Düstere Stimmung: Ramadan in der Erdbebenregion

Von Ergin Hava, dpa

Adiyaman (dpa) – In der vom Erdbeben stark zerstörten Stadt Adiyaman beginnt das erste Fastenbrechen des Ramadans. Familie Kaplan kommt am Donnerstagabend auf dem Boden ihres Zeltes zusammen, in der Ferne ist der Ruf zum Gebet zu hören. Still reicht Vater Ekrem das Brot, während Mutter Asli Wasser für ihre beiden Kinder eingießt. Sie murmeln Gebete für diejenigen, die durch die verheerende Erdbeben am 6. Februar ums Leben gekommen sind.

Bei der Erdbebenkatastrophe sind auch in Adiyaman viele Menschen ums Leben gekommen und viele sind obdachlos. In der gleichnamigen Provinz sind laut Regierungsangaben mindestens 56.000 der insgesamt 120.496 Gebäude eingestürzt oder stark beschädigt. Sechs Wochen später trauert die Stadt, die im Jahr 2022 rund 310.000 Einwohner zählte, noch immer. Die meisten, die geblieben sind, begrüßen in provisorischen Unterkünften den heiligsten Monat des Islam.

Gläubige Muslime verzichten im Ramadan einen Monat lang von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang etwa auf Essen, Trinken und Rauchen. Der Ramadan gilt als Zeit für innere Einkehr, Demut, Gemeinschaft und Wohltätigkeit. Statt wie sonst fröhlich ist das erste Fastenbrechen in diesem Jahr von düsterer Stimmung geprägt. Mehr als 50.000 Menschen sind allein in der Türkei durch die Beben der Stärke 7,6 und 7,7 getötet worden.

Tränen statt Freude beim Fastenbrechen

«Ich hätte mir nie vorstellen können, mit so einem schweren Herzen in den Ramadan zu gehen. Ich wünschte, meine Schwester und meine Neffen wären auch hier», sagt Vater Ekrem Kaplan. Seine Tränen kann er dabei nicht zurückhalten. Seine Schwester und ihre vier Kinder sind bei dem Beben gestorben. Er besuche jeden Tag den Friedhof, gieße Blumen und reinige die Grabsteine, sagt er.

Eigentlich würde der Ramadan in Adiyaman, einer frommen, lebendigen Großstadt, Tage vorher festlich begonnen. Ekrem Kaplans Frau Asli Kaplan erinnert sich an Trommler, die vor der Morgendämmerung in osmanischem Stil gekleidet durch die Nachbarschaften schwärmten, um die Bewohner für die letzte Mahlzeit vor der Morgendämmerung zu wecken. Nun verteilen Hilfsorganisationen in der Stadt Lebensmittel an Bedürftige. Nach dem Essen verkleiden sich einige Helfer als Clowns und sehen sich mit den Kindern Zeichentrickfilme im Hinterhof einer örtlichen Schule an.

Ein Stück weiter trinkt der 17-jährige Taha Erdem Tee mit seiner Familie. Auch bei ihnen ist nichts wie in den vergangenen Jahren. Das Menü ist bescheiden. Taha wurde landesweit bekannt durch ein Video, das er eingeschlossen unter den Trümmern drehte. Er sei sicher, er werde sterben, sagte er darin. Sein Traum sei es, Psychologe zu werden, um Menschen zu helfen, die von Katastrophen betroffen sind, sagt er der dpa. «Ich möchte den Menschen sagen, dass es immer Hoffnung gibt, selbst im dunkelsten Moment.»

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Erdbeben der Stärke 5,3 erschüttert erneut Südosttürkei

Istanbul/Gaziantep (dpa) – In der von den verheerenden Beben zerstörten Südosttürkei hat erneut die Erde gebebt. Die Erschütterung der Stärke 5,3 hatte ihr Epizentrum wie die großen Beben zuvor in der Provinz Kahramanmaras, teilte die Katastrophenschutzbehörde Afad am Donnerstag mit. Ein dpa-Reporter in der Stadt Gaziantep berichtete von starken Erschütterungen. Am 6. Februar hatten zwei starke Erdbeben der Stärke 7,7 und 7,6 die Südosttürkei und den Norden Syriens erschüttert. Insgesamt kamen fast 57.000 Menschen ums Leben und Millionen wurden obdachlos.

Erdogan wirft Herausforderer Nähe zu «Terroristen» vor

Istanbul (dpa) – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist seinen stärksten Herausforderer bei den bevorstehenden Wahlen wegen Treffen mit der prokurdischen Partei HDP scharf angegangen. Sein Gegenkandidat Kemal Kilicdaroglu habe den parlamentarischen Arm einer «Terrororganisation» zum Partner gemacht, sagte Erdogan am Mittwochabend nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Weiterlesen

20 Tote nach Überschwemmungen in der Türkei

Istanbul (dpa) – Nach den schweren Überschwemmungen der vergangenen Woche in einem ohnehin schon von den Erdbeben getroffenen Gebiet im Südosten der Türkei sind zwei weitere Leichen gefunden worden. Es handele sich um eine Frau und ihre einjährige Tochter, twitterte Gesundheitsminister Fahrettin Koca am späten Montag. Sie seien in der Provinz Adiyaman entdeckt worden.

Das Hochwasser hatte ein Containerhaus weggespült, in dem die Frau und ihre Familie lebten. Die Zahl der Todesopfer stieg damit auf 20, wie die private Nachrichtenagentur Demirören berichtete. Die Suche nach den Vermissten sei nun abgeschlossen, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur TRT. Weiterlesen

Deutschland verdoppelt Erdbeben-Hilfe für Türkei und Syrien

Brüssel (dpa) – Deutschland verdoppelt seine Hilfe für die Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien. Insgesamt sollen nun 240 Millionen Euro mobilisiert werden, wie Außenministerin Annalena Baerbock am Montag vor einer internationalen Geberkonferenz in Brüssel ankündigte. Diejenigen, die noch immer in Zelten leben müssten und medizinische Versorgung bräuchten, sollten weiter intensiv aus Europa unterstützt werden, sagte die Grünen-Politikerin.

Am 6. Februar hatten zwei Erdbeben der Stärke 7,7 und wenig später der Stärke 7,6 die Südosttürkei und den Norden Syriens erschüttert. Insgesamt kamen mehr als 50.000 Menschen ums Leben und Millionen wurden obdachlos. Weiterlesen

Internationale Geber sammeln Spenden für Erdbebenopfer

Brüssel (dpa) – Zur Unterstützung der Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien richtet die EU heute eine internationale Geberkonferenz aus. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der schwedische Regierungschef Ulf Kristersson haben nach Brüssel eingeladen, um Spenden für Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen nach der Katastrophe zu sammeln. Schweden hat derzeit den Vorsitz der EU-Staaten inne.

Am 6. Februar hatten zwei Erdbeben der Stärke 7,7 und wenig später der Stärke 7,6 die Südosttürkei und den Norden Syriens erschüttert. Insgesamt kamen mehr als 50.000 Menschen ums Leben und Millionen wurden obdachlos. Millionen Menschen leben in Notunterkünften. Weiterlesen

Erdogan gibt grünes Licht für Finnlands Nato-Beitritt

Istanbul (dpa). Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will dem angestrebten Nato-Beitritt Finnlands zustimmen. Man werde den Ratifizierungsprozess im Parlament einleiten, sagte Erdogan am Freitag in Ankara. Erdogan hat damit seine Blockade gegen die Nato-Norderweiterung zumindest zu einem Teil aufgegeben. Weiterlesen

Erdogan-Dekret: Vorgezogene Wahlen in der Türkei am 14. Mai

Istanbul (dpa) – Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei finden am 14. Mai statt. Präsident Recep Tayyip Erdogan unterzeichnete am Freitag ein entsprechendes Dekret, und kurz darauf bestätigte die Wahlbehörde den Termin. Die Wahlen folgen damit nur drei Monate auf die verheerenden Erdbeben, die allein in der Türkei mehr als 47.000 Menschen getötet und etliche vertrieben und obdachlos gemacht haben.

Die Wahlen hätten eigentlich im Juni stattfinden sollen, Erdogan hatte eine Vorverlegung bereits im Januar ins Spiel gebracht. Vor dem Hintergrund der verheerenden Erdbeben gelte es, keine Zeit zu verlieren, sagte Erdogan, der erneut kandidieren will. Ob er rein rechtlich überhaupt noch einmal antreten darf, ist allerdings stark umstritten. Vorgezogene Wahlen können der türkischen Verfassung zufolge entweder mit 60 Prozent der Abgeordnetenstimmen im Parlament oder per Präsidenten-Dekret angeordnet werden. Weiterlesen

Drohender Getreide-Stopp: Tauziehen zwischen Moskau und Kiew

Von Christiane Oelrich, Ulf Mauder, Andreas Stein, Anne Pollmann, dpa

Genf (dpa) – In vielen Ländern drohte eine Hungersnot, als Russland nach dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 die Schwarzmeerhäfen des Nachbarlandes und damit Getreideexporte blockierte.

Unter Vermittlung der Vereinten Nationen (UN) und der Türkei wurde eine Lösung gefunden. Russland droht aber, die Vereinbarung Ende nächster Woche auslaufen zu lassen. UN-Generalsekretär António Guterres versucht zu vermitteln.

Was ist die UN- Schwarzmeer-Getreide-Initiative?

Die Blockade der ukrainischen Ausfuhren und Sanktionen gegen Russland haben im vergangenen Jahr zu starken Preisanstiegen unter anderem bei Getreide und Dünger geführt. Russland und die Ukraine lieferten vor dem Krieg fast ein Viertel der Getreideexporte weltweit.

Im Juli 2022 kam die Schwarzmeer-Getreide-Initiative zwischen den UN, der Türkei, der Ukraine und Russland zustande. Sie erlaubt die kontrollierte Getreideausfuhr aus den Schwarzmeerhäfen Odessa, Tschornomorsk und Piwdennyj (Juschny). Die Schiffe werden inspiziert, bevor sie durch den Bosporus ins Marmara- und dann ins Mittelmeer fahren. Russland will so unter anderem Waffenlieferungen an Ukraine ausschließen.

Wie lange ist sie noch gültig?

Die Vereinbarung galt zunächst für 120 Tage bis November, und wurde dann nach zähen Verhandlungen um weitere vier Monate verlängert. Sie läuft nach UN-Angaben am 19. März aus.

Läuft das reibungslos?

Es läuft, aber nicht reibungslos. Die Absprachen unter den Inspektoren sind mühsam, Russland hat Kräfte abgezogen und die Zahl der Inspektorenteams damit reduziert, heißt es aus UN-Kreisen. Deshalb stauen sich Schiffe am Bosporus. Anfang März warteten laut dem Zentrum 33 Schiffe auf Inspektion.

Welche Teile der Vereinbarung nützen der Ukraine, welche Russland?

Für die Ukraine ist es wichtig, dass durch die Exporte Geld in die Kasse kommt. Sie konnte dank des Deals 2022 die Getreidespeicher leeren und damit eine neue Erntesaison vorbereiten. Russland braucht UN-Hilfe, um Getreide und Düngemittel exportieren zu können. Die westlichen Sanktionen schränken viele russische Geschäfte ein.

Zwar sind Getreide und Düngemittel nicht direkt betroffen, aber russische Akteuren haben es schwer, europäische Häfen anzulaufen, Zahlungen abzuwickeln und Schiffsversicherungen zu bekommen. Deshalb gehört zu eine separate Vereinbarung zwischen den UN und Russland. Darin versprechen die UN, alles für die Aufhebung der Hürden zu tun, die russische Getreide- und Düngemittelexporte erschweren.

Wie werden die Exporte kontrolliert?

Die Schiffe landen vor Istanbul in einer Kontrollzone und werden dort auf unautorisierte Ladung überprüft. In der Folge gibt das Kontrollteam eine Genehmigung weiter an das Zentrum – oder auch nicht. Die Schiffe dürfen nur Getreide, andere vom Zentrum genehmigte Lebensmittel oder Düngemittel transportieren.

Wie viele Getreide-Schiffe laufen tatsächlich aus?

Seit Beginn der Initiative haben rund 900 Schiffe Güter aus ukrainischen Häfen transportiert. Die tägliche Zahl der Schiffe kann mitunter stark variieren.

Wird die volle Kapazität ausgeschöpft?

