Machtspiel um Putins Gas

Moskau (dpa) – Russlands Energieriese Gazprom will sich nicht festlegen zur Zukunft der Energieversorgung in Deutschland und in den anderen EU-Staaten.

Die Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1 – der wichtigsten Versorgungsleitung von Russland nach Deutschland – sollen zwar an diesem Donnerstag (21. Juli) abgeschlossen sein. Aber es fehlt weiterhin eine wichtige Turbine, die Kanada lange wegen der Sanktionen nach Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zurückgehalten hat. In Russland erwartet niemand, dass sie bis zum letzten Wartungstag wieder eingebaut ist. Für die Gasversorgung in Deutschland und Europa hat das Folgen.

«Davon hängt die verlässliche Arbeit der Gasleitung Nord Stream und die Versorgung der europäischen Verbraucher ab», teilte Gazprom am Wochenende mit. Das Unternehmen beklagt, es gebe vom deutschen Konzern Siemens Energy keine Dokumente, die eine Rückkehr der Gasturbine bestätigten. Sie sei aber wichtig für die Kompressorstation Portowaja, die wiederum für den Betrieb von Nord Stream 1 essenziell sei. Schon vor Beginn der zehntägigen Wartungsarbeiten hatte Gazprom die Gasdurchleitung durch die Pipeline um 60 Prozent gedrosselt. Das trieb die ohnehin hohen Gaspreise weiter in die Höhe.

Alles dreht sich um die Turbine

Zwar betont Moskau mit Blick auf die Wartungsarbeiten, Russland wolle seine Verpflichtungen als Gaslieferant auch künftig erfüllen. Aber um die Turbine dreht sich längst die Energiekrise in Europa, weil Russland ihr Fehlen nach Befürchtungen der Bundesregierung als Vorwand benutzen könnte, die Lieferungen ganz zu kappen.

Mit hämischer Freunde berichten russische Staatsmedien fast täglich darüber, wie etwa die deutsche Bundesregierung wegen der unsicheren Lage um Nord Stream 1 zum Energiesparen aufruft und Milliarden ausgibt, um die sozialen Folgen rasant steigender Lebenshaltungskosten abzufedern. «Nicht wir haben die Sanktionen gegen uns eingeführt», sagt der Nachrichtenmoderator im Fernsehsender Perwy Kanal.

Auf die Frage aber, ob Kremlchef Wladimir Putin den Gashahn wieder aufdrehen lässt, gibt es in Moskau keine klare Antwort. Deutlich wird nur, dass Russland die Verantwortung für mögliche Schwierigkeiten am ehesten abschieben wird. Auch Gazprom betont immer wieder, auf die kaum gefüllten Gasspeicher in Europa hingewiesen zu haben.

Der Staatskonzern gibt zudem der Ukraine die Schuld an der Lage, weil nicht einmal mehr die Hälfte der möglichen täglichen Liefermenge durch das Transitnetz des Landes geleitet werde. Die Ukraine, die trotz Moskaus Angriffskrieges derzeit noch rund 40 Millionen Kubikmeter Gas täglich nach Westeuropa pumpt, hätte es am liebsten, dass die EU ganz auf Lieferungen aus Russland verzichtet. Auch die Gasleitung Jamal-Europa ist stillgelegt, weil Polen sich weigerte, das Gas – wie von Putin gefordert – in Rubel zu bezahlen.

Moskau erinnert an Nord Stream 2

Schuld an den Problemen sollen aus russischer Sicht stets die anderen haben. Erinnert wird in Moskau aber angesichts der Energiekrise mit hohen Preisen und unsicherer Versorgung nicht zuletzt daran, dass es eine ganz einfache Lösung für die Lage gebe: Nord Stream 2. Die Gasleitung ist fertig, aber wegen des Ukraine-Krieges nie in Betrieb gegangen. Putin hatte erklärt, dass durch Lieferungen über diese Leitung die Preise wieder sinken und sich die Situation insgesamt entspannen könnte.

Russland selbst, da sind sich viele Experten einig, hat kein Interesse daran, in diesem Konflikt als die Seite dazustehen, die Verträge bricht. Andere Großabnehmer wie China oder die Türkei, die ebenfalls über neu gebaute Gasleitungen versorgt werden, könnten alarmiert werden und an Russlands Zuverlässigkeit zweifeln, wenn die Energiegroßmacht Europa den Hahn abdreht. Russland steht seit langem im Ruf, seine Energie als «geopolitische Waffe» einzusetzen.

Wer sich dagegen mit Russland gut stellt – wie etwa Serbien, Ungarn und vor allem etwa auch der Nachbar Belarus -, kann traditionell auf Freundschaftspreise rechnen. Auch China erhält Gas zu einem deutlich niedrigen Preis als der Westen.

