Islamistischer bis rechter Terror: Fünf Jahre Landesstelle

Mainz (dpa/lrs) – Die Verfolgung von Rechtsextremismus «in all seinen Ausprägungen» ist zum Schwerpunkt der vor fünf Jahren gegründeten Landeszentralstelle zur Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus (ZeT) geworden. «Wir beobachten mit Sorge die wachsende Zahl von Personen, die die freiheitlich demokratische Grundordnung ablehnen, wie beispielsweise Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, sogenannte Selbstverwalter und Teile der sogenannten Prepper Szene und viele andere mehr, die sich gar keinem gängigen politischen Spektrum zuordnen lassen», sagte der scheidende Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer am Freitag in Mainz. «Prepper» bereiten sich auf Katastrophenszenarien bis hin zum Weltuntergang vor.

Brauer warnte vor einer zunehmenden Radikalisierung «ganzer Gruppen und Einzelner über Chatgruppen und auf verschiedenen Plattformen im Internet». Unter den im Netz radikalisierten Einzeltätern seien viele junge Männer, sagte Oberstaatsanwalt Christopher do Paço Quesado. Dabei paare sich Frauenhass oft mit Rechtsextremismus.

Justizminister Herbert Mertin (FDP) sagte: «Seit der Corona-Pandemie nehmen die Verfahren aus der Querdenker- und Reichsbürgerszene und seit dem Februar 2022 auch die Verfahren wegen der Billigung des russischen Angriffs in der Ukraine zu.»

Die ZeT sei 2017 gegründet worden, weil die Ermittlungsverfahren wegen terroristischer und extremistischer Tatvorwürfen seit dem Erstarken der terroristischen Vereinigung IS in Syrien und im Irak deutlich zugenommen hatten, erinnerte Mertin. «Religiöser Extremismus und Fanatismus wird die Strafverfolgungsbehörden auch in Zukunft vor große Herausforderungen stellen», sagte Brauer. «Der IS ist eben nicht besiegt, sondern sehr aktiv nach wie vor nur vielleicht nicht mehr in Syrien und im Irak, sondern andernorts.»

Das Spektrum der Fälle der ZeT ist breit. So war sie beispielsweise an den Ermittlungen gegen die Chat-Gruppe «Vereinte Patrioten» beteiligt, die unter anderem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entführen wollte. Sie hat nach dem Polizistenmord Anfang 2022 bei Kusel in 207 Verfahren die Täter identifiziert die danach im Internet oder am Telefon gegen Polizisten gehetzt, sie beleidigt und bedroht haben. In 104 weiteren Verfahren seien die Täter noch nicht identifiziert, sagte Oberstaatsanwalt do Paço Quesado. Die ZeT ermittelt auch landesweit wegen verbotenen «Z»-Symbolen im Kontext des Ukraine-Krieges. In neun Fällen seien Strafbefehle oder Anklage erlassen worden.

Verfahren gegen nach Syrien ausgereiste und zurückgekehrte Männer und Frauen fallen auch in die Zuständigkeit der ZeT. «Ausgereiste Personen sind für uns eine Art Blackbox», beschrieb do Paço Quesado die oft extrem aufwendigen Ermittlungen, um Straftaten und Gefahren nachzuweisen.

Eine deutliche Steigerung gab es bei den Ermittlungsverfahren wegen Extremismus von 25 im Jahr 2018 auf 81 im vergangenen Jahr. Im laufenden Jahr sind es bislang 68 Verfahren. Dabei geht es um Terrorfinanzierung, Waffendelikte, aber auch die Vorbereitung staatsgefährdender Gewalttaten und die Mitgliedschaft in ausländischen terroristischen Vereinigungen. Zwischen 40 und 60 Verfahren legt die Generalstaatsanwaltschaft jedes Jahr dem Generalbundesanwalt vor. Im laufenden Jahr hat sie im Gegenzug 12 von ihm übernommen, 2018 waren es noch 28.

Die Zahl der Staats- und Oberstaatsanwälte bei der ZeT ist in den fünf Jahren von zwei auf vier aufgestockt worden. «Der Aufwand der Ermittlungen ist beträchtlich», sagte Mertin. Die Zahl der Verfahren sei nicht sehr hoch, «sie verursachen aber eine irre Arbeit», weshalb er die Spezialisierung auch nach fünf Jahren für sinnvoll halte. Bei Terrorismus- und Staatsschutzdelikten ist die ZeT auch für das Saarland zuständig.

 

 

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