Bis Anfang März wurden auf dieser Route gut 23 Millionen Tonnen Getreide exportiert. Zurzeit sind es drei bis vier Millionen Tonnen im Monat, das Potenzial wären aber sieben Millionen.

Was sind die russischen Beschwerden?

Russland beklagt, dass westliche Sanktionen seine Exporte weiter behindern. Außenminister Sergej Lawrow sagte seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu Anfang März, die Initiative könne nur fortgesetzt werden, wenn die Interessen der russischen Hersteller von Agrarprodukten und Düngemitteln besser berücksichtigt werden.

Moskau will wieder Ammoniak zur Produktion von Düngemitteln auf den Weltmarkt bringen. Das ging früher vor allem über eine Pipeline durch die Ukraine, die jetzt gesperrt ist. Russland wirft der Ukraine außerdem vor, das Getreide gelange kaum an arme Länder, sondern werde als Tierfutter für viel Geld an westliche Länder verkauft.

Wie steht Kiew dazu?

Eine Öffnung der Ammoniakpipeline vom russischen Toljatti in die südukrainische Hafenstadt Odessa ist politisch brisant. Kiew hat als Gegenleistung die Freilassung ukrainischer Kriegsgefangener ins Spiel gebracht. Gefangenenaustausche finden inzwischen regelmäßig statt, aber über Fortschritte bei der Öffnung der Pipeline ist bisher nichts bekannt.

Kiew seinerseits will erreichen, dass auch anderen Häfen genutzt werden können, insbesondere Mykolajiw. Ziel sei es, bis Juli weitere 25 Millionen Tonnen Getreide zu exportieren.

Wie beurteilen das die Vereinten Nationen?

UN-Vertreter räumen ein, dass es bei den russischen Exporten hakt. «Es ist kein Geheimnis, dass es eine Reihe von Herausforderungen regulatorischer und anderer Natur gibt, die überwunden werden müssen», sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Monatelang hingen wegen westlicher Sanktionen mehr als 250.000 Tonnen russischer Düngemittel in Lettland und anderen europäischen Transithäfen fest, die vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine ausgeführt worden waren.

Die UN haben im November eine erste Lieferung russischer Düngemittel aus den Niederlanden nach Malawi ermöglicht, ähnliche Lieferungen sind in andere afrikanische Länder geplant. In Bezug auf die Ammoniak-Pipeline hoffen UN-Vertreter auf ein Einlenken Kiews.

Erreichen die Exporte tatsächlich vom Hunger bedrohte Länder?

Unter den Empfängerländern listen die UN unter anderem Afghanistan, Äthiopien, den Irak und den Jemen. Dahin gehen aber nur kleine Mengen von wenigen zehn- oder hunderttausend Tonnen. Der Großteil wurde bislang nach China geliefert: 4,9 Millionen Tonnen, gefolgt von Spanien mit 4 Millionen Tonnen und der Türkei mit 2,7 Millionen Tonnen. Das sagt noch nichts über die Endziele der Lieferungen aus. In Deutschland kamen bis Anfang März gut 350.000 Tonnen an.

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Mehr als 94 Milliarden Euro Erdbebenschäden in der Türkei

Genf (dpa) – Die Schäden durch das jüngste schwere Erdbeben werden allein in der Türkei auf mehr als 100 Milliarden Dollar (rund 94 Mrd Euro) geschätzt. Das sagte Louisa Vinton, Vertreterin des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) in der Türkei, am Dienstag in Genf. An der Schätzung hätten unter anderem die Weltbank, UNDP und die EU mitgewirkt. «Die Wiederaufbaukosten kommen noch hinzu», sagte Vinton. Weiterlesen

Oppositionsbündnis gegen Erdogan wieder vereint

Istanbul (dpa) – Wenige Tage nach einem Zerwürfnis ist in der Türkei ein Oppositionsbündnis gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan vorerst wieder vereint. Die Chefin der nationalkonservativen Iyi-Partei, Meral Aksener, nahm am Montag in Ankara überraschend an einem Treffen mit fünf weiteren Parteien teil, obwohl sie erst am Freitag die Zusammenarbeit aufgekündigt hatte. Umstehende applaudierten, als sie zur Sitzung erschien. Weiterlesen

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