Kreditversicherer: Anzeichen für zu hohe Lebensmittelpreise

Hamburg (dpa) – Der kräftige Anstieg der Lebensmittelpreise in den vergangenen Monaten ist nach Einschätzung des Kreditversicherers Allianz-Trade nicht nur auf die gestiegenen Rohstoffkosten und Energiepreise zurückzuführen. Teilweise stiegen die Verbraucherpreise demnach darüber hinaus. «Übermäßige Gewinnmitnahmen» der Unternehmen hätten spürbar zur Lebensmittelinflation im vergangenen Jahr beigetragen, sagte der Inflationsexperte von Allianz-Trade, Andy Jobst, der Deutschen Presse-Agentur.

«Es scheint zunehmend Anzeichen für Gewinnmitnahmen zu geben sowie unzureichenden Wettbewerb in den Bereichen mit besonders starken Preissteigerungen, wie zum Beispiel bei Herstellern von Milchprodukten und Eiern, aber auch bei nicht-saisonalem Gemüse und Obst”, sagte der Branchenkenner. Mehr als ein Drittel der Verteuerung in den vergangenen Monaten könne in Deutschland nicht mit den traditionellen Treibern wie den Rohstoffkosten oder der Entwicklung der Energiepreise werden, sagte Jobst. Weiterlesen

Ein Jahr Ukraine-Krieg: Energiepreisschock und Inflation

Von Friederike Marx und Jörn Bender, dpa

Wiesbaden (dpa) – Erst sieben, dann mehr als zehn Prozent: Der Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 war auch für die Inflation in Deutschland eine Zeitenwende.

Fast im Monatsrhythmus kletterte die Teuerungsrate auf neue Höchststände. Im Durchschnitt des vergangenen Jahres stiegen die Verbraucherpreise in Europas größter Volkswirtschaft nach früheren Angaben des Statistischen Bundesamtes um 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Einen solchen Preisschock hat die Bundesrepublik in den mehr als 70 Jahren seit ihrer Gründung nicht erlebt.

Warum zieht die Inflation plötzlich so stark an?

Jahrelang dümpelte die Inflation in Deutschland und in anderen Euroländern vor sich hin. Bereits 2021 schoben dann vor allem gestiegene Energiepreise im Zuge der weltweiten Konjunkturerholung nach der Corona-Krise 2020 die Teuerungsrate an. Hinzu kamen Materialmangel und Lieferengpässe infolge der Pandemie. Der russische Angriff auf die Ukraine verschärfte die Preisentwicklung im vergangenen Jahr deutlich. «Die historisch hohe Jahresteuerungsrate wurde vor allem von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel seit Beginn des Kriegs in der Ukraine getrieben», erläuterte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand.

Welche Auswirkungen hat der Krieg auf die Energiepreise?

Die Ölpreise schossen in den ersten Wochen des Ukraine-Krieges in die Höhe. Die Spritpreise erreichten zeitweise Rekordwerte. Im Sommer löste ein weitgehender Lieferstopp für Erdgas aus Russland nach Westeuropa einen Höhenflug des Preises für Gas aus. Deutschland ist besonders abhängig von Energieimporten und bekommt deshalb die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs deutlich zu spüren. Verbraucher hierzulande mussten für Heizöl im Schnitt des vergangenen Jahres 87 Prozent mehr zahlen als 2021, Erdgas verteuerte sich um 64,8 Prozent. Die Strompreise stiegen um 20,1 Prozent. Autofahrerinnen und Autofahrer zahlten an der Tankstelle 26,8 Prozent mehr als im Vorjahresschnitt.

Was hat sich noch deutlich verteuert?

Überdurchschnittlich stark stiegen auch die Lebensmittelpreise. Bauern beklagten höhere Kosten: von Energie über Futter bis zu Stickstoffdünger. Der Handel wies unter anderem auf hohe Energie- und Rohstoffkosten hin. Im Schnitt mussten Verbraucherinnen und Verbraucher im vergangenen Jahr 13,4 Prozent mehr für Nahrungsmittel zahlen als 2021. Die Ernährungsindustrie erwartet für das laufende Jahr weiter steigende Lebensmittelpreise. «2022 war noch eine Mischkalkulation mit alten 2021er-Preisen. Die Spitzen der Preise 2022 machen sich auch 2023 noch bemerkbar und schlagen durch», sagte unlängst der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Christian von Boetticher.

