Der Hype ums Gras – Cannabisfirmen wittern großes Geschäft

Von Alexander Sturm und Christiane Oelrich, dpa

Frankfurt/Genf (dpa) – Es könnte einer der weltweit größten Märkte für Cannabis werden: Kommt die geplante Legalisierung des Stoffs in Deutschland auch für den Freizeitgenuss, winken Cannabisfirmen lukrative Geschäfte. Dann könnte es den Stoff in lizenzierten Fachgeschäften in deutschen Fußgängerzonen zu kaufen geben.

Während diese Vorstellung Kritikern Sorgenfalten ins Gesicht treibt, haben nicht nur hiesige Unternehmen Pläne für die Legalisierung, auch Firmen im Ausland laufen sich warm und wollen auf den potenziellen Riesen-Markt rund ums Kiffen drängen. Besonders die Schweizer sehen sich gut gerüstet, denn Cannabis wird dort seit vielen Jahren legal angebaut.

Cannabis zum medizinischen Einsatz, das sich Patienten bei schweren Krankheiten vom Arzt verschreiben lassen können, hat bereits einen Boom erlebt. Seit der Liberalisierung 2017 vervielfachte sich der Markt geschätzt von einer auf 11 Tonnen 2022. Experten gehen von über 300.000 Patienten in Deutschland aus. Drei Firmen dürfen im Staatsauftrag jährlich 2,6 Tonnen medizinisches Cannabis hierzulande anbauen, zusätzlich wurden 2021 rund 21 Tonnen importiert.

Nun auch für den Genuss

Die Bundesregierung will aber einen Schritt weitergehen und Cannabis streng reguliert auch für den Genuss legalisieren – in Form einer kontrollierten Abgabe in lizenzierten Geschäften an Erwachsene. Die Idee: Die Verbotspolitik hat den Cannabis-Konsum nicht verhindert. Ein staatlich überwachter Verkauf könne den Jugendschutz stärken, verunreinigten Stoff am Markt verhindern und Kriminalität eindämmen. Auch der Eigenanbau soll begrenzt erlaubt sein, hieß es im Herbst in einem Eckpunktepapier. Noch in diesem Frühjahr will Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen Gesetzesentwurf vorlegen.

Bei einer Legalisierung würde der Markt einen enormen Schub bekommen und geschätzt auf 400 bis 800 Tonnen Cannabis wachsen. «Bereits heute gibt es rund 4 Millionen Cannabiskonsumenten in Deutschland», sagt Lars Möhring, Vorstandschefs des Cannabis-Händlers Enua Pharma.

«Im Fall einer Legalisierung entsteht einer der größten Cannabis-Märkte für den Freizeitkonsum, vielleicht sogar der größte Markt weltweit», sagt Benedikt Sons, Mitgründer des Cannabis-Händlers Cansativa. «Die Legalisierung lässt sich nicht aufhalten», glaubt er.

Süßer Geruch in der Luft

Am Sitz von Cansativa, einem unscheinbaren Gebäude im Industriegebiet von Mörfelden-Walldorf nahe Frankfurt, können unter strengen Sicherheitsvorkehrungen 10 bis 20 Tonnen medizinisches Cannabis gelagert werden. In der Lagerhalle liegt ein süßlicher Geruch in der Luft. Beschäftigte in Schutzanzügen packen 2-Kilo-Beutel mit Cannabisblüten in Tüten von 10 bis 100 Gramm für Apotheken um. Das muss in keimarmer Umgebung bei Dokumentation jedes Gramms geschehen.

Cansativa ist die einzige Firma in Deutschland, die Medizinalcannabis aus hiesigem Anbau vertreiben darf und bietet Apotheken auf einer Plattform alle gängigen Cannabis-Produkte, darunter Blüten und Extrakte. Im vergangenen Jahr handelte Cansativa 2,5 Tonnen Cannabis. «2017 gab es fünf Produkte, heute sind es mehr als 200», sagt Sons.

Auch Cansativa hat Pläne für die Legalisierung. «Wir sprechen immer wieder mit Kunden und denken Szenarien durch», sagt Sons. Eines sei klar: «Wir wollen vorerst nicht Cannabis anbauen, sondern beim Handel bleiben.» Er rechnet nicht vor 2025 mit einer Legalisierung.

Noch ist Veto möglich

Noch aber gibt es rechtliche Hürden. So könnte die EU ein Veto gegen die deutschen Pläne einlegen, sollten diese nach Ansicht der EU-Kommission internationalem Betäubungsmittelrecht widersprechen. Die Bundesregierung will die EU überzeugen, dass eine Legalisierung und strenge Regulierung des Cannabis-Marktes dem Anliegen der EU-Verträge zum Gesundheits- und Jugendschutz besser Rechnung trägt.

Cansativa ist längst nicht die einzige Firma, die sich für die Legalisierung vorbereitet. Im November ging das Berliner Start-up Cantourage an die Börse. Mit den Einnahmen will es die Produktion ausbauen, neue Märkte erschließen und sich für eine Freigabe zum Genuss rüsten. Auch die Frankfurter Medizincannabis-Firma Bloomwell, die Schauspieler Moritz Bleibtreu als Investor gewann, mischt mit.

Zudem drängen börsennotierte Firmen aus Nordamerika in den Markt. Gegenüber Start-ups sind sie im Vorteil: Anlagen zum Cannabis-Anbau kosten leicht mittlere zweistellige Millionen-Beträge. Die Auflagen sind hoch, erklärt Cansativa-Mitgründer Jakob Sons: «Das reicht von einer heruntergeregelten Raumtemperatur, künstlichem Licht und hohen Sicherheitsvorkehrungen bis hin zu genauen Dokumentationspflichten.»

Hohe Stromkosten

Schweizer Firmen sehen sich daher im Vorteil. «Wir haben nicht so hohe Sicherheitsauflagen für den Anbau wie in Deutschland und nur ein Viertel der Stromkosten», sagt Mike Toniolo, Gründer von TB Farming in Schönenberg an der Thur. Der Strom mache inklusive Klimaanlage bis zu 40 Prozent der Anbaukosten aus.

Worum es bei Toniolos Firma unweit des Bodensees geht, ist nicht zu «überriechen»: Der Cannabis-Geruch wabert von den Produktionshallen bis in die letzte Büroecke. Toniolo beschäftigt sich seit 27 Jahren mit der Zucht von Hanfpflanzen und hat rund 450 eigene Züchtungen. Er baut Cannabis mit bis zu einem Prozent THC-Gehalt an, was in der Schweiz seit Jahren legal ist. 2022 erhielt er die erste Schweizer Lizenz zur Produktion von Medizinalcannabis. «Wir haben uns auf THC-hochprozentige Blüten spezialisiert, mit einem Gehalt von teils mehr als 27 Prozent», sagt er. Er habe auch Kunden in Deutschland.

Die Pflanzen wachsen bei ihm in überwachten und klimatisierten «Reinräumen». Auf den Fruchtständen glänzt das THC wie Kristall. Der Raum darf nur mit Gummihandschuhen, Kittel und Maske betreten werden, um Schmutz von den Pflanzen fernzuhalten.

Wenn Cannabis in Deutschland legalisiert würde, könne er schnell hochwertiges Freizeitcannabis liefern, sagt Toniolo. Der Ausbau der Produktion von 1,2 auf 6,5 Tonnen im Jahr ist schon geplant, mit Luft nach oben. Schweizweit gebe es rund ein Dutzend Firmen, die nach Deutschland liefern könnten. Die Branche sei bereit: «Wir haben das Know-how durch jahrelange Erfahrung, wir haben hohe Qualitätsstandards, und wir können günstiger produzieren, als es in Deutschland möglich wäre: Besseres Cannabis könnte der deutsche Markt kaum bekommen.»

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Ethikrat: KI darf menschliche Entfaltung nicht einschränken

Berlin (dpa) – Der Deutsche Ethikrat hat sich für strikte Begrenzungen bei der Verwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) ausgesprochen. «Der Einsatz von KI muss menschliche Entfaltung erweitern und darf sie nicht vermindern», sagte Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, am Montag in Berlin zur Vorstellung der Stellungnahme «Mensch und Maschine – Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz». «KI darf den Menschen nicht ersetzen», betonte Buyx.

Der Deutsche Ethikrat ist ein unabhängiges Gremium in Deutschland, das sich mit ethischen Fragen und Herausforderungen im Bereich der Naturwissenschaften, Medizin und Gesundheitsversorgung beschäftigt. Die 26 Mitglieder werden von der Präsidentin des Deutschen Bundestages ernannt. Der Bundestag oder die Bundesregierung können den Ethikrat beauftragen, zu bestimmten Themen zu beraten. Weiterlesen

Verstößt Cannabis-Legalisierung gegen geltendes Recht?

München (dpa) – Wenige Wochen vor dem vom Bund angekündigten Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis ist ein Gutachterstreit um die rechtliche Machbarkeit entbrannt. Ein in München im Auftrag der bayerischen Staatsregierung vorgestelltes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die Pläne der Bundesregierung gegen internationales Recht verstoßen.

