Angriff in Regionalzug – Jugendliche verletzt

Guben (dpa) – Ein 37 Jahre alter Mann hat am Freitagnachmittag in einem Regionalzug von Cottbus nach Frankfurt (Oder) Fahrgäste bedroht und eine Jugendliche mit einem axtähnlichen Gegenstand verletzt. Das berichtete ein Sprecher der Polizeidirektion Süd. Die Polizei habe den Zug am Bahnhof in Guben (Kreis Spree-Neiße) gestoppt und den Verdächtigen, der polnischer Staatsbürger sei, festgenommen. Eine 17-Jährige in dem Zug sei wahrscheinlich von dem Mann schwer verletzt worden. Sie kam ins Krankenhaus. Lebensgefahr bestehe nach ersten Erkenntnissen aber nicht, sagte der Sprecher. Zu den Hintergründen und dem Ablauf der Tat konnte die Polizei bislang keine weiteren Angaben machen.

Entführungsfall gibt Rätsel auf – Opfer schwer verletzt

Schwäbisch Hall/Schönwalde-Glien (dpa) – Nach der Entführung eines 46-Jährigen aus Schwäbisch Hall und der Festnahme mehrerer Männer sind die Hintergründe weiter unklar. Das sei Inhalt der Ermittlungen, sagte ein Sprecher der Polizei.

Das Entführungsopfer wurde schwer verletzt und in ein Krankenhaus eingeliefert, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Sein Zustand sei stabil, sagte der Sprecher. Der zuständige Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Heilbronn sagte, es spreche vieles dafür, dass sich die mutmaßlichen Täter und das Opfer kannten. Weiterlesen

Ein Jahr Tesla-Werk in Deutschland

Von Oliver von Riegen und Silke Nauschütz, dpa

Grünheide (dpa) – Die Fabrik wirkt wie ein Raumschiff, das mitten im Grünen gelandet ist. Ein Jahr ist es her, dass Tesla sein E-Auto-Werk im Wald von Grünheide eröffnet hat, gut 30 Kilometer von Berlins Mitte.

Heute ist Tesla mit rund 10.000 Mitarbeitern Brandenburgs größter Industriearbeitgeber – damit hat das Unternehmen sein Ziel der ersten Ausbaustufe von 12.000 Mitarbeitern fast erreicht. Doch die Produktion fährt erst hoch.

Über 500 Roboter helfen im Werk, darunter «King Kong»: Die große Maschine hebt die Karosserie auf ein Förderband. Über 4000 Autos rollen pro Woche vom Band – etwa 200.000 Fahrzeuge im Jahr. Die Zielmarke der ersten Ausbaustufe von 500.000 Autos im Jahr ist damit noch nicht zur Hälfte erreicht. Tesla-Chef Elon Musk hat jedoch noch mehr vor.

Musk blickt bereits in die weitere Zukunft: Nicht weniger als eine Million Autos im Jahr sollen es künftig werden, die in Brandenburg hergestellt werden. Der erste Antrag für den Ausbau der Produktion ist beim Land Brandenburg bereits gestellt, weitere Anträge – zum Beispiel für zusätzliche Gebäude – sollen folgen. Die Batteriefabrik in Grünheide liefert bisher nur zu, der Schwerpunkt liegt wegen der hohen Förderung erstmal in den USA. Für den Ausbau des Autowerkes braucht der Tesla-Chef auch genügend Arbeitskräfte.

1400 Arbeitslose vermittelt

Nach Angaben der Arbeitsagentur Frankfurt (Oder) hat Tesla zunehmend Probleme, Mitarbeiter zu finden. Gesucht werden Instandhalter, Elektriker, Maschinen- und Anlagenführer, Schichtleiter und Meister. «Wir haben gut 1400 Arbeitslose zu Tesla vermittelt», sagt Agenturchef Jochem Freyer. «Etwa die Hälfte war zuvor langzeitarbeitslos und hat Leistungen vom Jobcenter bezogen.»

In etwas mehr als zwei Jahren hat Tesla sein Werk – Gigafactory genannt – hochgezogen, bis die Genehmigung des Landes Brandenburg kam. Kanzler Olaf Scholz (SPD) könnte vom «neuen Deutschland-Tempo» sprechen – wie beim Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven. Mit seinem straffen Zeitplan sorgt das Unternehmen für Druck innerhalb der Autoindustrie, steht aber auch im Zentrum von Kritik.

