Wohnimmobilien erstmals seit Jahren etwas günstiger

Wiesbaden (dpa) – Trendwende auf dem Markt für Wohnimmobilien: Erstmals seit rund acht Jahren sind die Preise für Wohnungen und Häuser gegenüber einem Vorquartal wieder gesunken. Im Zeitraum Juli bis September waren sie im Schnitt 0,4 Prozent günstiger als im zweiten Vierteljahr dieses Jahres, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

Der letzte Rückgang gegenüber einem Vorquartal wurde demnach im vierten Quartal 2014 verzeichnet. Auch im Jahresvergleich machte sich die gedämpfte Nachfrage bemerkbar. Die Preise stiegen deutlich langsamer. Die Zeiten für Bau- und Immobilienwirtschaft werden nach jahrelangem Boom härter.

Wohnimmobilien kosteten im Zeitraum Juli bis September im Schnitt 4,9 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Ein geringerer Anstieg war den Angaben zufolge zuletzt im dritten Quartal 2015 mit 4,4 Prozent verzeichnet worden. Im zweiten Vierteljahr des laufenden Jahres hatten sich Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen nach den jüngsten Daten innerhalb eines Jahres noch um 9,7 Prozent verteuert. Weiterlesen

Rohstoffkosten schon vor Krieg rasant gestiegen

Hannover/Berlin (dpa) – Deutschlands Abhängigkeit von Rohstoffimporten mit stark schwankenden und teils drastisch erhöhten Preisen hat bereits vor dem Beginn des Krieges in der Ukraine tendenziell weiter zugenommen. Dies geht aus Daten für das Jahr 2021 hervor, die die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover jetzt veröffentlichte. Experten der Fachbehörde wiesen auf die Verwundbarkeit der Wirtschaft hin und sprachen sich dafür aus, das Recycling metallischer Ressourcen auszubauen.

Nach BGR-Angaben wuchs die Menge der insgesamt in die Bundesrepublik eingeführten Rohstoffe 2021 im Vergleich zum Vorjahr um rund 3 Prozent auf knapp 400 Millionen Tonnen. Die damit verbundenen Kosten schnellten jedoch gleichzeitig um über die Hälfte auf gut 211 Milliarden Euro empor und erreichten damit ein Allzeit-Hoch.

Haupttreiber waren demnach deutlich gestiegene Rohstoffpreise, ehe Russland dann Ende Februar dieses Jahres die Ukraine angriff. Die Nachfrage nach wichtigen Ressourcen hatte seit dem Abflauen der Corona-Krise wieder angezogen. «So verteuerten sich Industriemetalle, Edelmetalle sowie Kobalt und Lithium, die für die Elektromobilität von Bedeutung sind, erheblich», erklärt die BGR in ihrem aktuellen «Rohstoffsituationsbericht». Die Behörde analysiert im Auftrag des Wirtschaftsministeriums die Lage auf den globalen Rohstoffmärkten. Weiterlesen

Busfahren wird teurer – Warum die Preise steigen

Von Matthias Arnold, dpa

Berlin (dpa) – Zahlreiche Verkehrsverbünde haben für das neue Jahr höhere Fahrpreise im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angekündigt. Sie geben damit unter anderem die gestiegenen Energiekosten an die Fahrgäste weiter. Das 49-Euro-Ticket, das Bund und Länder als einheitliches ÖPNV-Angebot im kommenden Jahr einführen wollen, dürfte daran kaum etwas ändern. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Wo wird es wie teuer?

Je nach Region steigen die Ticketpreise in Deutschland zwischen 1,4 Prozent und 8,8 Prozent, wie eine Auswertung von Preismaßnahmen bei knapp einem Dutzend großer Verkehrsverbünde durch die Deutsche Presse-Agentur ergab. Am stärksten steigen die Preise darunter im Verkehrsverbund Rhein-Neckar, der als Mischverbund Teile von Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg abdeckt. Ab Januar wird es dort bei Bus und Bahn im Schnitt um 8,83 Prozent teurer.

Vergleichsweise moderat fallen die Preisanpassungen hingegen beim Rhein-Main-Verbund (RMV, Hessen) sowie im Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) aus. Dort wird der ÖPNV ab dem 1. Januar im Schnitt lediglich um 1,4 Prozent (VBN) beziehungsweise 1,5 Prozent (RMV) teurer.

