Sturm macht Lützerath-Aktivisten zu schaffen

Erkelenz (dpa) – Das stürmische und regnerische Wetter macht den Aktivisten im besetzten Braunkohleort Lützerath zunehmend zu schaffen. «Wir hoffen, dass der Sturm nicht noch stärker wird», sagt eine Sprecherin der Initiative «Lützerath lebt» am Morgen. Die Situation sei etwa für die Menschen in den Baumhäusern gefährlich. «Im Normalfall kommen sie bei Sturm runter», sagte die Sprecherin.

Die Polizei hatte am Donnerstagmorgen die Räumung von Lützerath fortgesetzt. In den Baumhäusern und in besetzten Gebäuden harren weiterhin Klimaaktivistinnen und -Aktivisten aus. Wie viele es sind, ist unklar. Die Sprecherin machte dazu keine Angaben. Vor Ort herrschte am Morgen Dauerregen und es gab starken Wind.

Nacht verlief weitgehend ruhig

In der ersten Nacht nach Beginn der Räumung war es weitgehend ruhig geblieben. Es habe keine besonderen Vorkommnisse gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Morgen. «Im Laufe des Tages geht es mit den Räumungsarbeiten weiter», betonte er.

Ein dpa-Reporter vor Ort berichtete ebenfalls von einer weitgehend ruhigen Nacht. Einmal seien am Mittwochabend einige Böller geworfen und Feuerwerksraketen aus einem besetzten Gebäude gezündet worden, verletzt wurde niemand. Währenddessen holte die Polizei nicht weit davon entfernt eine Gruppe von Klimaaktivistinnen und Aktivisten von einem Lagerhallendach.

An einer anderen Stelle war die Polizei in der Nacht mehrere Stunden damit beschäftigt, eine Aktivistin aus einem Autowrack zu befreien, das als Hindernis auf einem Weg aufgebaut worden war. Die Frau hatte sich in dem Wrack verschanzt und ihre Füße in den Weg zementiert. In den frühen Morgenstunden konnte sie herausgeholt werden.

In den Baumhäusern und in besetzten Gebäuden harren weiterhin einige Klimaaktivistinnen und Aktivisten aus. Wie viele es sind, ist unklar. Vor Ort herrschte Dauerregen und es gab starken Wind.

Die Siedlung Lützerath soll abgerissen werden, um die darunter befindlichen Kohlevorkommen fördern zu können. Klimaaktivisten wollen dies verhindern. Unter überwiegend friedlichem Protest hatte die Polizei gestern mit der Räumung begonnen. Polizisten holten Aktivisten von Bäumen und Podesten und setzten dabei an verschiedenen Stellen Hebebühnen ein. Am Ortseingang von Lützerath gab es Abrissarbeiten mit Baggern, auch eines der Ortsschilder von Lützerath wurde entfernt.

Bundesweite Demonstrationen geplant

Das Bündnis «Lützerath unräumbar» hat für heute Protestaktionen wie Sitzblockaden in der Umgebung angekündigt. Fridays for Future will am zweiten Tag der Räumung bundesweit demonstrieren. So will Neubauer um 10.00 Uhr im rund vier Kilometer von Lützerath entfernten Erkelenzer Ortsteil Keyenberg reden.

Die Polizei ist in Lützerath mit einem Großaufgebot vor Ort. Vor dem Start der Räumung war bereits mit massivem Widerstand gerechnet worden. Beobachter sprachen dagegen am ersten Tag von einer zum Teil entspannten Atmosphäre. Am frühen Mittwochmorgen war es zum Auftakt der Räumung zu Rangeleien gekommen. Laut Polizei wurden ein Molotow-Cocktail, Steine und Pyrotechnik in Richtung der Beamten geworfen. Eine Sprecherin der Initiative «Lützerath lebt» warf der Polizei einen überharten Einsatz vor.

Habeck: «Das fasst mich auch an»

Angesichts von Kritik aus der Klimabewegung an den Grünen wegen der Räumung von Lützerath zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betroffen. «Das fasst mich auch an oder treibt mich um, so wie alle in meiner Partei», sagte Habeck gestern Abend im «heute-journal» des ZDF. «Aber trotzdem müssen wir das erklären, was richtig ist. Und richtig war – leider -, die Gasmangellage, eine Energienotlage in Deutschland abzuwehren, auch mit zusätzlicher Verstromung von Braunkohle – und hintenraus den Kohleausstieg vorzuziehen.»

Lützerath sei nicht «das Weiter-So der Energiepolitik der Vergangenheit: Verstromung von Braunkohle», betonte Habeck. «Es ist nicht, wie behauptet wird, das ewige Weiter-So, es ist der Schlussstrich darunter.» Leider habe man das Dorf Lützerath nicht mehr retten können – «aber es ist das Ende der Braunkohleverstromung in NRW». «Insofern – mit großem Respekt vor der Klimabewegung – ist meiner Ansicht nach der Ort das falsche Symbol.»

Die von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien in Bund und Land NRW hatten mit dem Energiekonzern RWE einen Kompromiss vereinbart, der das Abbaggern der Kohle unter Lützerath beinhaltet – aber auch einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg in NRW.

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