Konfrontation: Russland und Ukraine vor höchstem UN-Gericht

Den Haag (dpa) – Zum ersten Mal seit der Invasion in die Ukraine muss sich Russland vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag wegen der Verletzung der Völkermord-Konvention von 1948 verantworten. Der Internationale Gerichtshof verhandelt ab heute die Dringlichkeitsklage der Ukraine.

Diese fordert Sofortmaßnahmen, um die Kämpfe im Land zu stoppen. Im Friedenspalast in Den Haag werden zunächst die Rechtsvertreter der Ukraine ihren Fall darlegen. Russland hat am Dienstag das Wort.

Die Ukraine wirft Russland eine Verletzung der Völkermord-Konvention vor. Die Richter sollen erklären, dass «Russland keine rechtliche Grundlage hat», in und gegen die Ukraine vorzugehen. Russland hatte nämlich ohne Vorlage von Beweisen behauptet, dass in Luhansk und Donezk in der Ostukraine Völkermord begangen werde und damit die Invasion begründet. Die Ukraine weist diese Vorwürfe «mit Nachdruck» zurück.

Urteil bindend aber ohne Macht

Die Ukraine beschuldigt Russland auch, «Taten von Genozid in der Ukraine zu planen» und «absichtlich Menschen der ukrainischen Nationalität zu töten oder schwer zu verletzen» Die UN-Richter sollen dagegen Sofortmaßnahmen anordnen. Wann ein Urteil erfolgt, steht noch nicht fest.

Urteile des Gerichts sind zwar bindend. Doch das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, das Urteil auch umzusetzen. Es kann dann nur den UN-Sicherheitsrat anrufen.

Auch der Internationale Strafgerichtshof, ebenfalls mit Sitz in Den Haag, leitete bereits Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Dieses Weltstrafgericht verfolgt aber – anders als der Gerichtshof – keine Staaten, sondern individuelle Personen. Dabei geht es gerade auch um die militärisch und politisch Verantwortlichen. Das heißt, dass theoretisch auch der russische Präsident Wladimir Putin ins Visier der Ermittler kommen könnte.

Beweisfindung schwierig

Allerdings ist es schwierig, genügend harte Beweise für die Verantwortung zu finden. Selbst wenn ein internationaler Haftbefehl ausgestellt würde, wäre es mehr als zweifelhaft, ob Russland dem nachkommen und Verdächtige ausliefern würde. Ein Haftbefehl würde aber die Bewegungsfreiheit erheblich einschränken. Denn Verdächtige liefen Gefahr, festgenommen und an Den Haag überstellt zu werden.

Russland erkennt das Weltstrafgericht zwar nicht an. Aber die Ukraine hat in einer Erklärung die Zuständigkeit des Gerichts auf ihrem Grundgebiet seit November 2013 anerkannt. Die Erklärung bezieht sich allerdings nicht auf den Straftatbestand der militärischen Aggression.

 

 

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