Attacke gegen Monet-Bild – Was Museen tun, um Kunst zu schützen

Von Antje Raupach und Christian Thiele, dpa

Mit Kartoffelbrei haben Umweltaktivisten ein wertvolles Gemälde des französischen Impressionisten Claude Monet in Potsdam beworfen. Was können Museen für einen besseren Schutz ihrer Kunstwerke tun?

Berlin (dpa) – Nach dem Angriff von Klimaaktivisten auf ein Gemälde von Claude Monet ist die Empörung groß – aber auch die Angst vor weiteren Attacken auf kostbare Kulturgüter. Viele Museen hätten ihre Vorkehrungen bereits verstärkt, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Museumsbundes, David Vuillaume, der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. Allein mehr Wachpersonal einzustellen, sieht er nicht als Lösung. Bei solchen Vorfällen sei der Stresspegel der Mitarbeiter sehr hoch. «Darauf müssen wir die Mitarbeiter vorbereiten und sie auch psychologisch begleiten», sagte Vuillaume.

Erste Maßnahme im Potsdamer Museum Barberini, wo das Gemälde «Getreideschober» (1890) am Sonntag mit Kartoffelbrei beschüttet wurde: das Museum bleibt für einige Tage geschlossen. «Wir werden in dieser Zeit überlegen, wie wir die Sicherheit erhöhen können», sagte Museumsgründer und Kunstmäzen Hasso Plattner den «Potsdamer Neuesten Nachrichten». Aber nicht nur in Potsdam macht man sich derzeit Gedanken, wie man die wertvollen Kunstschätze künftig vor derartigen Attacken sichern kann – auch in anderen großen Häusern wird beratschlagt. Ist das Sicherheitskonzept noch zeitgemäß?

Fakt ist: «Der Übergriff auf ein Werk der Sammlung Hasso Plattner ebenso wie vorangegangene Attacken auf Kunstwerke, unter anderem in der National Gallery in London, haben gezeigt, dass die hohen internationalen Sicherheitsstandards zum Schutz der Kunstwerke bei aktivistischen Übergriffen nicht ausreichen und angepasst werden müssen», teilte Barberini-Direktorin Ortrud Westheider zu der bis 30. Oktober angekündigten Schließung des Hauses mit. Zu dem Angriff hatten sich Aktivisten der Klima-Protestgruppe «Letzte Generation» bekannt. Sie fordern entschlosseneres Handel gegen den Klimawandel.

Wie sieht Sicherheit in der Praxis aus? Gehören Notfallkoffer mit Schutzdecken und Klebstofflöser bald zur Ausstattung eines Aufsehers? «Wir haben unser Personal für mögliche Szenarien sensibilisiert. Unsere konkreten Vorkehrungen möchten wir aus Sicherheitsgründen nicht offenlegen», sagte eine Sprecherin des Kunstmuseums Lenbachhaus in München, das bekannt ist für seine Kunst des Blauen Reiter.

«Es sind bereits jetzt keine größeren Taschen im Museum erlaubt. Wir denken darüber nach, wie wir noch aufmerksamer sein können, besonders im Blick darauf, welche Dinge die Besuchenden mitführen», so Stefan Weppelmann, Leiter des Museums den bildenden Künste in Leipzig. Museen in Nordrhein-Westfalen wollen Besucher am Eingang stärker kontrollieren. Eine Sprecherin der Kunstsammlungen NRW sagte: «Wir haben uns mit anderen Museen und betroffenen Kolleginnen und Kollegen ausgetauscht und einen Notfallplan entwickelt.»

Im Frankfurter Städel entsprechen die Sicherheitsstandards den «höchsten internationalen Vorgaben», teilte das Kunstmuseum mit. Ende August hatten sich dort zwei Klimaaktivisten mit jeweils einer Hand an dem Rahmen eines großen Gemäldes festgeklebt. Das Bild «Gewitterlandschaft mit Pyramus und Thisbe» von Nicolas Poussin stehe heute symbolisch für den zerstörerischen Kurs der aktuellen Politik, hatte die Gruppe «Letzte Generation» erklärt.

Die Attacken auf das Museum Barberini in Potsdam und das Frankfurter Städel sind jedoch nicht die einzigen Angriffe auf wertvolle Kunst. Erst Mitte Oktober hatten Klimaschützerinnen Vincent van Goghs «Sonnenblumen» von 1888 in der Londoner National Gallery mit Tomatensuppe beworfen. Das Gemälde war mit Glas geschützt, beschädigt wurde nur der Rahmen. Im August traf es die Berliner Gemäldegalerie und ein Bild von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553). Zwei Aktivistinnen klebten sich am Rahmen fest. Zu ähnlichen Aktionen war es Anfang Juli auch in Glasgow und Manchester gekommen.

Die Attacken in Glasgow und Manchester waren für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) der Anlass, um Schutzmaßnahmen für die Kunstwerke umzusetzen: «Die Werke werden durch verschiedene bauliche, technische und auch organisatorische Maßnahmen vor Angriffen geschützt», teilte die SKD der Deutschen Presse-Agentur mit.

Was können Museen wirklich tun, um die Kunst zu schützen? Das Sprengel Museum in Hannover habe Hausmeister, Wachpersonal und die Restauratorin «gebrieft», sagte Sprecherin Judith Hartstang. Angriffe auf Kunstwerke seien eine Straftat und würden mit einer Strafanzeige geahndet werden. «Die Werke, die zuletzt in London und Potsdam betroffen gewesen sind, waren hinter Glas – wohl der beste Schutz vor Farb-, Suppen- oder Kartoffelbreiangriffen», erklärte sie. Im Sprengel Museum gibt es neben Verglasung akustische Bewegungsmelder, Plexiglashauben für Sockel sowie Abstandshalter.

Museen geben aber auch zu bedenken, dass sie möglichst als Ort ohne Barrieren erhalten bleiben. «Ich möchte nicht, dass Museen zu Hochsicherheitszonen werden», sagte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), der «Welt». «Wir können nicht neben jedes Bild, jede Skulptur einen Wachmann stellen.» Museen sollten offene, soziale und einladende Orte für alle Menschen sein, dieses Vertrauen sollte man nicht missbrauchen.

Eine konkrete Gefahr sieht etwa die vom langjährigen Chefredakteur des Magazins «Stern», Henri Nannen, gestiftete Kunsthalle in Emden in Niedersachsen nicht. Bislang hätten die Aktivisten für ihre Attacken vor allem große Häuser mit Werken alter Meister gewählt, sagte Sprecherin Ilka Erdwiens. Den Vorfall in Potsdam verurteilte sie:«Ausgerechnet die Kunst, die doch dazu dienen soll, die eigene Perspektive, den Blick zu öffnen und das Bewusstsein zu erweitern.» Das seien Ideale, die die Klimaschutzbewegung selbst einfordere.

Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Bernhard Maaz, sagte dazu: «Wir erwarten von Aktivisten, dass sie nicht nur Respekt vor der Natur einfordern, sondern auch Respekt vor der Kultur haben.» Ähnlich äußerte sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) im «Focus». «Kunst für den Klimaschutz zu attackieren – das ist aus meiner Sicht definitiv der ganz falsche Weg.»

 

 

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