Die IG Metall sorgt sich um die Arbeitsbedingungen. Das hohe Tempo dürfe nicht zu Lasten der Mitarbeiter gehen, warnt IG-Metall-Bezirksleiterin Irene Schulz. Die Mängelliste sei lang: So lägen die Löhne bei Tesla im Schnitt bei etwa 10 bis 15 Prozent unter Tarif. Für Unmut sorgten auch belastende Schichtsysteme, häufige Mehrarbeit am Wochenende und hohe Arbeitsbelastung durch Personalmangel und viele Ausfälle wegen Krankheit. Tesla unternehme nicht genug, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das Unternehmen weist Kritik zurück. Tesla halte sich an Gesetze, die betrieblichen Regeln seien in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat abgestimmt.

Nach Ansicht von Umweltverbänden kollidieren Gigafactory, Schutzgebiete und Grundwasser. Seitdem Musk seine Pläne angekündigt hat, befürchten sie Risiken, denn ein Teil des Werksgeländes liegt in einem Wasserschutzgebiet. Das Industrieunternehmen hantiere dort mit gefährlichen und wassergefährdenden Stoffen «nach Gutdünken», heißt es von der Grünen Liga Brandenburg.

Wasser und Strom

Das Wasser ist ein großer Streitpunkt im vergleichsweise trockenen Brandenburg. Gegen die Vorgabe, dass der lokale Wasserverband Strausberg-Erkner in alle grundwasserrelevanten Fragestellungen einbezogen werden muss, legte das Unternehmen erfolgreich Widerspruch ein. Das ist umstritten, doch die Behörden in Brandenburg versichern, es gebe genug Kontrollen. Nach mehreren Vorfällen ohne Genehmigung – etwa beim Einbringen von Pfählen – hat Tesla zugesagt, verstärkt darauf zu achten.

Für den Ausbau braucht Tesla mehr Wasser und Strom. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat Musk in einem Brief dafür Unterstützung zugesagt, noch vor dem Sommer eine passende Lösung für die Probleme bei der Versorgung mit Wasser und Strom zu finden. Der Naturschutzbund Nabu, die Grüne Liga und der Verein für Natur und Landschaft reagierten darauf mit großem Unverständnis. Eine Bewilligung der vom Wasserverband beantragten erhöhten Wassermengen steht wegen einer Klage der Verbände noch aus.

Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), der kürzlich Teslas Werk in Austin (Texas/USA) besuchte, betont: «Es geht nicht darum, bis zum Sommer alle Probleme gelöst zu haben, sondern dabei zu unterstützen, dass es für einen Investor zeitnah belastbare Zeitpläne für die Lösung anstehender Aufgaben gibt.» Tesla ist aus seiner Sicht ein Zugpferd für weitere Investoren: «Nach wie vor spüren wir den Sog bei den Ansiedlungsanfragen.»

Chancen und Risiken

Die Grünen sehen das Projekt als Chance, warnen aber vor Risiken. Die Ansiedlung von Tesla habe Brandenburg erst auf den Schirm internationaler Investorinnen und Investoren gerückt, sagt Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke. Doch: «Die Debatte um den Wasserverbrauch hat uns aber zugleich vor Augen geführt, wie begrenzt die natürlichen Ressourcen gerade angesichts der Klimakrise sind.»

Tesla hat zugesichert, für den weiteren Ausbau kein neues Frischwasser zu benötigen. Das Unternehmen will das Abwasser aus der Produktion komplett wiederverwerten. Damit würde es bei der vertraglichen Maximalmenge von 1,4 Millionen Kubikmeter Wasser bleiben. Und beim Wasser erkundet Tesla selbst weitere Vorkommen.

Der Autobauer will auch transparenter werden: So sollen in den Anträgen für den Ausbau die Eckpfeiler der weiteren Pläne stehen. Weitere Infoveranstaltungen für Interessenten sind geplant. Ob es mal Werksführungen geben wird, um unter anderem «King Kong» zu besichtigen, ist allerdings noch offen.

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Hohenzollern-Chef: Klagen um Entschädigung zurückgezogen

Von Gerd Roth, dpa

Berlin/Potsdam (dpa) – Hohenzollern-Chef Georg Friedrich Prinz von Preußen hat nach eigenen Angaben zwei Klagen gegen die öffentliche Hand um Entschädigung in Millionenhöhe zurückgezogen. Das bestätigte der 46-Jährige in Berlin. Von Seiten des zuständigen Verwaltungsgerichts in Potsdam lag dafür weiter keine Bestätigung vor. «Aber Sie können davon ausgehen, dass ich auch dazu stehe», sagte von Preußen am Rande einer Historikerdiskussion um die Rolle seiner Familie im Nationalsozialismus.

