Wie sollen Kinder schwimmen lernen?

Von Thomas Strünkelnberg, dpa

Bad Nenndorf (dpa) – Im Grunde ist es einfach: Weniger Schwimmbäder bedeuten weniger Schwimmunterricht – und weniger sichere Schwimmer. In der Corona-Pandemie gab es zeitweise überhaupt keinen Schwimmunterricht. Die Folge: Der Anteil der Nichtschwimmer unter den Grundschülerinnen und Grundschülern in Deutschland hat sich einer neuen Forsa-Umfrage zufolge binnen fünf Jahren verdoppelt.

Im vergangenen Jahr hätten 20 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren nicht schwimmen können – fünf Jahre zuvor seien es 10 Prozent gewesen, teilte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft in Bad Nenndorf mit. «Der Unterschied ist gravierend, aber angesichts der Entwicklungen in den vergangenen zwei bis drei Jahren auch wenig überraschend», sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Sie mahnte: «Wie Jungen und Mädchen lesen, schreiben und rechnen lernen, so müssen sie auch schwimmen lernen. Wir müssen dahin kommen, dass jedes Kind am Ende der Grundschule sicher schwimmen kann.»

Das Seepferdchen allein reicht nicht

Die DLRG, nach eigenen Angaben Deutschlands größter privater Anbieter in der Schwimmausbildung, hatte die repräsentative Umfrage in Auftrag gegeben. Die bislang letzte vergleichbare Studie gab es 2017. Im August 2022 wurden bundesweit 2000 Menschen ab 14 Jahren befragt. Dabei ging es unter anderem darum, ob sie sich als Nichtschwimmer, unsichere Schwimmer oder sichere Schwimmer einschätzen.

Mit 57 Prozent ist der Anteil der Kinder, die von ihren Eltern als sichere Schwimmer eingestuft werden, im vergangenen Jahr beinahe gleichgeblieben – 2017 waren es 59 Prozent, 2010 sogar 64 Prozent. Dabei steigt der Anteil der angeblich sicheren Schwimmer mit dem Alter: 26 Prozent der Eltern von Sechsjährigen gaben an, ihr Kind schwimme schon sicher. Bei den Zehnjährigen waren es 83 Prozent. Nur: Aus DLRG-Sicht fällt vielen Eltern diese Einschätzung schwer. «Mütter und Väter sind noch allzu oft der Meinung, ihr Kind kann schwimmen, wenn es das Seepferdchen hat», sagte Christian Landsberg, Leiter Ausbildung im DLRG-Präsidium. «Da sind sie jedoch auf dem Holzweg.»

Denn das Seepferdchen bescheinige das Beherrschen wichtiger Grundlagen, sicher schwimmen könne erst, wer den Freischwimmer, also das Bronze-Abzeichen, abgelegt habe, erklärte Landsberg. Allerdings hätten 21 Prozent der Kinder, die nach Einschätzung der Eltern sicher oder zumindest unsicher schwimmen können, kein einziges Abzeichen absolviert. Die DLRG geht davon aus, dass sechs von zehn Kindern oder 58 Prozent am Ende der Grundschulzeit keine sicheren Schwimmer sind.

Schwimmfähigkeit ist ans Einkommen gekoppelt

Die Umfrage ergab: Mehr als jedes zweite Kind (54 Prozent) zwischen sechs und zehn Jahren hat das Seepferdchen, 2017 waren es 69 Prozent. Den Freischwimmer haben 24 Prozent der Kinder absolviert, 13 Prozent können Silber und drei Prozent Gold nachweisen. Unter den Kindern ab zehn Jahren haben 42 Prozent den Freischwimmer absolviert, 24 Prozent haben Silber und acht Prozent Gold. Über sich selbst sagte die Hälfte der Befragten, gut oder sehr gut schwimmen zu können. Von den Menschen mit Hauptschulabschluss beurteilten sich nur 35 Prozent als gute Schwimmer, von den Menschen mit Migrationshintergrund 38 Prozent – und von den Älteren über 60 nur 37 Prozent.