Dazwischen liegt unter anderem der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), der seine Preise etwas später, zum 1. April, um durchschnittlich 5,6 Prozent anhebt. Beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr in Nordrhein-Westfalen sind es im Schnitt 3,9 Prozent mehr, im angrenzenden Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) 5,44 Prozent in zwei Schritten zum Januar und zum Juli.

Die Preissteigerungen betreffen in der Regel Einzel-, Tages-, und Gruppenkarten. Manche Verbünde ziehen aber auch die Abo-Preise an.

Ab wann wird es teurer?

In den meisten betrachteten Verbünden greifen die Preisanpassungen zum 1. Januar. In einigen anderen gelten sie wiederum schon seit Monaten. Im Verkehrsverbund Warnow etwa, im Landkreis Rostock, wurden die Preise bereits zum 1. Oktober um durchschnittlich 6,6 Prozent angehoben. In München und im Umland kosten Fahrten im ÖPNV, auch im Abo, seit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember im Schnitt 6,9 Prozent mehr.

Andernorts dauert es hingegen noch. Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV), der Teile von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bedient, plant eine Tariferhöhung erst zum August des kommenden Jahres. In Berlin und Brandenburg kommt sie ab April.

Warum erhöhen die Verbünde die Preise?

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) nennt insbesondere die stark gestiegenen Kosten für Strom, Diesel und Personal als Grund für die Maßnahmen. Hinzu komme, dass viele Fahrgäste derzeit kein ÖPNV-Abo abschlössen, weil sie lieber auf die Einführung des 49-Euro-Tickets warteten. Diese fehlenden Einnahmen müssten ebenfalls kompensiert werden.

Senken die Verbünde die Preise wieder, wenn das 49-Euro-Ticket kommt?

Davon ist nicht auszugehen. Zwar erhalten die Unternehmen von Bund und Ländern einen milliardenschweren Ausgleich für die wegfallenden Einnahmen, mit denen aufgrund des bundesweiten ÖPNV-Monatsabos zu rechnen ist. Doch eine Kompensation für die gestiegenen Energie- und Personalkosten ist darin nicht enthalten. Bis das Geld bei Verbünden und Unternehmen ankommt, dürfte es zudem noch einige Monate dauern, betonte der VDV auf Anfrage. Schließlich steht noch nicht einmal der Starttermin für das 49-Euro-Ticket fest. Die Unternehmen bräuchten für ihre Liquidität aber schon jetzt mehr Geld, um die laufenden Kosten zu bezahlen.

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Bundesbank-Präsident: Sinkende Inflationsraten ab 2024

Frankfurt/Main (dpa) – Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sieht keine rasche Rückkehr zu dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten Inflationsziel. Im Gespräch mit RTL/ntv sagte Nagel, das Inflationsziel der EZB laute zwei Prozent, dort werde man wieder hinkommen. Allerdings werde das noch etwas dauern.

Zunächst werde es im Dezember niedrigere Inflationsraten geben als Folge der Gaspreisbremse. 2023 werde die Inflation sieben Prozent betragen. «Ab dem Jahr 24 werden die Inflationsraten dann deutlich zurückgehen», sagte der Bundesbank-Präsident weiter. Zinserhöhungen hätten Wirkungsverzögerungen von 18 Monaten bis zu zwei Jahren: «Deswegen muss ich an dieser Stelle noch um Geduld bitten.» Ähnlich äußerte sich Nagel im Gespräch mit dem «Stern». Weiterlesen

Gaspreisdeckel: Deutschland könnte überstimmt werden

Brüssel (dpa) – Deutschland riskiert, bei der Abstimmung über einen europäischen Gaspreisdeckel an diesem Montag überstimmt zu werden. «Wenn es so kommt, werden wir damit leben müssen», sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grün) am Rande eines Sondertreffens der für Energie zuständigen EU-Minister in Brüssel. «Das wäre natürlich ein Ergebnis, das nicht wünschenswert ist.» Er strebe an, sich gemeinsam zu einigen, sagte Habeck.

Die Bundesregierung hat in der seit Monaten andauernden Gaspreisdeckel-Debatte immer wieder zu bedenken gegeben, dass es Probleme bei der Versorgungssicherheit geben könnte. «Ich glaube, dass unsere Fragen beziehungsweise Bedenken begründet sind», sagte Habeck. Niemand habe etwas gegen niedrige Preise auf dem Gasmarkt. «Wir wissen nur aus bisherigen Markteingriffen, dass wir sehr vorsichtig sein müssen, nicht das Gute zu wollen und das Schlechte auszulösen», sagte der Grünen-Politiker. Weiterlesen

Zum Fest: Discounter locken mit günstigen Feinkostprodukten

Von Erich Reimann, dpa

Düsseldorf (dpa) – Rehgulasch und Rinderfilet, Rosé-Champagner und Lachs im Blätterteig: Trotz der gedrückten Konsumstimmung locken die Discounter in Deutschland auch in diesem Jahr ihre Kunden vor dem Weihnachtsfest wieder mit einem Hauch von Luxus.

Ihre Chancen, gegen die sonst im Weihnachtsgeschäft bei Kunden beliebteren Supermärkte zu bestehen, sind so gut wie lange nicht. Schließlich müssen wegen der Inflation immer mehr Menschen auf jeden Cent achten.

«Viele Haushalte kommen inzwischen echt an ihre finanziellen Grenzen und können schlichtweg nicht mehr so einkaufen wie früher», berichtet der Handelsexperte Robert Kecskes vom Marktforschungsunternehmen GfK. Bei einer GfK-Umfrage gaben im Herbst knapp 23 Prozent der Befragten an, sich fast nichts mehr leisten zu können.

Deutliche Preisanstiege drücken auf den Geldbeutel

«Ungefähr ein Drittel der Menschen planen in diesem Jahr, für das Weihnachtsfest deutlich weniger Geld auszugeben», weiß Handelsexperte Frank Küver von Marktforschungsunternehmen Nielsen IQ. Auch die meisten anderen machten sich Sorgen. Nur ein ganz kleiner Teil der Bevölkerung fühlt sich nach seinen Worten überhaupt nicht von den Preiserhöhungen betroffen und macht weiter wie früher.

Kein Wunder also, dass die Discounter in ihrer Werbung zum Fest den Preisjoker spielen. Aldi Nord verspricht: «Große Freude zum kleinen Preis». Das Schwesterunternehmen Aldi Süd lädt ein: «festlich sparen und genießen». Der ewige Rivale Lidl stellt seinen Kunden beim Kauf von Produkten seiner Edel-Eigenmarke Sansibar Deluxe auch in Zeiten der Geldknappheit eine «entspannte Weihnachtszeit» in Aussicht. Für weniger als zehn Euro könne man sich bei ihm ein festliches Gourmetmenü mit Ente, Rotkohl, Klößen, Dessert und Rotwein leisten, rechnet einer der Discounter vor.

Fakt ist: Schon in den vergangenen Monaten konnten die Discounter ihren Marktanteil zulasten der Supermärkte spürbar vergrößern. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres steigerten die Billiganbieter ihre Umsätze laut GfK vor allem inflationsbedingt um 6,1 Prozent. Die Supermärkte büßten dagegen 0,5 Prozent ein. Die Schere zwischen den Vertriebsschienen hat sich zuletzt eher weiter geöffnet.

Weihnachtsbegeisterung: Deutsche wollen beim Fest wenig Abstriche machen

Ob diese Erfolgssträhne auch in den umsatzstarken Wochen vor dem Fest anhält, muss sich erweisen. Nielsen-Experte Küver ist eher skeptisch. «Die Mehrheit der deutschen Verbraucher ist in hohem Maße weihnachtsbegeistert.» Das Fest habe einen sehr hohen emotionalen Wert. «Es ist gerade in diesen Zeiten für ganz viele Menschen ein Ankerpunkt, wo sie keine oder nur wenig Abstriche machen möchten», gibt er zu Bedenken.