Der Bund sowie die Länder Brandenburg und Berlin verhandeln mit den Hohenzollern seit 2014 über die Rückgabe von zahlreichen Kunstobjekten und über Entschädigungen. Nach dem Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System «erheblichen Vorschub geleistet hat». In dieser Frage ist die Rolle des Urgroßvaters Wilhelm Kronprinz von Preußen (1882-1951) entscheidend.

Es geht um die Rolle des Urgroßvaters

Die Gespräche ruhen, nachdem Brandenburg einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wie das Schloss Rheinsberg, das Krongut Bornstedt und etliche Villen in Potsdam wieder aufgenommen hat. Brandenburg hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen hatten die Hohenzollern geklagt. Es geht um 1,2 Millionen Euro.

In der zweiten Klage geht es unter anderem um Inventar aus den Schlössern Rheinsberg und Cecilienhof in Potsdam. Auch in diesem Fall hatte das Land eine Entschädigung mit derselben Begründung abgelehnt.

Von Preußen sieht zeitweilige Sympathien seines Urgroßvaters für die Nationalsozialisten, mehr aber nicht. «Auch wenn ich selbst weder Historiker noch Jurist bin, lässt sich aus meiner Sicht nicht nachweisen, dass mein Urgroßvater dem Regime erheblichen Vorschub geleistet hat, selbst wenn er dies vielleicht gewollt hätte», sagte er. «Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Kronprinz Wilhelm zeitweise mit den Nationalsozialisten sympathisiert hatte.» Mit Blick auf die Familiengeschichte sagte er: «Wer sich dem Rechtsextremismus anbiedert, kann nicht traditionsstiftend für das Haus sein.»

Ungeklärte Eigentumsverhältnisse

Von Preußen verwies auf ungeklärte Eigentumsverhältnisse von Kunstwerken und Objekten, die abschließend geregelt werden sollten. «Für die Zuordnung von 4000 dieser mehr als 10.000 Objekte ist das Handeln meines 1951 verstorbenen Urgroßvaters relevant», sagte er. Er habe entschieden, auf die Rückgabe von jenen 4000 Kunstwerken und damit verbundene Entschädigungen zu verzichten. «Damit möchte ich den Weg freimachen für eine unbelastete Debatte in der Geschichtswissenschaft zur Rolle meiner Familie im 20. Jahrhundert.» Ähnlich hatte er sich zuvor in der «Welt» geäußert.

Es bleibe sein Ziel, das Kunst- und Kulturerbe dauerhaft für die Öffentlichkeit zu erhalten. «Daher bin ich zuversichtlich, dass es in den nächsten Jahren gelingen wird, auch Lösungen für die übrigen Kunstwerke zu finden, deren rechtliche Zuordnung nicht von der historischen Rolle meines Urgroßvaters abhängig ist.» Von Seiten des Bundes und Brandenburgs war der angekündigte Verzicht auf die Klagen bereits als positives Zeichen für Gespräche gewertet worden.

Historikerdebatte organisiert

Die von ihm organisierte Historikerdebatte bezeichnete von Preußen als Beitrag «zur Aufarbeitung unserer wechselvollen Familiengeschichte im 20. Jahrhundert». Dabei erneuerte der Historiker Lothar Machtan seine Einschätzung. «Der ehemalige Kronprinz war politisch unfähig, dem Nationalsozialismus erheblichen Vorschub zu leisten, obwohl er das punktuell sogar gewollt hat», sagte der Professor an der Universität Bremen. «Ihm fehlte die real existierende Möglichkeit, nennenswerten Einfluss auf politische Meinungsbildungsprozesse zu nehmen.»

Der Historiker Peter Brandt, dessen Gutachten eine Grundlage für die Haltung Brandenburgs war, schrieb dem Kronprinzen «nach wie vor» eine Rolle zu, dem NS-System erheblichen Vorschub geleistet zu haben. Eine ähnliche Position vertreten auch zahlreiche andere Historikerinnen und Historiker.