«Was uns in der Deutlichkeit überraschte, sind die Unterschiede nach Einkommen», meinte Vogt. Denn fast die Hälfte (49 Prozent) der Kinder aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2500 Euro kann der Umfrage zufolge nicht schwimmen – bei einem Haushaltsnettoeinkommen über 4000 Euro sind es zwölf Prozent. Vogt betonte: «Schwimmen zu können darf keine Frage des Geldes sein. Umso wichtiger ist es, dass jede Schule in die Lage versetzt wird, das Schwimmen angemessen zu unterrichten.»

Die Energiekrise erschwert die Ausbildung

Dafür sind allerdings Bäder nötig. Doch in der Energiekrise will nach einer unlängst veröffentlichten Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young knapp jede dritte Kommune in Deutschland Hallen- und Freibäder schließen oder den Betrieb einschränken, viele haben dies schon umgesetzt. Das merken auch die Ausbilder: Die abgesenkte Wassertemperatur erschwere die Ausbildung der Jüngsten, sagte Arne Grosser, DLRG-Schwimmausbilder aus Hannover. «Wir haben donnerstags für die Seepferdchen-Gruppe eine Stunde angesetzt, können die Zeit aber meist gar nicht voll ausnutzen. Die Kinder sind irgendwann durchgefroren und müssen früher raus. Da dauert es dann länger als üblich, das Kursziel zu erreichen.» Außerdem seien wegen der hohen Nachfrage 30 Kindern im Kurs – «deutlich mehr als wünschenswert».

Nach den Forsa-Zahlen haben 87 Prozent der Befragten ein erreichbares Schwimmbad in der näheren Umgebung. 2017 waren es 92 Prozent. Bei Menschen aus Orten mit weniger als 5000 Einwohnern waren es 78 Prozent – nach 90 Prozent vor fünf Jahren. «Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Trend bei der Bäderversorgung weiter in die falsche Richtung läuft», kritisierte Vogt.

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Meldepflicht bei mangelnder Fahrtauglichkeit?

Von Maurice Arndt, dpa

Goslar (dpa) – Automobilverbände haben sich gegen eine Meldepflicht von fahrungeeigneten Personen durch Ärzte ausgesprochen. Es gebe bereits in Ausnahmefällen Möglichkeiten für Ärzte, Hinweise an Fahrerlaubnisbehörden weiterzugeben, teilte etwa der Automobilclub von Deutschland (AVD) vor dem Verkehrsgerichtstag mit, bei dem das Thema besprochen wird. Der AVD betonte, dass es sich um ein sensibles Thema handele, «das in einer alternden Gesellschaft an Relevanz gewinnt».

Der Automobilclub ist somit gegen eine Änderung der bisherigen Rechtspraxis. Er befürwortete allerdings die Förderung regelmäßiger freiwilliger Seh- und Reaktionstests oder auch PKW-Sicherheitstrainings. Deren Ergebnisse müssten allerdings vertraulich bleiben, teilte der AVD mit.

Ohnehin hätten Ärztinnen und Ärzte bereits die Möglichkeit, fahrungeeignete Personen den Behörden zu melden, wenn sie «Gefahr in Verzug» feststellen. Der AVD bezieht sich dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1968. Demnach dürfen Ärzte in Ausnahmefällen die Schweigepflicht brechen. Dazu müssen sie zuerst den Patienten über seine Erkrankung und die damit verbundenen Gefahren des Autofahrens aufklären.

Untersuchungen zeigten zudem, dass viele ältere Autofahrer und Autofahrerinnen in der Lage seien, auftretende Leistungseinbußen auszugleichen – etwa durch vorsichtigeres Fahren oder Verzicht auf das Fahren bei Dunkelheit oder schlechtem Wetter. «Es überrascht daher nicht, dass Senioren nach der Statistik am Verkehrsunfallgeschehen unterproportional beteiligt sind», hieß es.

Treffen von Fachleuten für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht

Über das Thema sprechen Fachleute vom 25. bis 27. Januar beim Verkehrsgerichtstag in Goslar. Er zählt zu den wichtigsten Treffen von Fachleuten für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht in Deutschland. Besonders im Fokus stehen beim diesjährigen Verkehrsgerichtstag unter anderem auch die Themen Haftung von KI-gesteuerten Autos und Promillegrenzen bei E-Scootern. Der Kongress endet traditionell mit Empfehlungen an den Gesetzgeber.

Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) befürchtet, dass eine Meldepflicht das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten stark gefährde und im Zweifel dazu führe, «dass diese eine behandlungsbedürftige Beeinträchtigung aus Angst vor dem Führerscheinverlust nicht offen schildern». Zudem gibt der ADAC zu bedenken, dass nicht jeder Befund eindeutig mit Blick auf die Fahreignung sei. Er plädiert deshalb für die Schaffung einer Stelle für verkehrsmedizinische Fragestellungen, bei der sich Patienten eine zweite Meinung einholen können.

«Hör- und Sehtests würden nicht ausreichen»

Auch die Knüpfung der Fahrerlaubnis an regelmäßige Untersuchungen lehnt der Automobilclub ab. «Was sollte dabei geprüft werden? Hör- und Sehtests würden nicht ausreichen», sagte der Leiter der juristischen Zentrale beim ADAC, Markus Schäpe. Es müssten weitere Eigenschaften wie Konzentrationsvermögen oder Reaktionsgeschwindigkeit komplex untersucht werden. Zudem seien etwa in Italien, wo es ein derartiges System gibt, Senioren nicht weniger an Unfällen beteiligt als in Deutschland.

Der Münchener Rechtsanwalt Michael Pießkalla, der zu dem Thema in Goslar referieren wird, meint, es sei schwer zu beurteilen, ab wann eine Meldepflicht gelten solle. «Letztlich kann es meines Erachtens nicht dem Ermessen des Arztes überlassen bleiben, welche Krankheitsbilder er meldet», sagte er.

Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sprach sich für eine Beratungsstelle aus, die Ärzte im konkreten Fall zur Seite stünde. Eine solche Stelle könne bei Ärztekammern angesiedelt werden.

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Anpassung der Promillegrenze für E-Scooter-Fahrer gefordert

Von Maurice Arndt, dpa

Goslar (dpa) – Fachleute und Verbände haben eine Anpassung der Promillegrenze für E-Scooter-Fahrer gefordert. Bisher orientiert sich der Wert an dem für Autos. Einige Experten fänden eine Anlehnung an den weniger strengen Grenzwert für Fahrräder passender. Von Mittwoch an wird das Thema beim Verkehrsgerichtstag in Goslar besprochen.

E-Scooter würden höchstens 20 Kilometer pro Stunde schnell fahren. Damit seien sie dem Fahrrad näher als einem Auto, teilte der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) mit. Auch gesetzlich seien E-Scooter dem Zweirad näher: «So existieren weder Helmpflicht noch eine Fahrerlaubnispflicht.» Es stelle sich daher die Frage, warum bei der Promillegrenze eine Unterscheidung gemacht werde. Der ADAC regt eine Klarstellung durch den Gesetzgeber an. Künftig solle bei der rechtlichen Bewertung besser zwischen führerscheinpflichtigen und führerscheinfreien Fahrzeugen unterschieden werden – statt zwischen Kraftfahrzeugen und anderen Fahrzeugen.

Bisher ist das Fahren von Fahrrad oder E-Bike unter Alkoholeinfluss bis 1,6 Promille straffrei, solange der Fahrer oder die Fahrerin keine Ausfallerscheinungen habe und es zu keinem Unfall komme, erklärte Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). E-Scooter gelten aber als Kraftfahrzeuge und werden wie Autos behandelt. Das bedeutet: Bei einer Fahrt mit 0,5 Promille oder mehr begeht der Fahrer eine Ordnungswidrigkeit. Eine Geldbuße von 500 Euro und ein Monat Fahrverbot sind dann möglich. Ab 1,1 Promille sind – selbst ohne Ausfallerscheinungen – auch höhere Geldstrafen und der Entzug der Fahrerlaubnis möglich. Autofahrer dürfen dann erst nach einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung wieder hinter das Steuer.

Studie zu Blutalkoholwert und Fahruntüchtigkeit angeregt

«Aus Sicht des ADAC sollte die Teilnahme am Straßenverkehr und der Alkoholkonsum immer strikt getrennt werden», betonte der Automobilclub. Es müsse aber berücksichtigt werden, wenn Menschen nach dem Alkoholkonsum auf das Auto verzichten und stattdessen den «weit weniger gefährlichen E-Scooter» nutzen. Das sieht auch Unfallforscher Brockmann so. Er regt an, in einer Studie zu untersuchen, ab welchem Blutalkoholwert eine absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scooter-Fahrern angenommen werden kann.

Über das Thema sprechen verschiedene Experten und Expertinnen vom 25. bis 27. Januar beim Verkehrsgerichtstag in Goslar. Er zählt zu den wichtigsten Treffen von Fachleuten für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht in Deutschland. Besonders im Fokus stehen beim diesjährigen Verkehrsgerichtstag unter anderem auch die Themen Haftung von KI-gesteuerten Autos und eine mögliche Meldepflicht für Ärzte von fahrungeeigneten Patienten. Der Kongress endet traditionell mit Empfehlungen an den Gesetzgeber.

Die Zahl der Verkehrsunfälle mit E-Scootern ist in Niedersachsen zuletzt deutlich gestiegen. Im Jahr 2021 gab es in dem Bundesland 634 Unfälle mit den Elektrorollern, wie das zuständige Innenministerium Anfang Januar mitteilte. Ein Jahr zuvor lag die Zahl demnach noch bei 295. Auch die Zahl der Trunkenheitsfahrten, die zu Verkehrsunfällen führten, ist den Angaben zufolge gestiegen.

Straßenverkehrskenntnisse in Prüfung nachweisen

Der Automobilclub von Deutschland plädiert dafür, alkoholisierten E-Scooter-Fahrern ab einem Blutalkoholwert von 1,1 Promille die Erlaubnis zum Fahren von elektrischen Tretrollern zu entziehen, falls der oder die Betroffene keinen Autoführerschein besitzt. Darüber hinaus sollten E-Scooter-Fahrer ähnlich wie Mofa-Fahrer in einer theoretischen Prüfung Straßenverkehrskenntnisse nachweisen müssen. Auch eine Helmpflicht für Fahrzeuge, die schneller als sechs Kilometer pro Stunde fahren können, sei denkbar.

Bundesweit ist die Zahl der E-Scooter-Unfälle mit Verletzten in 2021 gegenüber dem Vorjahr um 156,8 Prozent gestiegen, wie aus Zahlen hervorgeht, die der GDV veröffentlicht hat. Von 325.961 Verunglückten waren demnach 1,7 Prozent in 2021 E-Scooter-Fahrer. In knapp 90 Prozent der Unfälle, in denen eine Fahruntüchtigkeit bei dem E-Rollerfahrer festgestellt wurde, war er alkoholisiert. Daten aus der norwegischen Hauptstadt Oslo zeigten zuletzt, dass sich Unfälle mit E-Scootern meist nachts oder abends durch betrunkene Fahrer ereignen.

Einheitliche Rechtsauslegung angestrebt

Aus polizeilicher Sicht sei es wichtig, dass es zu einer einheitlichen Rechtsauslegung komme. Ein Beamter der Polizei Hannover nimmt in Goslar an dem Arbeitskreis zu der E-Scooter-Thematik als Referent teil. So könne es zu einer einheitlichen polizeilichen Vorgehensweise kommen und Regeln sowie Folgen eines Regelverstoßes den Fahrern transparent vermittelt werden. Das würde zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit führen.

Der Automobilclub Verkehr (ACV) wünscht sich von den Anbietern der Elektroroller mehr Bemühungen bei der Überprüfung der Fahrtauglichkeit der Fahrer. «Etwa in Form von Reaktionstests mit Hilfe einer App», teilte der ACV mit.

Auch bei sehr hohen Alkoholkonzentrationen könne man die Fahrer nicht mit denen von Pkw oder gar Lkw vergleichen, sagte Rechtsanwältin Heike Becker vom Deutschen Anwaltverein (DAV). E-Scooter-Fahrer seien eher mit denen von E-Bikes zu vergleichen. Sie fordert deshalb eine Anhebung der Promillegrenze auf 1,6. Vor allem brauche es aber eine bundeseinheitliche Regelung.

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Geschäftsfrau ermordet – Täter lebenslang hinter Gitter

Bückeburg (dpa) – Wegen heimtückischen Mordes an einer Geschäftsfrau in der niedersächsischen Kleinstadt Obernkirchen nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen ist ein 46-jähriger Mann zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Weiterlesen

Licht und Schatten nach einem Jahr Verbot des Kükentötens

Von Elmar Stephan, dpa

Oldenburg/Berlin (dpa) – Seit dem 1. Januar 2022 ist in Deutschland das Töten von Küken gesetzlich verboten. Bis zu diesem Datum wurden in deutschen Brütereien jährlich fast 45 Millionen männliche Küken getötet, da sie weder für die Eierproduktion noch als Masthühner nutzbar sind.

«Dass die Vergasung von 45 Millionen Küken pro Jahr gestoppt wurde, war lange überfällig», sagt dazu eine Sprecherin des Deutschen Tierschutzbundes. Nachbesserungsbedarf sehen aber sowohl Tierschützer als auch die Geflügelbranche.

Um welche Hühner geht es?

Es geht nicht um die Fleischerzeugung, also die Mast von Geflügel, sondern ausschließlich um die Eierproduktion. Legehennen sind darauf gezüchtet, langsam Fleisch anzusetzen und viele Eier zu legen. Die männlichen Tiere, ihre Brüder, legen keine Eier, setzen aber ebenfalls nur wenig Fleisch an. In diesem Zusammenhang hinterfragt der Tierschutzbund das gesamte System der Hochleistungszucht sowohl für die Mast als auch für die Eierproduktion kritisch. Aus Tierwohlsicht wäre die Hinwendung zu Zweinutzungsrassen sinnvoll, auch wenn sie nicht ganz so viel Fleisch ansetzen oder so viele Eier legen wie ihre hoch spezialisierten Artgenossen. Dann würde das Problem eines wirtschaftlich wertlosen männlichen Geschlechts gar nicht erst auftauchen.

Sind inzwischen alle Eier unter dem Verbot des Kükentötens produziert?

Das Verbot gilt nicht europaweit. Der Import von Legehennen nach Deutschland, deren Brüder getötet wurden, ist nach wie vor legal. Das heißt, Eierproduzenten können das deutsche Kükentötungsverbot durch Einkauf von Tieren im Ausland umgehen. Auch der Import von Eiern aus dem Ausland ist ohne Einschränkung möglich.

«Insbesondere in verarbeiteten Produkten werden sowohl viele Eier aus einer Produktion mit Kükentöten als auch Eier aus Käfighaltung eingesetzt», sagt Dietmar Tepe vom Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT) in Bonn. Die auch vom Deutschen Tierschutzbund mitgetragene privatwirtschaftliche Organisation ist vor allem bekannt für die Rückverfolgung und Herkunftssicherung von Eiern und Eierprodukten. Zumindest für die von KAT zertifizierten Eier könne garantiert werden, dass sie komplett ohne Kükentöten erzeugt werden, betont Tepe.

Wo gilt inzwischen ein Kükentötungsverbot?

Dem Deutschen Tierschutzbund zufolge haben auch Frankreich, Luxemburg, Italien, Österreich und die Schweiz Verbote schon umgesetzt oder geplant. Im vergangenen Herbst wurde eine Initiative für ein EU-weites Verbot des Kükentötens auf den Weg gebracht. Sowohl Tierschützer als auch die Geflügelwirtschaft weisen auf die wettbewerbsverzerrenden Effekte der uneinheitlichen Gesetzeslage hin.

Warum ist aus Sicht der Geflügelwirtschaft die Bruderhahnhaltung ein Misserfolg?

Einen Markt für dieses Fleisch gebe es so gut wie gar nicht, sagt der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft, Friedrich-Otte Ripke. Diese so genannte Bruderhahnmast ist also aus Sicht der Eiererzeuger bislang unwirtschaftlich. Die Mehrkosten müssen über den Verkaufspreis der Eier querfinanziert werden. Angesichts der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Lage haben es ohne Kükentötung produzierte Eier damit schwerer auf dem Markt als die günstigeren Eier, für die noch Küken getötet werden.

