Skandal-Video: Exil-Tibeter-Präsident verteidigt Dalai Lama

Neu Delhi (dpa) – Die Regierung im Exil lebender Tibeter hat den Dalai Lama nach einem viel kritisierten Video verteidigt. Präsident Penpa Tsering sagte Reportern in Neu Delhi, dass es sich dabei um «unschuldiges, großväterliches, liebevolles Benehmen» und einen «heiteren Streich» mit der Zunge handelte, wie unter anderem die «Hindustan Times» berichtete. Die Exilregierung sitzt im nordindischen Dharamsala.

In dem Video ist zu sehen, wie das geistliche Oberhaupt der Tibeter einen Jungen auf die Lippen küsst, ihm anschließend die Zunge entgegen streckt und ihn auffordert, diese zu lutschen. «Wer ist jetzt das Opfer? Der Junge beschwert sich nicht, seine Mutter beschwert sich nicht. Das Opfer hier ist seine Heiligkeit, der Dalai Lama», sagte Tsering. Weiterlesen

Dreyer beim Fastenbrechen: 10 Jahre Schura

Mainz (dpa/lrs) – Während eines Besuches beim Fastenbrechen in Mainz hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Arbeit des seit nunmehr zehn Jahren bestehenden Islamverbandes Schura Rheinland-Pfalz gelobt. «Ihre junge und dynamische Gemeinschaft hat seit ihrer Gründung eine beachtliche Entwicklung vollzogen», sagte die SPD-Politikerin nach einer Mitteilung am Mittwochabend in Mainz. «Sie haben das Profil einer pluralistischen Religionsgemeinschaft entwickelt, die an der demokratischen Gestaltung unserer Gesellschaft engagiert mitwirken will.»

Der Verein Schura Rheinland-Pfalz – Landesverband der Muslime als erste Vertretung in Rheinland-Pfalz für Muslime verschiedener Glaubensrichtungen und Nationalitäten war am 24. Dezember 2012 als Zusammenschluss von zunächst sechs sunnitischen und zwei schiitischen Gemeinden entstanden, mittlerweile umfasst er nach eigenen Angaben 15 Mitgliedsgemeinden. Weiterlesen

Vodou in Haiti: Die dämonisierte Volksreligion

Von Nick Kaiser, dpa

Port-au-Prince (dpa) – Am Abend des 14. August 1791 trafen sich in einem Wald in Haitis Bergen Sklaven von den umliegenden Plantagen zu einer Zeremonie ihrer Religion Vodou (früher Voodoo geschrieben). Nach überlieferten Schilderungen opferte die Priesterin Cécile Fatiman dem Geist Ezili Dantor ein schwarzes Schwein. Der Priester Dutty Boukman rief dazu auf, sich an den weißen Sklaventreibern zu rächen.

Für viele Haitianer ist die nach dem Ort des Geschehens benannte Bois-Caïman-Zeremonie der wahre Start der Revolution, die Tage später ausbrach und 1804 in Haitis Unabhängigkeit mündete.

100 Prozent Vodou-Anhänger

In Haiti, so ein oft bemühter Spruch, sind 70 Prozent der Menschen Katholiken, 30 Prozent Evangelen und 100 Prozent Vodou-Anhänger – so zentral ist der Glaube als Volksreligion für ihr Selbstverständnis. Dennoch wurde Vodou erst vor 20 Jahren in dem Karibikstaat offiziell als Religion anerkannt. Vor 20 Jahren, am 7. April 2003 – zum 200. Todestag des Freiheitskämpfers Toussaint L’Ouverture – verfügte der damalige haitianische Präsident Jean-Bertrand Aristide die rechtliche Gleichstellung des Vodou mit den christlichen Konfessionen.

Seitdem trauten sich die Menschen in Haiti etwas mehr, öffentlich über Vodou zu sprechen, sagt Kyrah Malika Daniels, Assistenzprofessorin für Afro-Amerika-Forschung an der Emory University in den USA. «Aber im Großen und Ganzen wird die Religion nach wie vor unglaublich entwertet, dämonisiert und missverstanden.» Die Anhänger würden von der Polizei schikaniert.

