Nach Lützerath-Räumung: Polizei zählt 600 Strafverfahren

Erkelenz (dpa) – Die Zahl der Ermittlungsverfahren rund um die Räumung des Ortes Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler ist rund acht Wochen danach stark angestiegen. Unter anderem durch die Auswertung von Videoaufnahmen laufen laut Polizei Aachen inzwischen mehr als 600 Verfahren. Davon 150 wegen tätlicher Angriffe auf Polizeibeamte. Weiterlesen

Verbliebene Aktivisten verlassen Tunnel unter Lützerath

Erkelenz (dpa) – Fünf Tage nach Beginn der Räumung von Lützerath haben zwei noch verbliebene Klimaaktivisten einen unterirdischen Tunnel unter der Siedlung verlassen. Das Ende des einstigen Dorfes am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler im Westen von Nordrhein-Westfalen steht damit unmittelbar bevor.

Die Räumung sei beendet, teilten sowohl der Energiekonzern RWE als auch eine Sprecherin der Akitivisten-Initiative «Lützerath Lebt» am Montag mit. RWE will den «Rückbau» von Lützerath nach eigenen Angaben schon in den kommenden Tagen abschließen.

Die zwei Aktivisten in dem offenbar selbstgebauten, unterirdischen Tunnel hatten als letzte Besetzer des Dorfes gegolten, das zur Kohlegewinnung abgebaggert werden soll. Andere Aktivistinnen und Aktivisten hatten die Siedlung bereits in den Tagen zuvor verlassen oder waren von der Polizei weggebracht worden. Zunächst war nicht absehbar gewesen, wie lange es dauern würde, die Aktivisten im Tunnel an das Tageslicht zu holen. Die Werkfeuerwehr von RWE hatte die als «Rettung» bezeichnete Aktion übernommen. Am Montag ging dann alles plötzlich doch recht schnell. Weiterlesen

Lützerath: NRW-Innenminister verteidigt Polizei-Einsatz

Erkelenz (dpa) – Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hat die Polizei gegen den Vorwurf unverhältnismäßiger Gewaltanwendung bei der Anti-Kohle-Demonstration am Samstag nahe Lützerath in Schutz genommen. Die Polizei habe «hochprofessionell» gearbeitet, sagte Reul am Sonntagabend in der ARD-Talkshow «Anne Will».

Er werde jeden Fall von unangemessener Polizeigewalt untersuchen lassen. «Wir haben ein, zwei Filme im Netz gesehen, wo wir sagen: «Das sieht nicht gut aus.» Das werden wir uns genau anschauen, da haben wir auch Strafanzeige gestellt vorsichtshalber, weil ich finde, das muss gecheckt werden. Das habe ich die letzten Jahre immer gemacht, und das wird auch jetzt so gemacht.» Weiterlesen

Greta Thunberg prangert in Lützerath «Polizeigewalt» an

Erkelenz (dpa) – Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat Lützerath besucht und das Vorgehen der Polizei bei der Räumung des rheinischen Dorfes scharf kritisiert.

«Es ist empörend, wie die Polizeigewalt ist», sagte Thunberg. Die 20-Jährige besichtigte auch den Krater des Braunkohletagebaus und hielt dabei ein Schild mit der Aufschrift «Keep it in the ground» (Lasst es im Boden) hoch. Weiterlesen

Grüner NRW-Minister über Lützerath: «Eine schwierige Zeit»

Düsseldorf (dpa) – Nordrhein-Westfalens Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) hat sein Bedauern über die Räumung von Lützerath geäußert. «Das ist eine schwierige Zeit, der Umweltminister schläft schlecht, weil mir das weh tut», sagte Krischer am Donnerstagmorgen in «WDR 5». Er verstehe, dass insbesondere junge Menschen mit dem Klimaschutz-Tempo unzufrieden seien und mehr Anstrengungen forderten. Zugleich verteidigte der Grüne aber die Vereinbarung der Bundesregierung und der NRW-Landesregierung mit dem Energiekonzern RWE, die einen Abbau der unter Lützerath befindlichen Kohle ermöglicht und im Gegenzug einen um acht Jahre auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg in NRW festschreibt. Das sei eine gute Vereinbarung, die «das letzte Kapitel beim Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen schreibt», so Krischer.

