben so vage wie möglich halten

Zur Frage, ob seine Position die deutsche Position für die Nato-Verhandlungen ist, sagte Pistorius am Mittwoch: «Wir sind innerhalb der Bundesregierung in der Abstimmung dazu und werden die sicherlich bald abschließen.»

Sollte sich Deutschland in der Nato dem Lager derjenigen Länder anschließen, die aktiv für ein klares und ambitioniertes Ziel bei den Verteidigungsausgaben eintreten, wäre das ein klarer Kurswechsel. Nach Angaben von Diplomaten bemühte sich die Bundesregierung bislang, Vorgaben so vage wie möglich zu halten. Dabei wurde argumentiert, dass die BIP-Quote nur wenig über die militärische Leistungsfähigkeit aussage und Nato-Fähigkeitenziele und ihre Einhaltung deutlich wichtiger und aussagekräftiger seien. Als ein Beleg dafür wird genannt, dass die Quote nicht fällt, wenn ein Land bei einem Rückgang der Wirtschaftsleistung seine Verteidigungsausgaben entsprechend kürzt.

Ein möglicher Streitpunkt innerhalb der Bundesregierung könnte die Frage werden, was eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben in zweistelliger Höhe für andere Politikbereiche bedeuten würde. Aus dem Finanzministeriums hatte es so zuletzt geheißen, dass es bei Ausgaben in Höhe von zwei Prozent des BIPs sehr schwierig werden könnte, gleichzeitig das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel für die Unterstützung von Entwicklungsländern zu erfüllen. Diese sieht vor, jährlich mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit auszugeben.

Das schon beschlossene Sondervermögen für Verteidigung in Höhe von 100 Milliarden Euro dürfte nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) an dem Grundproblem nichts ändern. Den Berechnungen zufolge könnte die Zwei-Prozent-Quote der Nato mit dem Geld nur in den Jahren 2024 und 2025 erreicht werden. In den beiden Folgejahren könnte der Anteil am BIP nach den bisherigen Finanzplänen und Wachstumsprognosen schon wieder auf 1,8 und 1,2 Prozent zurückfallen.

Spitzenreiter im Verhältnis von Wirtschaftskraft und Verteidigungsausgaben sind innerhalb der Nato die USA. Sie lagen nach Bündniszahlen zuletzt bei einer Quote von 3,47 Prozent. Mit 822 Milliarden US-Dollar (765 Mrd. Euro) zahlte Washington zuletzt mehr als doppelt so viel Geld für Verteidigung wie alle anderen Bündnisstaaten zusammen. Zum Vergleich: Großbritannien als Nummer Eins in Europa gab 2022 umgerechnet rund 61,1 Milliarden Euro aus. Neben den USA und Großbritannien erreichten nur Griechenland, Polen, Litauen, Estland, Lettland, Kroatien und die Slowakei das Zwei-Prozent-Ziel.

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