Weihnachten sei im Handel traditionell die Zeit der Supermärkte, nicht der Discounter. «Und daran wird sich wohl auch in diesem Jahr nur wenig ändern», ist Küver überzeugt. «Die Menschen werden mehr die Preise vergleichen, mehr Sonderangebote kaufen, aber am Ende wollen sie doch sich und ihre Liebsten zu Weihnachten verwöhnen.»

Eine Ausnahme werde es wohl geben: Viele Menschen, die ohnehin einen Großteil ihrer Einkäufe beim Discounter erledigten, würden in diesem Jahr auch den «kleinen Luxus» zum Fest dort kaufen.

Der GfK-Experte Kecskes rechnet damit, das etliche Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der Preissteigerungen von den bislang zu Weihnachten bevorzugten Markenartikeln zu etwas günstigeren Premium-Handelsmarken wie Rewe Beste Wahl, Edeka Genussmomente, Lidl Sansibar Deluxe oder Aldi Gourmet wechseln werden. Eine erste Entwicklung in diese Richtung sei bereits beim Osterfest zu beobachten gewesen. «Die Discounter könnten von diesem Trend profitieren, wenn sie dieses Thema klug spielen», ist der Branchenkenner überzeugt.

Allerdings geht auch er davon aus, dass sich eine Mehrheit zum Fest auch in diesem Jahr etwas Besonderes gönnen will. Sein Fazit: «Der Dezember wird weiter ein Monat der Marke bleiben. Aber im Vergleich zum Weihnachtsgeschäft im letzten Jahr wird es Abstriche geben.»

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Bundesrat billigt Energiepreisbremsen

Berlin (dpa) – Der Bundesrat hat die Energiepreisbremsen gebilligt. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte in der Länderkammer, Preissteigerungen hätten das Potenzial für eine soziale Krise – der Deckel gebe Bürgern nun Vertrauen, in der Zukunft ihre Rechnung bezahlen zu können. Der Staat stehe an der Seite der Bürgerinnen und Bürger. Am Donnerstag hatte der Bundestag die Energiepreisbremsen beschlossen.

Mit den Preisbremsen für Strom und Gas sollen die Folgen der stark gestiegenen Preise für Verbraucher und Unternehmen abgefedert werden. Für private Haushalte sowie kleine und mittlere Firmen sollen die Bremsen ab März gelten, für Januar und Februar ist eine rückwirkende Entlastung geplant. Weiterlesen

Bundesbank: Schrumpfende Wirtschaft und hohe Inflation 2023

Frankfurt/Main (dpa) – Die Bundesbank rechnet im kommenden Jahr mit einem Wirtschaftseinbruch in Deutschland und über 2023 hinaus mit hohen Teuerungsraten.

«Die Wirtschaftsleistung dürfte zwar zunächst schrumpfen, ab der zweiten Jahreshälfte 2023 erwarten wir jedoch eine allmähliche Erholung», erläuterte Bundesbankpräsident Joachim Nagel die neuesten Prognosen der Notenbank. Allerdings verstärke die Energiekrise die Inflation in Deutschland.

Nach 1,8 Prozent Wachstum im laufenden Jahr rechnen die Fachleute der Bundesbank 2023 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Deutschland um 0,5 Prozent. Hohe Energiekosten infolge des russischen Angriffskrieges belasten Unternehmen und Verbraucher. Wegen insgesamt deutlich gestiegener Preise halten sich Privathaushalte beim Konsum zurück. Weiterlesen

Gewerkschaft: Preisbremsen «gutes Paket», aber nachschärfen

Berlin/Hannover (dpa) – Der IG-BCE-Chef und Co-Vorsitzende der Gaskommission, Michael Vassiliadis, sieht mit den vom Bundestag beschlossenen Energiepreisbremsen einen wichtigen Schritt zur Entlastung von Verbrauchern und Industrie.

«Das ist so, wie es verabschiedet wurde, insgesamt wirklich ein gutes Paket», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Jedoch sollte die Ampelkoalition auch in weiteren Gesprächen auf EU-Ebene versuchen, in zwei wichtigen Punkten nachzusteuern. Diese beträfen vor allem große Betriebe, die gleichermaßen auf hohe Strom- wie Gasmengen angewiesen seien. Weiterlesen

Vierte Zinserhöhung in Folge: EZB kämpft gegen Inflation

Frankfurt/Main (dpa) – Die Euro-Währungshüter erhöhen im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation zum vierten Mal in Folge die Zinsen und treten bei Anleihenkäufen auf die Bremse. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschloss eine Zinsanhebung um 0,50 Prozentpunkte und stellte weitere Zinserhöhungen in Aussicht.

