Grüne richten Kompass auf Berlin und Mainz aus

Mainz (dpa/lrs) – Die Grünen in Rheinland-Pfalz gehen geschlossen und im Einklang mit der Ampel-Politik im Bund wie im Land ins neue Jahr. «Man steht geschlossen hinter dem Regierungshandeln», sagte der Landesvorsitzende Paul Bunjes am Samstag am Rande des Landesparteitags in Mainz. «Aber wir dürfen auch das Diskutieren nicht vergessen.» Der routiniert organisierte Parteitag endete bereits zwei Stunden früher als geplant.

Ohne eine einzige Gegenstimme nahmen die 207 Delegierten in einer ehemaligen Fabrikhalle den Leitantrag des Vorstands an: Unter der Überschrift «Mit grünem Kompass durch die Krise» werden unter anderem Klimakrise, Artensterben und soziale Probleme wie Wohnraumknappheit benannt; zugleich bescheinigt sich die Partei «Optimismus, Weitsicht, Verantwortungsbewusstsein und gelebte Solidarität».

Den 207 Delegierten sagte Familien- und Integrationsministerin Katharina Binz, die Landesregierung arbeite gut und vertrauensvoll zusammen – «da läuft manches anders als in der Bundesampel.» Als möglichen Grund nannte sie, «dass in Rheinland-Pfalz drei Frauen an der Spitze stehen und nicht drei Männer wie im Bund».

Energieministerin Katrin Eder räumte allerdings ein, dass das Anfang Januar wirksam werdende Solargesetz mit der Pflicht zur Installation von PV-Anlagen auf Gewerbeneubauten «nicht das Ende der Fahnenstange» sei. «Gerade bei der Photovoltaik brauchen wir mehr Dynamik.» Dem Landtag liegt zurzeit ein Gesetzentwurf der CDU vor, der auch eine Solarpflicht bei privaten Neubauten vorsieht.

Die Union und ihr Vorsitzender Friedrich Merz bekamen auf dem Parteitag viel Kritik ab. «Wenn die CDU eine Person wäre, wäre sie der nervige Onkel am Weihnachtstisch», sagte die Bundestagsabgeordnete Misbah Khan. Die Partei solidarisiere sich mehr mit Autofahrern im Stau als mit Menschen, die sich für die Zukunft des Planeten einsetzten. So kritisch man die Gruppe Letzte Generation auch sehen könne – «wer sich für Klimagerechtigkeit einsetzt, gehört nicht weggesperrt».

Anträge zur Naturschutzpolitik kamen nicht zur Abstimmung. Ein Antrag zum Verbot der Fuchsjagd wurde zurückgezogen – hier soll erst eine Novelle des Ministeriums zum Jagdgesetz abgewartet werden. Eine Initiative zur «Umsetzung einer naturnahen, ökosystemorientierten Waldbehandlung» im Pfälzerwald wurde auf Antrag des Landtagsabgeordneten Fabian Ehmann vertagt.

Bei einer Nachwahl für den erweiterten Landesvorstand folgte der Parteitag der Nominierung des 19 Jahren alten Mainzers Thomas Klisch als Vertreter der Grünen Jugend. Dem Gremium gehören die drei Mitglieder des geschäftsführenden Landesvorstands sowie acht weitere Personen an.

Die rund 5400 Parteimitglieder in Rheinland-Pfalz wurden aufgerufen, sich auf die Kommunalwahl 2024 vorzubereiten. «In 18 Monaten ist es so weit», sagte die Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung in der Landespartei, Pia Schellhammer. «Wir wollen 2023 Schwung holen für die anstehende Kommunalwahl.» Bei der Bildung von Listen für die Wahlen vor Ort gelte es, neue Mitglieder einzubinden und mehr Frauen in die Politik zu bringen.

Die Kommunalwahl werde von entscheidender Bedeutung sein, sagte der scheidende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Bernhard Braun. Das kommunale Investitionsprogramm des Landes und die Entlastung der Kommunen von Altschulden seien eine gute Vorbereitung darauf. Im Januar wählt die Landtagsfraktion einen neuen Fraktionsvorsitz, einzige Kandidatin ist Schellhammer.

Bunjes erinnerte in seiner Ansprache auch an die im April zurückgetretene Ministerin Anne Spiegel. Als Integrationsministerin in Rheinland-Pfalz, dann als Umweltministerin und zuletzt als Bundesfamilienministerin sei sie «immer eine Kämpferin für die Schwächsten in der Gesellschaft» gewesen. «Anne nimmt sich im Moment Zeit für ihre Familie und lässt grüßen», sagte Bunjes.

Die öffentliche Kritik an ihrem Urlaub nach der Flutkatastrophe von 2021 und der politische Druck waren im April so stark geworden, dass die Ministerin ihren Rücktritt erklärte. Bis dahin war Spiegel unumstrittene Führungsfigur der Grünen an Rhein und Mosel. Wer diese Rolle bis zur nächsten Landtagswahl 2026 übernehmen könnte, ist bislang völlig offen.

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