Putin: Westliche Sanktionen «Bedrohung für die ganze Welt»

Wladiwostok (dpa) – Der russische Präsident Wladimir Putin hat die westlichen Sanktionen gegen sein Land als «Bedrohung für die ganze Welt» kritisiert. Im vergangenen Jahr sei die Corona-Pandemie noch die drängende Herausforderung gewesen, sagte Putin beim 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok am Pazifik.

Nun seien neue Schwierigkeiten aufgekommen: «Ich meine das Sanktionsfieber des Westens, seine aggressiven Versuche, anderen Ländern ein Verhaltensmodell aufzuzwingen, sie ihrer Souveränität zu berauben und sie dem eigenen Willen zu unterwerfen.»

In seiner Rede zu einer neuen multipolaren Weltordnung warf Putin den USA vor, ihre bröckelnde Dominanz in der Welt sei der Katalysator der westlichen «Aggression» gegen Russland. In den internationalen Beziehungen seien derzeit «tektonische Veränderungen» zu beobachten: Insbesondere die Länder der Asien-Pazifik-Region seien zu «neuen Zentren des wirtschaftlichen und technologischen Wachstums» geworden, sagte der Kremlchef vor internationalem Publikum. Angereist nach Wladiwostok waren unter anderen Staatsgäste aus China, der Mongolei und Myanmar.

Einmal mehr betonte Putin, Russland halte den Sanktionen gut stand. Moskau behauptet immer wieder, dass westliche Staaten selbst mehr unter den von ihnen verhängten Sanktionen litten als Russland. Nicht erwähnt werden in diesem Kontext üblicherweise die massiven Probleme, mit denen sich Russlands Wirtschaft seit Kriegsbeginn konfrontiert sieht – etwa die Abwanderung von Fachkräften ins Ausland sowie die Schwierigkeiten etwa in der Automobil- und Luftfahrtbranche.

Putin: Krieg stärkt Russlands Souveränität

Den vor mehr als sechs Monaten angeordneten Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine verteidigt Putin erneut als angeblich notwendig zum Schutz Russlands. «Ich kann sagen, dass der hauptsächliche Zugewinn die Stärkung unserer Souveränität ist – und das ist ein unweigerliches Ergebnis dessen, was gerade passiert», sagte der Krenlchef weiter. Mit Blick auf den Krieg fügte er an: «Wir haben (dadurch) nichts verloren und werden nichts verlieren.»

Zu der Veranstaltung in Wladiwostok sind zahlreiche Staatsgäste angereist, darunter Myanmars Militärchef Min Aung Hlaing und der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan.

Russlands Truppen waren Ende Februar in die Ukraine einmarschiert. Putin begründete den Krieg, der in Russland lediglich als «militärische Spezial-Operation» bezeichnet wird, damals unter anderem mit der angeblichen «Befreiung» der Ukraine von Nationalisten. Zudem behauptet Moskau immer wieder, die Ukraine hätte andernfalls Russland angegriffen. In diese Richtung äußerte sich Putin auch jetzt wieder und sagte: «Nach vielen Versuchen, dieses Problem auf friedlichem Weg zu lösen, hat Russland entschieden, spiegelbildlich auf Handlungen unseres potenziellen Feinds zu antworten: auf bewaffnetem Weg. Wir haben das bewusst getan.»

Viele internationale Experten werten das als reinen Vorwand für den brutalen russischen Angriffskrieg, infolge dessen bereits Tausende Zivilisten starben.

«Werden Nord Stream 2 «bei Bedarf einschalten»

Putin bekräftigt die Möglichkeit einer Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2. «Wir bauen nichts umsonst», sagte Putin in Wladiwostok. «Bei Bedarf, bitteschön, werden wir Nord Stream 2 einschalten.» Den Vorwurf, Russland setze Gas als Waffe ein, bezeichnete Putin als «Unsinn und Wahn».

Russlands Staatskonzern Gazprom hatte zuletzt die ohnehin stark gedrosselten Gaslieferungen über Nord Stream 1 ganz eingestellt – mit Verweis auf technische Probleme, die angeblich aufgrund der Sanktionen nicht zu beheben seien. Die Bundesregierung hält diese Begründung hingegen für vorgeschoben. Vermutet wird unter anderem, dass Moskau so Druck machen will, damit Nord Stream 2 doch noch in Betrieb genommen wird. Die Bundesregierung hatte das Genehmigungsverfahren dafür im Februar kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine auf Eis gelegt.

Putin spricht von «Abzocke» bei Getreideabkommen

Putin kritisierte die Umsetzung des Abkommens über die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine als unzureichend. Er beklagte insbesondere weiter anhaltende Beschränkungen für russische Exporte. «Es hat sich herausgestellt, dass wir ein weiteres Mal einfach nur grob abgezockt wurden, wie man im Volksmund sagt», sagte der Kremlchef. Leidtragende seien auch die von Armut bedrohten Länder, da das Getreide aus den ukrainischen Häfen nicht wie ursprünglich zugesichert an sie gehe, sondern vor allem nach Europa.

Putin weiter: «Formell sind die Sanktionen auf unsere Düngemitel aufgehoben, doch faktisch bleiben die Beschränkungen bestehen.» Da die Logisitik, Befrachtung von Schiffen, die Finanzierung und Versicherung solcher Lieferungen weiter beschnitten werde, sei ein vollwertiger Export russischen Düngers und russischer Lebensmittel weiterhin nicht möglich.

 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen