Politik will alle documenta-Werke sichten

Kassel/Marburg/Frankfurt (dpa) – Nach neuer Antisemitismus-Kritik gegen die documenta fifteen fordern Politiker die Begutachtung aller bei der Weltkunstschau in Kassel ausgestellten Werke. Vertreter jüdischer Einrichtungen reagierten empört auf die neuen Funde.

Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, ist nach eigenen Worten «fassungslos». «Während unser pädagogisches Team am Infostand auf dem Friedrichsplatz über antisemitische Bildsprache aufklärt, werden erneut übelste antisemitische Karikaturen bekannt, auf die die künstlerische Leitung der documenta und Frau Schormann aber offenbar schon vor Wochen von einer Besucherin hingewiesen worden waren», sagte Mendel der Deutschen Presse-Agentur. «Es stimmt mich ehrlich fassungslos, dass ich als damaliger Berater der documenta nicht darüber informiert und stattdessen auf Basis eines juristischen Gutachtens entschieden wurde, die problematischen Werke mit eindeutig antisemitischer Bildsprache in der Ausstellung zu belassen.» Weiterlesen

Neue Antisemitismus-Vorwürfe gegen die documenta

Kassel/Marburg (dpa) – Der Antisemitismus-Eklat um die documenta fifteen setzt sich fort: Auf der Weltkunstschau in Kassel sind weitere als antisemitisch kritisierte Motive gefunden worden.

Nach Angaben der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) hat ein Besucher der Ausstellung entsprechende Darstellungen im Museum Fridericianum bemerkt und RIAS Hessen gemeldet. Die Recherche- und Informationsstelle habe die Meldung verifiziert, sagte Projektleiterin Susanne Urban am Mittwoch. Zunächst hatte die «Jüdische Allgemeine» berichtet. Die documenta wies die Vorwürfe zurück.

Es handelt sich laut Urban um Darstellungen in einer Broschüre mit dem Titel «Presence des Femmes», die 1988 in Algier erschienen ist. Die darin enthaltenen Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly zeigten teils antisemitische Stereotype und das Land Palästina, versehen mit Einordnungen, die dem Staat Israel seine Legitimität absprächen. Weiterlesen

Grünes-Gewölbe-Coup – Dreiste Täter und leichtes Spiel

Dresden
Von Simona Block, dpa

Dresden (dpa) – Die Juwelendiebe vom Dresdner Grünen Gewölbe haben vor dem spektakulären Coup die Sicherheitsmaßnahmen im und um den Museumskomplex akribisch und mit großem Aufwand gecheckt – und dann die Lücken gnadenlos ausgenutzt. Ob alle sechs wegen des spektakulären Einbruchs ins Historische Grüne Gewölbe Angeklagten tatsächlich unmittelbar daran beteiligt waren, ist nach einem halben Jahr Prozess am Landgericht Dresden nicht zweifelsfrei klar. Die Frage, wie das Verbrechen überhaupt möglich war im als «begehbarer Tresor» deklarierten Museum, jedoch schon. Verbunden mit der erschreckenden Erkenntnis: Die Täter hatten leichtes Spiel. Weiterlesen

documenta will Skandal aufarbeiten «Antisemitismus in der Kunst»

Kassel (dpa) – Seit Beginn der documenta fifteen Mitte Juni dreht sich wenig um die ausgestellte Kunst. Im Mittelpunkt steht vielmehr der Antisemitismus-Skandal, der kurz nach der Eröffnung über die Schau hereingebrochen ist, sich aber schon seit Monaten angebahnt hatte.

Wie es dennoch dazu kommen konnte, dass ein Werk mit antisemitischer Bildsprache ausgestellt wurde, war Gegenstand einer Podiumsdiskussion zum Thema «Antisemitismus in der Kunst» am Mittwochabend in Kassel. Bei der Veranstaltung betonte das Kuratorenkollektiv Ruangrupa erneut seine Dialogbereitschaft. Weiterlesen

Nach documenta-Eklat: Podium zum öffentlichen Diskurs

Kassel (dpa) – Der Antisemitismus-Eklat auf der documenta fifteen in Kassel schlägt seit Beginn der Schau Mitte Juni hohe mediale Wellen. Heute nun soll der öffentliche Diskurs eingeläutet werden: Die Bildungsstätte Anne Frank und die Trägergemeinschaft documenta gGmbH laden gemeinsam zu einer Podiumsdiskussion zum Thema «Antisemitismus in der Kunst» ein.

Teilnehmer sind laut Ankündigung unter anderen der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, der wissenschaftliche Direktor der Bildungsabteilung des Zentralrats der Juden in Deutschland, Doron Kiesel, und Hortensia Völckers, künstlerische Direktorin und Vorstandsmitglied der Kulturstiftung des Bundes. Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) wird demnach ein Grußwort halten. Weiterlesen

documenta: Rufe nach Strukturreform werden lauter

Kassel/Berlin (dpa) – Im Zusammenhang mit dem Antisemitismus-Eklat auf der documenta mehren sich die Rufe nach einer tiefgreifenden Strukturreform.

So forderte der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, am Dienstag für die Zukunft mehr Mitsprache des Bundes bei der Kasseler Kunstschau. «Es ist natürlich jetzt sehr dringlich, dass gehandelt werden muss», sagte Klein in Berlin. Es seien aber auch grundsätzliche Konsequenzen zu ziehen. Weiterlesen

Zwei Festnahmen nach Überfall auf Kunstmesse Tefaf

Maastricht (dpa) – Auf die internationale Kunstmesse Tefaf im niederländischen Maastricht ist nach Polizeiangaben ein bewaffneter Überfall verübt worden. Zwei Verdächtige seien festgenommen worden, berichtete die Polizei am Dienstag.

Zwei weitere Personen seien noch flüchtig. Die Fahndung nach ihnen laufe auf Hochtouren. Die Männer haben nach Einschätzung der Polizei möglicherweise Diamanten erbeutet. Weiterlesen

Eklat bei documenta: Konsequenzen und Aufklärung gefordert

Von Carolin Eckenfels, Peter Zschunke und Gerd Roth, dpa

Kassel/Wiesbaden (dpa) – Nach dem Antisemitismus-Eklat um ein großformatiges Banner bei der documenta fifteen werden die Rufe nach Konsequenzen lauter.

Entsprechende Überlegungen äußerte nicht nur der Zentralrat der Juden – auch Bundeskanzler Olaf Scholz meldete sich über eine Regierungssprecherin zu Wort. Unterdessen gibt es erste Erklärungsversuche, welche Fehlplanungen dazu geführt haben könnten, dass das als antisemitisch kritisierte Werk des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi installiert wurde. Weiterlesen

Umstrittenes Banner auf documenta abgebaut

Kassel (dpa) – Das Werk ist nicht mehr zu sehen, die Debatte ist deshalb aber nicht beendet: Eine heftig kritisierte Installation auf der documenta fifteen in Kassel wurde erst verhüllt – und dann am Dienstagabend abgebaut.

Rund 100 Menschen verfolgten dies, es gab Pfiffe und Buhrufe wie auch Beifall. Nur das Gerüst für das Kunstwerk blieb zunächst noch stehen. Nun werden die Rufe nach einer Aufarbeitung des Eklats immer lauter.

Die großflächige Banner-Installation «People’s Justice» des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi zeigte unter anderem einen Soldaten mit Schweinsgesicht. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift «Mossad» – die Bezeichnung des israelischen Auslandsgeheimdienstes. Weiterlesen

Erneut Antisemitismus-Vorwürfe gegen documenta fifteen

Kassel/Frankfurt (dpa) – Kurz nach der Eröffnung der documenta fifteen fachen neue Vorwürfe die seit Monaten schwelende Antisemitismus-Debatte um die Schau weiter an.

Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, forderte die Verantwortlichen der Weltkunstausstellung in Kassel auf, einen Beitrag des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi wegen antisemitischer Motive zu entfernen.

Auf dem großflächigen Banner am Friedrichsplatz ist unter anderem ein Soldat mit Schweinsgesicht zu sehen. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift «Mossad». Das ist die Bezeichnung des israelischen Auslandsgeheimdienstes. «Das ist eine klare Grenzüberschreitung», sagte Mendel der Deutschen Presse-Agentur. «Diese Bilder lassen überhaupt keinen Interpretationsspielraum zu. Das ist klare antisemitische Hetze.»

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, hat sich bestürzt geäußert. «Als Mitglied der jüdischen Gemeinschaft, aber auch als Bürgerin dieses Landes bin ich entsetzt über den blanken Judenhass, der sich im Bild von Taring Padi zeigt. Personen mit Schläfenlocken und SS-Runen, dazu ein Schweinekopf mit der Aufschrift “Mossad”» – das sei plump antisemitisch, sagte Knobloch.

Banner wird verdeckt

Aufgrund einer Figurendarstellung des Kollektivs, die antisemitische Lesarten ermöglicht, habe sich das Kollektiv gemeinsam mit der Geschäftsführung und der Künstlerischen Leitung «entschieden, die betreffende Arbeit zu verdecken und eine Erklärung dazu zu installieren», teilte die documenta mit. Das Gemälde teilweise zu verdecken und der Grenzüberschreitung «durch Anbringung einer Fußnote die Spitze nehmen zu können, ist absurd», so Knobloch. Die antisemitischen Vorfälle rund um diese documenta seien zu einem Thema für die gesamte Gesellschaft geworden.

Anschuldigungen immer wieder zurückgewiesen

Dem indonesischen Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa war schon vor Monaten von einem Kasseler Bündnis vorgeworfen worden, auch Organisationen einzubinden, die den kulturellen Boykott Israels unterstützten oder antisemitisch seien. Ruangrupa und die documenta wiesen die Anschuldigungen entschieden zurück. Später schaltete sich auch der Zentralrat der Juden in Deutschland ein. Eine zur Beruhigung gedachte Diskussionsreihe wurde abgesagt.

Bislang hatte sich Mendel in der Debatte hinter die documenta gestellt. Er sagte, er sehe dort keinen Antisemitismus, kritisierte aber die fehlenden Positionen von jüdischen Künstlern aus Israel. Mendel betonte am Montag, nicht die gesamte Ausstellung sei als antisemitisch zu bezeichnen. «Man muss da differenzieren. Da ist sicher etwas schiefgelaufen. Aber so etwas sollte nicht passieren.» Die Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, läge nun bei den Kuratoren und der Leitung der documenta fifteen.

Deutliche Worte

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth fand deutliche Worte: «Das ist aus meiner Sicht antisemitische Bildsprache», teilte die Grünen-Politikerin mit. «Ich sage es noch einmal: die Menschenwürde, der Schutz gegen Antisemitismus, wie auch gegen Rassismus und jede Form der Menschenfeindlichkeit sind die Grundlagen unseren Zusammenlebens, und hier findet auch die Kunstfreiheit ihre Grenzen.» Die documenta müsse das umgehend gegenüber den Kuratoren und Künstlern deutlich machen und «die notwendigen Konsequenzen» ziehen.

«Auch mein persönlicher Eindruck ist, dass hier eine antisemitische Bildsprache vorliegt», teilte die stellvertretende documenta-Aufsichtsratsvorsitzende, Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne), mit. Sie habe deshalb umgehend Kontakt zur Generaldirektorin der documenta, Sabine Schormann, aufgenommen mit dem Ziel, schnellstmöglich eine Klärung herbeizuführen.

Dorn zufolge ist Schormann bereits tätig geworden. Sie rechne damit, «dass wir uns zeitnah als Gesellschafter der documenta GmbH in einer Sondersitzung mit den Ergebnissen befassen werden», erklärte sie.

«Bei der Abbildung auf dem Kunstwerk, das nach meiner derzeitigen Kenntnis erst am Samstag auf dem Friedrichsplatz installiert wurde, handelt es sich um einen antisemitischen Verstoß, der nicht von der Hand zu weisen ist», teilte der Aufsichtsratsvorsitzende der documenta, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle, mit. Er habe die Geschäftsführung der Schau gleichzeitig um Aufklärung sowie um Einleitung notwendiger Maßnahmen gebeten.

Geselle warnte davor, die documenta fifteen nun unter Generalverdacht zu stellen. «In den Preview Days, die vergangene Woche von Mittwoch bis Freitag für Fachpublikum und Medien stattgefunden haben, waren keine antisemitischen Kunstwerke vorher feststellbar.»

«Dieses Werk muss weg, und es ist Aufgabe der documenta, sich nun mit Entschlossenheit der eigenen Verantwortung zu stellen», teilte Hessens Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker mit.

Rote Linie überschritten

Empört zeigte sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Der Rat sei für seine Bedenken gegenüber der diesjährigen documenta von vielen Seiten kritisiert worden. Sogar Rassismus sei ihm indirekt vorgeworfen worden.

«Es spielt jedoch keine Rolle, woher Künstler stammen, die Antisemitismus verbreiten», betonte Schuster. Kunstfreiheit ende dort, wo Menschenfeindlichkeit beginne. «Auf der documenta wurde diese rote Linie überschritten.» Die Verantwortlichen müssten jetzt ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und Konsequenzen ziehen, forderte er.

Deutliche Worte fand die israelische Botschaft in Berlin: «Die in einigen Exponaten gezeigten Elemente erinnern an die Propaganda von Goebbels und seinen Handlangern in dunklen Zeiten der deutschen Geschichte.» Alle roten Linien seien nicht nur überschritten, sie seien zertrümmert worden. «Diese Elemente sollten sofort aus der Ausstellung entfernt werden.»

Das American Jewish Committee Berlin forderte sogar die Entlassung der documenta-Geschäftsführerin. Schormann solle umgehend von ihren Aufgaben entbunden werden, «der offen zur Schau gestellte Antisemitismus unverzüglich unterbunden und die entsprechenden Werke entfernt werden», erklärte Direktor Remko Leemhuis.

Die Gesellschafter der Kunstschau – die Stadt Kassel und das Land Hessen – müssten jetzt für Klarheit sorgen, forderte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, «da die Geschäftsführung der documenta fifteen offensichtlich dazu nicht bereit oder in der Lage ist.» Die AfD im Landtag von Hessen verlangte gar, die documenta fifteen zu beenden.

Vor dem Hintergrund der Debatte um die 15. Ausgabe der documenta hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung der Schau am Samstag schon die Grenzen der Kunstfreiheit betont. «Kunst darf anstößig sein, sie soll Debatten auslösen.» Kritik an israelischer Politik sei erlaubt. «Doch wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten», hatte er gesagt.

Die documenta, seit 1955 in Kassel, gilt neben der Biennale in Venedig als weltweit bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst. Sie wird nur alle fünf Jahre veranstaltet. Die Schau dauert bis zum 25. September.

 

 

 

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