Welche Folgen haben die gestiegenen Preise für die Menschen?

Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro weniger leisten können. Vor allem wenn Waren teurer werden, die häufig gekauft werden, spüren Menschen das im Portemonnaie: beim Tanken und im Supermarkt. Besonders hart trifft es Studien zufolge Haushalte mit vergleichsweise niedrigem Einkommen. Die Preistreiber Haushaltsenergie und Lebensmittel haben bei ihnen einen deutlich größeren Anteil am gesamten Warenkorb als bei Wohlhabenderen.

Können die Menschen auf eine Abschwächung der Inflation hoffen?

Mit einer durchgreifenden Entspannung bei den Preisen rechnen Volkswirte im laufenden Jahr nicht, auch wenn der Höhepunkt des Anstiegs überschritten sein dürfte. Das Problem: Die Inflation ist Ökonomen zufolge von Energie und Nahrungsmitteln inzwischen auf viele andere Produkte übergesprungen und hat an Breite gewonnen. «Es besteht die Gefahr, dass sich die Inflation verfestigt», befürchtet Ifo-Experte Sascha Möhrle. Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer dürfte die sogenannte Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel vor allem wegen anziehender Lohnkosten hartnäckig hoch bleiben: Für Entwarnung bei der Inflation sei es zu früh. Die Bundesregierung rechnet im Jahresschnitt 2023 mit einer Teuerungsrate von 6,0 Prozent.

Wie wirken die Entlastungsmaßnahmen des Staates?

Der Staat nimmt Milliarden in die Hand, um Verbraucher und Wirtschaft bei den hohen Energiepreisen zu entlasten. Im Sommer 2022 dämpften zeitweise das auf drei Monate befristete 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt den Anstieg der Verbraucherpreise. Nach dem Auslaufen des günstigen Tickets für den öffentlichen Personennahverkehr und der Steuersenkung auf Kraftstoffe zog die Inflationsrate wieder an. Die höchste Teuerungsrate wurde im Oktober mit 10,4 Prozent gemessen. Zum Jahresende 2022 sorgte dann die einmalige Übernahme der Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärmekunden durch den Staat für etwas Entspannung. Im laufenden Jahr dürften die staatlichen Gas- und Strompreisbremsen den Preisauftrieb dämpfen.

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Scholz in Peking: Wie abhängig ist die deutsche Wirtschaft?

Von Thomas Kaufner und Andreas Landwehr, dpa

Hamburg/Peking (dpa) – Zeitenwende auch im Umgang mit China: Beim «Antrittsbesuch» von Kanzler Olaf Scholz am Freitag in Peking unterschreibt die deutsche Wirtschaft keine Milliardenverträge. Ganz im Gegenteil. Heute dreht sich alles darum, wie die Abhängigkeit von der inzwischen zweitgrößten Volkswirtschaft verringert werden kann.

Es gibt einen radikalen Wandel, wie die Wirtschaftsbeziehungen zu China bewertet werden. Seit der Ukraine-Konflikt die Abhängigkeit von Energie aus Russland allzu schmerzhaft verdeutlicht hat, will sich Deutschland im Umgang mit China nicht ähnlich erpressbar machen.

Der Streit um die Beteiligung des chinesischen Logistikriesen Cosco an einem Hamburger Hafenterminal zeigt die neuen Empfindsamkeiten. Der Deal war schon vor mehr als einem Jahr vereinbart worden, ohne dass jemand erkennbar Notiz genommen hätte. Mit Wladimir Putins Angriffskrieg hat sich das schlagartig geändert. Man habe gelernt, argumentiert Wirtschaftsminister Robert Habeck, «dass Abhängigkeiten von Ländern, die dann möglicherweise ihre eigenen Interessen in diese Abhängigkeiten hineinspielen, also uns dann erpressen wollen, nicht mehr nur ein abstraktes Phänomen sind.» Und der Vizekanzler fügt hinzu: «Wir sollten diese Fehler nicht wiederholen.»

Enge Verflechtungen

Aber wie groß ist die deutsche Abhängigkeit von China? Ob Handel, Lieferketten oder Riesenmarkt: «In allen drei Bereichen ist die Verflechtung zwischen China und Deutschland stark ausgeprägt», sagt das Geschäftsführende Vorstandsmitglied der deutschen Handelskammer (AHK) in Peking, Jens Hildebrandt. Auch bei strategisch bedeutsamen Produkten wie Lithium Batterien oder Rohstoffen wie Seltene Erden «besteht eine starke Importabhängigkeit». Der Corona-Lockdown in Shanghai im Frühjahr, der Lieferketten weltweit empfindlich gestört hatte, hat auch deutlich gemacht, wie stark die deutsche Wirtschaft auf Vor- und Zwischenprodukte aus China angewiesen ist.