Zunächst steigt der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB leihen können, auf 2,50 Prozent, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte. Angesichts wachsender Sorgen um die Konjunktur fällt Anhebung allerdings etwas geringer aus als die beiden vorangegangenen Zinsschritte.

Zugleich will die Notenbank den Umfang der in den vergangenen Jahren von den Euro-Notenbanken aufgekauften, milliardenschweren Anleihenbestände verringern. Von März 2023 sollen Gelder aus auslaufenden Wertpapieren des billionenschweren allgemeinen Kaufprogramms APP nicht mehr in vollem Umfang in den Kauf neuer Anleihen gesteckt werden. Bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 sollen die Bestände monatlich im Durchschnitt um 15 Milliarden Euro verringert werden. Weiterlesen

Bundestag beschließt Energiepreisbremsen

Von Martina Herzog und Andreas Hoenig, dpa

Berlin (dpa) – Mit milliardenschweren Entlastungen sollen die Folgen der rasant gestiegenen Energiepreise für Verbraucher und Unternehmen abgefedert werden. Der Bundestag beschloss am Donnerstag Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme sowie eine Härtefallregelung für Nutzer anderer Heizmittel. Die Neuerungen sollen am Freitag auch den Bundesrat passieren.

Das Versprechen der Bundesregierung: Niemand soll alleine gelassen werden. Finanziert werden die Maßnahmen durch einen insgesamt 200 Milliarden Euro schweren «Abwehrschirm», der bereits beschlossen wurde. Dafür nimmt der Bund neue Schulden auf. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Paket mit Energiepreisbremsen sowie Unternehmenshilfen als «Doppelwumms» bezeichnet.

Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme

Bei der Gaspreisbremse sollen Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde garantiert bekommen. Für Wärmekunden soll der Preis bis zur 80-Prozent-Grenze 9,5 Cent betragen. Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs soll der ganz normale Vertragspreis gelten. So soll ein Sparanreiz beim Gasverbrauch erhalten bleiben, damit Deutschland gut durch den Winter kommt. Die Bundesregierung hatte betont, private Haushalte müssten nichts tun, die Entlastung komme automatisch an. Mieter sollen diese in der Regel über die Heizkostenabrechnung bekommen.

Für Industriekunden wird der Preis pro Kilowattstunde auf 7 Cent netto gedeckelt. Bei Wärme liegt er bei 7,5 Cent netto. Die gesetzlich festgelegten Preise gelten in der Industrie aber lediglich für 70 Prozent des Jahresverbrauchs im Jahr 2021.

Die Strompreisbremse funktioniert ähnlich. Sie sieht vor, dass Haushalte und kleinere Unternehmen 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs zu einem garantierten Bruttopreis von 40 Cent pro Kilowattstunde erhalten. Für Industriekunden liegt die Grenze bei 13 Cent für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs. Die Strompreisbremse soll durch eine Abschöpfung der Erlöse etwa von Ökostrom-Produzenten mitfinanziert werden, die stark von hohen Preisen profitiert haben.

Die Entlastungen für Haushalte und kleinere Firmen sind bis April 2024 befristet und sollen ab März des kommenden Jahres greifen. Bürger und Unternehmen sollen aber rückwirkend auch für Januar und Februar entlastet werden, indem im März die Vergünstigungen für die beiden vorherigen Monate mitangerechnet werden. Die Gaspreisbremse für die Industrie soll ab Januar greifen. Ein Missbrauch der Preisbremsen durch Versorger soll verhindert werden.

Härtefall für Pellets, Öl und andere Heizstoffe

Auch wer mit Stoffen heizt, die nicht über Leitungen ins Haus fließen, soll entlastet werden. Davon profitieren könnten Nutzer von Heizöl, Pellets, Flüssiggas oder auch von Kaminöfen. Details sollen später in einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern festgeschrieben werden, da der Bund zwar bis zu 1,8 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Verfügung stellen will, die Länder sich aber um die Anträge und Auszahlung kümmern sollen.