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Hohenzollern wollen auf Entschädigung verzichten

Potsdam/Berlin (dpa) – Im jahrelangen Streit um Entschädigung in Millionenhöhe zwischen der öffentlichen Hand und den Nachfahren des letzten deutschen Kaisers zeichnet sich eine Lösung ab. Die Hohenzollern wollen auf eine gerichtliche Entscheidung verzichten.

Georg Friedrich Prinz von Preußen werde die Klagen in zwei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam zurückziehen, erfuhr die dpa am Mittwoch von Seiten der in Potsdam sitzenden Generalverwaltung des Hauses. Von Preußen werde seine Entscheidung während einer am Donnerstag in Berlin geplanten Veranstaltung zur Geschichte der Familie bekannt geben, hieß es.

Der Bund sowie die Länder Brandenburg und Berlin verhandeln mit den Hohenzollern seit 2014 über die Rückgabe von zahlreichen Kunstobjekten und über Entschädigungen. Die Gespräche ruhen, nachdem Brandenburg einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wie das Schloss Rheinsberg, das Krongut Bornstedt und etliche Villen in Potsdam wieder aufgenommen hat. Das Land hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen klagen die Hohenzollern. Es geht um 1,2 Millionen Euro. Weiterlesen

Staatsanwaltschaft will Haftstrafe für Ex-NPD-Anwalt Mahler

Potsdam (dpa) – In einem weiteren Prozess gegen den ehemaligen NPD-Anwalt Horst Mahler hat die Staatsanwaltschaft 4 Jahre und 8 Monate Haft für den 87-Jährigen gefordert.

Mahler habe sich der Aufstachelung zum Hass und der Leugnung des Holocaust schuldig gemacht sowie die nationalsozialistische Willkürherrschaft gerechtfertigt, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer vor dem Potsdamer Landgericht. Von der beantragten Gesamtstrafe sollten 4 Monate wegen jahrelanger Verzögerung des Verfahrens als verbüßt gelten, so der Staatsanwalt.

Mahler wurde bereits mehrfach wegen Volksverhetzung und Leugnung des Holocausts verurteilt. Weiterlesen

Der Griff nach Rosneft: Prozess geht in die zweite Runde

Von Wolf von Dewitz und Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Leipzig (dpa) – Ein ebenso kompliziertes wie heikles Verfahren geht an diesem Dienstag vor dem Bundesverwaltungsgericht in die zweite Runde: Durfte der Bund im Zuge der Russland-Sanktionen zwei deutsche Tochterfirmen des Moskauer Ölkonzerns Rosneft unter staatliche Kontrolle bringen? Vor zwei Wochen verhandelten die Leipziger Richterinnen und Richter schon einen ganzen Tag lang darüber. Nun sollen vor einem Urteil Zeugen gehört und Beweise erhoben werden.

Sollte das Gericht die Treuhandverwaltung kippen, wäre das nicht nur ein Klatsche für den Bund. Es hätte auch Auswirkungen auf den Energiemarkt und die deutschen Verbraucher. Denn Moskau bekäme wieder Einfluss auf die wichtige PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt. (Aktenzeichen: BVerwG 8 A 2.22).

Worum geht es in dem Verfahren?

Das staatlich beherrschte russische Unternehmen Rosneft – der Moskauer Mutterkonzern und ein Ableger in Luxemburg – klagt dagegen, dass der Bund im September 2022 die beiden deutschen Tochterfirmen Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung nahm. Die Kläger halten das für rechtswidrig.

Konkret zuständig ist die Bundesnetzagentur. Diese berief eine neue Geschäftsführung. Rosneft ist rechtlich weiter Eigentümer der deutschen Töchter, kann aber nicht mehr mitbestimmen. Sollten die Töchter Gewinn machen, bleibt dieser als Rücklage bei ihnen in Deutschland. Der Bund verdient nicht mit, Russland aber auch nicht.

Warum übernahm der Bund die Kontrolle?

Im Zuge von EU-Sanktionen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sagte Deutschland zu, ab 2023 auf russisches Rohöl zu verzichten. Genau das importierten und verarbeiteten aber die Rosneft-Töchter. Zugleich hatten sie einen erheblichen Marktanteil: Sie hielten nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums über Beteiligungen an drei Raffinerien zwölf Prozent der Kapazität zur Erdölverarbeitung in Deutschland.