Rund 5000 deutsche Unternehmen sind heute in China tätig. 1,1 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland hängen laut Handelskammer vom China-Geschäft ab. «Der chinesische Markt ist für viele deutsche Firmen von überragender Bedeutung, und zwar als Absatz- und als Wachstumsmarkt», sagt Hildebrandt. Das gelte insbesondere für deutsche Autobauer und Chemie-Hersteller. «Was gerne übersehen wird, ist die Rolle Chinas als Innovationstreiber», hebt der AHK-Manager auch hervor. «Deutsche Unternehmen entwickeln und testen in China neueste Technologien für den globalen Markt.»

Bislang folgte der Handel anderem Leitbild

Fällt nach Russland nun aber das wirtschaftlich ungleich mächtigere China ähnlich in Ungnade? «Bislang beruhte die deutsche Außenwirtschaftspolitik primär auf dem Leitbild, dass Handel und grenzüberschreitende Investitionen willkommen sind, weil sie allen Beteiligten nutzen», schrieb der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, in der «Wirtschaftswoche». «Danach ist steigender Wohlstand in China auch gut für Deutschland und Europa, denn er steigert die Exportchancen für deutsche Produkte.»

Auch könnten chinesische Investitionen in Deutschland hierzulande Wachstum und Beschäftigung fördern, meinte Fuest. Die Handelsbeziehungen zu China nun zu kappen, wäre aus seiner Sicht indes voreilig. Aus seiner Sicht geht es vielmehr darum, kritische Abhängigkeiten zu begrenzen, die Deutschland im Krisenfall erpressbar machen. «Es ist aber ebenso geboten, die immensen Vorteile internationaler Arbeitsteilung weiterhin umfassend zu nutzen.»

Kritisch könnten einer Studie der EU-Kommission eine Vielzahl von Rohstoffen werden, die für nahezu alle wichtigen Zukunftstechnologien gebraucht werden, unter anderem für Solar- und Windenergie. «Auf dem Weg zur Unabhängigkeit von russischen Energieträgern könnte Deutschland sich also in neue Abhängigkeiten zu China begeben», schreiben daher die Ökonomin Melinda Fremerey und ihr Kollege Thomas Obst vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Ungleiche Abhängigkeit

Derweil ist die deutsche Wirtschaft sehr viel abhängiger von China als umgekehrt. Auch hätten sich die Verflechtungen im ersten Halbjahr 2022 «mit einem enormen Tempo in die falsche Richtung entwickelt», urteilt der IW-Ökonom Jürgen Matthes in einer Studie. «Die deutschen Direktinvestitionsflüsse nach China waren noch nie so hoch.» Auch die Importe aus China und das deutsche Defizit im Handel erreichten ein Allzeithoch. Dagegen schwächte sich das Wachstum der deutschen Ausfuhren nach China stark ab. Chinas Exportanteil sank erneut. Seine Interpretation: «Der chinesische Markt soll offenbar immer mehr durch Produktion vor Ort statt durch Exporte bedient werden.»

In Zahlen: Mit 71,8 Milliarden Euro oder 7,0 Prozent aller Ausfuhren ist China laut Statistisches Bundesamt in den ersten acht Monaten 2022 auf Platz vier der wichtigsten Empfängerländer abgerutscht – hinter die USA, Frankreich und die Niederlande. Mit 125,7 Milliarden Euro oder 12,8 Prozent aller Einfuhren ist China indes mehr denn je der wichtigste Lieferant Deutschlands. «Das Ungleichgewicht im Handel mit China nimmt also immer mehr zu», so lautet das Fazit von Matthes.

«Es deutet vieles darauf hin, dass das Gewinnstreben der deutschen Firmen ohne einen staatlichen Eingriff weiterhin zu mehr und nicht zu weniger China bei Direktinvestitionen und Importen führt», schreibt Matthes. «Die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China als Absatzmarkt und Lieferant steigt damit immer weiter.» Das Gegenteil wäre jedoch wegen der zunehmenden geopolitischen Spannungen nötig – auch angesichts der Drohungen Chinas mit einer Eroberung Taiwans. Ein solcher Angriff könnte in einen Krieg mit den USA münden und wie mit Russland zu massiven Wirtschaftssanktionen führen.

