Zahl der illegalen Straßenrennen steigt

Mainz. Mal gehen sie glimpflich aus, manchmal tödlich: Auf rheinland-pfälzischen Straßen steigt die Zahl der Fälle illegaler Rennen. Das geht aus Daten des Bearbeitungssystems der Polizei hervor. Wie das Innenministerium in Mainz auf eine Große Anfrage aus der AfD-Fraktion antwortete, waren in dem System für das Jahr 2021 insgesamt 313 Vorgänge zu verbotenen Kraftfahrzeugrennen nach Paragraf 315d des Strafgesetzbuches zu finden. 2022 waren es dann 336, im laufenden Jahr bis Ende August bereits 251. Unter den Tatbestand des Paragrafen 315d fallen nicht nur Rennen mit mehreren Fahrzeugen, sondern auch alleinige Rennen und die Flucht vor der Polizei, wenn dabei hohe Geschwindigkeiten im Spiel sind.

Das Ministerium bezog sich bei der Antwort auf Zahlen aus dem Bearbeitungssystem der Polizei, weil diese Deliktart nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst werde. Zu beachten sei, dass die Zahlen aus dem System immer nur eine Momentaufnahme seien, je nach dem Stand der jeweiligen Sachbearbeitung. Zudem könne eine tatverdächtige Person in mehreren Vorgängen erfasst sein, dadurch seien Mehrfachzählungen möglich. Die Zahlen des Ministeriums beziehen sich auf eine Abfrage in dem System vom 14. September 2023.

Innenminister Michael Ebling (SPD) sagte, solche Rennen seien eine erhebliche Gefahr für die beteiligten Fahrer und unbeteiligte Verkehrsteilnehmer. «Bei solchen Rennen werden nicht selten hohe Geschwindigkeiten erreicht, was im Falle eines Unfalls zu schweren Verletzungen oder sogar zum Verlust von Menschenleben führen kann.» Die Polizei setze im Kampf dagegen auf einen Mix aus Kontrollen, Prävention und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

«Die regionalen Polizeipräsidien haben gezielte taktische Maßnahmen und Konzepte entwickelt, um gegen dieses Phänomen vorzugehen», erklärte Ebling. Das Ministerium habe ein Rahmenkonzept entwickelt, die Polizeidienststellen Orientierung geben solle. «Diese koordinierte Herangehensweise ist entscheidend, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten und illegale Rennen zu unterbinden.»

Das Trierer Präsidium sieht keine örtlichen Schwerpunkte, das Polizeipräsidium in Koblenz teilte indes mit, illegale Rennen fänden in der Tendenz in Innenstädten oder auf kurvenreichen Strecken statt.

Auf Autobahnen spielten sich den Angaben des Ministeriums zufolge von den für den Zeitraum 1. Januar bis 31. August 2023 landesweit erfassten 251 verbotenen Kfz-Rennen lediglich 19 auf Autobahnen ab. Am meisten betroffen waren die A3 (8 Vorgänge) und die A61 (5). Auch in den Jahren davor spielten illegale Rennen auf Autobahnen eine eher untergeordnete Rolle: 2022 waren es 21 und 2021 lediglich acht.

Aus dem Polizeipräsidium Kaiserslautern hieß es, vielen Taten, die unter den Paragrafen 315d fallen, gehe der Versuch der Polizei voraus, ein Fahrzeug anzuhalten – etwa für eine Kontrolle. Es könnten bei den Fahrern etwa Alkohol oder Betäubungsmittel im Spiel sein, einige führen davon, weil sie ohne Führerschein unterwegs seien oder keine Versicherung hätten und nicht erwischt werden wollten.

Der Paragraf 315d des Strafgesetzbuches sieht für Teilnehmer eines nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennens eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vor. Sofern Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet werden, ist auch eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren möglich. In Fällen, bei denen Menschen durch die Tat zu Tode kommen oder ihre Gesundheit schwer geschädigt wird, kann eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren verhängt werden.

In Rheinland-Pfalz sorgte zuletzt ein Fall in Mayen für Aufsehen. Dort war im August ein Fußgänger von einem Auto angefahren und getötet worden, es steht der Verdacht eines illegalen Autorennens im Raum. Den Ermittlungen zufolge soll ein 20-Jähriger nachts mit seinem Wagen den eines 19-Jährigen überholt haben. Nachdem er wieder eingeschert war, soll er den 50 Jahre alten Fußgänger erfasst haben, der gerade die Straße überqueren wollte. Das Opfer wurde mehrere Meter durch die Luft geschleudert und starb noch an der Unfallstelle. Gegen den 20-Jährigen wird wegen fahrlässiger Tötung und eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens ermittelt, nach Angaben der Staatsanwaltschaft Koblenz liegt derzeit ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten eines Sachverständigen noch nicht vor.

Auch zur Zahl der sichergestellten beziehungsweise beschlagnahmten Fahrzeuge bei verbotenen Kfz-Rennen in Rheinland-Pfalz machte das Ministerium in der Antwort auf die Große Anfrage Angaben: 2021 waren es 48, 2022 dann 43 und von Januar bis August dieses Jahres 44. Und wie gingen Verfahren gegen mutmaßliche Teilnehmer solcher Rennen aus? 2021 wurden der Strafverfolgungsstatistik zufolge 64 Personen verurteilt, fünf wurden freigesprochen, bei elf Personen wurden die Verfahren eingestellt. 2022 waren es 96 Verurteilungen, acht Freisprüche und 14 eingestellte Verfahren. Für 2023 lagen diese immer nur für ganze Kalenderjahre zusammengestellten Zahlen noch nicht vor.

Ein klares Bild zeigt sich beim Geschlecht der Beschuldigten: Von den zwischen Januar und August 2023 beschuldigten 270 Personen waren 247 männlich, ein Anteil von rund 91 Prozent. 16 Beschuldigte waren weiblich, bei sieben war das Geschlecht unbekannt oder nicht erfasst. 2022 waren von 325 Beschuldigten 208 männlich und sechs weiblich, bei 111 war das Geschlecht nicht erfasst oder unbekannt. 2021 schließlich kamen auf insgesamt 324 Beschuldigte 215 Männer und fünf Frauen, beim Rest war das Geschlecht nicht erfasst oder unbekannt.

In dieses Bild passt ein Fall vom April dieses Jahres. Damals waren nach Angaben der Polizei in Mainz drei Männer im Alter von 29, 34 und 55 Jahren nachmittags mit bis zu 450 PS starken Autos auf der A61 im Norden des Landes Richtung Süden unterwegs, beschleunigten stark, fuhren teils über drei Fahrstreifen nebeneinander und legten mehrfach «fliegende Starts» hin. Zwei der Wagen wurden schließlich von der Autobahnpolizei auf Höhe des rheinhessischen Bornheim gestoppt, ein Fahrzeug wurde an der Anschrift des Halters in Mainz entdeckt.

Die für die Große Anfrage verantwortliche AfD-Fraktion fordert angesichts der Antworten die Aufnahme des Straftatbestandes nach Paragraf 315d Strafgesetzbuch in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Auch brauche es eine gründlichere Erfassung der Tatorte und Maßnahmen zur Erhellung des Dunkelfeldes für bessere Präventionsarbeit, sagte AfD-Fraktionsvize Jan Bollinger.

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