Erste Gebäude in Lützerath werden abgerissen

Erkelenz (dpa) – In Lützerath haben Arbeiter damit begonnen, eine ehemalige landwirtschaftliche Halle abzureißen. Zwei Bagger seien im Einsatz, berichtete ein dpa-Reporter. In kurzer Zeit sei eine Außenwand entfernt worden.

Der Energiekonzern RWE hatte am Morgen einen «geordneten Rückbau» in den von der Polizei freigegebenen Bereichen in Lützerath angekündigt.

Massive Gebäude werden aber wohl noch nicht so schnell von Abrissarbeiten betroffen sein, weil dort noch Menschen sind. Bereits am Mittwoch war ein erstes Baumhaus abgebaut und Bäume gefällt worden. Diese Arbeiten gingen am zweiten Tag der Räumung weiter. Weiterlesen

Sturm macht Lützerath-Aktivisten zu schaffen

Erkelenz (dpa) – Das stürmische und regnerische Wetter macht den Aktivisten im besetzten Braunkohleort Lützerath zunehmend zu schaffen. «Wir hoffen, dass der Sturm nicht noch stärker wird», sagt eine Sprecherin der Initiative «Lützerath lebt» am Morgen. Die Situation sei etwa für die Menschen in den Baumhäusern gefährlich. «Im Normalfall kommen sie bei Sturm runter», sagte die Sprecherin.

Die Polizei hatte am Donnerstagmorgen die Räumung von Lützerath fortgesetzt. In den Baumhäusern und in besetzten Gebäuden harren weiterhin Klimaaktivistinnen und -Aktivisten aus. Wie viele es sind, ist unklar. Die Sprecherin machte dazu keine Angaben. Vor Ort herrschte am Morgen Dauerregen und es gab starken Wind. Weiterlesen

Lützerath: Klima-Clash an der Abbruchkante

Von Christoph Driessen, dpa

Erkelenz (dpa) – Im Rheinland steht die gewaltsame Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Dorfes Lützerath bevor. Die Stimmung ist aufgeheizt.

Was ist Lützerath?

Lützerath ist eine aus wenigen Gebäuden bestehende Siedlung, die zur Stadt Erkelenz im Rheinland gehört. An der einen Seite tut sich die unwirkliche Kraterlandschaft des Braunkohletagebaus Garzweiler auf, eine Szenerie wie von einem anderen Planeten. Die ursprünglichen Bewohner des Ortes sind alle weggezogen, doch die Gebäude werden seit längerem von Klimaaktivisten bewohnt. Ein Teil von ihnen lebt auch in Baumhäusern, Wohnwagen und Zelten. Obwohl die Gebäude heruntergekommen sind, spürt man bei einem Rundgang, dass dies eine jahrhundertealte Kulturlandschaft ist.

Wem gehört Lützerath?

Alle Gebäude und Grundstücke gehören dem Energiekonzern RWE. Und alle Klagen gegen einen Abriss sind von Gerichten abgewiesen worden. Der zuständige Kreis Heinsberg hat den Aufenthalt in Lützerath untersagt. Auf dieser Basis kann nun die Räumung durch die Polizei erfolgen. Mehr als 1000 Beamte sollen dafür täglich eingesetzt werden.

Warum will RWE Lützerath abreißen?

Unter dem Dorf befinden sich besonders große Braunkohlevorkommen, die RWE abbaggern will. Dies sei nötig, um die Energieversorgung sicherzustellen, sagt der Konzern. Er hat dabei die Rückendeckung der nordrhein-westfälischen Landesregierung aus CDU und Grünen. In der aktuellen Krisensituation sei jedem klar, dass die Kohle unter Lützerath gebraucht werde, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in einem Interview des «Kölner Stadt-Anzeigers». «Niemand hat die Entscheidung leichten Herzens getroffen, diese Kohle in Anspruch zu nehmen.»