Eine völlige Entkopplung wäre für deutsche Unternehmen in China aber das schlimmste Fall, der auch für deutsche Verbraucher schmerzhaft würde. «Durch die enge Verflechtung deutscher Unternehmen in chinesische Lieferketten würde sich eine wirtschaftliche Abkopplung auf die ganze deutsche Wirtschaft negativ auswirken», warnt AHK-Chef Hildebrandt. «Volkswirtschaftlich gesehen würde eine Abkopplung mit erheblichen Wohlstandsverlusten einhergehen.» Doch hätten deutsche Unternehmen in China bereits reagiert, indem sie verstärkt lokalisieren oder im ostasiatischen Raum diversifizieren. «Mit diesen Schritten streuen Unternehmen ihr Risiko», sagte Hildebrandt. «In Summe sollte dies zu einer Verringerung der Abhängigkeit führen.»

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Nie mehr 1000 Prozent plus? EU setzt Gaspreisdeckel in Kraft

Von Ansgar Haase, dpa

Brüssel (dpa) – Mal eben 1000 Prozent mehr: Infolge von Russlands Krieg gegen die Ukraine kam es in Europa im vergangenen Jahr zu einem drastischen Anstieg der Großhandelspreise für Erdgas mit noch heute spürbaren Folgen für Verbraucher und Wirtschaft. Die Wiederholung einer solchen Situation soll von Mittwoch an ein dynamischer EU-Preisdeckel verhindern. Kann das von der Bundesregierung lange abgelehnte Instrument funktionieren?

Worum geht es?

Der sogenannte Marktkorrekturmechanismus soll Bürger und Wirtschaft vor überhöhten Preisen schützen. Konkret geht es darum, zu verhindern, dass die Großhandelspreise für Gas in der EU über längere Zeit deutlich über den Weltmarktpreisen liegen.

Wie soll das Ziel erreicht werden?

Die EU wird künftig bestimmte Gashandelsgeschäfte verbieten, wenn ihr Preis ein vorab festgelegtes Niveau erreicht und der Preisanstieg nicht einem ähnlichen Preisanstieg auf regionaler Ebene oder auf dem Weltmarkt entspricht. Ausgelöst wird der Korrekturmechanismus, wenn der Preis der Produkte drei Arbeitstage lang 180 Euro pro Megawattstunde übersteigt und gleichzeitig 35 Euro über einem internationalen Durchschnittspreis für flüssiges Erdgas (LNG) liegt.

Wird der Mechanismus an diesem Mittwoch sofort greifen?

Nein. Der relevante europäische Gaspreis lag zuletzt zwischen 50 und 60 Euro und damit sehr deutlich unter dem Grenzwert von 180 Euro pro Megawattstunde. Damit ist er meilenweit von den Höchstständen im vergangenen August entfernt, die den Anstoß zu einer Debatte über einen Preisdeckel gegeben hatten.

Damals erreichten die europäischen Erdgaspreise nach Angaben der EU-Kommission ein Niveau, das 1000 Prozent über den bis dato in der Union verzeichneten Durchschnittspreisen lag. Bewegten sich die Preise in den vergangenen zehn Jahren zwischen 5 und 35 Euro pro Megawattstunde, kletterten sie im vergangenen Sommer auf Rekordstände von deutlich über 300 Euro pro Megawattstunde.

Wie kam es zu dem drastischen Preisanstieg?

Nach Analyse der EU-Kommission stiegen die Preise vor allem, weil Russland seine Gaslieferungen als Waffe einsetzte und durch vorsätzliche Unterbrechungen den Markt manipulierte. Im August war dann das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage besonders angespannt, weil zu einer Verringerung der Pipelineflüsse das Bestreben der EU-Staaten kam, vor dem Winter die Speicher zu füllen.

Zudem spielte der Analyse zufolge die Angst vor weiteren Lieferunterbrechungen und Marktmanipulationen durch Russland eine Rolle – und auch der Preisbildungsmechanismus, der nicht auf solche extremen Nachfrage- und Angebotsveränderungen ausgerichtet war.

Wie sieht die Prognose für die Großhandelspreise aus?

Nach Einschätzung von Gasmarktexperten dürfte die Preisentwicklung in erster Linie vom Wetter im Rest der Heizsaison abhängen. Wenn es die Temperaturen zulassen, dass größere Gasreserven in den Speichern übrig bleiben, könnte es ein Sommerloch bei den Preisen geben.