Naturgeister und Heilige

Im 17. und 18. Jahrhundert wurden Hunderttausende Afrikaner als Sklaven nach Haiti verschleppt. In Westafrika, in der Gegend des heutigen Benin, hatte der Vodou seinen Ursprung. Auf den Zuckerrohrplantagen Haitis mussten die Sklaven ihren Kult tarnen, weil die weißen Herrscher das Christentum unter ihnen durchzusetzen versuchten. So entstand ein sogenannter Synkretismus: die Vermischung zweier Religionen. Heute entspricht fast jedem der Naturgeister im Vodou – den «Loa» – ein katholischer Heiliger.

Dass in Haiti durch die Sklavenrevolution die erste von Schwarzen geführte Republik der Welt entstand, wurde in der weißen Welt als Bedrohung aufgefasst. Haiti wurde als Land blutdürstiger Teufel dargestellt, nicht zuletzt in Hollywood – der Begriff «Zombies» kommt vom haitianischen Vodou-Glauben.

Aber auch im unabhängigen Haiti hatte die Religion einen schweren Stand. Anführer des Aufstands konnten nach weit verbreitetem Glauben zu Gottheiten werden, wie der emeritierte Afrikanistik-Professor und Mitherausgeber des «Journal of Haitian Studies» in den USA, Patrick Bellegarde-Smith – selbst ein Vodou-Priester – im Buch «Fragments of Bone» schreibt: «Sobald sie jedoch an der Macht waren, verboten die Generäle/Präsidenten aus Angst vor der nachgewiesenen Macht der Religion diese, um ihren eigenen Machterhalt zu sichern oder um die (europäische) Weltöffentlichkeit zu beschwichtigen.»

Noch heute werden laut Daniels Vodou-Anhänger dämonisiert und verfolgt. Insbesondere haitianische Protestanten fühlten sich durch diese bedroht. Sie verweist auf einen Bericht, dem zufolge nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 Vodou-Anhänger, die mit Gesang die Geister um Hilfe baten, niedergeschrien wurden. Man habe ihnen vorgeworfen, das Beben ausgelöst zu haben, sagt Daniels. «Als wir 2021 im Süden des Landes noch ein schweres Erdbeben hatten, waren die Leute wieder schnell dabei, dem Vodou die Schuld zuzuschieben.»

Zunehmend neue Anhänger findet die Religion laut Bellegarde-Smith in den USA unter jungen Menschen haitianischer Herkunft. Er führt das auf einen Stolz auf die haitianische Identität in Abgrenzung zu anderen Einwanderergruppen zurück. Dutzende Vodou-Priester und Priesterinnen hätten heute Doktortitel und lehrten an US-Hochschulen, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. «Vodou geht als Natur-, Traditions-, Stammes- und indigene Religion über die Grenzen einer Religion hinaus, es verankert ein nationales Ethos.»

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Düstere Stimmung: Ramadan in der Erdbebenregion

Von Ergin Hava, dpa

Adiyaman (dpa) – In der vom Erdbeben stark zerstörten Stadt Adiyaman beginnt das erste Fastenbrechen des Ramadans. Familie Kaplan kommt am Donnerstagabend auf dem Boden ihres Zeltes zusammen, in der Ferne ist der Ruf zum Gebet zu hören. Still reicht Vater Ekrem das Brot, während Mutter Asli Wasser für ihre beiden Kinder eingießt. Sie murmeln Gebete für diejenigen, die durch die verheerende Erdbeben am 6. Februar ums Leben gekommen sind.

Bei der Erdbebenkatastrophe sind auch in Adiyaman viele Menschen ums Leben gekommen und viele sind obdachlos. In der gleichnamigen Provinz sind laut Regierungsangaben mindestens 56.000 der insgesamt 120.496 Gebäude eingestürzt oder stark beschädigt. Sechs Wochen später trauert die Stadt, die im Jahr 2022 rund 310.000 Einwohner zählte, noch immer. Die meisten, die geblieben sind, begrüßen in provisorischen Unterkünften den heiligsten Monat des Islam.

