Berlin (dpa) – Vor dem EU-Gipfel zeichnet sich eine breite Unterstützung für das Vorhaben ab, der Ukraine und auch Moldau den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu geben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj machte erneut deutlich, dass sein von Russland angegriffenes Land zu Europa gehört. Aus russischer Sicht ist das Verhältnis zum Westen dauerhaft beschädigt, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte.
Zur Unterstützung der Ukraine hat Deutschland nun die ersten Panzerhaubitzen in das Land geliefert. Moskau drohte zugleich dem EU- und Nato-Staat Litauen mit Gegenmaßnahmen zu Transitbeschränkungen für die zu Russland gehörende Ostsee-Exklave Kaliningrad. Weiterlesen
Moskau (dpa) – Vier Monate nach dem Überfall auf die Ukraine hat Russland die Beziehungen zum Westen als langfristig beschädigt bezeichnet. Weiterlesen
Moskau (dpa) – Der gerade erst zu neun Jahren Haft verurteilte Kremlgegner Alexej Nawalny ist nach Angaben seines Anwalts und seiner Mitarbeiter nicht mehr in dem bisherigen Straflager.
«Alexej ist verschwunden, es gibt keine Angaben dazu, wo er sich befindet», sagte seine Sprecherin Kira Jarmysch am Dienstagabend in der Youtube-Sendung «Populjarnaja Politika» (Deutsch: Populäre Politik). Der Anwalt habe im Straflager in Pokrow keine Auskunft dazu bekommen, wohin der 46 Jahre alte Oppositionsführer verlegt wurde, hieß es.
«Er ist in Gefahr», sagte Jarmysch. Er könne in dem brutalen Straflagersystem getötet werden, meinte sie mit Blick auf den Giftanschlag auf Nawalny im August 2020. Nawalny, der nur knapp überlebte, macht den russischen Präsidenten Wladimir Putin für das Attentat verantwortlich.
Ist er in einem Straflager mit härteren Haftregeln?
Jarmysch kommentierte auch Medienberichte, nach denen Nawalny in das Straflager 6 in Melechowo nahe der Stadt Kowrow verlegt worden sein könnte. «Es gibt keine Bestätigung. Wir können das nicht glauben, bis der Anwalt ihn sieht», sagte sie. Auch Nawalnys Frau Julia hat demnach keine Erkenntnisse. Das Lager mit besonders harten Haftbedingungen liegt rund 150 Kilometer weiter entfernt von der Strafkolonie Pokrow. Das sind etwa 260 Kilometer nordöstlich von der russischen Hauptstadt Moskau.
Der Machtapparat tue alles, um den Kontakt der Anwälte und der Familie zu Nawalny zu erschweren, sagte Jarmysch. Im Mai hatte ein Gericht die neunjährige Haftstrafe gegen Nawalny wegen angeblichen Betrugs bestätigt. Damit wurde die Verlegung in ein Straflager mit härteren Haftregeln rechtskräftig. In russischen Haftanstalten für Schwerverbrecher dürfen die Insassen seltener Angehörige treffen, Päckchen und Briefe empfangen oder zum Ausgang an die frische Luft.
Ende Mai hatte Nawalny selbst über eine neue Anklage der russischen Justiz informiert. Diesmal gehe es um Extremismus und ein Strafmaß von möglichen weiteren 15 Jahren Haft. Zuvor war in Russland seine Anti-Korruptions-Stiftung als extremistisch eingestuft worden. Mit seinen Enthüllungen über Korruption und Machtmissbrauch im russischen Staatsapparat hat er sich viele Feinde gemacht. Bisher endete jede Anklage gegen den bekanntesten Gegner Putins mit einem Schuldspruch.
Kiew (dpa) – Die Ukraine hat von ihren ausländischen Partnern erneut moderne Raketenabwehrwaffen angefordert, um russische Angriffe aus der Distanz zurückschlagen zu können.
Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte noch für diese Woche wichtige Gespräche über die Beschaffung solcher Systeme an. Er sagte nicht, mit wem er sprechen werde – es seien aber nicht nur europäische Politiker. «Wir wiederholen gegenüber unseren Partnern, dass die Ukraine moderne Raketenabwehrwaffen benötigt», sagte er.
In der Ostukraine dauerten die erbitterten Kämpfe um die Großstadt Sjewjerodonezk an. Russland kündigte für Mittwoch die Schaffung eines humanitären Korridors an. Durch diesen sollen sich Zivilisten in Sicherheit bringen können, die im örtlichen Chemiewerk Azot Zuflucht gesucht haben. In den Kellern unter dem Werk werden dem Verteidigungsministerium in Moskau zufolge 540 bis 560 Zivilisten vermutet.
Schutz vor Raketenangriffen
Selenskyj verwies darauf, dass die Ukraine bei russischen Angriffen am Dienstag zwar einige Raketen habe abschießen können, aber nicht alle. Die Ziele des Beschusses lagen in den westukrainischen Gebieten Lwiw und Ternopil. Nach Angaben örtlicher Behörden wurden sechs Menschen verletzt. Die Trümmer einer abgeschossenen Rakete trafen demnach eine Ziegelei in Solotschiw im Gebiet Lwiw.