Was kritisieren Tierschützer an der Bruderhahnmast?

Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes fehlen spezielle Regelungen zur Aufzucht der männlichen Tiere, die sich körperlich und mit Blick auf ihr Verhalten deutlich von den Masthähnchen unterscheiden. Die Bruderhähne würden so kostengünstig wie möglich aufgezogen, ohne dass man dabei ihren Bedürfnissen gerecht werde, erklärte eine Sprecherin des Verbandes.

Probleme sehen die Tierschützer auch darin, dass die Tiere wegen knapper Stallkapazitäten oft im Ausland – in Polen und Ungarn – gehalten werden, wo deutsche Gesetze nicht greifen und das Schicksal der Bruderhähne nicht weiter verfolgt werden könne. Auch die Schlachtung müsse aus Kapazitätsgründen in vielen Fällen im Ausland erfolgen, was für die Tiere eine erhebliche Belastung darstelle.

Wie kann das Geschlecht vor dem Schlüpfen im Ei bestimmt werden?

Es gibt verschiedene Verfahren. Die Geschlechtsunterscheidung erfolgt zum Teil anhand der Federfarbe. Dazu wird das Ei mit einem starken Licht durchleuchtet. Andere Bestimmungssysteme nutzen ein Verfahren, das auf der Magnetresonanztomographie beruht. Für andere Verfahren muss minimalinvasiv eine Flüssigkeitsprobe aus dem Ei entnommen werden. Für ein weiteres Verfahren wird das Ei geöffnet und die Eiermembran mit einem Massenspektrometer abgetastet.

Alle diese Methoden liefern erst Ergebnisse ab dem 9. oder 13. Tag des Brütens. Verfahren, die schon früher Ergebnisse liefern, sind noch in der Entwicklung und noch nicht marktreif. Ein Ei muss vom Legen bis zum Schlüpfen des Kükens 21 Tage lang bebrütet werden.

Was kritisieren Tierschützer an der Geschlechtsbestimmung im Ei?

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bereits ab dem 7. Bruttag Küken Schmerzen empfinden, heißt es vom Tierschutzbund. Da alle derzeit bestehenden Verfahren erst nach dem 7. Bruttag Ergebnisse liefern, sei die Geschlechtsbestimmung im Ei keine tierschutzgerechte Lösung. Im nächsten Jahr soll eine Verschärfung in Kraft treten und die Eierselektion ab dem 7. Tag des Brütens verboten werden.

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Nächstes VW-Batteriezellwerk kommt – Produktion in Spanien

Wolfsburg/Valencia (dpa) – Die Region Valencia in Spanien steht nun endgültig als nächster Ort für das europäische Batteriezell-Netz des VW-Konzerns fest. 2026 solle dort ein Werk mit über 3000 Beschäftigten seinen Betrieb aufnehmen, kündigte der Autobauer am Mittwoch an.

Zum Jahreswechsel sei ein passendes Grundstück in Sagunto gekauft worden. Die Stadt liegt rund 300 Kilometer südwestlich von Martorell, wo die Tochter Seat ihren Hauptsitz hat. Außerdem soll die neue Zellfabrik das Fahrzeugwerk in Pamplona mitversorgen. Im Zentrum Valencias hat die VW-Batteriesparte PowerCo jetzt auch eine eigene Niederlassung, um von dort aus die Aktivitäten in Spanien zu koordinieren. Weiterlesen

Pistorius soll Verteidigungsminister werden

Berlin (dpa) – Nach dem Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht soll der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (beide SPD) ihr Nachfolger werden. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Regierungskreisen. Zuvor hatten mehrere andere Medien darüber berichtet.