Russlands Abhängigkeit vom Gasverkauf

Manche Politiker in Moskau würden den EU-Staaten wegen der antirussischen Politik des Westens am liebsten gleich den Gashahn abdrehen. Der Westen habe seinen Wohlstand überhaupt nur dank Russlands Rohstoffen so aufbauen können, heißt es allenthalben. Die Entwicklung könne nun endlich gestoppt und zurückgeworfen werden.

Trotzdem weist etwa der russische Energie- und Finanzexperte Marcel Salichow darauf hin, dass Moskau von den Einnahmen aus dem Gasverkauf abhängig sei und seinen Staatshaushalt damit finanziere. Es sei auch nicht möglich, die nach Europa verkauften Mengen einfach umzuleiten und anderswo für die im Westen üblichen Preise zu verkaufen. «Auch nach China lässt sich das nicht umleiten. Es gibt dort keine Gasleitungen mit freien Kapazitäten», sagt der Präsident des Moskauer Instituts für Energie und Finanzen an der Hochschule für Ökonomie.

Außerdem seien Russlands Anlagen für die Verflüssigung von Gas voll ausgelastet. Das Land müsste im Fall eines Abdrehens des Gashahns seine Fördermengen deutlich herunterfahren, meint Salichow. «Aber auch das ist nicht so einfach.» Mit den überschüssigen Mengen das Inland besser versorgen? Schon jetzt werde das in Russland geförderte Gas zu mehr als zwei Dritteln im Land verwendet, erklärt der Experte. Der Verbrauch lasse sich nicht einfach hochfahren.

Durch die Sanktionen des Westens stehen schon jetzt viele Produktionsstätten in Russland still. Und auch wenn immer wieder die teils schlechte Anbindung der Bevölkerung in ländlichen Regionen an das Gasnetz ein Thema in Russland ist, erwarten Experten nicht, dass nun plötzlich überall kostspielig Leitungen verlegt werden. Gazprom verdient damit weniger als im Export.

Ziel Russlands dürfte es daher sein, weiter in die EU zu liefern – allerdings zu klaren Bedingungen. Dazu dürfte nicht zuletzt ein Ende des Sanktionsdrucks im Ukraine-Krieg gehören. Jede Sanktion, die der Westen selbst umgeht, wird in Moskau wie ein Triumph gefeiert. Schon zuletzt zwang Putin viele Abnehmer in der EU zu Rubelzahlungen für russisches Gas.

Und auch die Gasturbine soll trotz der Sanktionen nach Russland zurückkehren. Das könne Deutschland nun zwar Hoffnung geben, schreibt die Moskauer Zeitung «Kommersant». «Aber es ist keine Garantie, dass die Lieferungen dann wieder ansteigen.»

Von Ulf Mauder, dpa

 

 

EU-Sanktionen treffen russische Wirtschaft

Brüssel/Moskau (dpa) – Die gegen Russland verhängten EU-Sanktionen entfalten nach bislang unter Verschluss gehaltenen Daten langsam, aber sicher ihre Wirkung.

Wie Experten der EU-Kommission der Deutschen Presse-Agentur bestätigten, betreffen zielgerichtete Handelsbeschränkungen mittlerweile russische Exportgeschäfte, die vor dem Krieg ein Volumen von mehr als 73 Milliarden Euro im Jahr hatten. Prozentual gesehen geht es um 48 Prozent der bisherigen Ausfuhren Russlands in die EU.

Hinzu kommt unter anderem, dass innerhalb eines Zeitraumes von rund vier Monaten russische Vermögenswerte in Höhe von rund 13,8 Milliarden Euro eingefroren wurden – zum Beispiel von Oligarchen und anderen Unterstützern von Kremlchef Wladimir Putin. Milliardenschwere Reserven der russischen Zentralbank können ebenfalls nicht mehr abgerufen werden.

Kremlchef Putin spricht von «wirtschaftlichem Blitzkrieg»

Von einem «wirtschaftlichen Blitzkrieg» des Westens gegen Russland spricht Putin immer wieder. Er räumt ein, dass die Schäden für die russische Wirtschaft groß seien. Der 69-Jährige betont aber, dass auch der Westen Schaden nehme – und das Riesenreich besser durch die Krise komme als erwartet. Auch der Rubel ist so stark wie seit Jahren nicht mehr. Russische Staatsmedien berichten mit Häme über die explodierenden Energiepreise und die steigenden Kosten für Verbraucher in der EU.

«Die verfügbaren Daten zeigen ganz klar, dass die Sanktionen wirken», sagte ein ranghoher EU-Beamter, der nicht namentlich genannt werden wollte. Trotz des bislang relativ kurzen Zeitraumes würden schon bedeutende Effekte auf die russische Wirtschaft erzielt. Klar sei zudem, dass die Wirkung mit der Zeit noch stärker werde.