Gläubige Muslime verzichten im Ramadan einen Monat lang von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang etwa auf Essen, Trinken und Rauchen. Der Ramadan gilt als Zeit für innere Einkehr, Demut, Gemeinschaft und Wohltätigkeit. Statt wie sonst fröhlich ist das erste Fastenbrechen in diesem Jahr von düsterer Stimmung geprägt. Mehr als 50.000 Menschen sind allein in der Türkei durch die Beben der Stärke 7,6 und 7,7 getötet worden.

Tränen statt Freude beim Fastenbrechen

«Ich hätte mir nie vorstellen können, mit so einem schweren Herzen in den Ramadan zu gehen. Ich wünschte, meine Schwester und meine Neffen wären auch hier», sagt Vater Ekrem Kaplan. Seine Tränen kann er dabei nicht zurückhalten. Seine Schwester und ihre vier Kinder sind bei dem Beben gestorben. Er besuche jeden Tag den Friedhof, gieße Blumen und reinige die Grabsteine, sagt er.

Eigentlich würde der Ramadan in Adiyaman, einer frommen, lebendigen Großstadt, Tage vorher festlich begonnen. Ekrem Kaplans Frau Asli Kaplan erinnert sich an Trommler, die vor der Morgendämmerung in osmanischem Stil gekleidet durch die Nachbarschaften schwärmten, um die Bewohner für die letzte Mahlzeit vor der Morgendämmerung zu wecken. Nun verteilen Hilfsorganisationen in der Stadt Lebensmittel an Bedürftige. Nach dem Essen verkleiden sich einige Helfer als Clowns und sehen sich mit den Kindern Zeichentrickfilme im Hinterhof einer örtlichen Schule an.

Ein Stück weiter trinkt der 17-jährige Taha Erdem Tee mit seiner Familie. Auch bei ihnen ist nichts wie in den vergangenen Jahren. Das Menü ist bescheiden. Taha wurde landesweit bekannt durch ein Video, das er eingeschlossen unter den Trümmern drehte. Er sei sicher, er werde sterben, sagte er darin. Sein Traum sei es, Psychologe zu werden, um Menschen zu helfen, die von Katastrophen betroffen sind, sagt er der dpa. «Ich möchte den Menschen sagen, dass es immer Hoffnung gibt, selbst im dunkelsten Moment.»

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Muslimischer Fastenmonat Ramadan hat begonnen

Riad (dpa) – Unter anhaltender Knappheit bei Lebensmitteln und hohen Preisen haben Muslime weltweit mit dem ersten Tag des Ramadans ihre wochenlange Fastenzeit begonnen. Unter anderem in Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde der Donnerstag als erster Tag des Fastenmonats ausgerufen. Der Termin richtet sich nach dem Erscheinen der Neumondsichel und kann deswegen von Land zu Land leicht variieren.

Viele Menschen unter anderem in Ländern der arabischen Welt leiden weiterhin unter stark gestiegenen Preisen für Lebensmittel auf den Weltmärkten. Ein Grund dafür ist der seit mehr als einem Jahr laufende russische Angriffskrieg in der Ukraine. Vor allem die Preise für Getreide sind stark gestiegen. Weiterlesen

Erzbischof Marx verliert Platz in Papst-Beratergremium

Rom (dpa) – Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat seinen Platz im Kardinalsrat von Papst Franziskus verloren. Der Pontifex nominierte den deutschen Geistlichen nicht für eine weitere Amtszeit in dem engen Beratergremium, wie der Heilige Stuhl mitteilte.

