NSU-Terroristin Zschäpe scheitert mit Verfassungsbeschwerde

Karlsruhe (dpa) – Die Verurteilung der NSU-Terroristin Beate Zschäpe zur Höchststrafe war rechtens. Eine Verfassungsbeschwerde der 47-Jährigen blieb erfolglos, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Montag mitteilte. Es sei weder dargelegt worden noch aus sich heraus ersichtlich, dass Zschäpe in ihren Justizgrundrechten verletzt sei. Eine Kammer des Zweiten Senats nahm die Beschwerde deshalb gar nicht zur Entscheidung an. (Az. 2 BvR 2222/21)

Der «Nationalsozialistische Untergrund» (NSU) hatte über Jahre unerkannt mordend durch Deutschland ziehen können. Die Opfer: neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin. Die Rechtsterroristen verübten außerdem zwei Bombenanschläge mit Dutzenden Verletzten und etliche Banküberfälle.: Prozesse, Urteile, Verfassung, Terrorismus, NSU, Beate Zschäpe, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Deutschland, Bayern

Als einzige Überlebende des Trios musste sich nur Zschäpe vor Gericht verantworten. Ihre beiden Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich 2011 getötet, um der Festnahme zu entgehen.

Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte Zschäpe im Juli 2018 nach einem international vielbeachteten Mammutprozess als Mittäterin zu lebenslanger Haft verurteilt – auch wenn es nie einen Beweis dafür gab, dass sie selbst an einem der Tatorte war. Die Richter stellten nach mehr als fünf Jahren und über 400 Verhandlungstagen auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen.

Revision verworfen

Dieses Urteil ist seit gut einem Jahr rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf Zschäpes Revision im August 2021 per schriftlichem Beschluss – ohne vorherige Verhandlung.

Zschäpe hatte ihre Verfassungsbeschwerde vor allem auf diesen Punkt gestützt: Der BGH sei überraschend von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Mittäterschaft abgewichen, und sie habe keine Gelegenheit bekommen, dazu vor Gericht etwas zu sagen.

Die Verfassungsrichterinnen und -richter teilen diese Bedenken allerdings nicht: Zschäpes Verteidiger hätten im Revisionsverfahren umfassend schriftlich vorgetragen – den BGH habe das nur nicht überzeugt. Aus Zschäpes Beschwerdeschrift gehe auch nicht hervor, was sie in einer Verhandlung noch zu sagen gehabt hätte.

Gericht spricht ihr wesentliche Rolle zu

Die BGH-Richter waren zu dem Schluss gelangt, dass Zschäpes Rolle zwar vorwiegend darin bestanden habe, sich im Umfeld der gemeinsamen Wohnung aufzuhalten – und das sei nicht mit «Schmierestehen» vergleichbar. Sie habe aber alle Taten mitgeplant, die Abwesenheit ihrer Komplizen gedeckt und nach deren Suizid wie vereinbart das wichtige Bekennervideo verschickt. «Sie übte daher eine wesentliche Funktion aus, von der das Gelingen des Gesamtvorhabens abhing.» Das rechtfertige die Verurteilung als Mittäterin.

Im Münchner Prozess waren außerdem noch zwei Mitangeklagte wegen Beihilfe und zwei weitere Männer als Unterstützer verurteilt worden. Das Urteil ist inzwischen in sämtlichen Punkten rechtskräftig.

Zschäpes Anwalt Mathias Grasel sagte dem «Spiegel», die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei «nicht sonderlich überzeugend». Er werde nun gemeinsam mit Zschäpes weiteren Anwälten Andreas Lickleder und Wolfgang Heer prüfen, ob eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte «sinnvoll und erfolgversprechend» sei.

Die Verfassungsrichter selbst sehen sich im Einklang mit der Straßburger Rechtsprechung. Danach müsse es zwar prinzipiell eine Verhandlung geben, heißt es in ihrer Entscheidung. Dieser Grundsatz gelte im Rechtsmittelverfahren aber nicht uneingeschränkt.

 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen