Viele Kommunen werden Teil ihrer Schulden los

Geldscheine und Münzen liegen auf einem Tisch.

Trier/Mainz. Etliche Kommunen in Rheinland-Pfalz werden jetzt auf einen Schlag einen Teil ihrer Schulden los. Die Stadt Trier sei am Montag unter den ersten Kommunen, die einen Bewilligungsbescheid zur Teilnahme am Entschuldungsprogramm der Landesregierung erhielten, teilte das Finanzministerium in Mainz mit.

Geldscheine und Münzen liegen auf einem Tisch.
Foto: Monika Skolimowska/dpa

Zugleich bekämen insgesamt 289 Kommunen einen solchen Bescheid, darunter 269 Ortsgemeinden – und zwar über eine Höhe von insgesamt 1,6 Milliarden Euro. Das sei gut die Hälfte der gesamten Summe, mit der das Land Liquiditätskredite der Kommunen übernehmen werde.

Für Trier bedeutet der Schnitt die Streichung von gut 266 Millionen Euro. „Das ist für uns ein riesiger Sprung nach vorn“, sagte Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD). Nach eigenen Anstrengungen und mit der Entschuldung würden nun 70 Prozent der Liquiditätskredite aus den Trierer Büchern verschwinden. Den Rest, 116 Millionen Euro, müsse die Stadt innerhalb von 30 Jahren selbstständig zurückzahlen – und dürfe künftig nur noch ausgeglichene Haushalte vorlegen.

Das Programm „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz“ bedeute einen „historischen Schuldenschnitt“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Trier. Das Land nehme den Kommunen mit insgesamt drei Milliarden Euro mehr als die Hälfte ihrer relevanten Liquiditätsschulden ab und entlaste sie damit zugleich vom Zinsrisiko. Dies werde den rund 500 teilnehmenden Kommunen „für die Zukunft immens helfen und Möglichkeiten im Haushalt schaffen, auch mit den aktuellen Herausforderungen umzugehen“.

Laut Finanzministerium haben insgesamt 654 Kommunen im Land eine Teilnahme am Programm beantragt. Davon hätten 519 Kommunen ein Vertragsangebot erhalten, sagte die Sprecherin des Ministeriums. Man gehe davon aus, dass für die weit überwiegende Zahl der Kommunen mit Angebot voraussichtlich ein Bewilligungsbescheid erlassen werde. Die Rückläufe zu den Verträgen würden aber noch nicht vollständig vorliegen.

Hohe Summen

Die Vertragsangebote sehen beispielsweise für die Stadt Ludwigshafen am Rhein die Übernahme von 565 Millionen Euro vor, für die Stadt Kaiserslautern sind es 369 Millionen Euro. Die Stadt Pirmasens stehe mit einem Betrag von 294 Millionen Euro in der Liste, beim Landkreis Kusel seien es 142 Millionen Euro und bei der Stadt Zweibrücken 132 Millionen Euro. Teilweise stünden die Rückläufe aber noch aus, sagte die Sprecherin.

Die Liquiditätskredite liegen laut Ministerium bei allen Kommunen mit Antrag bei insgesamt 4,45 Milliarden Euro. Das gesamte Entschuldungsvolumen von drei Milliarden Euro entspreche einem Anteil von 67 Prozent oder zwei Dritteln. Der Anteil bei der einzelnen Kommunen hänge von der Bemessungsgrundlage pro Einwohner ab: Je höher die Pro-Kopf-Verschuldung, desto höher ist der Anteil der Entschuldung, hieß es.

Gute und schlechte Schulden

Nach Aussage des Trierer Oberbürgermeisters Leibe gibt es gute und schlechte Schulden. Gute Schulden seien Investitionskredite, mit denen eine Stadt Werte schaffe: Schulen oder Wohnungen saniere, Straßen oder Radwege saniere. „Diese Kredite sind nicht unser Problem, denn wir investieren damit in die Zukunft unserer Stadt“, sagte er. Liquiditätskredite dagegen sind schlechte Schulden, die aufgenommen werden mussten, wenn die Ausgaben die Einnahmen überstiegen. Wie beim Überziehen des eigenen Kontos.

Die Antragsfrist zur Teilnahme am Programm war Ende September 2023 ausgelaufen. Für eine Entschuldung muss der Rat der Kommunen oder bei Landkreisen der Kreistag der Teilnahme zustimmen. Rheinland-Pfalz hat insgesamt 2454 Städte, Gemeinden und Kreise.

Kommunale Spitzen fordern mehr Unterstützung

Die kommunalen Spitzenverbände fordern weitere Schritte des Landes, um die angespannte Finanzsituation von Städten, Kreisen und Gemeinden strukturell zu verbessern. Es gebe massive Kostensteigerungen im Bereich Kindertagesstätten, generell bei den Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe sowie im ÖPNV, berichteten der Geschäftsführende Direktor des Landkreistags, Andreas Göbel, und der Geschäftsführende Direktor des Städtetags, Michael Mätzig. Dazu kämen die nach wie vor ungedeckten Mehrkosten für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen.

Der kommunale Finanzausgleich sollte aufgestockt werden, damit die Kommunen nicht gezwungen sind, sich erneut zu verschulden, um alleine ihre Pflichtaufgaben finanzieren zu können. Das Land müsse die Ursachen der Verschuldung angehen, mahnten Göbel und Mätzig. Es sollte zusätzliche finanzielle Beträge zum Ausgleich der ungedeckten Defizite im Jugend- und Sozialbereich der kreisfreien Städte und Landkreise geben. Es dürfe nicht so weitergehen, dass die Kommunen weiter neue Aufgaben bekommen, ohne dass die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Finanzmittel bereitgestellt werden.

 

Von Birgit Reichert und Bernd Glebe, dpa

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