Die Ukraine habe schon vor der russischen Invasion vom 24. Februar um moderne Raketenabwehr gebeten, sagte der Präsident am Dienstagabend in Kiew. Ein Aufschub sei nicht zu rechtfertigen. Die Ukraine habe derzeit «den größten Bedarf an solchen Waffen in Europa».
Die russische Armee feuert seit Beginn des Krieges immer wieder aus sicherer Distanz von Land, aus der Luft oder vom Meer aus Raketen und Marschflugkörper auf Ziele in der Ukraine ab.
Getroffen werden nicht nur militärische Ziele, sondern auch viele teils zivile Gebäude in den großen Städten. Luftalarm zwingt die Bewohnerinnen und Bewohner immer wieder in Schutzräume.
Die Forderung der Ukraine nach einem gewaltsam durchgesetzten Flugverbot an Himmel über dem Land haben ihre ausländischen Unterstützer abgelehnt. Sie wollten nicht in eine direkte militärische Konfrontation mit Russland hineingezogen werden.
Vizeministerin: Ukraine hat nur ein Zehntel an Waffen bekommen
Um Waffenlieferungen dürfte es auch gehen, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der italienische Regierungschef Mario Draghi Kiew besuchen. Die Reise wird erwartet, allerdings ist offiziell noch kein Termin mitgeteilt.
Die Ukraine hat nach Angaben ihrer Militärführung aus dem Ausland bislang nur ein Zehntel der notwendigen Waffenhilfe bekommen. «Von dem, was die Ukraine gesagt hat, dass sie es braucht, haben wir bis heute etwa zehn Prozent», sagte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar im ukrainischen Fernsehen. Russland sei an Rüstung und Zahl der Soldaten unendlich überlegen. «Egal wie die Ukraine sich anstrengt, egal wie professionell unsere Armee ist, ohne Hilfe von Partnern werden wir diesen Krieg nicht gewinnen können.»
Fluchtkorridor aus einem umkämpften Chemiewerk
Der Fluchtweg für Zivilisten aus dem Chemiewerk Azot in Sjewjerodonezk soll nach Moskauer Angaben am Mittwoch von 7.00 bis 19.00 Uhr MESZ (Ortszeit: 8.00 bis 20.00 Uhr) offen sein. Er führe in nördlicher Richtung in die Stadt Swatowe (Swatowo), sagte der General Michail Misinzew vom russischen Verteidigungsministerium.
Swatowe liegt in der von prorussischen Separatisten kontrollierten und von Russland als Staat anerkannten Volksrepublik Luhansk. Moskau lehnte den ukrainischen Vorschlag ab, die Menschen auf von Kiew kontrolliertes Gebiet fliehen zu lassen. Die Ukraine wolle nur ihre Bewaffneten aus Sjewjerodonezk herausschleusen wie zuletzt beim Stahlwerk Azovstal in der Hafenstadt Mariupol, sagte Misinzew. Er forderte die ukrainischen Soldaten auf, sich zu ergeben.
Selenskyj rief dagegen angesichts der verlustreichen Abwehrschlacht im Osten seine Truppen zum Durchhalten auf. «Das ist unser Staat. Dort im Donbass durchzuhalten ist lebenswichtig», sagte er. «Es gibt Verluste, und sie sind schmerzhaft.» Doch an der Front im Osten entscheide sich, welche Seite in den kommenden Wochen dominieren werde. Je höher die Verluste des Feindes dort seien, desto weniger Kraft habe er, die Aggression fortzusetzen, sagte der Präsident.
London: Moskau kontrolliert Großteil von Sjewjerodonezk
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste brachten die Russen nach mehr als einem Monat erbitterter Gefechte den Großteil der ukrainischen Stadt Sjewjerodonezk unter ihre Kontrolle. Dabei seien durch heftigen Beschuss enorme Kollateralschäden verursacht worden, hieß es am Mittwoch in der täglichen Lageeinschätzung des britischen Verteidigungsministeriums.
Díe Geheimdienste gehen davon aus, dass eine Vielzahl russischer Kräfte weiterhin rund um das örtliche Chemiewerk Azot gebunden sein wird, «solange die ukrainischen Kämpfer im Untergrund überleben können». In dem Werk sollen ukrainische Soldaten, aber auch Hunderte Bürgerinnen und Bürger, Zuflucht suchen. Für Mittwoch war die Schaffung eines humanitären Korridors angekündigt.
Russland liefert weniger Gas
Der russische Energieriese Gazprom hat die maximalen Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland um 40 Prozent verringert. Grund seien Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die Firma Siemens, teilte der Staatskonzern in Moskau mit. Ein Gasverdichteraggregat sei nicht rechtzeitig aus der Reparatur zurückgekommen. Deshalb könnten täglich nur noch bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas durch die Pipeline gepumpt werden – rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen.
Die Bundesregierung sieht die Versorgungssicherheit dennoch als gewährleistet an. Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas.