Marx hatte dem Rat seit dessen Einrichtung durch Franziskus im April 2013 angehört. Nun entschied sich das Oberhaupt der katholischen Kirche für andere Mitglieder in dem neunköpfigen Gremium. Weiterlesen

Irans Frauen trotzen der Kopftuchpflicht

Von Arne Bänsch, dpa

Teheran/Ghom (dpa) – Lange schwarze Locken im Wind, kurzes weißes Haar. Jung und alt trotzen nach den Frauenprotesten im Iran der Kopftuchpflicht. Was vor einem Jahr in der Islamischen Republik noch undenkbar war, ist heute Alltag. Ob in Parks, Einkaufspassagen oder auf den Straßen der Metropolen – trotz drohender Strafen widersetzen sich Frauen und junge Mädchen mit nie dagewesenem Selbstbewusstsein den strengen Gesetzen.

Es ist ein milder Frühjahrstag in Teheran, eine leichte Brise weht über den Tschitgar-See im Westen der Hauptstadt. Familien sind eingetroffen, gehen spazieren oder picknicken in der Sonne. Ein paar Jugendliche hocken auf Betonklötzen an einem Skatepark, der Duft von Zuckerwatte liegt in der Luft. Mit einem Bluetooth-Lautsprecher zischt ein Junge auf Inline-Skates durch die Gegend. In der Ferne dröhnt iranische Popmusik. Ein junges Mädchen steht da mit bauchfreiem Oberteil und ohne Kopftuch.

Schülerin: «Heute haben wir mehr Mut»

Angst vor Strafen? Die junge Raha zieht eine Augenbraue hoch. «Nach all dem, was wir durchgemacht haben?», fragt die Schülerin. «Heute haben wir mehr Mut. Wenn man auf die Straße geht und demonstriert, warum sollte man sich fürchten?», fragt die 16-Jährige. Ein Freund rollt mit seinen Inline-Skates an, Mehdi, er ist zwei Jahre älter. «Wir haben schon lange keine Lust mehr auf diese Situation.» Niemand höre auf die junge Generation, klagt der Schüler. «Und diejenigen, die lautstark protestiert haben, wurden getötet.»

Die feministischen Kämpfe im Iran sind viel älter als die Islamische Republik selbst. Doch seit der Revolution von 1979 fordern Frauen immer wieder auch die islamischen Gesetze heraus, die sie etwa bei der Erbschaft, dem Sorgerecht oder der Reisefreiheit schlechter stellen als Männer. Dazu kommt die Debatte um die Kleidungsvorschriften. Noch nie war der Widerstand dagegen so stark. Ausgelöst vom Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini, die wegen jener Verstöße vor fast einem halben Jahr festgenommen worden war, entfachten die Proteste einen Aufstand.

An einer anderen Stelle im Park sitzt die Doktorandin Nuschin. Mit ihren 30 Jahren stammt sie aus einer anderen Generation. Die Mehrheit der Demonstrantinnen im Herbst war deutlich jünger. Sie sagt, die psychische Verfassung der Menschen habe sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. «Vielleicht lache ich jetzt, wenn ich draußen bin. Und die Leute denken, ich bin glücklich, weil wir Fahrradfahren und kein Kopftuch tragen. Andere denken vielleicht, dass wir jetzt frei und glücklich sind. Aber nein, so ist es wirklich nicht.»

Gespräche auf der Straße im Iran sind Momentaufnahmen. Zahlen darüber, wie viele Leute hinter dem System stehen oder es verachten, gibt es nicht. Und doch treffen Nuschins Worte einen Nerv, denn viele Leute beklagen schon lange fehlende Zukunftsperspektiven. Dazu kommen die hohe Inflation, eine Währung im freien Fall und die miserable Wirtschaftslage, die Irans politische Führung in die nächste große Krise stürzen könnte. «Die Situation ist so schwierig geworden, dass wir kaum die Miete bezahlen können», sagt die Doktorandin.

Regierung beharrt auf der Verschleierungspflicht

Irans Regierung wurde mit der schlechtesten Wahlbeteiligung seit Staatsgründung ins Amt gewählt. Präsident Ebrahim Raisi zählt zu den Hardlinern und hatte nach dem Machtwechsel im Sommer 2021 einen strengeren Kurs im Umgang mit der Kopftuchpflicht in die Wege geleitet. Dass viele Frauen ihre Haare inzwischen offen tragen, ist der Regierung keineswegs gleichgültig. Raisis Vize Mohammad Dehghan erklärte erst vor wenigen Tagen, die Missachtung der Verschleierungspflicht sei kriminell.