EU erwartet drastischen Einbruch von Russlands Wirtschaftsleistung

Konkret geht die EU derzeit davon aus, dass die russische Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 10,4 Prozent schrumpfen wird. Zum Vergleich: In der EU wird in diesem Jahr trotz der Sanktions- und Kriegsfolgen für die europäische Unternehmen noch mit einem Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent gerechnet, für Deutschland liegt die Prognose bei immerhin noch plus 1,4 Prozent.

Zwar reagieren viele Russen, die traditionell krisenerprobt sind und als leidensfähig gelten, weiter demonstrativ gelassen auf die Sanktionen. Trotzdem belegen Umfragen, dass den Russen steigende Preise und Ängste vor einer neuen Mangelwirtschaft zu schaffen machen. In Moskau, Europas größer Stadt, haben viele Läden westlicher Ketten geschlossen, in Einkaufszentren stehen ganze Ladenzeilen leer. Kinosäle müssen schließen, weil es keine Hollywood-Filme mehr gibt.

Es fehlt sogar an Farbe für bunte Verpackungen, worauf Putin im Juni beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg fragte, ob das etwa wichtiger sei als Russlands Unabhängigkeit. Er meinte, dass es eben seinen Preis habe, wenn er gegen den Widerstand des Westens seine Politik durchsetze. Gemeint ist der Krieg gegen die Ukraine. Die Sanktionen würden Russland niemals von seinem Kurs abbringen, betont der Kreml. Viele Russen haben sich längst arrangiert mit der Lage – und schauen etwa die Blockbuster-Filme aus den USA auf Piratenseiten im Internet.

Nach Einschätzung der EU-Experten wird Russland aber durch die Sanktionen gezwungen, sein Wirtschaftsmodell zu ändern und sich weiter in Richtung Selbstversorgungswirtschaft zu entwickeln. Zugleich würden Lieferkettenprobleme und der fehlende Zugang zu fortgeschrittenen ausländischen Technologien die heimische Produktion, Investitionen und das Produktivitätswachstum behindern.

Ausfuhrverbote treffen nicht nur Waffenindustrie

Es wird für unwahrscheinlich gehalten, dass Russland den Bedarf an Gütern, die auf der Sanktionsliste stehen, selbst oder durch Exporte aus Staaten wie China decken kann.

Probleme dürfte es demnach vermutlich bei der Beschaffung von Maschinen, Fahrzeugteilen und Datenspeichern geben. Allerdings haben findige russische Geschäftsleute längst Wege geschaffen, damit etwa über Russlands Nachbarn Kasachstan weiter Luxusautos ins Land kommen. Putin hat stets betont, dass es weiter alles geben werde – nur eben zu einem höheren Preis.

Das EU-Ausfuhrverbot für sogenannte Dual-Use-Produkte aber lähmt nach Einschätzung der EU schon jetzt Russlands militärische Fähigkeiten. Wichtige Rüstungsfabriken, die zum Beispiel Luft-Luft-Raketen und Panzer produzieren, mussten demnach bereits aufgrund des Mangels an Importgütern geschlossen werden.

Zudem treffen die EU-Ausfuhrverbote IT-Unternehmen, Mobilfunkanbieter und die russische Autoindustrie, heißt es in Brüssel. Nach dem Weggang westlicher Autobauer werden in Russland nun sowjetische Marken wie der Moskwitsch wiederbelebt. Die Regierung will günstige Kredite ermöglichen, damit die Menschen wieder mehr Autos kaufen. Dennoch fehlt vielen Russen das Geld.

Russlands zivile Luftfahrt leidet nach EU-Angaben unter dem Verbot, in den europäischen Luftraum fliegen zu dürfen – vor allem aber auch unter den von der EU und den USA erlassenen Ausfuhrbeschränkungen für Ersatzteile und Services. Die meisten russischen Fluggesellschaften sind aus EU-Sicht nicht mehr in der Lage, internationale Sicherheitsanforderungen zu erfüllen.

Verschärft werden die Probleme in Russland aus Sicht der EU dadurch, dass Schätzungen zufolge zuletzt rund 70.000 IT-Spezialisten das Land verlassen haben und weitere 100.000 folgen dürften.

Kohle- und Ölembargo beginnen erst zu wirken

Erhebliche Auswirkungen erwarten die Experten zudem von der Umsetzung des bereits beschlossenen Kohle- und Ölembargos. Das Importverbot für russische Kohle wird am 10. August vollständig wirksam – und betrifft nach Angaben der EU ein Viertel der globalen russischen Kohleexporte im Wert von rund acht Milliarden Euro pro Jahr.

