Schlappe für Justizministerin Gentges im Machtkampf mit Richtern

Erst seit eineinhalb Jahren ist Marion Gentges Justizministerin im Südwesten. Mit einer Klage brachte die sonst eher zurückhaltende CDU-Frau den mächtigen Berufsstand der Richter gegen sich auf. Vor Gericht kommt sie damit aber zunächst nicht durch.

Stuttgart (dpa/lsw) – Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) hat im Machtkampf mit der Richterschaft um die Besetzung des Spitzenpostens am Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart eine Schlappe hinnehmen müssen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies ihre Klage und den Eilantrag am Donnerstag ab. Die Anträge seien unzulässig, erklärte der Vorsitzende Richter Friedrich Klein.

Gentges will nicht hinnehmen, dass der Präsidialrat ihre Kandidatin für den Chefsessel abgelehnt und einen eigenen Vorschlag gemacht hat. Damit habe das Richtergremium seine Kompetenzen überschritten, argumentiert die CDU-Frau. Ihre Vertreter wiesen vor Gericht erneut darauf hin, dass der Präsidialrat bei einer Personalentscheidung nur überprüfen dürfe, ob Fehler vorliegen.

Klein sagte, es gebe mit dem Richterwahlausschuss ein Gremium für solche Konflikte zwischen Regierung und Richterschaft. «Die Entscheidung des Richterwahlausschuss ist unverzüglich herbeizuführen», erklärte er. Vor einem Votum dieses Gremiums sei eine Klage nicht möglich. Der Richterwahlausschuss besteht aus 15 Mitgliedern, 7 Richtern, 6 Abgeordneten und einem Rechtsanwalt. Die Ministerin gehört auch dazu, hat aber kein Stimmrecht. Ein Kandidat braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Gentges hatte dagegen argumentiert, auf Basis einer rechtswidrigen Entscheidung des Präsidialrats könne man nicht den Richterwahlausschuss anrufen. Es gilt als möglich, dass die Ministerin die Frage nun in der nächsten Instanz, vor dem Verwaltungsgerichtshof, durchfechten wird. Aus ihrer Sicht ist klar: Auch wenn Richter unabhängig sein müssen – nur die Politik darf aus Sicht des Ministeriums die Kandidaten bestimmen, da nur die Politik demokratisch durch den Wähler legitimiert sei.

Der Vorgang rund um die OLG-Kandidatur und die Nachfolge von Cornelia Horz hat Seltenheitswert in der jüngeren Justizgeschichte. Die bisherige OLG-Präsidentin ist seit Mai im Ruhestand. Gentges hatte für den Posten Beate Linkenheil, Abteilungsleiterin im Ministerium, vorgeschlagen. Der Präsidialrat sprach sich für Andreas Singer aus, den Präsidenten des Stuttgarter Landgerichts. Das FDP-Mitglied war Sprecher des ehemaligen Justizministers Ulrich Goll (FDP).

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte, Gentges habe sich mit der Klage unmöglich gemacht. «Sie hat mit ihrem Verhalten und ihrem Vorgehen jedes Vertrauen der Justiz verspielt.» Ihr Angriff auf die unabhängige Richterschaft sei nun glücklicherweise abgewendet worden. «Nach dieser Blamage sollte sie sich überlegen, ob sie noch im Amt bleiben kann», sagte der Oppositionspolitiker. Auch der Deutsche Richterbund im Südwesten hatte kritisiert, Gentges habe den jahrzehntelangen Konsens über die Aufgaben und Befugnisse des Präsidialrats aufgekündigt.

 

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