Rund 150 Kilometer südlich von Teheran liegt Ghom, die Hochburg der schiitischen Geistlichkeit. Im Machtzentrum der Mullahs wird die Atmosphäre nach den Straßenprotesten seit Wochen debattiert. Rasieddin Mortasawi Langrudi sitzt nach dem Mittagsgebet auf dem Teppich einer kleinen Moschee. Mit seinen 44 Jahren zählt der Ajatollah zur jungen Generation der einflussreichen Rechtsgelehrten. «Derzeit ist es ratsam, nicht entschieden gegen Frauen ohne Kopftuch vorzugehen. Alle Teile der Gesellschaft sollen zufrieden sein. Wenn eine Warnung ausgesprochen wird, ist es ein Rat und kein Zwang», sagt der Prediger.

Nach dem brachialen Vorgehen des Sicherheitsapparats schlug der Hass auch auf Irans Prediger um, davon zeugt eine Narbe am Unterarm Langrudis. Der Ajatollah wurde jüngst im Zug angegriffen. «Protest ist das Recht der Leute, aber es sollte nicht in der Form ohne Kopftuch oder aus Trotz gegenüber Geistlichen erfolgen.» Langrudi meint, dass sich die Gesellschaft weg vom Kopftuchzwang entwickelt. Doch nicht alle Geistliche in Ghom teilen seine Meinung. Der Zwang sei gut, sollten Frauen nicht selbst vom Wert des Kopftuchs überzeugt sein, erklärt ein anderer Gelehrter in der Pilgerstadt.

Pläne für den Einsatz von Überwachungstechnologie

In den großen Metropolen sind Irans berüchtigte Sittenwächter vom Stadtbild verschwunden. Nur in erzkonservativen Gegenden werden Verstöße systematisch verfolgt. Die Protestikone Jina Mahsa Amini war Mitte September von jener Moralpolizei verhaftet worden, fiel ins Koma und starb wenige Tage später in einem Krankenhaus in Teheran. Jahrelang angestaute Wut der jungen Generation entfachte einen Flächenbrand der Proteste. «Was dies anbelangt, hätte die Regierung sich bezüglich Mahsa Amini offiziell entschuldigen müssen, um diese Ereignisse zu verhindern», sagt Ajatollah Langrudi.

Ob sich die junge Generation von den Worten der Prediger noch einmal überzeugen lässt, bezweifeln viele Menschen im Iran. Schon längst gibt es Pläne, dass die Kopftuchpflicht künftig etwa mit Überwachungstechnologie verfolgt werden soll. Das gewaltsame Vorgehen gegen die Proteste wollen junge Leute den Verantwortlichen nicht verzeihen. «Die Generation, die für die Islamische Republik gestimmt hat, ist inzwischen mindestens 70 Jahre alt», sagt Mehdi im Tschitgar-Park. «Sie sagen, dass alles mit Reformen gut wird. Aber meine Generation hält den Zwang nicht mehr aus.»

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Neue Proteste in mehreren iranischen Städten

Teheran (dpa) – Im Iran haben erneut zahlreiche Menschen gegen die politische und geistliche Führung demonstriert. Proteste gab es nach Berichten von Augenzeugen am Donnerstagabend unter anderem in der Hauptstadt Teheran, der Millionenstadt Maschhad im Nordosten sowie den Kurdengebieten.

Aktivisten hatten nach der traditionellen Trauer von 40 Tagen um zwei hingerichtete Demonstranten zu neuen Protesten aufgerufen. Auslöser der jüngsten Protestwelle in der Islamischen Republik war der Tod einer iranischen Kurdin vor fünf Monaten.

