Gedenkarbeit: Landtag arbeitet eng mit Ruanda zusammen

Mainz (dpa/lrs) – Der rheinland-pfälzische Landtag arbeitet in der Gedenkarbeit enger mit dem Partnerland Ruanda zusammen. Dabei werde auch über psychologische Hilfe für traumatisierte Opfer in dem ostafrikanischen Land nachgedacht, sagte Landtagspräsident Hendrik Hering der Deutschen Presse-Agentur in Mainz anlässlich des Genozid-Gedenktags am 7. April.

Der Völkermord an der Tutsi-Minderheit hatte am 7. April 1994 begonnen. «800.000 Menschen sind auf furtchbar bestialische Weise ermordet worden», erinnerte Hering. «Es waren an sehr vielen Orten in Ruanda Menschen betroffen, ob als Opfer oder als Täter.»

Täter und Täterinnen in ruandischen Familien sprächen offenbar teilweise nicht darüber, oder sie leugneten, wie sie am Völkermord beteiligt waren. Das habe er bei einer Ruanda-Reise in vielen Gesprächen erfahren, berichtete Hering. «Gerade junge Menschen wünschen sich offenbar einen ehrlichen Umgang mit dieser Thematik in Familien», sagte Hering und berichtete auch von traumatisierten Frauen, die damals junge Mütter waren. Psychologische Beratung werde besonders nachgefragt.

Hering sieht Parallelen zwischen der Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Deutschland und der Auseinandersetzung mit dem Genozid in Ruanda. «In Deutschland wollten nach dem Krieg viele nicht darüber reden und nicht zu den Tätern gehören», erinnerte Hering. Dabei habe auch die Angst vor Verfolgung eine Rolle gespielt. «Viele Zeitzeugen, vor allem Opfer, sagen, dass es Jahrzehnte gedauert hat, bis sie über das Erlebte reden konnten.»

Hering zeigte sich beeindruckt, wie Ruanda mit dem Genozid umgeht. Täter, Verfolgte und Überlebende lebten heute friedlich zusammen, und Ruanda habe sehr große Anstrengungen bei der juristischen Aufarbeitung unternommen. Außerdem gebe es viele Gedenkstätten sowie eine Vielzahl von Aussöhnungsprojekten. Rheinland-Pfalz habe vom Konzept der dezentralen Gedenkorte gelernt. «In Ruanda sind viele Orte, wo Menschen ermordet wurden, Gedenkorte», berichtete Hering. Kunst und Theater spielten bei der Aufarbeitung auch eine große Rolle.

«Je eine Handvoll Abgeordneter aus dem Parlament in Ruanda und dem Landtag schalten sich ab Ende April alle zwei bis drei Monate zu Videokonferenzen zusammen», berichtete Hering. Dabei gehe es um Themen wie Gesundheitsvorsorge, Klimaschutz, aber eben auch Erinnerungskultur.

Der Landtag will Ruanda auch Ergebnisse des Forschungsprojekts zu den Erinnerungen von Familien an die Nazi-Zeit zur Verfügung stellen. Wissenschaftler der Universität Koblenz erkunden diese im Auftrag des Landtags. Dahinter steht nach den Worten Herings die Erkenntnis, dass in den Generationen der Enkel und Urenkel das Erleben der Vorfahren oft verzerrt dargestellt wird und dies die notwendige Erinnerungskultur gefährdet.

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