Messerangriff von Fahrschüler auf Fahrlehrer vor Gericht

Mainz (dpa/lrs) – Drei Fahrlehrer machen zwischen den Autos vor ihrer Fahrschule eine Raucherpause, als plötzlich ein ehemaliger Schüler angerannt kommt, mit einem Messer von hinten auf einen von ihnen los geht und ihn lebensgefährlich verletzt. So haben das Opfer und seine beiden Kollegen am Freitag vor dem Landgericht den Angriff vom März in Mainz geschildert. «Ich hatte sehr starke Angst, als ich gesehen habe, wie groß und lang das Messer war», sagte der 49 Jahre alte lebensgefährlich verletzte Fahrlehrer am ersten Prozesstag.

16 Zentimeter lang und 3 Zentimeter breit hatte die Staatsanwältin zuvor die Klinge beschrieben. «Es ist dem Zufall zu verdanken, dass die Halsschlagader nicht getroffen oder Hirnnerven verletzt wurden», sagte sie bei der Vorlesung der Anklage. Ein behandelnder Arzt sprach als Sachverständiger mit Blick auf die Verletzungen von «absolutem Glück».

Ein Polizist, der ganz in der Nähe eine Unfallstelle sicherte, weil ein dreijähriges Mädchen mit ihrem Laufrad überfahren und getötet worden war, setzte dem Angriff ein Ende. Er habe «Messer weg gerufen» und dann vier, fünf Schüsse abgegeben, berichteten die Fahrlehrer vor Gericht. Sowohl der schwer verletzte Fahrlehrer als auch der Angreifer aus Somalia mussten notoperiert werden. Die beiden anderen Fahrlehrer, die ihrem Kollegen zur Hilfe kommen wollten, wurden leicht verletzt.

Seinen ehemaligen Fahrschüler – den wegen versuchten Mordes angeklagten 32-Jährigen – habe er erst erkannt, als dieser ihn mit dem Messer von hinten attackiert habe, berichtete der 49-Jährige. Er ist nach eigenen Worten noch immer in Behandlung und arbeitsunfähig und tritt als Nebenkläger auf. Seine 29 und 49 Jahr alten Kollegen kannten den Täter nicht.

«Ich verstehe nicht, wieso es soweit gekommen ist», sagte der ehemalige Lehrer des Angeklagten. Der Fahrschüler sei dreimal durch die praktische Prüfung gefallen. Bei den letzten beiden Prüfungen sei er als Fahrlehrer dabei gewesen, zuletzt im September 2021 und damit rund ein halbes Jahr vor dem Angriff. «Er war ein bisschen sauer und ist einfach weggegangen», beschrieb der Fahrlehrer die Reaktion des durchgefallenen Prüflings. Es habe aber «keine Auseinandersetzung oder Diskussion gegeben», auch zuvor sei der Somalier nicht ausgerastet, sondern höflich gewesen. Nach der letzten nicht bestandenen Prüfung habe er ihn nur noch einmal an einer Fußgängerampel kurz gesehen und gegrüßt.

Einer der beiden Anwälte des Angeklagten kündigte zum Prozessauftakt zwar an, ihr Mandant werde sich «schweigend verteidigen». Doch dann wendete sich der 32-Jährige doch unerwartet entschuldigend an seinen früheren Fahrlehrer im Zeugenstand. «Ich wollte eigentlich andere Leute rankriegen», übersetzte der Dolmetscher ergänzend. Nach der irritierten Reaktion im Gerichtssaal fügt er hinzu: «Ich möchte mich in aller Form entschuldigen.» Und: «Ich dachte, Sie würden mich diskriminieren wegen meiner Religionszugehörigkeit, deshalb war ich falsch geleitet.» Der Angeklagte ist nach eigenen Angaben seit 2016 Christ, der Fahrlehrer Alevit.

Auf das Angebot der Verteidigung zu einem finanziellen Schadensausgleich ging der Fahrlehrer zunächst nicht ein. «Kein Geld kann den Fall rückgängig machen», sagte er und verwies auch auf seine Gesundheit. «Wir warten erstmal ab.»

Sein 29 Jahre alter Kollege sagte, er habe den Angreifer stoppen wollen und ihn deshalb zweimal getreten. Nach dem ersten Tritt sei der Mann auch auf ihn los gegangen und habe ihn mit einem Stich am Oberarm verletzt. Kurz nach dem zweiten Tritt sei bereits die Polizei gekommen.

Der dritte Fahrlehrer wollte seinen Kollegen ebenfalls helfen und den Täter stoppen. Doch dieser habe ihn zu Fall gebracht, wie genau, könne er nicht mehr sagen, berichtete der 49-Jährige. «Ich lag zwischen zwei Autos.» Dabei habe er das Messer in der Hand des Angreifers fokussiert, versucht ihn wegzutreten und gedacht: «Was macht er jetzt?». Doch da sei schon der Polizist gekommen, habe den Täter aufgefordert, das Messer wegzuwerfen und kurz darauf geschossen.

 

 

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