Augenzeugen berichteten über heftige Proteste in den kurdischen Städten Sanandadsch und Ghorweh, wo Demonstranten Barrikaden errichteten und Mülltonnen in Brand steckten. Sicherheitskräfte reagierten demnach mit Warnschüssen. Mehrere Jugendliche sollen in Polizeiautos gezerrt worden sein. Weiterlesen

Muslime beten in Moscheen für Erdbebenopfer

Konz (dpa/lrs) – Beim Freitagsgebet haben Muslime in Rheinland-Pfalz der Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien gedacht. In Konz bei Trier beispielsweise kamen mehr als 100 Menschen in der Haci Bayram Moschee zusammen. «Wir beten gemeinsam für alle Oper und betroffenen Menschen», sagte der Vorsitzender der türkisch-islamischen Ditib-Gemeinde in Konz, Ercan Sari. In der Gemeinde gebe es auch Betroffene, die Verwandte in den Erdbebengebieten hätten. «Es ist die schlimmste Katastrophe, die wir bisher erlebt haben», sagte Sari.

Auch in allen anderen türkisch-islamischen Gemeinden standen Opfer und Betroffene der Erdbebenkatastrophe beim Gebet am Freitag im Fokus, wie der Ditib-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz, Cihan Şen, in Bad Kreuznach sagte. Auch bundesweit gab es Bittgebete in den Moscheen. Zudem wurden Geldspenden gesammelt.

Es war das erste Freitagsgebet nach den verheerenden Erdbeben von Anfang der Woche, bei denen mehr als 21.000 Menschen ums Leben kamen. Für Muslime ist das gemeinschaftliche Gebet am Freitag in der Moschee das wichtigste der Woche. Nach Angaben der Ditib wurden in den Gemeinden bundesweit bereits mehr als sechs Millionen Euro für die Opfer gesammelt. Es wurde zu weiteren Spenden aufgerufen. Weiterlesen

Nach Erdbeben große Betroffenheit und Hilfsbereitschaft

Mainz/Trier (dpa/lrs) – Nach den schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien ist die Betroffenheit in den türkisch-islamischen Ditib-Gemeinden in Rheinland-Pfalz groß. «Es gibt Leute, die Verbindungen haben in diese Regionen», sagte Ditib-Landesvorsitzender Cihan Sen am Mittwoch. Es sei «extrem schlimm, was da passiert ist».

Um Erdbebenopfern zu helfen, werde zu Geldspenden aufgerufen. Sachspenden seien in der jetzigen Situation schwer zu überbringen, sagte Sen. In den 51 Ditib-Gemeinden in Rheinland-Pfalz werde derzeit auch für die Betroffenen gebetet. Punktuell gebe es Andachten, jede Gemeinde finde «da ihren eigenen Weg». Sen ging davon aus, dass beim Freitagsgebet den Opfern und Betroffenheit besonders gedacht werde.

Beeindruckt sei er von der großen Solidarität in der Welt. «Ich finde es extrem lobenswert, wie viel Länder helfen», sagte er. Die Hilfsbereitschaft sei auch in Rheinland-Pfalz groß: Man werde derzeit von vielen angesprochen, die Hilfe anböten. «Da merkt man, wir sind alles Menschen, es kann jeden treffen.» Der Ditib-Landesverband Rheinland-Pfalz hat laut Sen rund 20.000 Mitglieder. Weiterlesen

Papst im Südsudan: Hoffen auf Wendepunkt für den Frieden

Von David Renke und Manuel Schwarz, dpa

Juba (dpa) – Beim ersten Stopp auf seiner Afrikareise in der Demokratischen Republik Kongo wurde Papst Franziskus euphorisch gefeiert. Heute reist er weiter in den Südsudan – ein Land, in dem trotz eines mehrjährigen fragilen Regierungsfriedens weiterhin Gewalt an der Tagesordnung ist. Auf dem Human-Development-Index der Vereinten Nationen (UN) belegt das jüngste Land der Welt den letzten Platz.