Um die Versorgung mit Erdgas zu sichern, stützt die Bundesregierung ein früher russisches Gasunterunternehmen mit Milliardenbeträgen. Die jetzt von Deutschland kontrollierte Gazprom Germania soll nach Angaben aus Regierungskreisen neun bis zehn Milliarden Euro als Hilfen der staatlichen Förderbank KfW erhalten.
Das wird heute wichtig
Vor dem möglichen Besuch in Kiew besucht der französische Präsident Macron an diesem Mittwoch die Republik Moldau und trifft deren Staatschefin Maia Sandu. Die kleine Ex-Sowjetrepublik grenzt an die Ukraine und will ebenso wie diese der EU beitreten.
Mit der veränderten Sicherheitslage in Europa durch den russischen Angriffskrieg beschäftigen sich am Mittwoch die Verteidigungsminister der Nato-Staaten in Brüssel. Dabei geht es um die Verstärkung der Ostflanke und um die geplante Bündniserweiterung um Schweden und Finnland. Ende Juli wird die Nato ein Gipfeltreffen in Madrid abhalten.
Luxemburg (dpa) – Die Ukraine betrachtet sich nach den Worten ihres Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schon jetzt als Teil der Europäischen Union.
«Die Ukraine ist bereits de facto Mitglied der EU geworden», sagte Selenskyj in einer Videoansprache vor dem luxemburgischen Parlament. «Ich glaube, dass die Ukraine bereits durch ihr Handeln zeigt, dass sie die europäischen Kriterien erfüllt.»
Selenskyj zeigte sich überzeugt, dass sich Luxemburg dafür einsetzen werde, im Juni den offiziellen Status eines EU-Beitrittskandidaten zu erhalten und «in einem beschleunigten Verfahren EU-Mitglied zu werden». «Europa steht vor einem großen Test. Ist Europa fähig, seine Werte zu verteidigen?», sagte der ukrainische Präsident. Weiterlesen
Washington (dpa) – Die US-Regierung liefert der Ukraine im Rahmen eines neuen Sicherheitspakets moderne Mehrfachraketenwerfer zur Verteidigung gegen den russischen Einmarsch.
Aus dem Weißen Haus hieß es, die Ukraine habe zugesichert, mit dem in den USA hergestellten Artilleriesystem HIMARS keine Ziele auf russischem Territorium anzugreifen. Das System sei Teil eines Pakets im Wert von 700 Millionen Dollar (652 Millionen Euro), das daneben unter anderem Geschosse, Radarsysteme, Panzerabwehrwaffen vom Typ Javelin, Hubschrauber, Fahrzeuge und Ersatzteile beinhalte. Weiterlesen
Berlin (dpa) – Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich unbeeindruckt von den Warnungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor weiteren Waffenlieferungen des Westens in die Ukraine gezeigt.
Man dürfe sich keine Angst machen lassen, sagte der SPD-Politiker in einem Interview der ARD-«Tagesthemen». «Und deswegen werden wir fortfahren mit dem, was wir angefangen haben.» Dazu gehörten neben weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine auch die bessere Ausrüstung der Bundeswehr über das geplante 100-Milliarden-Programm. Deutschland werde «die Ukraine so lange unterstützen, wie das notwendig ist», betonte Scholz. Weiterlesen
Kiew/Moskau (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland einen Vernichtungskrieg vorgeworfen. Nach einem Frontbesuch sprach er von schweren Schäden in der Stadt Charkiw und berichtete von Zerstörungen im Donbass.
Selenskyj hatte angekündigt, darüber auch per Zuschaltung bei einem heute beginnenden EU-Gipfel in Brüssel zu sprechen. An diesem Montag ist der 96. Kriegstag. Russland hatte das Nachbarland Ukraine am 24. Februar angegriffen. Weiterlesen
Krieg in der Ukraine Von Ulf Mauder und Christoph Driessen, dpa
Kiew/Berlin (dpa) – Von einer extrem schweren Lage im ostukrainischen Kriegsgebiet Donbass spricht Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew.
Während die Hauptstadt am Sonntag bei Sonne und friedlich ihren 1540. Geburtstag feiert und Bürgermeister Vitali Klitschko freudig in einem Videoclip gratuliert, geht die blutige Schlacht um die Städte in den Regionen Luhansk und Donezk weiter. Besonders heftig toben die Gefechte um Sjewjerodonezk, das seit der Machtübernahme durch prorussische Separatisten 2014 in Luhansk als neue Gebietshauptstadt dient. Sie steht allem Anschein nach kurz vor dem Fall. Weiterlesen
Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland eine Politik des Terrors vorgeworfen.
«Ich werde die Welt immer wieder daran erinnern, dass Russland endlich offiziell als Terrorstaat, als Förderer des Terrorismus, anerkannt werden muss», sagte Selenskyj am Samstag in einer Videoansprache in Kiew. Dies spiegele die tägliche Realität wider, die Russland mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine geschaffen habe «und sehr viel weiter nach Europa tragen» wolle. «Und das muss rechtlich verankert werden.» Weiterlesen