Der Wert der russischen Rohölimporte in die EU belief sich 2021 auf rund 48 Milliarden Euro und der von Erdölprodukten auf 23 Milliarden Euro. 90 Prozent davon sollen wegfallen, wenn ab dem 5. Dezember die Einfuhr von russischem Rohöl über den Seeweg verboten ist – und vom 5. Februar an die von verarbeiteten russischen Erdölerzeugnissen.

Der Wegfall des EU-Marktes wird nach Einschätzung eines Experten erhebliche strategische Probleme für Russland zur Folge haben, weil sich der Staatshaushalt nach EU-Zahlen zu 45 Prozent aus Öl-Einnahmen speist. Die Märkte meideten bereits den Handel mit russischen Öl. Russisches Öl sei zuletzt mit einem Preisabschlag von bis zu 35 Euro pro Barrel (159 Liter) angeboten worden. Besonders etwa Indien freut nach Moskauer Angaben über die russischen Lieferungen.

EU-Wirtschaft selbst auch von den Sanktionen betroffen

Aber auch die EU-Wirtschaft selbst wird durch die Sanktionen getroffen. Den größten direkten Einfluss hatten nach Einschätzung der EU-Experten die Einfuhrverbote für Stahlerzeugnisse aus Russland, da vor dem Krieg 21 Prozent der Einfuhren aus dem Land kamen. Als negative Kriegsfolgen für die EU werden in Brüssel zudem unter anderem die Preise für Feldfrüchte gesehen. So stiegen beispielsweise die ohnehin schon relativ hohen Preise für Weizen nach dem Beginn der russischen Invasion noch einmal um 35 Prozent, die für Mais um 15 bis 25 Prozent und die für Sonnenblumenkerne um rund 33 Prozent.

Für denkbar hält die EU zudem weitere Preissteigerungen wegen des EU-Einfuhrverbots für russisches Holz und wegen des von Russland selbst ausgehenden Exportverbots für Edelgase. Letzteres könnte nach Einschätzung von Experten für zusätzliche Lieferengpässe bei Chips sorgen, da Edelgase zur Produktion von Halbleitern verwendet werden.

Dass der Krieg auch die EU-Länder teuer zu stehen kommt, zeigt zudem auch eine Zahl: Die EU-Kommission erlaubte allein bis Mitte Juni staatliche Beihilfen von mehr als 200 Milliarden Euro für Unternehmen, die zum Beispiel durch die hohen Energiekosten besonders von dem Konflikt getroffen sind. Am Donnerstag folgten weitere Genehmigungen: So darf Deutschland energieintensive Unternehmen mit bis zu fünf Milliarden Euro Staatshilfe unterstützen.

 

 

 

SPD-Fraktionschef: Gespräche mit Putin nicht ausschließen

Berlin (dpa) – SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich plädiert dafür, Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unter bestimmten Bedingungen nicht auszuschließen. «Man kann solche Gespräche nicht erzwingen», sagte Mützenich der Deutschen Presse-Agentur. «Aber wenn Präsident Putin zu einem belastbaren Gespräch mit den Staats- und Regierungschefs der EU beziehungsweise der Nato sowie der Ukraine bereit sein sollte, sollte man das nicht grundsätzlich ausschließen.»

Solche Gespräche müssten von den konkreten Rahmenbedingungen abhängig gemacht werden. «Und der Bundeskanzler ist erfahren genug zu entscheiden, wann er ein solches Gespräch zusammen mit den Partnern für zielführend hält», sagte Mützenich. Er sehe dabei aber keine Sonderrolle Deutschlands. «Im Gegenteil, ich warne vor einer Sonderrolle jetzt wie auch in der Vergangenheit.» Stattdessen müsse es immer enge Absprachen mit den Partnern geben.

Nur noch sporadische Kontakte

«Ich gehe weiterhin davon aus, dass dieser Krieg nicht auf dem Schlachtfeld durch einen absoluten Sieg entschieden wird, sondern am Ende nur durch Gespräche, durch Verhandlungen, durch Verabredungen», betonte Mützenich. So seien Kriege auch in der Vergangenheit beendet worden. «Wir sollten immer in der Lage sein, bestimmte Signale, die auf eine mögliche Feuerpause hinweisen, dazu zu nutzen, wieder in diplomatische Gespräche einzutreten. Solche Signale fehlen allerdings bisher.»

Zwischen den westlichen Bündnispartnern und Russland gibt es seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar nur noch sporadische Gesprächskontakte. Scholz hat zuletzt im Abstand von mehreren Wochen mit Putin telefoniert. Die Ukraine und osteuropäische Bündnispartner sehen diese Kontakte skeptisch.