Ähnlich wie im Kongo setzen auch die Menschen im Südsudan große Hoffnung in den Besuch des Kirchenoberhaupts. «Ich wünsche mir, dass dieser Besuch ein Wendepunkt für Frieden und Harmonie wird», sagte James Oyet Latansio, der Sekretär des Kirchenrates im Südsudan. Tausende Menschen sind bereits aus allen Teilen des Landes in der Hauptstadt Juba angekommen, um die Ankunft des Papstes um 15 Uhr Ortszeit (14.00 Uhr MEZ) mitzuerleben.

Die Hoffnung der Südsudanesen ist nicht unberechtigt, hatten sich doch die ehemaligen Kontrahenten, Südsudans Präsident Salva Kiir und dessen ehemaliger Vizepräsident Riek Machar, kurz nach einem Besuch im Vatikan zu einem Friedensabkommen durchgerungen. Nach der Unabhängigkeit vom muslimisch dominierten Sudan 2011 war das Land fünf Jahre in einem Bürgerkrieg versunken.

Permanenter Krisenmodus

Papst Franziskus betete damals mit Kiir und Machar und flehte sie um ein Ende des Konflikts an. Dann kniete er sich plötzlich vor den beiden und anderen Gästen aus dem Südsudan nieder und küsste ihnen die Füße. Seit 2020 ist Machar – sieben Jahre zuvor noch wegen eines Putschversuchs in Ungnade gefallenen – wieder Vizepräsident des Südsudans.

Die Gewalt ist jedoch geblieben und der Südsudan noch immer ein Land im permanenten Krisenmodus. Zuletzt eskalierten Auseinandersetzungen in den Bundesstaaten Jonglei und Pibor im Osten des Landes. Auch in den Regionen Warrap oder Zentral-Äquatoria kommt es zu Gewalt. Ethnische Spannungen und der Kampf um knappe Ressourcen entladen sich fast täglich in tödlichen Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Gruppen. Die Zahl der Patienten, die mit Schussverletzungen behandelt werden mussten, ist nach Angaben des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) zuletzt erneut in die Höhe geschossen.

Gewalt wird immer brutaler

«Die Auswirkungen der bewaffneten Konflikte und der Gewalt auf die Menschen im Südsudan ist verheerend», sagte Pierre Dorbes, der Leiter der IKRK-Delegation in Juba. Nach den neuen Auseinandersetzungen hat das Rote Kreuz seine Notfallhilfe aufgestockt, denn die Gewalt wird immer brutaler. «Immer häufiger müssen wir Verletzte aus den ländlichen Gebieten ausfliegen, weil es die einzige Möglichkeit ist, ihr Leben zu retten», so Dorbes.

Auch im Norden des Landes an der Grenze zum Sudan, von dem der Süden erst vor zwölf Jahren unabhängig wurde, kommt es immer wieder zu Spannungen. Dabei geht es nicht nur um Konflikte zwischen dem islamisch geprägten Norden und dem christlichen Süden, sondern auch um Ölvorkommen im Grenzgebiet.

Klimawandel wütet im Südsudan

Neben den alten Konflikten kämpft das Land längst auch mit einer neuen Bedrohung: der Klimawandel. «Der Südsudan ist eines der ersten Musterbeispiele für die Auswirkungen des Klimawandels», sagt Ania Okinczyc, die Büroleiterin der Welthungerhilfe im Südsudan. Das Land erlebte 2022 das dritte Jahr in Folge mit schweren Überschwemmungen. «Allein im letzten Jahr war rund die Hälfte der Landesfläche vollkommen unter Wasser», sagte Okinczyc. Zwar habe die Trockenzeit begonnen und es gebe keinen neuen Regen mehr, doch das Wasser stehe weiterhin auf den Feldern und in den Dörfern. Laut Angaben der UN sind mindestens 900.000 Menschen von den Fluten betroffen.

Ein Ende des Leids der Menschen im Südsudan ist nicht in Sicht. Nach Schätzungen der Hilfsorganisation International Refugee Council (IRC) dürfte die Zahl der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, in diesem Jahr auf 9,4 Millionen Menschen steigen. Schon jetzt sind drei Viertel der gut elf Millionen Südsudanesen auf humanitäre Hilfe angewiesen.

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