Warum war die Bundesregierung lange strikt gegen den Preisdeckel?

Sie befürchtete Versorgungsprobleme, weil sie das Risiko sah, dass Lieferanten den Preisdeckel nicht akzeptieren und einfach kein Gas mehr nach Europa liefern. Im Dezember stimmte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dann aber doch zu. Hintergrund waren vor allem strenge Sicherheitsregeln.

Sie sehen vor, dass der Marktkorrekturmechanismus nur in Situationen ausgelöst wird, in denen die europäischen Preise erheblich und über einen längeren Zeitraum höher sind als die Preise auf den Weltmärkten. Zudem wird der Mechanismus deaktiviert, wenn sich der Unterschied zu den europäischen Preisen verringert oder wegfällt.

Was ist der Unterschied zur deutschen Gaspreisbremse?

Die im März startende deutsche Gaspreisbremse betrifft direkt die Endverbraucher und soll die Folgen der rasant gestiegenen Energiepreise abfedern. Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen bekommen für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde garantiert. Für die restlichen 20 Prozent soll der ganz normale Vertragspreis gelten – so soll ein Sparanreiz erhalten bleiben.

Wie sehen Energieunternehmen die europäische Preisbremse?

Sehr kritisch. «Auf europäischer Ebene gibt es die Illusion: Wir deckeln den Gaspreis. Und wenn der Preis zu hoch ist, darf kein Geschäft mehr abgeschlossen werden. Das wird nicht funktionieren», sagte jüngst der Chef des Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, im Podcast «Die Wirtschaftsreporter» der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» (WAZ).

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte bereits vor Weihnachten den Beschluss für einen EU-Gaspreisdeckel als Risiko für die Versorgungssicherheit kritisiert. «Gaspreisdeckel lösen keine Versorgungskrise, sondern riskieren grundsätzlich die Versorgungssicherheit in Europa», sagte Vize-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch damals. Gas gehe in die Regionen, die bereit seien, die durch die Gasknappheit hervorgerufenen Preise zu bezahlen.

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Einzelhandel rechnet mit schwierigem Jahr

Berlin (dpa) – Die Konsumstimmung in Deutschland hat sich angesichts schnell steigender Preise und sinkender Realeinkommen stark eingetrübt. Der Einzelhandel rechnet deshalb in diesem Jahr mit dem heftigsten Nachfrageeinbruch seit mehr als zehn Jahren. Zwar dürften die Umsätze wegen der Inflation nominal um zwei Prozent steigen, wie der Handelsverbandes Deutschland (HDE) am Dienstag prognostizierte. Real – also inflationsbereinigt – rechnet die Branche jedoch mit Umsatzrückgängen von drei Prozent. Einen solchen Einbruch hat es laut HDE seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr gegeben.

Warnsignal Weihnachten

Dass die Situation ernst ist, bekam der Einzelhandel schon im Weihnachtsgeschäft zu spüren. Sonst eine sichere Bank für gute Geschäfte, enttäuschte die Geschenksaison die Erwartungen diesmal auf breiter Front. Die Umsätze lagen dem Statistischen Bundesamt zufolge im Dezember real um 6,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Selbst der erfolgsverwöhnte Internet- und Versandhandel verzeichnete ein reales, kalender- und saisonbereinigtes Minus von 7,2 Prozent. «Das Weihnachtsgeschäft ist nicht so gelaufen, wie wir es uns gewünscht hätten», sagte HDE-Präsident Alexander von Preen. Weiterlesen

Einzelhandel rechnet mit schwierigem Jahr

Berlin (dpa) – Angesichts von Inflation und Konsumflaute rechnet der Einzelhandel in Deutschland in diesem Jahr mit eher schlechten Geschäften. Der Umsatz werde preisbereinigt voraussichtlich um drei Prozent zurückgehen, prognostizierte der Handelsverband Deutschland (HDE) am Dienstag. Nur wegen der Inflation werde der Umsatz nominal – mit Preiserhöhungen eingerechnet – um zwei Prozent steigen. Weiterlesen

Energiepreise: Netzagentur-Chef beklagt zu wenig Wettbewerb

Düsseldorf (dpa) – Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat zu wenig Wettbewerb bei den Strom- und Gaspreisen für Haushaltskunden beklagt. In den Vergleichsportalen sehe er, dass es im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich weniger Angebote gebe, sagte Müller bei einer Veranstaltung der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung am Montagabend in Düsseldorf.