Baerbock sieht derzeit keine Verhandlungsmöglichkeiten

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte im Magazin «Stern» erläutert, dass sie derzeit keine Möglichkeit auf Verhandlungen mit Russland sieht. «Worüber kann man mit jemandem verhandeln, der nicht mal bereit ist, mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz humanitäre Korridore für die Flucht von Zivilisten zu vereinbaren?», fragte die Grünen-Politikerin.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Michael Roth, entgegnete, Russland sei weiterhin ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat, bleibe Teil der G20 und gehöre zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). «Ob es uns gefällt oder nicht, wir werden mit Vertreterinnen und Vertretern Russlands zu reden haben», sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Roth zeigte sich skeptisch, ob Telefonate Putin zum Einlenken bewegen. «Aber wir müssen diesem Kerl regelmäßig den Spiegel vorhalten, dass er sich auf einem verhängnisvollen Irrweg befindet.»

Mützenich: Sanktionen sind kein Selbstzweck

Eine Lockerung der wegen des Angriffskriegs verhängten Sanktionen gegen Russland hält Mützenich nur bei einem klaren Kurswechsel Putins für denkbar. «Wenn Russland Angebote für eine verlässliche Waffenruhe machen würde, wenn Russland bereit wäre, humanitäre Korridore zu öffnen und belastbare Verhandlungen zu führen, erst dann kann es eine politische Diskussion über die Lockerung der Sanktionen geben.» Außerdem müsse die ukrainische Regierung diesen Weg mitgehen.

Die Sanktionen seien kein Selbstzweck, sondern sollten zu Verhaltensänderungen in Russland führen, betonte Mützenich. «Doch die sehe ich zur Zeit weder im militärischen noch im politischen Bereich.»

Die westlichen Staaten haben ihre Strafmaßnahmen gegen Russland seit Kriegsbeginn Schritt für Schritt verschärft. Politiker der Linken und der AfD haben sich für eine Lockerung ausgesprochen, weil die Strafmaßnahmen auch die deutsche Wirtschaft belasten.

 

 

 

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Istanbul/Kaliningrad/Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich optimistisch gezeigt, dass sein Land bald wieder Getreide exportieren kann. In der Türkei hatten zuvor international vermittelte Gespräche über eine Beendigung der russischen Seeblockade im Schwarzen Meer nach UN-Angaben einen Durchbruch gebracht.

Zugleich entschärfte sich der Konflikt um die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad, nachdem die EU die Transitbeschränkungen für den Gütertransport per Bahn gelockert hat.

Selenskyj sieht Fortschritte in Verhandlungen zu Getreide

Laut Selenskyj stehen die Chancen gut, dass die blockierten Getreideexporte bald freigegeben werden. «Die ukrainische Delegation hat mir mitgeteilt, dass es einige Fortschritte gibt», sagte er in seiner Videoansprache am Mittwoch zu den Verhandlungen in der Türkei über die Aufhebung der Seeblockade ukrainischer Häfen durch die russische Marine.

Gelinge es, die russische Bedrohung der Schifffahrt im Schwarzen Meer zu beenden, werde die globale Lebensmittelkrise an Schärfe verlieren, versicherte Selenskyj. Die Ukraine war vor dem Krieg einer der größten Getreideexporteure weltweit.

Verhandlungserfolg in der Türkei

Bei den Gesprächen zwischen Vertretern der Vereinten Nationen, der Ukraine, Russlands und der Türkei in Istanbul sei ein «entscheidender Schritt» in Richtung einer Lösung des Getreidekonflikts gemacht worden, sagte UN-Generalsekretär António Guterres in New York. «Heute haben wir endlich ein bisschen Hoffnung.» Details nannte er zunächst nicht. Guterres sagte aber: «Es wird noch mehr technische Arbeit notwendig sein, damit sich der heutige Fortschritt materialisiert.»

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar gab seinerseits Einigungen bei technischen Themen wie gemeinsamen Kontrollen der Ankünfte und Ausfahrten aus den Häfen bekannt, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Auch bei der Gewährleistung der «Schifffahrtssicherheit bei den Überführungsrouten» habe man sich geeinigt. Zudem solle ein Koordinierungszentrum mit Vertretern aller Seiten am Bosporus in Istanbul entstehen.

Annäherung im Streit um Kaliningrad-Transit

Die EU-Kommission hat nach Protesten und Drohungen aus Moskau neue Leitlinien zum Transitverkehr zwischen Russland und dessen Ostsee-Exklave Kaliningrad erstellt. Russland darf demnach auf der EU-Sanktionsliste stehende zivile Güter wie Holz und Zement per Bahn ohne große Einschränkungen durch das EU-Land Litauen transportieren.

Das Außenministerium in Moskau wertete die EU-Entscheidung als «Anzeichen von Realismus und gesundem Menschenverstand». Sprecherin Maria Sacharowa betonte jedoch zugleich, dass Fragen offen blieben und Russland beobachten werde, wie die neue Regelung umgesetzt wird.