Dagegen gibt eine noch unveröffentlichte juristische Untersuchung der Universität Nimwegen der Bundesregierung Rückendeckung für ihr Legalisierungsvorhaben. Zuerst hatte das Fachportal «Legal Tribune Online» (LTO) über das niederländische Gutachten berichtet. Beide Gutachten liegen der Deutschen Presse-Agentur in München vor. Weiterlesen

Pharmaunternehmen profitieren von Krankheitswelle

Frankfurt/Main (dpa) – Pharmaunternehmen in Deutschland haben 2022 von einer Krankheitswelle und einem ungewöhnlich hohen Krankenstand in der Bevölkerung profitiert. Waren die Erkältungs- und Grippesaisons zu Beginn der Pandemie wegen Lockdowns und Masken glimpflich verlaufen, hat sich die Lage im vergangenen Jahr gedreht: Mit der Krankheitswelle zogen die Geschäfte der Pharmaindustrie mit rezeptfreien Medikamenten kräftig an, wie eine dpa-Umfrage zeigt.

Der hessische Arzneihersteller Stada berichtete von einer «sehr ausgeprägten Erkältungssaison», die früher als sonst begonnen habe. Der Absatz von Erkältungsprodukten in Deutschland sei im vierten Quartal um fast die Hälfte gestiegen gemessen am Vorjahr. Man beobachte in fast allen Bereichen des Portfolios an rezeptfreien Arzneien eine gestiegene Nachfrage, besonders aber bei Erkältungsmitteln wie Grippostad und Silomat, so das Unternehmen. Weiterlesen

Zahl der Apotheken schrumpft im Rekordtempo

Berlin (dpa) – Die Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt immer weiter. Ende vergangenen Jahres zählte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) 18.068 Betriebsstätten. Der Rückgang um 393 sei der größte jährliche Verlust in der Geschichte der Bundesrepublik, teilte der Verband mit.

Dabei sei nicht nur die Zahl der selbstständigen Apothekerinnen und Apotheker gefallen, sondern erstmals auch die Zahl der von ihnen betriebenen Filialen. Die Apothekendichte in Deutschland liege bei 22 Apotheken pro 100.000 Einwohnern und damit weit unter dem europäischen Durchschnitt von 32. Weiterlesen

Philips streicht nach Milliardenverlust weitere 6000 Stellen

Amsterdam (dpa) – Der angeschlagene Medizintechnikhersteller Philips will durch einen weiteren massiven Stellenabbau in den kommenden Jahren die Profitabilität kräftig steigern. Der niederländische Konzern steht seit einiger Zeit wegen teurer Probleme mit bestimmten Beatmungsgeräten unter Druck und muss sparen. Im vergangenen Jahr verbuchte der Konkurrent wegen hoher Rückstellungen und Abschreibungen in dem Bereich einen Milliardenverlust.

Zusätzlich zu dem bereits im Oktober angekündigten Abbau von rund 4000 Stellen sollen nun 6000 weitere gestrichen werden, wie Philips am Montag in Amsterdam bei der Vorlage der Zahlen für das vergangene Jahr mitteilte. Ende September vergangenen Jahres hatte Philips etwas mehr als 79 000 Mitarbeiter beschäftigt. Ob der geplante Stellenabbau auch das Unternehmen in Deutschland trifft, wurde zunächst nicht bekannt. Philips Deutschland hat seinen Hauptsitz in Hamburg. Weiterlesen

CDU kritisiert Notarztversorgung in Rheinland-Pfalz

Mainz (dpa/lrs) – Die CDU-Fraktion hat die Landesregierung eindringlich zu Maßnahmen für eine bessere Notfallversorgung in Rheinland-Pfalz aufgerufen. Die Antworten der Regierung auf eine Große Anfrage seiner Fraktion zeigten, «dass eine flächendeckende, Rund-um-die-Uhr-Notarztversorgung der Bevölkerung in Rheinland-Pfalz durch ein funktionierendes und adäquat personalisiertes Notarztsystem nicht mehr gewährleistet ist», sagte der Abgeordnete Christoph Gensch am Donnerstag im Landtag. «Es ist eine Kernaufgabe des Staates, dies sicherzustellen.»