Zentral war die Mehrheitsbeteiligung von 54 Prozent an der PCK-Raffinerie, die Nordostdeutschland mit Benzin, Diesel und anderen Produkten versorgt. Sie hing am russischen Rohöl aus der Druschba-Leitung. Rosneft hatte nach Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck kein Interesse, das zu stoppen. Prozessbevollmächtigte von Rosneft widersprachen vor den Leipziger Richtern. Rosneft Deutschland habe durchaus an Alternativen gearbeitet, erklärten sie im Verfahren.

Wie begründet der Bund die Treuhandlösung?

Rechtlich argumentierte das Ministerium im Bundesanzeiger so: Wegen Unsicherheiten bei den Folgen der EU-Sanktionen hätten Vertragspartner die Zusammenarbeit mit Rosneft eingeschränkt. Mitarbeiter seien dabei abzuwandern. Damit sei der Betrieb kritischer Infrastruktur in Gefahr.

Im Falle PCK kam laut Ministerium hinzu: Um die Raffinerie ohne russisches Öl wirtschaftlich weiter zu betreiben, brauche sie Lieferungen von Tankeröl über den Hafen Danzig. Dies sei nach polnischen Angaben erst denkbar, wenn russische Gesellschafter nicht mehr beteiligt seien, hieß es im Bundesanzeiger weiter. Tatsächlich kam eine Abmachung mit Polen über Lieferungen via Danzig erst nach Beginn der Treuhandverwaltung zustande.

Wie begründet Rosneft die Klage?

Die Kläger führten drei wesentliche Gründe an: Es habe vor der Treuhandlösung keine Anhörung gegeben. Das spielte im Prozess länger eine Rolle. Die Anwälte des Bundes erklärten, es habe durchaus vorab Gespräche mit den deutschen Rosneft-Töchtern gegeben. Die Rosneft-Anwälte hielten das nicht für ausreichend.

In der Klage argumentierten sie auch, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Treuhandverwaltung seien nicht gegeben. Und es fehle eine Rechtsgrundlage für ein Embargo leitungsgebundenen russischen Rohöls seit dem 1. Januar 2023. Gemeint sind die Lieferungen über die Druschba-Leitung. Diese sind nicht vom EU-Ölembargo gegen Russland erfasst, sondern nur Tankeröl. Deutschland verzichtete per EU-Protokollnotiz zusätzlich auf das Pipeline-Öl.

Wieso durfte der Bund aus seiner Sicht zugreifen?

Die Ampel-Koalition hatte 2022 das Energiesicherungsgesetz entsprechend geändert. Paragraf 17 sieht die Option einer Treuhandverwaltung für Betreiber von kritischer Infrastruktur im Energiesektor vor. Sie greift, «wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Treuhandverwaltung das Unternehmen seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht». Die Treuhandverwaltung gilt zunächst für sechs Monate, also bis zum 15. März. Sie dürfte verlängert werden – wenn der Bund in Leipzig gewinnt.

Warum ist das Verfahren in Leipzig wichtig?

Mit der rechtlichen Konstruktion der staatlichen Treuhandverwaltung einer privatwirtschaftlichen Firma mit ausländischem Eigentümer betrat der Bund juristisches Neuland. Sollte das Gericht die Treuhandverwaltung aufheben, wären die deutschen Tochterfirmen wieder unter russischer Kontrolle. Rosneft hätte Mitsprache über einen erheblichen Teil der deutschen Raffineriekapazitäten. Lieferungen von Tankeröl über Danzig stünden womöglich in Frage.

Die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab machte im Leipziger Verfahren deutlich, dass die Beschränkung der Eigentumsrechte eine große Tragweite hat: «Da sehen wir schon einen Eingriff deutlicher Intensität.» Andererseits betonte sie, dass die Sicherheit der Energieversorgungssicherheit «ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut» sei. Das sei abzuwägen.

Ob das Urteil bereits an diesem Dienstag fällt, ist offen. Das Gericht hat für Mittwoch vorsorglich einen weiteren Termin angesetzt.

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Verdächtige besaßen Gegenstände von vermisstem Deutschen

Kapstadt (dpa) – Im Zusammenhang mit der Suche nach einem deutschen Touristen in Südafrikas Metropole Kapstadt sind am Montag erneut fünf Verdächtige vor Gericht im Vorort Wynberg erschienen. Die Männer seien im Besitz von Gegenständen gewesen, die dem Brandenburger gehörten und seien des Raubüberfalls angeklagt worden, sagte Eric Ntabazalia von der Nationalen Strafverfolgungsbehörde NPA.