 

BGH: Pflegegeld darf beim Pflegenden nicht gepfändet werden

Karlsruhe (dpa) – Menschen, die einen Angehörigen zu Hause pflegen, müssen nicht mehr befürchten, dass ihnen in einer finanziellen Krise das Pflegegeld gepfändet wird. Das Geld sei unpfändbar, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe klar. Mit dem Pflegegeld wolle der Pflegebedürftige die Person, die ihn pflegt, «für ihren Einsatz belohnen, nicht aber deren Gläubiger befriedigen oder in anderer Weise begünstigen», heißt es in dem am Montag veröffentlichten Beschluss der obersten Zivilrichterinnen und -richter. «Dieses Interesse ist rechtlich schutzwürdig.» (Az. IX ZB 12/22)

Hinter dem Pflegegeld steht der Gedanke, dass Pflegebedürftige selbst entscheiden können sollen, wie und von wem sie gepflegt werden. Also bekommen sie auch dann Unterstützung, wenn sie sich gegen einen ambulanten Pflegedienst entscheiden und von Angehörigen, Freunden oder ehrenamtlich Tätigen versorgt werden. Je nach Grad der Pflegebedürftigkeit gibt es zwischen 316 und 901 Euro im Monat. Weiterlesen

Tierquälerei im Schlachthof – Veterinäre stehen vor Gericht

Bad Iburg (dpa) – Mehr als vier Jahre nach der Aufdeckung von massiven Tierschutzverstößen in einem Schlachthof in Bad Iburg endet am Montag die juristische Aufarbeitung des Tatkomplexes. Verantworten müssen sich zwei im Auftrag des Veterinäramtes tätige Tierärzte, weil sie als Aufsichtspersonen zwar von den Verstößen gegen das Tierschutzgesetz gewusst haben sollen, aber nichts dagegen unternommen haben. Außerdem wirft ihnen die Staatsanwaltschaft Oldenburg in dem Zusammenhang auch Verstöße gegen die Tierische-Lebensmittel-Hygieneverordnung vor.

Den Stein ins Rollen gebracht hatten im Herbst 2018 heimliche Aufnahmen aus dem Schlachthof, die von der Tierrechtsorganisation Soko Tierschutz veröffentlicht wurden. Das Filmmaterial zeigte, wie alte, schwache und kranke Rinder, die nicht oder kaum laufen konnten, mit Seilwinden von den Transportanhängern gezogen wurden. Weiterlesen

Dauerregen führt zu zahlreichen Einsätzen im Sauerland

Halver (dpa) – Starke Regenfällen haben im Nordwesten des Sauerlands in Nordrhein-Westfalen zu zahlreichen Einsätzen von Feuerwehr und Rettungsdienst geführt. In den frühen Nachtstunden habe es im Märkischen Kreis 480 Einsätze gegeben, sagte ein Sprecher der Kreisleitstelle am frühen Freitagmorgen. Die Feuerwehr habe etwa vollgelaufene Keller auspumpen müssen. Verletzte gab es nach ersten Erkenntnissen nicht.

Der Märkische Kreis hatte zuvor wegen des Dauerregens vor Hochwasser wegen übertretender Bäche und kleinerer Flüsse sowie vor Überflutungen von Straßen gewarnt. In Solingen, wo es in der Nacht einen Hochwasseralarm gab, stabilisierte sich die Lage an der Wupper wieder. Weiterlesen

VW: Lieferprobleme drücken Verkäufe – E-Autos gefragt

Wolfsburg (dpa) – Versorgungsengpässe bei Elektronik und die daraus folgenden Produktionsprobleme haben im abgelaufenen Jahr auch dem Volkswagen-Konzern erheblich zu schaffen gemacht. Die zweitgrößte Autogruppe konnte insgesamt deutlich weniger Fahrzeuge verkaufen als 2021. Allerdings verbesserte sich der Absatz von Elektromodellen erneut spürbar, wie die Wolfsburger am Donnerstag mitteilten.

Um 7 Prozent sanken die weltweiten Auslieferungen im Vergleich zum Vorjahr, wenn man alle Marken und Regionen über die vollen zwölf Monate berücksichtigt. Auf dieser Basis wurde der VW-Konzern rund 8,26 Millionen Fahrzeuge los. Im bereits nicht einfachen zweiten Corona-Jahr davor waren es noch etwa 8,88 Millionen Stück. Weiterlesen

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