Maßgeblich ist der Zeitraum vom 1. Januar bis 1. Dezember 2022. Bis zu einer Verdopplung ihrer Heizkosten gegenüber dem Vorjahr stehen die Verbraucherinnen und Verbraucher dabei noch allein in der Pflicht. Bei allen zusätzlichen Kosten will der Bund 80 Prozent übernehmen, vorausgesetzt, die Bedingungen für einen Zuschuss von mindestens 100 Euro sind erfüllt. Die Obergrenze pro Haushalt liegt bei 2000 Euro.

Auflagen für Boni und Dividenden

Unternehmen, die staatliche Unterstützung bekommen, müssen Auflagen bei Boni und Dividenden hinnehmen. Dividenden sind Ausschüttungen, mit denen Aktiengesellschaften ihre Anleger am Gewinn beteiligen. Bei den Boni geht es hier nicht um Prämien für normale Mitarbeiter, sondern um Zahlungen an Organe der Geschäftsführung.

Wer insgesamt mehr als 25 Millionen Euro an Staatshilfe bekommt, darf bereits vereinbarte Boni und Dividenden nicht mehr erhöhen. Ab 50 Millionen sollen keine Boni und Dividenden mehr ausgezahlt werden dürfen. Unternehmen müssen diese Unterstützung allerdings nicht in Anspruch nehmen und können in diesem Fall auch weiterhin Boni und Dividenden auszahlen.

Umsetzung der Preisbremsen und Kritik

«Die Gesetzentwürfe zu den Energiepreisbremsen sind so komplex geraten, dass ihre praktische Umsetzung eine Mammutaufgabe für die Energiebranche wird», sagte die Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae. Zwar werde die Branche alles tun, damit die Entlastungen so reibungslos wie möglich bei den Bürgerinnen und Bürgern ankämen. Unter anderem wegen der aufwendigen Umstellung von IT-Systemen könne ein reibungsloser Start zum 1. März nicht garantiert werden.

Es sei ein «absolutes Novum», dass die Bundesregierung einer Branche Aufgaben übertrage, die eigentlich zum klassischen Kernbereich des Staates gehörten, so Andreae. «Der Staat muss schleunigst ein System schaffen, um selbst staatliche Unterstützung an die Bürgerinnen Bürger zielgerecht und einkommensabhängig auszahlen zu können.» Einen solchen Kanal, über den alle Bürger erreicht werden könnten, gibt es bislang nicht. Der Stadtwerkeverband VKU sprach von einer gewaltigen Kraftanstrengung, die Preisbremsen zeitgerecht so umzusetzen, damit die Entlastungen pünktlich bei den Kunden ankommen.

Mögliche Nachbesserungen

Viel Kritik gibt es daran, dass die Bremsen nach dem «Gießkannenprinzip» funktionieren und sozial nicht gerecht seien. So sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele: «Die Preisbremsen reichen schlicht nicht aus, um die existenzielle Not vieler Menschen zu lindern. Millionen Menschen können es sich nicht leisten, den doppelten Preis für Strom, Gas und Öl zu bezahlen.»

Dazu kommt: Wer bereits vor der Krise sehr sparsam war, habe nun einen Nachteil, wie es in einem Antrag der Koalitionsfraktionen heißt. Die Bundesregierung solle in den nächsten Monaten prüfen, welche Möglichkeiten bestünden, kleine und besonders sparsame Haushalte besser zu entlasten und bei Bedarf nachzusteuern. Eine Option könnte eine Obergrenze für Privathaushalte sein.

Im Juli 2023 solle es einen Bericht zur Wirkung der Preisbremsen geben. Außerdem sollten Möglichkeiten geprüft werden, wie die Versorger bis Mitte des Jahres Daten zur Anzahl der privaten Haushalte und Gewerbe hinter den Gas- und Wärme- und Stromanschlüssen von ihren Kunden erheben könnten – sprich: um dann möglicherweise eine bessere soziale Staffelung hinzubekommen. Der VKU allerdings warnte, die Erhebung dieser Daten wäre ein sehr komplexes Unterfangen.

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