Die Verdächtigen waren erstmals am Dienstag vergangener Woche verhört worden. Im Anschluss sollten weitere polizeiliche Untersuchungen stattfinden. Die Polizei hat nach eigenen Angaben noch keine direkte Verbindung zwischen den Verdächtigen und dem Verschwinden des Brandenburgers vor knapp drei Wochen beweisen können. Beamte suchten demnach weiter nach einer Spur des 22-Jährigen, der aus der Nähe von Cottbus stammt. Weiterlesen

Bergbaukonzern weist Vorwürfe zu Oder-Fischsterben zurück

Warschau (dpa) – Nach einem Greenpeace-Bericht über zu hohe Salzeinleitungen in die Oder hat einer der beschuldigten polnischen Bergbaukonzerne die Vorwürfe zurückgewiesen. Man halte sich an alle Bestimmungen und Vorschriften des Wassergesetzes, teilte das Unternehmen Jastrzebska Spolka Weglowa (JSW) am Freitag auf Anfrage mit. Der Salzgehalt in der Oder werde auf der Höhe des Ortes Krzyzanowice ständig überwacht. JSW ist mehrheitlich im staatlichen Besitz.

Die Firma räumte ein, dass salzhaltiges Grubenwasser über den sogenannten «Olza-Kollektor» gesammelt und dann kontrolliert über Düsen am Flussbett in die Oder geleitet werde. Zudem werde Grubenwasser unter anderem auch in den Oder-Nebenfluss Bierawka eingebracht. Dies erfolge auf eine für die Umwelt sichere Weise, hieß es. Weiterlesen

König Charles III. reist Ende März nach Berlin und Hamburg

London (dpa) – König Charles III. wird Ende März nach Deutschland reisen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Ehefrau Elke Büdenbender werden den 74-Jährigen und seine Ehefrau Queen Camilla (75) im Rahmen ihrer ersten Auslandsreise als neues Königspaar am 29. März in Berlin begrüßen, wie das Bundespräsidialamt am Freitag mitteilte. Nach einem Empfang mit militärischen Ehren sei am Abend ein Staatsbankett im Schloss Bellevue geplant.

Für den 30. März sind demnach Termine in Berlin und Brandenburg geplant. So soll Charles dem Vernehmen nach auch im Bundestag eine Rede halten. Zum Abschluss des Besuchs begleiten Steinmeier und Büdenbender das Paar nach Hamburg. Weiterlesen

Kohleausstieg: Habecks Spagat in der Lausitz

Von Silke Nauschütz und Andreas Hoenig, dpa

Spremberg (dpa) – Das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe läuft auf Hochtouren, schon von weitem sind die großen Kühltürme zu sehen, riesige Dampfwolken entweichen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steigt aus dem Auto und geht vorbei an Auszubildenden und Mitarbeitern, die sich am Kraftwerk versammelt haben. Sie haben viele Fragen an den Grünen-Politiker. «Zukunft hier? Zukunft wir?», steht auf Plakaten, die junge Frauen halten. Bis 2038 sollen die Leag-Kraftwerke am Netz bleiben, als die letzten in Deutschland – so sieht es die geltende Gesetzeslage vor. Wenn es nach Habeck geht, soll aber schon 2030 Schluss sein, wie im Rheinischen Revier. In der Lausitz formiert sich längst der Widerstand.

Eigentlich will Habeck am Mittwoch bei einem Besuch in der Lausitz eine Reise in die Zukunft machen. Im Zuge des tiefgreifenden Strukturwandels soll eine Modellregion der Energiewende entstehen. Und so übergibt der Gast aus Berlin am Morgen einen Förderbescheid in Höhe von 28,5 Millionen Euro für ein Wasserstoff-Speicherkraftwerk. Es soll bis 2025 gebaut werden und einer der «Leuchttürme» beim Strukturwandel werden, für den der Bund Milliarden ausgeben will. Für Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) ist das Pilotprojekt eine Blaupause für die Kraftwerke der Zukunft.

Aufbau statt Ausstieg

Es werde immer gerne über einen Ausstieg debattiert, es gehe aber um einen Aufbau, sagt Habeck. Er lobt den «unbedingten Willen» der Projektgesellschaft, etwas Neues entstehen zu lassen. Das Pilotprojekt drohte zweimal an der Finanzierung zu scheitern, nun kann es offiziell starten – zufriedene Gesichter im Industriepark.