Was sagen die Klimaaktivisten?

Sie bestreiten, dass die unter «Lützi» gelegene Kohle wirklich gebraucht wird, und verweisen dabei unter anderem auf eine Studie von Wissenschaftlern mehrerer Universitäten, die sich als <<CoalExit Research-Group>> zusammengeschlossen haben. Demnach reicht die Kohle im aktuellen Abbaubereich allemal aus, auch unter den Bedingungen der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise. Dieser Lesart zufolge hat es RWE vor allem deshalb auf Lützerath abgesehen, weil sich die Kohle dort leichter und damit profitabler gewinnen lässt. Der Konzern bestreitet das.

Wie gewaltsam wird die Räumung?

Nach Angaben des zuständigen Aachener Polizeipräsidenten Dirk Weinspach handelt es sich bei den Aktivisten in Lützerath um eine «gemischte Szene», die überwiegend «bürgerlich und friedlich orientiert» sei. Ein kleiner Teil sei aber zu Gewaltstraftaten bereit. Mehrfach flogen bereits Steine, Böller und Flaschen gegen die Polizei. Die Atmosphäre vor Ort ist aufgeheizt, der Ton gegenüber der Polizei teils aggressiv.

Was hat Lützerath mit dem Hambacher Forst zu tun?

Der Hambacher Forst ist ebenso wie das nicht weit entfernte Lützerath ein Symbol der Klimabewegung. Auch er sollte 2018 zerstört werden, damit RWE die darunter liegende Kohle abbaggern konnte. Dagegen entwickelte sich aber massiver Widerstand, denn anders als der Begriff «Forst» vermuten lässt, geht es hier um einen uralten Wald mit bis zu 350 Jahre alten Bäumen und seltenen Tierarten. 2018 ordnete die nordrhein-westfälische Landesregierung die Räumung des Waldes an. 86 Baumhäuser wurden abmontiert, was mit unzureichendem Brandschutz begründet wurde. Das Verwaltungsgericht Köln stufte dies später als Vorwand ein und die Räumung als widerrechtlich. Das Oberverwaltungsgericht Münster erließ noch 2018 einen vorläufigen Rodungsstopp. Als Teil des Kohlekompromisses wurde die Erhaltung des Waldes beschlossen. Die Aktivisten haben ihr Ziel «Hambi bleibt» also erreicht.

Welche politischen Folgen könnte die Räumung von Lützerath haben?

Die Räumung kann insbesondere für die sowohl in Berlin als auch in Düsseldorf mitregierenden Grünen zur Belastung werden. Bilder von Polizisten, die scheinbar im Interesse eines Kohlekonzerns gegen Klimaschützer vorgehen, dürften kaum den politischen Vorstellungen der grünen Wählerschaft entsprechen. Klimaaktivistin Luisa Neubauer wirft den Grünen – bei denen sie selbst Mitglied ist – eine «kalkulierte Unterwanderung der Pariser Klimaziele» vor. Das rührt an den Kernwerten der Partei. Auch Experten wie der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf halten die Räumung für einen historischen Fehler.

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Lützerath-Räumung: Polizei blickt «sorgenvoll» auf die Tage

Aachen/Erkelenz (dpa) – Die Aachener Polizei schaut «sorgenvoll» auf die kommenden Tage und Wochen, in denen die Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Dorfes Lützerath beginnen könnte. «Das wird ein herausfordernder Einsatz mit vielen Risiken», sagte Polizeipräsident Dirk Weinspach am Montagmorgen im WDR.

In der vergangenen Woche sei es bei den Lützerath-Protesten überwiegend friedlich geblieben – am Sonntag aber sei es «das erste Mal wieder eskaliert». Unter anderem seien Steine geflogen. «Das ist erstmal kein gutes Zeichen», sagte Weinspach. «Ich hoffe, dass das sich nicht wiederholen wird in der nächsten Woche.» Weiterlesen

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