Hoch sieht «Pandemie der Ungeimpften»

Mainz (dpa/lrs) – Über den Umgang mit der vierten Welle der Pandemie hat der rheinland-pfälzische Landtag in einer von der CDU initiierten Aktuellen Debatte kontrovers gestritten. Nach Einschätzung von Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) ist die Lage in Rheinland-Pfalz «ernst, aber noch beherrschbar» und das Impfen muss weiter vorangetrieben werden. Oppositionsführer Christian Baldauf (CDU) warf der Landesregierung am Donnerstag «einen fahrlässigen Umgang» mit einer «sehr besorgniserregenden Situation» vor. Er forderte, die Impfzentren wieder zu eröffnen sowie Kinder, Jugendliche, Lehrer und Erzieher häufiger zu testen.

«Wir stehen besser da als 2020», sagte Hoch. «Wir sehen vor allem eine Pandemie der Ungeimpften» 70 Prozent der Menschen, die mit einer Covid-19-Infektion ins Krankenhaus müssten seien ungeimpft, auf den Intensivstationen sogar 77 Prozent. Keiner dieser Patienten sei unter 20 Jahre alt und in der Altersgruppe der 20 bis 59-Jährigen lägen ausschließlich Ungeimpfte auf den Intensivstationen. In der Gruppe der 60 bis 69-Jährigen seien 80 Prozent ungeimpft.

Bei den über 70-Jährigen seien es zwar nur 43 Prozent, sagte Hoch. Allerdings sei in dieser Altersgruppe die Impfquote besonders hoch, damit steige die Wahrscheinlichkeit für einen Impfdurchbruch. Zudem könne die Wirkung der Impfung bei Älteren schneller nachlassen, weshalb eine dritte (Booster)-Impfung für sie besonders wichtig sei.

16.000 Menschen seien am Mittwoch in Rheinland-Pfalz geimpft worden, auch er wünsche sich mehr Impfungen. Mehr als 94 Prozent der Spritzen seien in Arztpraxen, Krankenhäusern und Altenheimen gesetzt worden. «Die niedergelassenen Ärzte schaffen das, sie machen einen guten Job» Sollten sie überfordert sein, werde das Land helfen. Allerdings beteilige sich jede fünfte Praxis nicht am Impfen. Hoch appellierte an diese Mediziner, sich das doch noch einmal zu überlegen.

Nach Einschätzung Baldaufs dagegen «kommen die Hausärzte nicht mehr hinterher». «Stundenlang stehen Menschen – auch ältere Mitbürgerinnen und -bürger – in Warteschlagen in der Kälte vor Impfbussen» Zeitweise gehe sogar der Impfstoff aus.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte bereits angekündigt, die Corona-Regeln (den Warnstufen-Plan) bis nächste Woche noch einmal zu überarbeiten, um schneller stärker auf die Bremse treten zu können.

«Alles was wir tun, muss daraufhinauslaufen, dass die Schulen nie wieder geschlossen werden», sagte der Grüne-Abgeordenete Daniel Köbler. Jedes dritte Kind klage nach den Schulschließungen über psychische Probleme.

AfD-Fraktionschef Michael Frisch forderte mit Blick auf Kinder und Jugendliche «ein Ende der Angstkampagne, die aus unschuldigen Opfern ansteckende Täter macht» und sprach sich für Präsenz-Unterricht ohne Masken sowie normale soziale Kontakte aus. Für seine Bemerkung, es müsse Schluss mit «der fragwürdigen Sonderbehandlung der Ungeimpften» und dem Versuch sein, die Impfquote durch Druck auf kritische Menschen zu erhöhen, erntete Frisch aus mehreren Fraktionen Kritik. «Sie verweigern die Solidarität», rief etwa der SPD-Abgeordnete Sven Teuber.

Der FDP-Abgeordnete Steven Wink sagte: «Freiheit ja, aber die Freiheit des Individuums endet da, wo andere Freiheiten verletzt werden»

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid, betonte: «Mit Druck werden Sie bei überzeugten Impfgegnern nichts erreichen». Als Beispiel nannte er seinen Parteifreund und bayerischen Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger, auf den er auch immer eingewirkt habe. Aiwanger hat sich inzwischen impfen lassen und dies mit der schwierigen Lage in den Kliniken begründet, die mit schnell steigenden Zahlen von Corona-Intensivpatienten konfrontiert sind.

 

 

 

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