Rheinland-Pfalz verzichtet auf weitere Neuverschuldung

Die Landesregierung stellt ihren Entwurf für den Haushalt der nächsten beiden Jahre vor. Ministerpräsidentin Dreyer sagt eine Mitfinanzierung beim dritten Entlastungspaket zu.

Mainz (dpa/lrs) – Trotz ungewisser Konjunkturaussichten und hoher Ausgaben für Bildung, Klimaschutz und Wirtschaftsförderung verzichtet Rheinland-Pfalz in der Haushaltsplanung für die nächsten zwei Jahre auf die Aufnahme neuer Kredite. Gerade in schwierigen Zeiten müssten «öffentliche Haushalte in jedweder Situation handlungsfähig» sein, sagte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des Entwurfs für den Doppelhaushalt 2023/24.

«Dieser Haushalt steht für ein kraftvolles Handeln in unsicheren Zeiten», sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Mit Blick auf Inflation, hohe Energiepreise und die Mitfinanzierung von Entlastungsmaßnahmen des Bundes fügte sie hinzu: «Wir lassen die Menschen in Rheinland-Pfalz in diesen sorgenvollen Zeiten nicht allein.»

An den bisherigen Entlastungsmaßnahmen habe sich Rheinland-Pfalz im laufenden Haushaltsjahr mit 290 Millionen Euro beteiligt, sagte die Regierungschefin. Beim dritten Entlastungspaket werde es Gespräche mit dem Bund geben, wie die Kosten im Einzelnen aufzuteilen seien. Rheinland-Pfalz werde sich weiter beteiligen. Und Mobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne) werde im Verkehrsministerrat an einem Vorschlag mitwirken, wie das Nachfolgeticket für das 9-Euro-Ticket gestaltet werden solle.

Der Verzicht auf eine weitere Aufnahme von Krediten im Doppelhaushalt wird ermöglicht, indem insgesamt 750 Millionen Euro aus den Rücklagen zur Haushaltssicherung entnommen werden. Davon sind 500 Millionen für das Programm zur Übernahme kommunaler Altschulden bestimmt, das in der nächsten Woche auf der Tagesordnung des Kabinetts steht. 250 Millionen werden für Investitionen der Kommunen in den Klimaschutz verwendet. Die Rücklagen haben derzeit einen Umfang von etwa zwei Milliarden Euro.

Für 2023 sind Ausgaben von 21,86 Milliarden Euro geplant, das sind etwa sechs Prozent mehr als im laufenden Jahr. Für 2024 sind dann Ausgaben von 22,35 Milliarden vorgesehen. Obwohl diese Ansätze leicht über den veranschlagten Einnahmen liegen, wird aufgrund der Entnahme aus den Rücklagen eine Nettotilgung von bestehenden Schulden möglich – 157,6 Millionen Euro im nächsten Jahr und 217,8 Millionen Euro im Jahr 2024.

Für das laufende Haushaltsjahr hatte der Landtag eine Nettokreditaufnahme von 894,1 Millionen Euro bewilligt. Das Ausmaß der tatsächlichen Neuverschuldung wird erst nach Jahresabschluss sichtbar.

Größter Einzeletat ist mit einem bisherigen Höchststand von 5,82 Milliarden Euro im Jahr 2024 der Etat des Bildungsministeriums. «Wir schaffen mehr Lehrerstellen und digitale Angebote», sagte Dreyer. «Das zeigt, dass die Landesregierung klare Prioritäten hat». Investitionen in die Bildung der Kinder seien Investitionen in eine gerechte Gesellschaft.

Als «große Brocken» im Haushalt nannte Ahnen die Personalausgaben, die 2023 auf 8,24 Milliarden und 2024 auf 8,52 Milliarden Euro steigen. Gründe sind neben der eingeplanten Einkommenssteigerung zusätzliche Stellen für Schulen, Polizei, innere Sicherheit und Justiz sowie für Klimaschutz, beim nachhaltigen Bauen, für die Hochwasservorsorge und für den Landesbetrieb Mobilität (LBM).

«Zur Stärkung der Wirtschaft stehen fast 300 Millionen Euro für unsere Unternehmen bereit», sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) zum Etat für die Wirtschaftsförderung. Noch in diesem Jahr soll die geplante Innovationsagentur gegründet werden, die Wirtschaft und Wissenschaft eng miteinander verknüpfen soll. «Wir erleichtern damit den Unternehmen das Forschen, Entwickeln, Gründen und Wachsen», sagte Schmitt. Für die Landwirtschaft und den Weinbau stehen nach ihren Angaben in den kommenden zwei Jahren insgesamt 360 Millionen Euro aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln zur Verfügung.

Für die Integration von neu eingetroffenen Menschen – allein 45 000 aus der Ukraine – sind im nächsten Jahr 155,1 Millionen Euro vorgesehen. Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) sprach von einem großen Kraftakt von Bund, Ländern und Kommunen, Hilfsorganisationen und vielen Bürgerinnen und Bürgern. Der Kulturetat steigt 2023 auf 105,6 Millionen und 2024 auf 107 Millionen Euro.

Der Entwurf für den Doppelhaushalt geht nach dem Kabinettsbeschluss an den Landtag, der sich im Oktober erstmals mit dem Zahlenwerk befassen wird. Es wird erwartet, dass die drei Oppositionsfraktionen höchst kritisch damit umgehen werden – auch wenn mit dem Zugriff auf die Rücklagen eine langjährige Forderung erfüllt wird. «Den vorgelegten Regierungsentwurf akzeptieren wir in dieser Form nicht», erklärten am Dienstag bereits die Freien Wähler. Auch die Regierungsfraktionen stellen regelmäßig Anträge für Änderungen und Ergänzungen, die von der Landtagsmehrheit dann meist angenommen werden. Nach eingehender Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss hat schließlich das Plenum des Parlaments als Haushaltsgesetzgeber das letzte Wort.

 

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