«Es gibt Stadtwerke, die sich nur noch auf ihr Versorgungsgebiet konzentrieren, die haben sich aus der bundesweiten Versorgung zurückgezogen», bemängelte er. «Es ist wichtig, darüber zu diskutieren, was können wir dazu tun, dass mehr Marktakteure, mehr Energieversorger auch jenseits ihres ureigenen Sprengels bundesweit Angebote machen und ich als Verbraucherin und Verbraucher hier eine Wahlmöglichkeit habe.» Weiterlesen

Wie sollen Kinder schwimmen lernen?

Von Thomas Strünkelnberg, dpa

Bad Nenndorf (dpa) – Im Grunde ist es einfach: Weniger Schwimmbäder bedeuten weniger Schwimmunterricht – und weniger sichere Schwimmer. In der Corona-Pandemie gab es zeitweise überhaupt keinen Schwimmunterricht. Die Folge: Der Anteil der Nichtschwimmer unter den Grundschülerinnen und Grundschülern in Deutschland hat sich einer neuen Forsa-Umfrage zufolge binnen fünf Jahren verdoppelt.

Im vergangenen Jahr hätten 20 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren nicht schwimmen können – fünf Jahre zuvor seien es 10 Prozent gewesen, teilte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft in Bad Nenndorf mit. «Der Unterschied ist gravierend, aber angesichts der Entwicklungen in den vergangenen zwei bis drei Jahren auch wenig überraschend», sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Sie mahnte: «Wie Jungen und Mädchen lesen, schreiben und rechnen lernen, so müssen sie auch schwimmen lernen. Wir müssen dahin kommen, dass jedes Kind am Ende der Grundschule sicher schwimmen kann.»

Das Seepferdchen allein reicht nicht

Die DLRG, nach eigenen Angaben Deutschlands größter privater Anbieter in der Schwimmausbildung, hatte die repräsentative Umfrage in Auftrag gegeben. Die bislang letzte vergleichbare Studie gab es 2017. Im August 2022 wurden bundesweit 2000 Menschen ab 14 Jahren befragt. Dabei ging es unter anderem darum, ob sie sich als Nichtschwimmer, unsichere Schwimmer oder sichere Schwimmer einschätzen.

Mit 57 Prozent ist der Anteil der Kinder, die von ihren Eltern als sichere Schwimmer eingestuft werden, im vergangenen Jahr beinahe gleichgeblieben – 2017 waren es 59 Prozent, 2010 sogar 64 Prozent. Dabei steigt der Anteil der angeblich sicheren Schwimmer mit dem Alter: 26 Prozent der Eltern von Sechsjährigen gaben an, ihr Kind schwimme schon sicher. Bei den Zehnjährigen waren es 83 Prozent. Nur: Aus DLRG-Sicht fällt vielen Eltern diese Einschätzung schwer. «Mütter und Väter sind noch allzu oft der Meinung, ihr Kind kann schwimmen, wenn es das Seepferdchen hat», sagte Christian Landsberg, Leiter Ausbildung im DLRG-Präsidium. «Da sind sie jedoch auf dem Holzweg.»

Denn das Seepferdchen bescheinige das Beherrschen wichtiger Grundlagen, sicher schwimmen könne erst, wer den Freischwimmer, also das Bronze-Abzeichen, abgelegt habe, erklärte Landsberg. Allerdings hätten 21 Prozent der Kinder, die nach Einschätzung der Eltern sicher oder zumindest unsicher schwimmen können, kein einziges Abzeichen absolviert. Die DLRG geht davon aus, dass sechs von zehn Kindern oder 58 Prozent am Ende der Grundschulzeit keine sicheren Schwimmer sind.

Schwimmfähigkeit ist ans Einkommen gekoppelt

Die Umfrage ergab: Mehr als jedes zweite Kind (54 Prozent) zwischen sechs und zehn Jahren hat das Seepferdchen, 2017 waren es 69 Prozent. Den Freischwimmer haben 24 Prozent der Kinder absolviert, 13 Prozent können Silber und drei Prozent Gold nachweisen. Unter den Kindern ab zehn Jahren haben 42 Prozent den Freischwimmer absolviert, 24 Prozent haben Silber und acht Prozent Gold. Über sich selbst sagte die Hälfte der Befragten, gut oder sehr gut schwimmen zu können. Von den Menschen mit Hauptschulabschluss beurteilten sich nur 35 Prozent als gute Schwimmer, von den Menschen mit Migrationshintergrund 38 Prozent – und von den Älteren über 60 nur 37 Prozent.