Die Exklave Kaliningrad um das ehemalige Königsberg liegt zwischen den EU-Staaten Litauen und Polen. Sie ist nur etwa 500 Kilometer von Berlin, aber mehr als 1000 Kilometer von Moskau entfernt.

Ukraine bricht diplomatische Beziehungen zu Nordkorea ab

Die Ukraine hat die diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea abgebrochen. Zuvor hatte die Führung in Pjöngjang – so wie zuvor schon Russland und Syrien – die von Kiew abtrünnigen Gebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkannt.

«Wir betrachten diese Entscheidung als Versuch Pjöngjangs, die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine zu untergraben», hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums. Die Anerkennung sei nichtig und ziehe keinerlei juristische Folgen nach sich.

Kämpfe um Kleinstadt Soledar im Osten der Ukraine

Im ostukrainischen Gebiet Donezk haben die von der russischen Armee unterstützten Separatisten Gebietsgewinne bei der Kleinstadt Soledar für sich reklamiert. Separatistenvertreter Witali Kisseljow sagte der staatlichen russischen Agentur Tass, die russischen Truppen seien nach Soledar eingedrungen und hätten die ukrainische Armee zum Rückzug gezwungen. Er rechne mit einer Eroberung der Stadt innerhalb der nächsten zwei Tage.

Der Militärverwaltungschef der Kleinstadt, Serhij Hoschko, widersprach der Darstellung. «Es gab den Versuch der russischen Armee, nach Jakowliwka vorzudringen, den die ukrainischen Soldaten erfolgreich zurückgeschlagen haben», sagte er dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Drei Häuser seien in dem Ort nordöstlich von Soledar zerstört worden. Auch im nahe gelegenen Dorf Bachmutske, südöstlich von Soledar, seien vier Häuser zerstört worden. Das nördlich gelegene Rosdoliwka sei ebenfalls beschossen worden.

Ukraine hofft auf Raketen mit größerer Reichweite

Im Krieg gegen Russland hofft die Ukraine auf Raketen aus den USA mit größerer Reichweite. «Auf allen Ebenen führt unser Staat Gespräche mit US-Vertretern über die Bereitstellung von Raketen größerer Reichweite für die Himars-Raketenwerfer», sagte Fedir Wenislawskyj, Mitglied des Verteidigungsausschusses im Parlament, im ukrainischen Fernsehen. Derzeit verfüge die Armee für diesen Raketenwerfertyp nur über Geschosse mit einer Reichweite von rund 70 Kilometern. Es existieren jedoch auch Raketen für Ziele in gut 300 und 500 Kilometer Entfernung.

In den vergangenen Tagen hatte das ukrainische Militär bereits mehr als ein Dutzend Objekte im teils weit entfernten Hinterland der russischen Truppen erfolgreich angegriffen, mutmaßlich mit Himars-Raketenwerfern. Kiew setzt zudem die weniger präzisen Raketen des sowjetischen Typs Totschka-U für Entfernungen von bis zu 120 Kilometern ein.

Das wird heute wichtig

Auf Einladung der Niederlande treffen sich in Den Haag hochrangige Ankläger und befassen sich mit Fragen zur Strafverfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine. Beteiligt sind auch der Chefankläger des Weltstrafgerichts, Karim Khan, sowie die Justizbehörde der Europäischen Union, Eurojust.

Videobotschaften sind geplant von US-Außenminister Antony Blinken, dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sowie von Selenskyj.

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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt vor Zugeständnissen an Russland aufgrund der Sorge vor Energieengpässen in Europa.

Die geplante Lieferung einer gewarteten russischen Turbine für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 etwa sende ein völlig falsches Signal an Moskau, sagte er am Montag in einer Videobotschaft. «Wenn ein terroristischer Staat eine solche Ausnahme bei den Sanktionen durchsetzen kann, welche Ausnahmen will er dann morgen oder übermorgen? Diese Frage ist sehr gefährlich.»

Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte die Liefermenge durch Nord Stream 1 im Juni deutlich gedrosselt und auf die fehlende Turbine verwiesen, die zur Reparatur nach Kanada gebracht worden war. Eine Regierungssprecherin sagte am Montag in Berlin, die Lieferung der Turbine falle nicht unter die EU-Sanktionen, weil diese sich aus gutem Grund nicht gegen den Gastransit richteten.

Über die zuletzt wichtigste Route für russisches Erdgas nach Deutschland wird seit Montag nichts mehr geliefert – nach Darstellung der Nord Stream AG wegen Wartungsarbeiten bis zum 21. Juli. Bis dahin werde kein Gas durch die Pipeline nach Deutschland befördert, hieß es. Jedoch besteht allgemein die Sorge, dass Moskau den Hahn danach nicht mehr aufdreht und Gas im Herbst und Winter knapp wird.