Am Kraftwerk Schwarze Pumpe ist die Lage eine andere. Habeck wird von jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Betreibers Leag empfangen, die sich um ihre Zukunft sorgen. Deren Sprecherin Linda Rudolph hat auf einem Pappschild einen Vertragstext mitgebracht und will Habeck überreden, diesen zu unterschreiben, am Ende erfolglos. Zentraler Punkt: Der gesamtgesellschaftliche Konsens zum Kohleausstieg soll nicht in Frage gestellt werden.

Das zielt auf die Arbeit der Kohlekommission mit Vertretern unter anderem aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Kommunen der ein Ende der klimaschädlichen Kohleverstromung Schritt für Schritt bis 2038 empfohlen hatte – die Bundesregierung hat dies umgesetzt.

Mittlerweile aber ist für das Rheinische Revier in Nordrhein-Westfalen beschlossen worden, dass der Kohleausstieg um acht Jahre vorgezogen wird. Das erhöht den Druck auf den Osten. Habeck hatte gesagt, ein auf 2030 vorgezogener Ausstieg müsse im Konsens vereinbart werden. In der Lausitz wollte er am Mittwoch eigentlich nicht über das Thema sprechen, dennoch ist es allgegenwärtig.

Habecks Aussagen über einen Ausstieg schon 2030 hätten für Verunsicherung gesorgt, sagt Leag-Konzernbetriebsratschef Uwe Teubner. Die Menschen müssten sich auf einmal getroffene Entscheidungen verlassen können. Beim Strukturwandel seien zwar viele Projekte in der Pipeline, aber noch nichts erreicht worden.

Kein Rütteln am Ausstiegsdatum 2038

Leag-Chef Thorsten Kramer betont, am Ausstiegsdatum 2038 solle nicht gerüttelt werden: «Erst Ausbau, dann Ausstieg.» Es gelte das Gesetz zum Ende der Kohleverstromung. Das Unternehmen habe seine «Hausaufgaben» gemacht, stellt er klar und meint unter anderem den Bau des größten deutschen Zentrums für erneuerbare Energien. Mit einer Leistung von sieben Gigawatt könnten in Zukunft rechnerisch vier Millionen Haushalte sicher mit ökologischem Strom versorgt werden. Realisiert werden sollen die Photovoltaik- und Windkraftanlagen bis 2030 auf ehemaligen Bergbauflächen der Region.

An Habeck gerichtet sagt Kramer: «Wir haben ein gemeinsames Ziel: Den Umbau hin zu erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit.» Er geht davon aus, dass die Kohlekraftwerke noch einige Zeit laufen werden.

Habeck lobt indes den «atemberaubenden Wandel» der Leag und deren Umbau. Verhandlungen über einen vorgezogenen Kohleausstieg aber würden an anderer Stelle geführt. Er verweist außerdem auf die Entwicklung der CO2-Zertifikate und macht klar, diese könne das Betreiben von Kohlekraftwerken ab 2030 unwirtschaftlich machen.

Unternehmen müssen Rechte zum Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen nachweisen und können bei Bedarf damit untereinander handeln. Die Zahl dieser Zertifikate soll stärker verknappt werden. Außerdem werden kostenlose Zertifikate für die Industrie schrittweise abgebaut.

80 Prozent des Strom aus erneuerbaren Energien in 2030

Die Leag hat dazu andere Modellrechnungen. Kramer macht deutlich: die Leag wolle in wasserstofffähige Gaskraftwerke investieren – das aber müsse sich rechnen. Die Bundesregierung hat sich zum Ziele gesetzt: Im Jahr 2030 soll 80 Prozent des Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne kommen, derzeit ist es etwa die Hälfte. Es gibt aber noch viele Stolperfallen, Planungs- und Genehmigungsverfahren für neue Windräder und Solaranlagen etwa dauern immer noch viel zu lange.

Aber 80 Prozent bedeuten auch: für den Rest sollen unter anderem wasserstofffähige Kraftwerke her – die dann einspringen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. Die Energiebranche aber klagt, bisher stimmten die Investitionsbedingungen nicht. Habeck will nun Anreize setzen und schon bald eine Kraftwerksstrategie vorlegen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) indes warnt vor Intransparenz und einem Alleingang Habecks bei den Verhandlungen mit der Leag. Das Versagen der grünen Klimapolitik in Lützerath dürfe sich im Osten nicht wiederholen, sagt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.

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