«Was uns in der Deutlichkeit überraschte, sind die Unterschiede nach Einkommen», meinte Vogt. Denn fast die Hälfte (49 Prozent) der Kinder aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2500 Euro kann der Umfrage zufolge nicht schwimmen – bei einem Haushaltsnettoeinkommen über 4000 Euro sind es zwölf Prozent. Vogt betonte: «Schwimmen zu können darf keine Frage des Geldes sein. Umso wichtiger ist es, dass jede Schule in die Lage versetzt wird, das Schwimmen angemessen zu unterrichten.»

Die Energiekrise erschwert die Ausbildung

Dafür sind allerdings Bäder nötig. Doch in der Energiekrise will nach einer unlängst veröffentlichten Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young knapp jede dritte Kommune in Deutschland Hallen- und Freibäder schließen oder den Betrieb einschränken, viele haben dies schon umgesetzt. Das merken auch die Ausbilder: Die abgesenkte Wassertemperatur erschwere die Ausbildung der Jüngsten, sagte Arne Grosser, DLRG-Schwimmausbilder aus Hannover. «Wir haben donnerstags für die Seepferdchen-Gruppe eine Stunde angesetzt, können die Zeit aber meist gar nicht voll ausnutzen. Die Kinder sind irgendwann durchgefroren und müssen früher raus. Da dauert es dann länger als üblich, das Kursziel zu erreichen.» Außerdem seien wegen der hohen Nachfrage 30 Kindern im Kurs – «deutlich mehr als wünschenswert».

Nach den Forsa-Zahlen haben 87 Prozent der Befragten ein erreichbares Schwimmbad in der näheren Umgebung. 2017 waren es 92 Prozent. Bei Menschen aus Orten mit weniger als 5000 Einwohnern waren es 78 Prozent – nach 90 Prozent vor fünf Jahren. «Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Trend bei der Bäderversorgung weiter in die falsche Richtung läuft», kritisierte Vogt.

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Inflation 2022 auf Rekordhoch – Abschwächung zum Jahresende

Wiesbaden (dpa) – Die Inflation in Deutschland hat Ende 2022 an Tempo verloren, im Gesamtjahr aber ein Rekordhoch erreicht. Gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel trieben die Teuerungsrate im Jahresschnitt auf 7,9 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag eine erste Schätzung. Es war der höchste Stand seit Gründung der Bundesrepublik. Allerdings wurde die Berechnungsmethode im Laufe der Zeit geändert. 2021 hatten die Verbraucherpreise um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugelegt.

«Die historisch hohe Jahresteuerungsrate wurde vor allem von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel seit Beginn des Kriegs in der Ukraine getrieben», erläuterte die Behördenpräsidentin Ruth Brand. Weiterlesen

Japan verabschiedet sich vom Atomausstieg

Tokio (dpa) – Japan setzt in der globalen Energiekrise verstärkt auf Atomkraft. Eine am Donnerstag von der Regierung beschlossene Richtlinie sieht eine Verlängerung der Laufzeit bestehender Meiler über die bisherige Begrenzung auf 60 Jahre hinaus vor. Zudem sollen Reaktoren der nächsten Generation gebaut werden, die langfristig die alten ersetzen sollen. Damit kehrt die vor Deutschland drittgrößte Volkswirtschaft der Welt vollends vom vorübergehenden Atomausstieg ab, der nach dem Super-GAU im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi im März 2011 in Folge eines Erdbebens und Tsunami eingeleitet worden war.

«Wir müssen die Kernenergie voll ausschöpfen», hatte Ministerpräsident Fumio Kishida dieser Tage als Devise ausgegeben. Zum einen will das rohstoffarme Land ähnlich wie Deutschland seine Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten verringern und Stromengpässe vermeiden. Zum anderen will Japan seine Klimaschutzziele erreichen: bis zum Jahr 2050 soll der CO2-Ausstoß auf Null reduziert werden. Zwar sollen auch die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, doch zugleich wird die Nutzung der Atomkraft ungeachtet der Gefahr durch Erdbeben und der Fukushima-Katastrophe als unerlässlich angesehen. Weiterlesen

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