«Russland beliefert Deutschland jetzt nur noch über die Transgas-Pipeline durch die Ukraine», sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. «Die Regierung in Moskau könnte die Liefermengen durch die Ukraine jederzeit erhöhen, um ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Dazu fehlt (Russlands Präsident) Wladimir Putin aber offenbar der politische Wille.» Wenn die gewartete Turbine bis zum Ende der Nord-Stream-Wartung am 21. Juli wieder eingebaut sei, «hätte Russland kein Argument mehr, die Liefermengen beim Gas weiterhin zu drosseln».

Selenskyj: Moskau sieht «Manifestation der Schwäche»

Selenskyj sagte, die Entscheidung über eine «Ausnahme bei den Sanktionen» werde in Moskau als «Manifestation der Schwäche» wahrgenommen. «Das ist ihre Logik. Und jetzt besteht kein Zweifel daran, dass Russland versuchen wird, die Gaslieferungen nach Europa nicht nur so weit wie möglich einzuschränken, sondern im akutesten Moment vollständig einzustellen.»

Jedes Zugeständnis werde von Moskau als Anreiz für weiteren, stärkeren Druck wahrgenommen, meinte er. «Russland hat sich im Energiesektor nie an die Regeln gehalten und wird es auch jetzt nicht tun, es sei denn, es sieht Stärke.»

Massenflucht aus dem Donbass

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor viereinhalb Monaten sind nach Behördenangaben allein aus dem regierungskontrollierten Teil der umkämpften Region Donezk im Osten der Ukraine rund 1,3 Millionen Menschen geflohen.

Laut Gouverneur Pawlo Kyrylenko entspricht das etwa 80 Prozent der Zivilbevölkerung. Seit Russland die Kontrolle über die Region Luhansk übernommen hat, hat sich der Schwerpunkt der Kämpfe ins benachbarte Donezk verlagert.

Raketenangriff in Donezk: Zahl der Toten steigt auf über 30

Nach einem Raketenangriff auf Tschassiw Jar im Gebiet Donezk ist die Zahl der aus einem zerstörten Wohnhaus geborgenen Toten auf mehr als 30 gestiegen. Das ukrainische Innenministerium sprach am Montag von 33 Leichen. Neun Menschen seien seit dem Wochenende aus den Trümmern gerettet worden.

Die ukrainische Seite wirft Russland vor, Zivilisten attackiert zu haben. Moskau behauptet, man habe ein militärisches Ziel zerstört. Am Montagabend berichtete die russische Seite über Verletzte bei einem Angriff der Ukraine nahe Nowa Kachowka. Berichte aus den Kampfgebieten lassen sich von unabhängiger Seite kaum prüfen.

Putin ordnet einfachere Vergabe russischer Pässe an

Menschen in der Ukraine sollen künftig in einem vereinfachten Verfahren die russische Staatsbürgerschaft erhalten können. Russlands Präsident Putin unterschrieb ein Dekret, das eine Ausweitung der bislang nur für die Ostukraine geltenden Regelung vorsieht.

Kiew protestierte scharf dagegen. Die Vergabe russischer Pässe ist auch deshalb brisant, weil Russlands Militärdoktrin Einsätze rechtfertigt, wenn es um den angeblichen Schutz eigener Staatsangehöriger geht.

Putin und Erdogan telefonieren zu Getreidekrise

Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan haben über mögliche Lösungen des Streits um Getreideexporte aus der Ukraine telefoniert. Es sei Zeit für die Vereinten Nationen, den Plan für einen Getreidekorridor durch das Schwarze Meer umzusetzen, hieß in einer Mitteilung des türkischen Präsidialamts.

Der Kreml teilte mit, bei dem Gespräch sei es auch um wirtschaftliche Zusammenarbeit gegangen. Die Rede war zudem von einem geplanten «russisch-türkischen Treffen auf höchster Ebene» in nächster Zeit. Später schrieb Selenskyj auf Twitter, auch er habe mit Erdogan über Möglichkeiten zur Entsperrung von Häfen und der Wiederaufnahme des Getreideexports gesprochen.

Ermittlungen zur Ukraine können Jahre dauern

Generalbundesanwalt Peter Frank dämpft die Hoffnung auf schnelle Erfolge bei der Strafverfolgung von Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg. «Bitte erwarten Sie nicht, dass wir morgen oder übermorgen irgendwelche Beschuldigte identifiziert haben», sagte Frank beim Jahrespresseempfang der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Im Völkerstrafrecht brauche man «einen langen Atem».

Er zog Parallelen zum syrischen Bürgerkrieg, der 2011 begonnen hatte. Erst 2019 sei in Deutschland die erste Anklage erhoben worden. Bis zum ersten rechtskräftigen Urteil seien zehn Jahre vergangen. Zum Ukraine-Krieg gebe es «namentlich noch überhaupt keine personenbezogenen Ermittlungsverfahren», sagte Frank.