Gensch wies darauf hin, dass es an vielen Notarztstandorten im ganzen Land regelmäßig zu Ausfallzeiten komme. Die größten Ausfälle habe es im Januar 2022 in Ingelheim mit 54,2 Prozent der vorgesehenen Bereitschaftszeit gegeben. Was aber in den ersten Minuten, in der ersten Stunde nach einem Notfall versäumt werde, könne später im Krankenhaus nicht mehr wettgemacht werden, sagte der Mediziner. Weiterlesen

Ärzte bekommen mehr Geld für Kinderbehandlungen

Berlin (dpa) – Ärztinnen und Ärzte sollen wegen der hohen Arbeitsbelastung durch viele Atemwegsinfekte bei Kindern vorübergehend mehr Geld für solche Behandlungen bekommen. Darauf haben sich der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bereits am Montag geeinigt. Zuerst hatte das «Ärzteblatt» darüber berichtet.

Mit dem Schritt werde «der zusätzliche Behandlungsaufwand, der sich aufgrund der außergewöhnlich starken Häufung von Infektionskrankheiten, ausgelöst insbesondere durch die so noch nicht erlebte Welle an RSV-Infektionen, vollumfänglich ausgeglichen», heißt es in einem Schreiben von GKV-Spitzenverband und KBV an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Weiterlesen

Aussichtsreicher HIV-Impfstoff schützt nicht

Berlin (dpa) – Ein besonders aussichtsreicher Impfstoffkandidat gegen die Immunschwächekrankheit Aids schützt nicht ausreichend vor einer HIV-Infektion. Das gab der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson nach der Begutachtung von Daten der entscheidenden klinischen Studie bekannt. «Wir sind enttäuscht von diesem Ergebnis», sagte die verantwortliche Forscherin Penny Heaton laut einer Mitteilung. Die Phase-III-Studie («Mosaico») mit 3900 Probanden werde beendet.

Dem HIV-Experten Hendrik Streeck zufolge, der an der Studie am Rande beteiligt war, hatte kein anderes Präparat so gute Aussichten gehabt. Die nun veröffentlichten schlechten Ergebnisse der Studie hätten die Suche nach einem Impfstoff «deutlich zurückgeworfen», sagte Streeck, der das Institut für Virologie der Uni Bonn leitet, der Deutschen Presse-Agentur. «Bis vor Kurzem habe ich noch gehofft, dass dieser Impfstoff funktionieren könnte.» So hätten Affen seine sehr gute Immunantwort gegen das Virus gezeigt. Allerdings war im Jahr 2021 bereits eine Studie («Imbokodo») zu einem ähnlichen HIV-Impfstoff gestoppt worden, das habe auch die Erwartungen in die «Mosaico»-Studie gedämpft. Weiterlesen

«Sturm der Liebe»-Star Graf wechselt zum Krimi

Köln/München (dpa) – Für seine neue Rolle als Gerichtsmediziner hat sich Schauspieler Jakob Graf so manchen Rat bei seiner Mutter geholt. Der 39-jährige Kölner spielt seit dieser Woche in der ARD-Vorabendserie «Watzmann ermittelt» (mittwochs, 18.50 Uhr) mit.

«Meine Mutter ist Ärztin», so Graf. «Wenn ich einmal niese, dann erklärt sie mir alle Differentialdiagnosen, die infrage kommen. Viren sind quasi ihr Spezialgebiet. Was haben wir während Corona viel diskutiert. Dadurch habe ich mein ganzes Leben lang medizinische Fortbildung genossen. In Tansania war meine Mutter zuständig für Tropenmedizin.» Dort habe er einen Teil seiner Kindheit verbracht. Weiterlesen

IG BCE will Arzneimittelreserve

Hannover/Berlin (dpa) – Wegen der Versorgungsprobleme bei etlichen wichtigen Medikamenten fordert die Chemie-Gewerkschaft IG BCE den Aufbau einer strategischen Arzneimittelreserve für Europa. «Deutschland war einmal die Apotheke der Welt, das sind wir nicht mehr», sagte der Vorsitzende Michael Vassiliadis am Montag in Hannover. Man brauche eigene Notbestände zentraler Pharmaprodukte. «Das muss man jetzt gemeinsam besprechen.» Notwendig sei auch eine mehrfach abgesicherte Produktion «versorgungskritischer Wirkstoffe», für die es bisher mitunter nur eine einzige Anlage weltweit gebe.

Bei einigen Grundarzneien wie Schmerzmitteln und Fiebersäften für Kinder, stellenweise jedoch auch bei Krebsmedikamenten herrschten zuletzt Engpässe. Vor allem Basissubstanzen kommen inzwischen aus Indien oder China. Vassiliadis sagte, auf diesem «strategischen Feld» sei ein Frühwarnsystem hilfreich. Versorgungssicherheit müsse künftig Kernkriterium sein. Weiterlesen

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