Das wird heute wichtig

Die Welthungerhilfe stellt in Berlin ihren Jahresbericht vor und erläutert unter anderem, welche Auswirkungen der Ukraine-Krieg sowie Klimakrise, Flucht und Vertreibung auf den Mangel an Nahrungsmitteln weltweit haben.

In Prag wollen die EU-Justizminister bei einem informellen Treffen unter anderem über die Sicherung von Beweismitteln im Ukraine-Krieg sprechen.

In Moskau hat das ostukrainische Separatistengebiet «Volksrepublik Donezk» die Eröffnung einer Vertretung angekündigt und erwartet dazu auch den russischen Außenminister Sergej Lawrow.

 

 

 

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Während Russland in der Ostukraine weiter seine militärische Überlegenheit ausspielt, kann Kiew über die Rückeroberung der symbolträchtigen Schlangeninsel im Schwarzen Meer jubeln.

Präsident Wolodymyr Selenskyj bietet Europäern derweil an, russische Erdgas-Lieferungen durch Strom aus seinem Land zu ersetzen. Im Gebiet Odessa wurden nach ukrainischen Angaben zehn Menschen beim Einschlag einer russischen Rakete in ein Mehrfamilienhaus getötet. Weiterlesen

G7 arbeiten an Preisdeckel für russisches Öl

Fragen & Antworten
Von Ansgar Haase, dpa

Elmau (dpa) – Lässt sich die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Ölpreis-Rallye stoppen? Angesichts des Ärgers von Hunderten Millionen Menschen über hohe Spritpreise war das beim G7-Gipfel in Elmau eine der zentralen Fragen. Die USA brachten einen heiklen Vorschlag mit, der nun weiterverfolgt werden soll – auch wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich am Ende des Treffens nicht gerade euphorisch dazu äußerte. Weiterlesen

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Die Ukraine kann sich als frischgebackener EU-Beitrittskandidat Hoffnungen auf eine Zukunft im gemeinsamen Europa machen. Zugleich aber wird die militärische Lage im östlichen Gebiet Luhansk für die ukrainische Armee immer brenzliger.

Russische Truppen kämpfen sich vor und versuchen, die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk einzukesseln. Aus den USA kommen zusätzliche wichtige Waffen wie Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesysteme und Patrouillenboote. Weiterlesen

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew/Brüssel (dpa) – Während die Ukraine auf den Status eines EU-Beitrittskandidaten zusteuert, verschärft Russland die Angriffe im Osten des Landes. Zum Ziel entwickelt sich immer mehr die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk im Gebiet Luhansk.

Präsident Wolodymyr Selenskyj mahnte abermals schnellere Waffenlieferungen an, «um diese teuflische Armada zu stoppen und aus den Grenzen der Ukraine herauszudrängen». Weiterlesen

Forscher: Regeln für Rücknahme von Sanktionen kommunizieren

Berlin (dpa) – Friedensforscher raten der Bundesregierung, im Konflikt mit Russland schon jetzt klare Regeln für Schritte hin zu einer Entspannung zu benennen.

Die sanktionierenden Staaten sollten deutlich kommunizieren, unter welchen Bedingungen Sanktionen teilweise oder ganz zurückgenommen werden, forderten die Wissenschaftler am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung ihres Friedensgutachtens 2022. «Eine erste Voraussetzung hierfür wäre zweifelsohne ein Waffenstillstand. Der muss sich aber erst seinen Namen verdienen», erklärten die Forscher.

«Sanktionen können Notlagen verschärfen»

«Als außenpolitisches Instrument können Sanktionen gegen einen Staat, der internationale Regeln verletzt, als Druckmittel eingesetzt werden. Allerdings lösen sie keine Krisen und können im schlechtesten Fall Notlagen verschärfen und politische Repression und Korruption befördern», warnen die Wissenschaftler. Deshalb sei es wichtig, Sanktionen klar zu kommunizieren und Erfolg oder Misserfolg zu überwachen.

Forscher fordern von der Bundesregierung eine klare Kommunikation bei den Sanktionen gegen Russland. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Das Friedensgutachten ist eine jährliche Publikation des Bonn International Centre for Conflict Studies, des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg und des Instituts für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen.

Wichtig sei es, die Zeit nach dem Krieg schon jetzt zu planen und Strategien für eine neue europäische Friedensordnung zu entwickeln. Die Europäische Union müsse auf die außen- und sicherheitspolitische Zeitenwende reagieren. Ihre dringendste Aufgabe sei es nun, in der Außen- und Sicherheitspolitik agiler und handlungsfähiger zu werden und unter anderem die Entscheidungsverfahren innerhalb der EU zu beschleunigen.

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